McLaren will beide Meisterschaften gewinnen

Hamiltons Sieg in Budapest verlieh McLaren einen

weiteren Motivationsschub

In der Weltmeisterschaft geht es so eng zu wie selten zuvor: Fünf Fahrer können sich noch berechtigte Hoffnungen auf den Titel machen. In der Teamwertung ist es nicht minder spannend, im Gegenteil: Neben Red Bull, Lotus und Ferrari ist es vor allem McLaren, die aufgrund ihrer wiedererstarkten Form bei den vergangenen Rennen als heisser Favorit anzusehen sind.

Der Sieg von Lewis Hamilton in Ungarn vor der Sommerpause verlieh dem britischen Rennstall einen weiteren Motivationsschub. Die Updates, die man in Hockenheim einführte, scheinen Früchte zu tragen, die Mercedes befeuerten Boliden sind wieder ähnlich schnell wie sie zu Saisonbeginn waren. Die Probleme, die man zwischenzeitlich mit den Pirelli-Reifen hatte, scheint man in den Griff bekommen zu haben. Nun erwartet Teams und Fahrer ein wahrer Marathon: Vom kommenden Rennen in Spa-Francorchamps geht es direkt nach Italien, wo die Formel 1 in Monza Station macht. Anschließend folgen die Rennen in Übersee, die die Team jedes Mal vor eine logistische Herausforderung stellen. "Die letzten Wochen waren eine gute Mischung aus etwas Auszeit zum Entspannen und intensivem Training", schildert Jenson Button, wie er die Sommerpause verbracht hat. "Das hat alles dazu geführt, dass ich jetzt heiß darauf bin, ins Auto zurückzukehren. Ich war auf den Philippinen und auf Hawaii um zu trainieren und war dann noch in Großbritannien, wo ich das etwas fortgeführt habe. Jetzt freue ich mich darauf, ins Cockpit zurückzukehren."

Button: "Spa ist die Mutter aller Strecken"

In Spa und Monza hat Button zwar bislang nicht gewonnen, dennoch kann sich der Brite keinen bessere Ort für ein Formel-1-Rennen vorstellen: "Man kann sich eigentlich keine besseren Orte wünschen um in die zweite Saisonhälfte der Formel 1 zu starten: Spa ist die Mutter aller Strecken, eine der grossartigsten der Geschichte und Monza ist eine der traditionsreichsten mit einer tollen Atmosphäre." Button weiter: "Ich habe gute Erinnerungen an diese Strecken, auf denen ich jedoch noch nie gewonnen habe. Angesichts unseres Speeds bei den letzten Rennen habe ich ein positives Gefühl was die anstehenden Rennwochenenden angeht."

Teamkollege Hamilton zeigt sich für die zweite Saisonhälfte angriffslustig und möchte hoch hinaus: "Mein Sieg in Ungarn war eine perfekte Art und Weise, in die Sommerpause zu starten: Es schickte das Team mit einem positiven Gefühl in den Urlaub", so Hamilton. "Es gab mir ausserdem die Hoffnung und die Sicherheit, bei den letzten neun Rennen die Chance zu haben, um beide Titel zu kämpfen."

Vorfreude bei Hamilton könnte nicht größer sein

Der Weltmeister von 2008 fährt fort: "Die Vorfreude bei mir könnte gar nicht grösser sein, in Belgien wieder an die Arbeit zu gehen. Spa ist eine der besten Strecken der Welt. Es sorgt immer wieder für Begeisterung, hier eine schnelle Runde hinzulegen und nach Wochen außerhalb des Cockpits wird sich die erste Runde am Freitagmorgen absolut sensationell anfühlen." Zwar sei es in Hamiltons Augen schwierig, vorherzusehen, wie das Kräfteverhältnis künftig aussehen werde, doch "ich denke, dass wir in den kommenden Wochen ein klareres Bild in Sachen WM-Titel haben werden. Es wird sehr schwierig werden, ein sehr taktisches und interessantes Saisonfinale. Kein Team hat einen klaren Vorteil, obwohl wir uns alle anstrengen, Fernando Alonso in der Fahrerwertung einzuholen. Es ist also noch alles drin."

McLaren will Rückstand in der WM aufholen

Teamchef Martin Whitmarsh
sieht sein Team für die Herausforderungen in den letzten neun Rennen gut gerüstet, da man nun gut erholt aus dem Urlaub zurückkehre: "Die Sommerpause hat es jedem im Team ermöglicht, sich etwas auszuruhen und vor den letzten neun spannenden Rennen die Batterien etwas aufzuladen." Whitmarsh weiter: "Das Rennen in Spa-Francorchamps ist ein guter Rahmen für diese Rückkehr aus dem Urlaub. Jeder im Team freut sich darauf, den Motorenlärm wieder zu hören und es gibt kaum bessere Orte, ein Formel-1-Auto in Aktion zu sehen als Spa. Aufgrund der vorgeschriebenen Schließung der Fabrik während der Sommerpause hatten wir zwei volle Wochen um uns auf den Grossen Preis von Belgien vorzubereiten. Hoffentlich können wir bei den kommenden beiden Rennen, die innerhalb einer Woche stattfinden werden, die Lücke zu den Vorderleuten schliessen, sowohl in der Fahrer- als auch in der Teamwertung. Lewis' Sieg in Ungarn hat einmal mehr bewiesen, dass wir in beiden Wertungen angreifen können. Und das bleibt unser Ziel: Der Gewinn beider Meisterschaften."

Whitmarsh rollt Hamilton den roten Teppich aus


Wenige Teams und Fahrer pflegen eine so intensive Beziehung wie McLaren und Lewis Hamilton. Daran scheinen auch die seit Monaten nicht verstummen wollenden Gerüchte über einen Wechsel nichts zu ändern. Überhaupt sieht Martin Whitmarsh die Lage entspannt: "Die Vertragssituation ist doch ziemlich klar: Wenn Lewis im Team bleiben will, was er mit gesagt hat, soll er das tun. Und wenn wir ihn halten wollen, dann sollten wir das tun", erklärt der Teamchef gegenüber 'Autosport'.

Die Schlussfolgerung ist entwaffnend logisch und legt nahe, dass auch 2013 ein gelber Helm aus dem "Chrompfeil" ragt: "Wenn die Antwort auf beide Fragen 'ja' lautet, dann ist alles machbar", so Whitmarsh weiter. Der Brite glaubt, Hamilton einschätzen zu können und auf eine Einigung zuzusteuern: "Lewis und ich haben zwei oder drei Mal ausführlich darüber gesprochen. Wir sind näher dran als je zuvor und ich kenne ihn, seitdem er elf Jahre alt ist", sagt Whitmarsh.

Verhandlungen belasten Beteiligte nicht

Sollten sich die Verhandlungen, bei denen Hamilton bereits an McLaren-Traditionen zu rütteln und das Überlassen der Pokale an das Team zu stürzen versuchte, weiter andauern, wäre das kein sportliches Problem: "Du wirst an einem Wochenende ein paarmal danach gefragt und es interessiert die Leute natürlich", gibt sich Whitmarsh abgeklärt."Unsere Gespräche gingen darum, wie es uns gelingen könnte, andere Teams zu schlagen und Rennen zu gewinnen." Der Entwicklung Hamiltons kann Whitmarsh viel Positives abgewinnen. Er erwähnt die mentale Verfassung, die Konzentration und das Selbstbewusstsein, aber auch große Herausforderungen, denen der Ex-Weltmeister gegenüberstand. "Ich denke, er ist in einer weitaus stärkeren Position als in der vergangenen Saison", bemerkt der 54-Jährige und nennt das Jahr 2011 "gemessen an Hamiltons aussergewöhnlich hohen Standards sicher nicht eines der besseren".

Hamiltons Schwächen sind auch seine Stärken

Hamilton scheint bei McLaren auch deshalb gut aufgehoben zu sein, weil man ihm in Woking seine Eigenheiten zugesteht und darin die Vorzüge erkennt, die ihn in starken Momenten auszeichnen. "Er hat einige interessante Zyklen durchlaufen und das war für diejenigen von uns, die ihn seit vielen Jahren gut kennen, interessant", bemerkt Whitmarsh. "Obwohl das nicht heißt, dass bei ihm alles rund läuft: Er ist mental stärker und erfahrener als je zuvor."

Im Gegensatz zu manchem Experten im Fahrerlager sieht der Teamchef eine Stärke Hamiltons darin, dass er sich mit zweiten Plätzen nicht zufrieden gibt und hohe Ansprüche an sich sowie das Team stellt. "Er ist ein leidenschaftlicher Fahrer, der Rennen gewinnen will, und ich wäre besorgt, würde er diese Charaktereigenschaften nicht ausleben", stärkt Whitmarsh Hamilton den Rücken.

28.8.2012