Sauber präsentiert den Sauber C31


Am Tag vor dem offiziellen Beginn der Wintertests in Jerez de la Frontera (Spanien) stellen gleich drei Teams ihre neuen Autos für die Formel-1-Saison 2012 vor. Den Anfang machte heute Morgen Sauber mit dem C31. Dieser wurde im Rahmen einer unspektakulären Präsentation auf der Start- und Zielgerade der südspanischen Strecke enthüllt. "Der C31 ist in jenen Bereichen revolutionär, wo wir frische Ideen einbringen konnten, was insbesondere den Heckbereich des Fahrzeugs betrifft", sagt Matt Morris. Der Chefdesigner erklärt weiter: "Evolutionär ist das Auto dort, wo wir wussten, dass wir auf den bestehenden Lösungen aufbauen konnten. Es galt, die Schwächen, die wir beim Vorgänger identifiziert hatten, auszumerzen und gleichzeitig dessen Stärken beizubehalten."

Gekrümmte Nase wie bei Ferrari

Die Ingenieure haben sich beim Design der Frontpartie wieder für eine grundsätzlich hohe Nase entschieden. Dem neuen Reglement entsprechend muss diese jedoch in ihrem vorderen Bereich aus Sicherheitsgründen niedriger sein. Beides zusammen mündete in eine erkennbar neue Formgebung. Bei der Vorderradaufhängung des C31 handelt es sich um ein klassisches Layout mit Druckstreben und hoch liegenden Dreiecksquerlenkern. Der Bereich unterhalb der Seitenkästen wurde so gestaltet, dass mehr Spielraum für aerodynamische Entwicklungen bleibt. Die Anordnung der Kühler basiert auf der Lösung des vorjährigen C30. Sie erlaubt, den voluminösen Teil der Kühler möglichst weit nach vorne zu bringen, was wiederum die Gestaltung eines besonders schlanken Hecks ermöglicht.

Eine bekannte Grösse ist der Ferrari-Motor, an den das völlig neue Karbongetriebe angeflanscht ist, das ebenfalls von Ferrari stammt. Das längs eingebaute Aggregat ist schlank und aufgeräumt. Der gesamte Heckbereich des Fahrzeugs ist kompakt gestaltet, was durch das Design des Getriebes unterstützt wird. Zudem haben die Ingenieure im Areal des hinteren Unterbodens neue Wege eingeschlagen. Die Position der Auspuff-Endrohre ist genau reglementiert, was einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der Heckpartie hatte.

Zugstrebe statt Schubstange

Bei der Hinterradaufhängung handelt es sich jetzt um eine Version mit Zugstrebe. Diese ist sehr lang und führt zum vorderen Bereich des Getriebes. Die Dreiecks-Querlenker verfügen über eine sehr weite Spreizung. Trotz des Wechsels von der Druckstrebe zur Zugstrebe ist die Kinematik ähnlich ausgelegt wie beim Vorgängermodell.

Geistiger Vater des C31 ist James Key, der erst im April 2010 als Nachfolger von Willy Rampf nach Hinwil gekommen war - und inzwischen schon wieder weg ist: Erst vor ein paar Tagen reichte der 40-Jährige überraschend seine Kündigung ein. Laut Informationen zieht es ihn zurück in seine britische Heimat, wo er für Lotus Cars (die Mutterfirma des gleichnamigen Formel-1-Teams) zunächst das LMP2-Sportwagen-Projekt betreuen wird.

Finanziell nicht in Rosen gebettet

Für Keys Weggang gab es mehrere Gründe. Erstens soll er mit dem Führungsstil von Teamchef Peter Sauber und Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn nicht einverstanden gewesen sein, zweitens klafft im Budget angeblich eine Lücke im zweistelligen Millionenbereich. Das würde auch erklären, warum Sauber nicht vorhat, den Posten des Technischen Direktors neu zu besetzen. Stattdessen soll die Verantwortung auf die Bereiche Aerodynamik, Design, Performance und Operatives verteilt werden. Einer der wichtigsten Sponsoren ist das mexikanische Telekommunikations-Unternehmen Telmex, hinter dem der reichste Mann der Welt, Carlos Slim, steht. Unbestätigten Gerüchten zufolge investiert Slim jedoch deutlich weniger Geld als bisher angenommen, nämlich gerade mal fünf Millionen Euro pro Jahr. Dafür hat er seine Landsleute Sergio Perez und Esteban Gutierrez (Testfahrer) bei Sauber untergebracht.

Teamkollege von Perez, der sich in seiner tadellosen Debütsaison einen Ruf als "Reifenflüsterer" erarbeitet hat, bleibt weiterhin der draufgängerische Japaner Kamui Kobayashi. Fahrerproblem sollte Sauber also keines haben: "Perez als Neuling hat das hervorragend gemacht und Kobayashi hat gegen Saisonende auch zu seiner alten Form zurückgefunden", analysiert Marc Surer das Jahr 2011.

Experte Surer: Lob für beide Fahrer

"Ich habe mich ein bisschen darüber gewundert, dass Perez in der Regel der Schnellere war, vor allem in den Freien Trainings. Im Rennen hat es meistens anders ausgesehen, aber vom Speed her hat Perez schon beeindruckt", lobt der Experte den Sauber-Rookie mit Ferrari-Vorvertrag. "Er fuhr mit so einer Leichtigkeit schnell, auf Strecken, die er davor nicht kannte, dass man sagen muss: Das ist ein grosses Talent."

"Kobayashi ist der absolute Kämpfer, der auch einen schlechteren Startplatz binnen weniger Runden wettmachen kann. Er hat uns in den Rennen jeweils beeindruckt, auch wenn er mit seinen Überholmanövern vergangenes Jahr nicht mehr ganz so aufgefallen ist - wegen KERS und DRS war das ja auch nicht mehr möglich. Aber er ist nach wie vor der Fighter im Feld", spricht er auch dem Japaner ein Lob aus. Abschliessend gibt Chefdesigner Morris einen ersten Einblick in die weiteren Schritte nach dem Rollout: "Wir wollen zu Beginn eine vergleichsweise einfache Version des C31 einsetzen, die bereits vor einiger Zeit definiert wurde. In den kommenden Wochen werden wir zahlreiche Entwicklungskomponenten erproben und dann vor dem ersten Rennen am 18. März in Australien ein umfangreiches Update lancieren. Deshalb wird das Auto in Melbourne bereits erheblich anders aussehen als die Rollout-Version."

Kobayashi: Jahr drei bei Sauber


Für Kamui Kobayashi beginnt 2012 die dritte volle Formel-1-Saison. Seit 2010 gehört der Japaner zum Sauber-Team. Mit cleveren Überholmanövern trickste er seine Gegner immer wieder aus und hatte somit den Ruf als echter Racer inne. Für Peter Sauber war bereites Mitte 2011 klar, dass er an Kobayashi festhalten möchte. "Wir wollen die kommende Saison so stark beginnen wie die vergangene und dieses Niveau dann über das ganze Jahr halten. Ziel ist, regelmässig Punkte zu sammeln, damit wir uns in der WM deutlich verbessern", schildert der Schweizer. "Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit unseren ebenso jungen wie talentierten Piloten. Kamui steht vor seiner dritten F1-Saison. Im vergangenen Jahr haben wir ihm bereits eine Führungsrolle im Team abverlangt, daran ist er weiter gereift. Beide Fahrer haben grosses Potenzial und werden dies in der Zusammenarbeit mit denselben Renningenieuren wie 2011 weiter entfalten", so Sauber.

Kobayashi selbst ist froh, im Team bleiben zu können: "2012 wird nicht nur meine dritte Saison in der Formel 1, sondern auch die dritte mit demselben Team. Wir haben eine Menge miteinander erlebt und können unsere gemeinsamen Erfahrungen nutzen. Im ersten Jahr hatten wir einen schlechten Start, aber eine gute zweite Saisonhälfte. Im zweiten Jahr war es genau andersherum. Im dritten Jahr sollten wir kontinuierlich und zuverlässig Punkte holen. Ich freue mich sehr auf die neue Saison mit dem Sauber-Team", so der Japaner.

Perez: "Bin in der Formel 1 angekommen"


Der Mexikaner Sergio Perez startet 2012 in seine zweite Formel-1-Saison. Eine alte Weisheit besagt, dass das zweite Jahr immer schwieriger als das erste ist. In seiner Debütsaison eroberte der Sauber-Pilot 14 WM-Punkte und belegte Endrang 16. In Jerez enthüllte der 22-Jährige gemeinsam mit Teamkollege Kamui Kobayashi den neuen Sauber-Ferrari C31, mit dem er sich weiter steigern will. "Mein erstes Jahr in der Formel 1 fühlte sich an wie drei Jahre. Es gab so viele neue Dinge", sagt Perez anlässlich der Präsentation in Spanien. "Jetzt fühlt es so an, dass ich in der Formel 1 angekommen bin. Ich bin entschlossen, einen Schritt weiterzugehen und regelmäßig bessere Resultate einzufahren. Ich freue mich auf meine zweite Formel-1-Saison. Ich möchte eine konstante Saison fahren. Das ist mein Hauptziel." Perez schied im Vorjahr drei Mal aus und fuhr fünf Mal in die Punkteränge - die Disqualifikation in Melbourne nicht mitgerechnet. In der Jubiläumssaison - Sauber ist zum 20. Mal in der Königsklasse - soll die Ausbeute grösser sein. Die technischen Voraussetzungen haben sich über den Winter geändert. Die vom Auspuff angeströmten Diffusoren sind verboten. Sauber hatte nie richtig in diese Technik entwickelt. 2012 hat man dadurch keinen Nachteil mehr auf die unmittelbare Konkurrenz. "Ich glaube, wir haben über den Winter gut entwickelt", sagt Perez, bleibt aber vorsichtig. "Wir werden es sehen, welche Effekte das Verbot der auspuff-angeströmten Diffusoren haben wird. Ich schätze, dass wir ein starkes Auto, ein gutes Paket haben. Unser Auto hat sich definitiv seit dem Vorjahr verbessert."

Der C31 ist noch unter der Führung von James Key entstanden, doch drei Tage vor der Präsentation verliess der Ingenieur Sauber und wird in Zukunft für die Lotus-Gruppe am Langstrecken-Projekt mitarbeiten. Wie stark schmerzt dieser Verlust? "Ich glaube, dass das ein Thema für Monisha ist", spricht Perez Sauber-Geschäftsführerin Kaltenborn an ."James war eine gute Person und eine gute Führungsperson. Wir haben gute Leute im Team, die der Arbeit gewachsen sind. Ich bin zuversichtlich, dass wir als Team gut weiterarbeiten. Ich bin oft in der Firma. Wir halten engen Kontakt mit den Ingenieuren. Es ist wichtig, sein Feedback zu geben, damit es eine klare Richtung gibt. Die Kommunikation ist wichtig, weil wir das Auto weiterbringen wollen. Außerdem kann man immer die Kommunikation auf und neben der Strecke verbessern. Wir sind alle sehr fokussiert, damit wir in einer guten Position sind."

Dank Pirelli: Perez erwartet spannendere Rennen

Perez überraschte 2011 bei einigen Rennen mit seiner Strategie. Mehrmals fuhr er lediglich mit einem Stopp durch, dank seiner Fahrweise und den Qualitäten des Sauber C30. Pirelli hat die Mischungen für dieses Jahr verändert. Der Unterschied zwischen zwei Mischungen soll bei acht Zehntelsekunden liegen, also deutlich weniger als im Vorjahr. "Ich glaube, dass es interessanter wird. Wenn man sich einige Rennen aus dem Vorjahr ansieht, wie zum Beispiel den Nürburgring, wo es kühl war, dann war es eine großer Unterschied, weil wir den harten Reifen hatten. Ich glaube, es wird jetzt interessanter, weil man bei der Reifenwahl und der Strategie größere Variablen hat", findet Perez. "Das wird es sicher spannender machen. Man hat bei der Strategie ein grösseres Fenster. Mein Stil und das Auto passte zu den Reifen. Jetzt müssen wir abwarten, wie das neue Auto und die neuen Reifen zusammenpassen. Auch wenn wir jetzt mit den Testarbeiten anfangen, werden wir bis zum ersten Rennen warten müssen, weil sich die äusseren Bedingungen noch stark verändern werden. Wir werden sehen, wie es während der Saison läuft und was wir lernen und was der Fahrer tun kann, um die Reifen zu schonen."
2012 hat Perez auch "fast" ein Heimrennen. Die Premiere in Austin (Texas) ist für den 18. November terminiert. Die Strecke versteht sich als "Circuit of the Americas" und will Nord- Mittel- und Südamerika in sich vereinen. Perez hofft natürlich auf viele mexikanische Fans. "Ich glaube, dass es eine tolle Veranstaltung wird. Ich freue mich darauf. Es ist das Rennen, das am nächsten meiner Heimat liegt und ich hoffe, dass viele Mexikaner kommen werden, weil es dort kein Rennen gibt. Es wird ein spezielles Rennen werden. Es dauert noch lange, bis wir dort sind, aber ich freue mich darauf. Ich bin gespannt, wie die Strecke aussehen wird."

Technische Daten des Sauber-Ferrari C31


Der neue Sauber-Ferrari C31 besticht durch technische Details. Das Auto ist eine konsequente Weiterentwicklung des Vorgängermodells, doch unter der Haube schlummern einige interessante Lösungen. So setzen die Techniker bei der Hinterradaufhängung auf Zugstreben, während vorn Druckstreben verwendet werden. Die Aerodynamik wurde ebenfalls der aktuellen Mode angepasst und der C31 verfügt über den charakteristischen Nasenhöcker. "Der Sauber-Ferrari C31 ist in jenen Bereichen revolutionär, wo wir frische Ideen einbringen konnten, was insbesondere den Heckbereich des Fahrzeugs betrifft", sagt Chefdesigner Matt Morris. "Evolutionär ist das Auto dort, wo wir wussten, dass wir auf den bestehenden Lösungen aufbauen konnten."

Chassis: Sauber C31-Ferrari, Kohlefaser-Monocoque
Vorderradaufhängung: Obere und untere Querlenker, innen liegende, über Druckstreben aktivierte Federn und Dämpfer (Sachs-Race-Engineering)
Hinterradaufhängung: Obere und untere Querlenker, innen liegende, über Zugstreben aktivierte Federn und Dämpfer (Sachs-Race-Engineering)
Bremsen: Bremssättel mit sechs Kolben (Brembo), Beläge und Scheiben aus Kohlefaser (Brembo)
Kraftübertragung: Ferrari 7-Gang-Schnellschaltgetriebe aus Karbon, längs gerichtet, Kohlefaserkupplung
Chassis-Elektronik: MES, Einheitselektronik von McLaren
KERS: Ferrari
Lenkrad: Sauber-F1-Team
Reifen: Pirelli
Räder: OZ

Abmessungen

Länge: 5.195 mm
Breite: 1.800 mm
Höhe: 1.000 mm
Spurweite vorn: 1.495 mm
Spurweite hinten: 1.410 mm
Gewicht: 640 kg (inkl. Fahrer, Tank leer)

Motor

Typenbezeichnung:
Ferrari 056
Bauart: 8-Zylinder-Saugmotor
Bankwinkel: 90 Grad
Zylinderblock: Aluminium-Sandguss
Ventile/Ventiltrieb 32/pneumatisch
Hubraum: 2.398 ccm
Bohrung: 98 mm
Gewicht: > 95 kg
Elektronische Einspritzung und Zündung

6.2.2012