Hamilton mit einem problemlosen Auftakt

Lewis Hamilton hatte einen problemlosen Freitag,

Jenson Button dagegen nicht

Unterschiedlicher hätte der Kanada-Freitag für das McLaren-Duo kaum verlaufen können: Lewis Hamilton erwischte einen sehr guten Auftakt in das siebte Formel-1-Wochenende des Jahres, aber bei Jenson Button ging dafür richtig viel schief. Der britische McLaren-Fahrer wurde im Tagesverlauf gleich zweimal von technischen Defekten heimgesucht, sodass er nur wenige Runden fahren konnte.

Hamilton, mit 73 Umläufen fast dreimal länger auf der Strecke als Button, absolvierte indes ein sehr ordentliches Training und klassierte sich nach zwei Sessions als Tagesschnellster. Der Weltmeister von 2008 brauchte 1:15.259 Minuten für seinen besten Versuch auf dem Circuit Gilles Villeneuve in Montreal. Button reihte sich nach nur 26 Runden mit 1:15.812 Minuten auf dem zehnten Platz ein. Und wie 'BBC'-Experte Gary Anderson feststellt, geschah all dies ohne nennenswerte Updates am McLaren-Fahrzeug. Dem früheren Formel-1-Designer fiel aber sehr wohl auf, dass McLaren seine Autos mit einer sehr steifen Abstimmung auf die Strecke schickte. "Damit kriegst du mehr Energie in die Reifen", erklärt Anderson. "Das könnte erklären, weshalb McLaren im Qualifying so stark ist."

Hamilton fährt zur Bestzeit in Kanada

Die Bestzeit von Hamilton scheint dies zu bestätigen. Überhaupt fühlte sich der McLaren-Pilot am ersten Tag sehr wohl im Auto: "Ich bin zufrieden mit meinem Start in dieses Wochenende und bin froh, dass der Regen bis nach beiden Trainings auf sich warten ließ. Prima ist auch, dass wir viele gute Setupänderungen durchführen könnten", sagt der zweimalige Kanada-Sieger nach dem Training. "Montreal ist eine klasse Strecke. Hier brauchst du eine hundertprozentige Entschlossenheit, denn als Fahrer kannst du hier noch einen Unterschied ausmachen. Auf diesem Kurs werden die Unterschiede zwischen den Piloten sichtbar", meint Hamilton und spricht die Pneusituation an: "Obwohl die weicheren Reifen etwas schneller waren, fuhr ich am Freitag lieber auf der härteren Mischung. Jenson hatte einen unglücklichen Tag", fährt Hamilton fort. "Es gab ein paar Probleme im Heckbereich seines Autos. Es war aber gut, dass er zumindest zum Ende der Einheit noch einige Runden zurücklegen konnte. Auf dieser Strecke ist es wichtig, viel zu fahren. Die Mauern stehen nämlich sehr eng und du musst dich langsam herantasten. Der Freitag war insgesamt also positiv."

Button von Getriebeproblemen geplagt

"Es dürfte an diesem Wochenende aber ziemlich eng werden. Und das nicht nur im Qualifying, sondern auch im Rennen", meint Hamilton und übergibt das Wort an seinen leidgeprüften McLaren-Teamkollegen Jenson Button, der von "ein paar Schwierigkeiten" spricht. "Am Morgen trat an meinem Auto ein Ölleck auf. Die Mechaniker nahmen daraufhin das Getriebe ab und bauten es dann wieder an. Danach bemerkten wir ein weiteres Problem. Sie mussten das Getriebe also erneut ausbauen und es später erneut einbauen. Sie leisteten gute Arbeit, doch die Verzögerungen hatten zur Folge, dass wir keine Runden mit viel Sprit absolvieren und auch keine Setuparbeit durchführen konnten. Wir mussten einfach auf die Strecke und fahren. Wir hatten daher keine Abstimmung, die sich richtig anfühlte. Ich möchte mich dennoch bei den Jungs bedanken", sagt Button. "Sie haben mit Nachdruck daran gearbeitet, alles zu reparieren. Sie waren fantastisch. Ich mache mir nicht zu viele Sorgen. Das Auto funktionierte gut und Lewis war den gesamten Tag über sehr schnell. Wir haben also viele gute Daten, die wir uns vor dem Samstag anschauen können. Und ich mag es, hier zu fahren", erklärt Button.

Wie gut hat McLaren wirklich gearbeitet?

"Hoffentlich haben wir am Samstag etwas mehr Glück." Das würde sich auch McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh für seinen Fahrer wünschen. "Jenson hatte einen schwierigen Tag, was aber nicht seine Schuld war. Am Vormittag hatte er ein Ölleck am Auto, weshalb es erforderlich war, das Getriebe an seinem Fahrzeug abzunehmen und neu zu fixieren", berichtet Whitmarsh in Montreal. "Vor dem zweiten Freien Training bemerkten wir dann ein weiteres Problem und mussten das Gleiche noch einmal tun. Deshalb verlor Jenson viel Streckenzeit. Als er dann, 18 Minuten vor dem Ende der zweiten Einheit, auf die Strecke gehen konnte, fand er sich im Verkehr wieder. In den wenigen Runden, die ihm zur Verfügung standen, brachte er daher kaum eine gute Zeit zustande. Trotzdem müssen wir den Hut vor den Mechanikern ziehen. Sie leisteten klasse Arbeit darin, das Heck seines Autos zu entfernen und wieder anzufügen - und das gleich zweimal", sagt Whitmarsh. Anderson sieht das aber anders und findet deutliche Worte: "Ein Getriebewechsel sollte eigentlich in einer halben Stunde passiert sein. Das war nicht gut genug", findet der frühere Formel-1-Designer.

Whitmarsh ist sehr zuversichtlich

Anderson macht dies auch an der Leistung einer gegnerischen Garage fest und verweist auf die Situation bei Caterham, wo der Unfallwagen von Heikki Kovalainen in der gleichen Zeit "komplett neu aufgebaut" wurde, wie es Anderson formuliert. Der 'BBC'-Experte kommt für sich zu einem eindeutigen Schluss: "Wer versucht, die WM zu gewinnen, dem darf so etwas nicht passieren." Whitmarsh sieht dennoch viel Positives: "Lewis zeigte eine sehr gute Leistung. Auf einer schnellen Runde war er stark, auf die Distanz war er schlicht exzellent. Er ist hier sehr konkurrenzfähig. Er hat dieses Rennen sowohl 2007 als auch 2010 gewonnen. Ich denke, er wird am Samstag mit der ihm in diesem Jahr eigenen Zuversicht angehen." Und auch von Button verspricht sich Whitmarsh einiges. "Für das dritte Freie Training wollen wir Jenson ein gutes Paket hinstellen, mit dem er sich auch entsprechend qualifizieren kann. Wir alle wissen, wie brillant er auf dieser Strecke sein kann. 2011 war er hier einfach spitze, doch daran brauche ich die Millionen TV-Zuschauer sicher nicht erinnern", sagt Whitmarsh. Button hatte das Rennen 2011 spektakulär für sich entschieden - in der letzten Runde.

McLaren wähnt sich bereits gut aufgestellt


Das britische McLaren-Team wähnt sich beim Großen Preis von Kanada auf einem guten Weg, doch völlig rund lief der erste Trainingstag aus der Sicht des Rennstalls nicht. Lewis Hamilton markierte in 1:15.259 Minuten zwar die schnellste Zeit des Freitags, aber Jenson Button kam nicht sehr viel zum Fahren. Der britische McLaren-Teamkollege Hamiltons wurde von mehreren Defekten zurückgehalten.

Deshalb konnte Button unterm Strich auch nur 26 Runden auf dem Circuit Gilles Villeneuve fahren, während Hamilton insgesamt 73 Umläufe zurücklegte. Kein guter Auftakt für den Vorjahressieger, wie McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh bei 'Sky Sports F1' bestätigt: "Jenson hatte keinen tollen Tag. Für ihn lief es enttäuschend", meint der Brite. Der Ölkreislauf im McLaren-Auto spielte ständig verrückt. Und weil direkt nach einem Defekt noch ein weiteres Problem auftrat, blieb Button länger an der Box gefangen als ursprünglich gedacht. "Wir liessen ihn hängen, indem wir das Auto nicht schnell genug wieder auf die Strecke brachten", sagt Whitmarsh. "Bis Samstag sollten wir das aber aussortiert haben." Das Ziel sei, Button im dritten Freien Training möglichst viel Streckenzeit zu verschaffen. "Dann kann er sich auf die Qualifikation vorbereiten", meint der McLaren-Teamchef. Denn dass Button in Montreal grundsätzlich schnell sei, wisse man seit dem vergangenen Jahr. "Er kann hier brillant auftreten. Das haben wir 2011 gesehen. Wir müssen ihm nur die Chance dazu geben", erläutert Whitmarsh. Immerhin wusste Hamilton am Freitag zu überzeugen, wenn auch nicht durch die Bank.

Trotz der Bestzeit hatte der Ex-Champion ebenfalls seine liebe Not in Kanada: "Es war sehr schwierig, alle Sektoren zusammenzubringen. Manchmal war ich in einem Abschnitt schneller, verlor die Zeit dann aber wieder in einem anderen Sektor. Ich bat daher immer wieder um eine weitere Runde. Ich wollte draußen bleiben", berichtet Hamilton bei 'Sky Sports F1'. Er rechne mit einem guten Rennen. Auch, weil es ziemlich spannend werden dürfte, wie Hamilton hinzufügt. "Es sieht derzeit danach aus, dass die Qualifikation ziemlich eng wird. Ferrari scheint hier sehr schnell zu sein. Und zumindest beim jüngsten Rennen kamen sie besser mit den Reifen klar. Sie müssen wir also im Auge behalten", sagt Hamilton und merkt an: "Es könnte ein weiteres Einstopp-Rennen geben. Es wird sicher interessant."

Whitmarsh würde seine Piloten dabei natürlich gern die Hauptrollen spielen sehen und fühlt sich durch die Trainingsfahrten von Hamilton in dieser Hoffnung bestärkt: "Lewis hatte einen guten Longrun und eine gute Geschwindigkeit. Er hatte den Eindruck, dass da noch mehr Tempo im Auto steckt. Das ist ein gutes Zeichen. Wir sahen sowohl auf eine Runde als auch über die Distanz konkurrenzfähig aus."

Button: "Mussten zwei Mal das Getriebe wechseln"


Als wäre die Lage von Jenson Button derzeit nicht schon schwierig genug, erlebte er auch noch einen enttäuschenden ersten Trainingstag in Montreal. Der Brite, der in dern vergangenen drei Rennen nur zwei WM-Punkte holte, kam insgesamt nur auf 26 Runden. Technische Probleme im Heck hatten seinen McLaren-Boliden lahmgelegt. Erst am Ende des zweiten Freien Trainings funktionierte sein Auto, und so kam er im Gesamtklassement auf die zehntbeste Zeit. Was am Freitag wirklich schief lief, wieso die Enttäuschung ein gutes Omen sein könnte und wie er das Wochenende nun retten möchte, verrät er im Tischgespräch nach dem Training.

Frage: Jenson, das war für dich ein sehr frustrierender Tag. Was war das Problem mit dem Auto?

Jenson Button: (lacht) Wir hatten ein paar. Wir hatten ein Ölleck heute Morgen. Sie bauten also das Getriebe aus und bauten es wieder ein und fanden ein anderes Problem beim Getriebe. Sie mussten daher wieder alles ausbauen und bauten dann das Ersatzgetriebe mit einer anderen Hinterradaufhängung ein. Am Ende blieben 15 bis 20 Minuten und das reichte für zwölf oder 13 Runden. Die Jungs wollten, dass ich rausfahre und ein paar Runden drehe. Wir haben nicht am Setup gearbeitet. Es hat sich nicht wirklich gut angefühlt, aber zumindest konnte ich fahren. Ein riesiges Dankeschön an die Jungs. Das war kein guter Tag für uns, dennoch haben sie Vollgas gegeben. Sie haben gezeigt, wie schnell man in einer Session zwei Mal das Getriebe wechseln kann.

Der Frust ist sicher gross, aber zumindest habt ihr Daten, um morgen mit der Setup-Arbeit loszulegen.

Ja, es wäre schön, ein paar Longruns, oder besser überhaupt ein paar Runs zu absolvieren. Heute ging es nur darum, die Bremspunkte zu finden, ein Gefühl für die Strecke zu entwickeln und ein paar Daten zu sammeln. Morgen ist aber ein anderer Tag, und wir sind immer noch guter Dinge, dass das ein gutes Wochenende werden kann. Das Auto funktioniert gut, Lewis war den ganzen Tag über sehr schnell. Ich mache mir keine Sorgen.

Bei den letzten Rennwochenenden warst du im zweiten Training immer sehr schnell, und dann folgte im Qualifying der Rückschlag. Vielleicht gelingt dir hier die Trendwende, denn du kennst die Strecke ja, musst dich nicht an sie gewöhnen ...

Nun ja, so sollte es eigentlich nicht sein. Ich habe zu meinen Ingenieuren am Morgen gesagt: 'Was immer ihr tut - schaut bitte, dass wir im zweiten Freien Training nicht schnell sind.' Wir waren in den vergangen zwei zweiten Freien Trainings jeweils Schnellster. Wir haben definitiv sichergestellt, dass wir im zweiten Freien Training nicht Schnellster sind. Wie auch immer - wir hoffen, dass wir am Samstag etwas mehr Glück haben. Ich freue mich schon, denn ich fahre hier gerne. Die Zuschauer sind immer großartig, und es handelt sich um einen großartigen Grand Prix.

Inwiefern verändert die mangelnde Kilometeranzahl die Perspektive für dieses Wochenende?

Es schmerzt, denn dadurch kann ich keine Longruns mit viel Sprit fahren, ausserdem ist es nicht möglich, am Setup zu arbeiten. Wenn man das Getriebe wechselt, muss man ausserdem überprüfen, ob der Sturz passt und ob alles in die richtige Richtung zeigt. Das haben wir natürlich nicht gemacht, denn wir mussten rausfahren und ein paar Runden drehen. Wir müssen uns ansehen, wo das Auto jetzt steht.

Hier kann man überholen. Wirst du das Qualfiying opfern und dich auf das Rennen konzentrieren?

Nein. Wir haben Informationen über das Fahren mit viel Sprit. Für mich ist es wichtiger, mit wenig Sprit zu fahren und ein Gefühl für die Reifen zu erhalten. Als wir fuhren, da war es kalt - anders als es im Qualifying der Fall sein wird, denn wir rechnen mit einem schönen Wochenende in Montreal.

Wie war es draussen auf der Strecke? Hast du einen Rhythmus gefunden und das Limit des Autos gespürt?

Es war gut, die Bremspunkte zu finden, denn im ersten Freien Training hatte ich nur zwei gezeitete Runden. Im zweiten Freien Training fahren die Leute eine Runde nach der anderen - am Ende der Session tanken sie voll auf und sind fünf bis sechs Sekunden langsamer. Für mich war es daher ziemlich schwierig, durch den Verkehr durchzukommen und eine freie Runde zu haben. Wir waren nicht unglaublich schnell, aber damit hatte ich auch nicht gerechnet. Ich habe ein recht gutes Gefühl.

Im Vorjahr warst du 30 Runden vor Schluss Letzter. Es ist also alles möglich, oder?

Exakt. Wir sind Neunter, es ist erst Freitag und es ist nur das Training.

Hamilton: "Einer der besseren Freitage"


Zweimal Bestzeit am Freitag, keine Probleme, nun Topfavorit auf den ersten Saisonsieg: Montreal-Spezialist Lewis Hamilton ist wieder voll in seinem Element-

Frage: Lewis, zweimal Bestzeit, ein wirklich guter Beginn des Kanada-Grand-Prix für dich, nicht wahr?


Lewis Hamilton: Es war ein guter Beginn, ja. Ich bin sehr glücklich - glücklich auch darüber, dass der Regen nicht gekommen ist und wir ein paar gute Setup-Änderungen ausprobieren konnten. Das Auto fühlt sich wirklich sehr gut an und ich bin mit meinem Setup sehr zufrieden. Das war einer der besseren Freitage, mit vielen Runden, guten Longruns in beiden Sessions. Ich fühle mich wohl. Es war positiv, aber es geht sehr eng zu. Die Ferraris sind sehr schnell und es wird sicher ein enges Rennen.

Irgendwelche Schwierigkeiten gehabt?

Auf den superweichen Reifen machte ich eine Zeit lang richtig viel Druck. Es war aber sehr schwierig, alle Sektoren zusammenzubringen. Manchmal war ich in einem Sektor schneller, aber dann habe ich die Zeit im zweiten Sektor wieder verloren. Also bin ich draußen geblieben und habe noch um eine Runde mehr gebeten. Deren Anfang war gut, aber dann kam die rote Flagge. Sonst wäre ich noch um ein paar Zehntel schneller gewesen. Das ist positiv für uns.

Thema Reifen: Wie gross ist der Unterschied zwischen Supersoft und Soft?

Kein grosser Unterschied, um ehrlich zu sein. Mir war der Prime sogar ein bisschen lieber, obwohl der weiche ein bisschen schneller war. Aber normalerweise ist der Unterschied grösser als die drei, vier Zehntel, die es heute waren. Wir haben jedoch keine Probleme mit den Reifen, was gut ist. Aber die Reifensituation wird sicher wieder eine große Rolle spielen. Es sieht derzeit danach aus, dass die Qualifikation ziemlich eng wird. Ferrari scheint hier sehr schnell zu sein. Und zumindest im letzten Rennen kamen sie besser mit den Reifen klar. Sie müssen wir also im Auge behalten. Es sieht so aus, als könnte es wieder ein Einstopp-Rennen sein, wie das letzte Rennen auch, das ein sehr merkwürdiges Rennen war. Meine Reifen haben mehr als 30 Runden geschafft. Das wird interessant.

Wie bewertest du das Tempo des Supersoft in der ersten schnellen Runde? Wird es morgen im Qualifying schwierig, das Potenzial gleich in der ersten Runde rauszuholen?

Im Moment ist die erste Runde nicht die schnellste. Heute konnte man mehrere Runde drehen, aber man wurde von Runde zu Runde immer noch schneller. Morgen könnten wir aber andere Temperaturen haben und hoffentlich eine griffigere Strecke. Dann könnte sich das auch drehen.

Jetzt gerade beginnt es zu schütten, aber tagsüber gab es nur vereinzelte Regentropfen. Wie waren die Streckenbedingungen?

Die Strecke war den ganzen Tag gut. Es ist eine tolle Strecke, die Spaß macht. Man muss nur aufpassen, keine Fehler zu machen und sich von den Leitplanken fernzuhalten.

Montreal ist eine Strecke, wo der Fahrer noch einen Unterschied bewirken kann, nicht wahr?

Ja, definitiv. Es ist eine gute Strecke, wo der Fahrer einen Unterschied machen kann, ein Stadtkurs. Es ist eine Strecke, auf der man hundertprozentig entschlossen sein muss. Die Fahrer, die das nicht sind, fallen hier ab.

Für deinen Teamkollegen Jenson Button ist es heute nicht nach Wunsch gelaufen...

Sehr schade für Jenson. Ich weiss nicht genau, was das Problem war, aber es war irgendwas hinten. Ich habe mich aber sehr für ihn gefreut, dass er zumindest nochmal im Trockenen rausfahren konnte, denn dies ist eine Strecke, auf der es sehr wichtig ist, viel zu fahren und einen Rhythmus zu finden, weil es ziemlich große Mauern neben der Fahrbahn gibt.

Du warst hier eigentlich immer der schnellste Mann, bist aber erst zweimal auf Pole-Position gestanden...

Zwei Pole-Positions sind nicht schlecht. Ich bin jetzt zum sechsten Mal hier, war aber jedes Mal sehr konkurrenzfähig und habe es immer sehr genossen. Montreal ist ein toller Schauplatz, eine tolle Stadt mit tollen Menschen und gutem Essen - und einer unglaublichen Rennstrecke. Jedes Mal, wenn ich aus der Box fahre, sehe ich das Publikum aufstehen und winken. Ich versuche jedes Mal, mich dafür zu bedanken, denn das ist ein gewaltiger Schub für mich. Ich hoffe, dass das so bleibt.

Wie gross schätzt du die Chancen ein, endlich einen Grand Prix zu gewinnen?

Wer weiss? Ich habe ein gutes Gefühl, aber ich versuche, vor den Rennwochenenden nicht zu selbstsicher zu sein. Ich bin bestmöglich vorbereitet und klar im Kopf und versuche, mich auf der Strecke mit dem Auto zu verbessern. Es wird sicher ein sehr enges Rennen, vielleicht sogar so eng wie das letzte Rennen. Also wird es auf alles ankommen: Boxenstopps, Start, Haushalten mit den Reifen. Einfach alles.

In dieser so umkämpften Saison würden dir 25 Punkte für einen Sieg hier extrem weiterhelfen, nicht wahr?

25 Punkte klingen gut, aber dafür muss man sehr hart arbeiten. Das gilt für alle. Wir dürfen nicht zu weit nach vorne schauen und müssen einen Schritt nach dem anderen machen und dabei alles geben. Es wird aber nicht leicht - und ich bin schon gespannt, was das Wetter macht.

Bei Button streikt das Ölsystem


Jenson Button erwischte keinen guten Auftakt in den Grossen Preis von Kanada. Schon nach wenigen Metern musste der britische Rennfahrer seinen McLaren im ersten Freien Training nämlich wieder abstellen - ein Defekt deutete sich an. Das Team kam dem Fehler zwar rasch auf die Spur und konnte das Problem beheben, doch die Technik meinte es am Freitag in Montreal trotzdem nicht gut mit Button.

Denn nachdem McLaren das erste Ölleck abgedichtet hatte, trat ein weiterer Defekt auf - und zwar direkt nach dem Anlassen des Autos. "Es handelt sich um einen erneuten Fehler im Ölsystem", sagt McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh beim britischen 'Sky'. "Wir bauen daher das Ersatzgetriebe ein." Was natürlich zur Folge hat, dass Ex-Champion Button vorerst nicht ins Lenkrad greifen kann. "Für Jenson und das Team ist das natürlich sehr ärgerlich, denn so verpassen wir zu Beginn des zweiten Freien Trainings einiges an Streckenzeit. Wir werden jedoch versuchen, ihn so rasch wie möglich an den Start zu bringen", meint Whitmarsh. Immerhin: Eine Strafversetzung hat Button nicht zu befürchten: Die aktuell verbauten Getriebeteile sind nur für den Trainingsbetrieb vorgesehen.

Neale: "Buttons Probleme sind komplex"


Seit einigen Rennen kommt Jenson Button nicht mehr in Fahrt. Der Sieger des Saisonauftakts in Melbourne holte in den vergangenen drei Rennen nur zwei WM-Punkte und muss nun zusehen, wie ihm die Weltmeisterschaft langsam entgleitet, wenn man nicht bald eine Lösung findet. Der Brite selbst zeigte sich zuletzt ratlos und sprach von einer Situation, wie er sie seit den schwierigen Honda-Zeiten nicht mehr erlebt hat.

Dazu kommt, dass der McLaren-Pilot beim Trainingsauftakt in Montreal kaum zum Fahren kam, weil ein Getriebeproblem seinen Boliden lahmlegte - dabei würde man die Zeit dringend benötigen um das Rätsel um Buttons Tief endlich zu lösen. Diesbezüglich befindet man sich nämlich erst im Anfangsstadium.

Technikchef Paddy Lowe erklärt, dass Buttons Problem komplexer zu sein scheint als zunächst angenommen: "Man versucht, nach Mustern zu suchen, und das tun wir gerade sehr intensiv, aber es sieht so aus, als würde es sich um ein mehrdimensionales Problem handeln. Man kann nicht einfach sagen, dass die Reifen nicht heiß genug oder zu heiß sind. Es ist nicht so einfach." In Monaco, wo Button beinahe das gesamte Rennen lang hinter Caterham-Pilot und Vorgänger Heikki Kovalainen festgesteckt war, erhielt das Team zumindest eine leise Ahnung, wo man ansetzen muss. "Wir haben in Monaco ein paar Aufschlüsse erhalten, was nicht funktioniert hat und wo die Schwächen liegen, also treiben wir jetzt ein paar Ideen vorwärts, die wir im Simulator und hier ausprobiert haben", gibt Lowe Einblicke in die Arbeitsweise seines Teams. "Diese Sorgen haben wir jetzt seit zwei oder drei Rennen."

Der Technikchef wundert sich über die Schwierigkeiten: "Spanien war interessant. Jenson war am Freitag sehr stark und Lewis weniger - am Samstag war es dann genau umgekehrt." Er glaubt aber nicht, dass Button selbst die Ursache für das Tief ist: "Ich glaube nicht, dass es an ihm liegt, sondern daran, wie wir das Auto für ihn einstellen und wie er das dann nutzt."

Button-Panne: Neale reagiert auf Andersons Kritik


Nach dem tollen Saisonauftakt und dem Triumph in Melbourne läuft bei McLaren diese Saison nicht mehr viel zusammen. Dass Jenson Button, der sich derzeit in einem Formtief befindet, beim ersten Trainingstag in Montreal kaum zum Fahren kam, weil an seinem McLaren zwei Mal das Getriebe gewechselt werden musste, passt in eine Serie von unglücklichen Ereignissen bei den vergangenen Rennen.

Einmal sind es die Boxenstopps, die bei McLaren schieflaufen, dann sind es Defekte - oder die Updates, die das Team vorbereitet hat, greifen einfach nicht. McLaren hatte einst den Ruf einer Perfektionistentruppe - davon war diese Saison noch nicht viel zu sehen. Das fällt auch Ex-Jordan-Technikchef Gary Anderson auf, der McLaren nach der erneuten Panne gegenüber der 'BBC' hart kritisiert: "Es handelt sich um ein Topteam mit einem Weltmeister, der um den Titel kämpft. Ein Getriebewechsel sollte dort 30 Minuten dauern und nicht drei-dreiviertel Stunden. Das ist nicht gut genug." Der Ire vergleicht das Team mit einem Hinterbänkler-Rennstall: "In diesem Zeitraum hat Caterham das Auto von Heikki Kovalainen, der in die Wand gefahren ist, neu aufgebaut. Wenn man die Weltmeisterschaft gewinnen will, dann kannst man es sich nicht leisten, solche Fehler zu machen."

Neales Rechtfertigung

Als McLarens Geschäftsführer Jonathan Neale mit Andersons Kritik konfrontiert wird, versucht er sich in einer Rechtfertigung: "Nun ja, er hat das Recht auf eine Meinung. Ich denke aber, dass es hilft, näher an diesem Problem dran zu sein. Und trotzdem hat er recht. Was diese Dinge angeht - wir wollen nicht, dass sie passieren, sie sollten nicht passieren, aber Formel-1-Autos sind nun mal so gebaut, dass sie am Limit sind. Wir pushen alle sehr hart, und von Zeit zu Zeit wird es ein technisches Problem geben. Es war auf jeden Fall nicht trivial."

Tatsächlich führte eine Verkettung von Umständen dazu, dass Button nur wenige Runden drehen konnte, und bisher gar nicht am Setup gearbeitet hat. "Jenson hatte ein Ölleck, das die Kupplung betraf, und wir dachten bereits, dass wir es repariert hätten", gibt Neale Einblicke. "Das Ölleck war im Getriebe. Die Mechaniker leisteten großartige Arbeit bei der Reparatur der Dichtung, aber als wir das Auto starteten, entdeckten wir ein weiteres Problem, dass sich davor nicht gezeigt hatte. Leider mussten wir dadurch das Getriebe und das gesamte Heck von Jensons Auto tauschen."

Neale lobt McLarens Teamgeist

Der Brite erkennt nach dem ersten Trainingstag aber auch positive Tendenzen, die der Theorie widersprechen, dass das Teamwork bei McLaren nicht optimal funktioniert: "Hut ab vor den Mechanikern. Als Lewis die Garage verließ, kamen alle Mechaniker herüber, um Jensons Auto zum Laufen zu bringen - das war unglaublich." Zudem glänzte Buttons Teamkollege Lewis Hamilton in beiden Trainings: "Für ihn war es ein grossartiger Tag. Wir wissen, dass das Tempo des Autos passt, es sah gut aus - aber natürlich wissen wir nicht, was der Samstag bringt." Auch führ Button sieht er noch lange nicht schwarz: "Es war sehr wichtig, dass er noch fahren konnte. Auf dieser Strecke musst du das Vertrauen finden und das Auto spüren. Wir haben ein paar Leute gesehen, die die Mauer geküsst haben, und um hier schnell zu sein, muss man sehr nahe an sie heranfahren."

9.6.2012