Alonso "200 Prozent bereit" für 2. Saisonhälfte

Stösst noch nicht auf den WM-Gewinn an:

Titelfavorit Fernando Alonso

Knapp fünf Wochen standen die Motoren in der Formel 1 still, doch Fernando Alonso gab trotzdem Vollgas. Der Spanier bewies im Urlaub, dass er nicht nur in seinem Ferrari eine gute Figur abgibt, sondern auch auf zwei Rädern. Bei einem Zeitfahren raste der Schweiger aus Oviedo im hautengen Trikot mit den spanischen Nationalfarben auf Platz drei. Doch mit diesem Rang wird er sich in seinem Boliden am Wochenende im belgischen Spa-Francorchamps sicher nicht zufrieden geben.

Auf der sieben Kilometer langen Berg- und Talfahrt durch die Ardennen startet der Formel-1-Tross in seine entscheidende Saisonphase. Und WM-Spitzenreiter Alonso gilt bei noch neun ausstehenden von insgesamt 20 Rennen als der Topfavorit auf den Titel. Der Spanier holte als einziger Pilot in jedem Rennen dieser Saison Punkte und hat bereits 42 Zähler mehr auf dem Konto als Titelverteidiger Sebastian Vettel. Und der 31 Jahre alte Alonso lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass er sich nach 2005 und 2006 in diesem Jahr mit aller Macht zum dritten Mal die Krone des Motorsports aufsetzen will: "Wir werden 200 Prozent bereit sein", sagt er.

Alonso ist bisher die prägende Figur der Saison. Und das, obwohl sein roter Bolide im Frühjahr alles andere als ein Siegerauto war, wie sein Teamchef Stefano Domenicali zugab. Doch Alonso bewies einmal mehr seine größte Stärke: Wohl kein anderer Fahrer im Feld kommt so gut mit schlechtem Material zurecht, er kann ein Auto weiterentwickeln und macht kaum Fahrfehler. Alonso scheint einfach die die Konstanz auf vier Rädern zu sein - und fuhr in den vergangenen 23 Rennen immer in die Punkteränge. "Wir sind nirgendwo die Besten, aber überall gut", meint er.

Wenn es nach Rekord-Weltmeister Michael Schumacher geht, ist seinem Nachfolger bei der Scuderia der Titel eigentlich nicht mehr zu nehmen: "Er wächst gerade über sich hinaus", sagt Schumacher, der in Spa-Francorchamps sein 300. Rennen fahren wird. "Es gibt so Phasen, wo alles zu einem kommt - aber das hat man sich erarbeitet. Und er hat es." Und auch Vettel, der den Kampf um seinen dritten Titel in Folge noch lange nicht aufgegeben hat, meint: "Fernando ist der kompletteste Fahrer der Welt." Und wen fürchtet Alonso am meisten? "Von Lewis (Hamilton) und Sebastian geht die grösste Gefahr aus", antwortet der Ferrari-Pilot.

Oder kommt es am Ende doch ganz anders? Mit Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen hat völlig unerwartet ein weiterer Kandidat Ansprüche auf den WM-Titel angemeldet. Heimlich, still und leise hat sich der Finne mit dem Hang zu Zigarette und ausgeprägtem Alkoholkonsum im Windschatten von Alonso und Vettel zu einem echten Geheimtipp entwickelt - dabei hat der "Iceman" noch gar keinen Sieg eingefahren. Doch mit seinem Lotus fuhr er in zehn von elf WM-Läufen in die Punkte und rangiert nur sechs Zähler hinter Vettel.

Kein Wunder, dass die Konkurrenz den eiskalten Racer längst auf der Rechnung hat. "Ihr Auto ist schon das gesamte Jahr schnell", findet etwa Red-Bull-Teamchef Christian Horner, "also ist Kimi auch ein Faktor in der Fahrer-WM." In Spa-Francorchamps will der 32 Jahre alte Räikkönen unbedingt seinen fünften Sieg auf seiner Lieblingsstrecke: "Zweite Plätze reichen mir nicht. An Spa habe ich nur gute Erinnerungen. Extra-Punkte sind immer gut."

Schlesser: "Alonso wird schwer zu schlagen sein"


Noch sind in der Formel 1 neun Grands Prix zu fahren und somit noch maximal 225 WM-Punkte zu vergeben. Da erscheint es alles andere als sicher, dass der aktuell Führende Fernando Alonso mit 40 Zählern Vorsprung den Titel bereits sicher hat. Allerdings gibt es auch Experten, die dem Spanier, der in diesem Jahr bislang die meisten Siege einfuhr und bei jedem Grand Prix in die Punkte fuhr, zutrauen, auch am Saisonende ganz vorne zu sein.

Dazu zählt auch Jean-Louis Schlesser. Der Franzose, der vor allem durch seine zahlreichen Sportwagen-Titel und seinen zweimaligen Erfolg bei der Rallye Dakar Bekanntheit erlangte, weist zwar darauf hin, dass die Saison noch lange nicht vorbei ist. Doch sieht Alonso als nur schwer zu knackende Nuss für seine Konkurrenten an. "Es ist sehr schwierig, zu sagen, wer in dieser Saison den Titel gewinnen wird", so der Schlesser in einem Podcast von 'Rallyday'. "Doch wenn man nach der Konstanz geht, dann denke ich, wird Alonso nur schwer zu schlagen sein." Es sei allerdings "sehr schwierig", sich genau festzulegen, so Schlesser, der in Monza 1988 vertretungsweise für den damals erkrankten Nigel Mansell einen Grand Prix bestritt und dabei gleich mal für Aufsehen sorgte, da er Ayrton Senna von der Bahn drehte.

"Es könnte auch sein, dass ein Team, das jetzt auf Platz drei oder vier liegt, demnächst für ein paar Rennen an der Spitze fährt und dann ein ganz anderes wieder vorne liegt", fügt der 63-jährige Neffe des 1968 tödlich verunglückten Jo Schlesser hinzu. "Viele unterschiedliche Fahrer haben dieses Jahr Rennen gewonnen. Es wird aufs Wetter ankommen und auf die Reifen, die manche Autos anders beanspruchen als andere. Wir müssen abwarten."

Abzuwarten bleibt auch, wie sich das Kräfteverhältnis der Teams bei den kommenden Rennen in Spa-Francorchamps und Monza gestalten wird. Denn die beiden Kurse zählen zu den schnellsten im Rennkalender, weisen also eine völlig andere Charakteristik auf als die bisherigen Strecken.

Brundle: "Alonso ist dieses Jahr top"


Fernando Alonso führt in der Formel 1 nach wie vor die Weltmeisterschafts-Wertung an. Und obwohl der Doppelweltmeister beim letzten Rennen in Ungarn nicht an seine starken Leistungen bei den vorherigen Grands Prix anknüpfen konnte, sehen in ihm viele den kommenden Champion.

Der Ferrari-Pilot war in diesem Jahr der erste Fahrer, dem es gelang, mehr als einmal zu gewinnen: Ausgerechnet bei seinem Heimrennen in Valencia siegte der Spanier zum zweiten Mal, ein weiterer Erfolg folgte in Hockenheim. Der frühere Renault- und McLaren-Pilot war übrigens auch der einzige, der in dieser Saison bisher bei allen Rennen in die Punkte fuhr. Da verwundert es nicht, dass Martin Brundle, ehemaliger Formel-1-Pilot und heutiger Experte beim britischen Fernsehsender 'Sky', in den höchsten Tönen von Alonso schwärmt. Auf die Frage, welcher Fahrer in diesem Jahr top sei, antwortet der Brite gegenüber 'The Sun': "Es kann nur Alonso sein, der es entgegen allen Erwartungen, ohne einen tatkräftigen Teamkollegen und ohne ein schnelles Auto irgendwie geschafft hat, sich durchzusetzen und Rennen zu gewinnen."

In der Tat gelang Alonso etwas, was zu Saisonbeginn wohl niemand für möglich gehalten hätte. Denn bei Ferrari selber machte man vor der Saison kein Geheimnis daraus, mit dem F2012 noch Probleme zu haben. Umfangreiche Updates verbesserten die Lage im Saisonverlauf.

Auf den Flop der Saison wollte sich Brundle dagegen ungern festlegen, weil er wisse wie hart es sei, Formel-1-Fahrer zu sein, merkt jedoch an: "Michael Schumacher hatte diese Saison sehr viel Pech und traf teilweise falsche Entscheidungen", so Brundle, der 1992 Schumachers Teamkollege bei Benetton war. "Er hatte ausserdem das unzuverlässigste Auto, wodurch er zusätzliches Pech hatte."

Senna: "Alonso hat den Titel noch nicht sicher"

Für Bruno Senna ist der Titelkampf in dieser

Saison alles andere als entschieden


Fernando Alonso führt derzeit mit 164 Punkten die WM-Wertung an und liegt damit 40 Zähler vor dem Zweitplatzierten Mark Webber. Manch einer mag davon ausgehen, dass der Spanier den WM-Titel schon so gut wie in der Tasche hat. Mit drei Saisonsiegen hat der Doppelweltmeister von 2005 und 2006 auch die meiste Anzahl an Erfolgen in diesem Jahr auf dem Konto.

Beim vergangenen Rennen in Ungarn brach die Leistung des Mannes aus Oviedo mit Platz fünf allerdings wieder etwas ein, er hatte keine Chance, im Kampf um die vordersten Plätze ein Wörtchen mitzureden. Es bleibt daher abzuwarten, ob Alonso seinen Punktevorsprung über die letzten neun Saisonrennen halten kann, zumal McLaren nach der Einführung neuer Updates und dem Sieg in Budapest wiedererstark zu sein scheint.

"Es sind noch 225 Punkte zu vergeben, was eine ganze Menge ist", schätzt Williams-Pilot Bruno Senna im Gespräch mit 'Totalrace' die Situation in der WM ein. "Selbst mit aktuell 40 Punkten Vorsprung wird es für ihn also nicht einfach werden."

Laut Senna könnte die Konkurrenz gegenüber Ferrari einen Entwicklungsvorteil haben, der schlussendlich auch die Weltmeisterschaft entscheiden könnte: "Man weiss nie, was in Sachen Entwicklung passieren wird", so der Neffe der Rennlegende Ayrton Senna, der in diesem Jahr bislang 24 WM-Punkte sammelte. "Es ist gut möglich, dass Ferrari einen Nachteil haben könnte, auch wenn ich nicht glaube, dass sie das zulassen werden."

Alonso zweifelt an Kubicas vollständiger Genesung

Fernando Alonso gilt als enger Freund von

Robert Kubica


Ziemlich genau eineinhalb Jahre ist es nun her, dass Robert Kubica bei einem Rallye-Unfall schwer verletzt wurde. Im Februar 2011 befand sich der damalige Renault-Pilot in den letzten Vorbereitungen auf die Formel-1-Saison und nahm zudem noch an einer Rallye in Italien teil.

Auf einer Wertungsprüfung verlor der Pole dann die Kontrolle über seinen Skoda Fabia, raste gegen eine Leitplanke, die ins Auto eindrang und seine Hand schwer verletzte. Zudem zog er sich zahlreiche Knochenbrüche zu. Seitdem ist es um Kubica, der 2008 als erster Pole in der Formel 1 einen Grand Prix gewann, ruhig geworden. Seine Genesung schreitet zwar langsam aber sich voran. Doch ob der 27-Jährige jemals wieder ein Formel-1-Rennen bestreiten wird, ist völlig unklar. Im März hatte Pirelli-Testfahrer Jaime Alguersuari noch verraten, dass Kubica ein Jahr nach dem Unfall immer noch nicht imstande sei, ein Glas Wasser in die Hand zu nehmen.

"Es ist wirklich schwer zu sagen, ob Robert seine Fitness wieder zu hundert Prozent zurückerlangen und wieder in der Lage sein wird, ein Formel-1-Auto zu fahren", sagt Ferrari-Pilot Fernando Alonso, ein guter Freund Kubicas, dem 'F1 Racing'-Magazin.

Der Spanier habe ab und an Kontakt zu Kubica und wisse, wie schwer es ihm falle, den Motorsport nicht ausüben zu können: "Das war immer seine Welt", so Alonso. Im Vordergrund müsse allerdings zu allererst die Genesung stehen: "Er muss ruhig bleiben und sich erst darauf konzentrieren, die Funktionalität seines Körpers wieder vollständig herzustellen. Dann kann er wieder über Rennfahren nachdenken."

Massa: "Kommende Rennen wichtig für meine Zukunft"

Felipe Massa fährt seit 2006 für Ferrari und wurde

2008 Vizeweltmeister


Hinter Felipe Massas Zukunft bei Ferrari steht nach wie vor ein dickes Fragezeichen. Es wurde schon oft darüber spekuliert, wer die Nachfolge des Brasilianers antreten könnte, darunter fielen Namen wie Sergio Perez oder gar auch Kimi Räikkönen.

Bei den letzten Grands Prix lief es für den ehemaligen Sauber-Piloten zwar besser - in Silverstone belegte Massa beispielsweise Platz vier -, dennoch liegt der Vizeweltmeister von 2008 weiterhin deutlich hinter Teamkollege Fernando Alonso. In der Fahrerwertung belegt Massa derzeit mit 25 Punkten nur Rang 14, während Alonso mit 164 Zählern überlegen die Wertung anführt. "Ich muss weiterhin engagiert sein und Rennen beenden, um in der zweiten Saisonhälfte bessere Ergebnisse erzielen zu können", so Massa auf einer Veranstaltung zur Verbesserung von Verkehrssicherheit in seiner brasilianischen Heimat Sao Paulo. "Für mich ist es nun wichtig, um Podiumsplatzierungen zu kämpfen, selbst wenn mein Teamkollege vor mir liegt."

Gespräche über seine Zukunft hätten mit Ferrari schon vor einiger Zeit begonnen, bis zu einer endgültigen Entscheidung werde man jedoch weiterarbeiten wie gehabt. Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali merkte jedoch erst letzte Woche an, dass es für Massa jetzt drauf ankäme und dass er wisse, was zu tun sei.

Durch die Top-Leistungen seines spanischen Teamkollegen sei Massa übrigens nicht verunsichert, im Gegenteil: "Das macht mir gar nichts aus", so der 31-Jährige sichtlich gelassen. "Wenn ich in der Nähe von Alonso oder sogar vor ihm liegen sollte, dann werde ich ihm natürlich in der WM helfen." Bislang war dies aber noch nie der Fall, da Massa meistens eher im Mittelfeld zu finden war, während Alonso dieses Jahr schon drei Siege einfuhr. Mit Drucksituation könne Massa allerdings umgehen, weshalb die aktuelle Saison keine unlösbare Aufgabe darstelle: "Bei Sauber wurde ich nach nur einer Saison vor die Tür gesetzt und als Testfahrer musste ich dann gute Ergebnisse erzielen und noch eine Chance zu kriegen", so Massa gegenüber 'Globo'. "In meinem ersten Jahr bei Ferrari stand dann Kimi Räikkönen schon für das kommende Jahr unter Vertrag und niemand wusste, ob Michael Schumacher weitermachen würde oder nicht."

Die nächsten Rennen seien jedoch "extrem wichtig für meine Zukunft", stellt Massa klar. "Doch das war auch zu Beginn der Saison so." Er sei "zu hundert Prozent" auf seine Ergebnisse konzentriert: "Dank der Arbeit des Teams hat sich unsere Leistung deutlich verbessert und ich bin sehr motiviert. Ich glaube so fest an meine Fähigkeiten, die ich schon mehrfach unter Beweis stellen konnte."

29.8.2012