Perez: "Hat eine Menge Flair"

Sergio Perez wechselt nach zwei Jahren bei Sauber

ins Topteam McLaren

Der überraschende Transfer von Sergio Perez zu McLaren war die erste Nachricht, die am heutigen Tag der Bekanntgaben Schlagzeilen machte - auch am Rande der Langstrecken-WM in Bahrain. Audi-Werksfahrer Allan McNish findet McLarens Entscheidung für den jungen Mexikaner zum Beispiel "wirklich interessant".

"Sicherlich ist der Sauber ein sehr gutes Auto, welches bei 60 bis 70 Prozent aller Rennen sehr schnell ist. Nun wird er aber ein Auto haben, mit dem er immer um den Sieg kämpfen kann", sagt der Teilzeit-FIA-Rennkommissar. "Ich freue mich auf das Duell mit Button. Als Schotte hätte ich mich gefreut, wenn sie einen Schotten, Paul di Resta, verpflichtet hätten. Aber ich kenne die vertraglichen Situationen nicht und glaube, dass Paul für 2013 schon einen Vertrag unterschrieben hat. 2014 werden deutlich mehr Cockpit verfügbar sein."

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo hatte Perez vor einigen Wochen noch für nicht erfahren genug erklärt, um zur Scuderia zu wechseln. Eine Fehleinschätzung? "Das wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Das kann man nicht pauschal sagen, es hängt davon ab, was für das Team im jeweiligen Moment richtig oder falsch ist", glaubt McNish. "Die Mischung aus Sergio und Jenson ist gut. Jenson ist sehr ruhig und konstant. Sergio ist jünger und hat eine Menge Flair. Bei Ferrari hätte es vielleicht nicht so gut gepasst, wenn sie Massa durch Perez ersetzt hätten. Sie hätten dann einen Fahrer gehabt, der um die Weltmeisterschaft kämpft, und einen, der allen zeigen will, dass er zu den Besten der Welt gehört. Es kommt auf die richtige Balance an", so der frühere Toyota-Pilot in der Königsklasse.

Weitere Stimmen über Sergio Perez


Alexander Wurz (Williams-Fahrermentor):
"Die Zeit wird zeigen, ob er das WM-Gen hat. Teilweise hat er mich sehr beeindruckt, ich bin auch ein Fan von ihm. Wo er an sich arbeiten muss, ist seine aggressive Fahrweise dem Auto gegenüber. Das funktioniert im Sauber, aber das würde mit der Aerodynamik des McLaren nicht funktionieren. Wir werden sehen, ob er sich darauf einstellen kann oder nicht. Das weiss ich noch nicht. Wird interessant. McLaren hat nun um einiges mehr Geld zur Verfügung als dieses Jahr, weil sie sich die Gage für Hamilton sparen. Wenn sie es ins Auto stecken, wird das dem Team unterm Strich vielleicht sogar helfen."

Vitantonio Liuzzi (ehemaliger Formel-1-Pilot): "Es ist eine mutige Entscheidung. Seltsam, dass niemand vorhergesagt hat, dass das passieren würde. Aber in diesem Jahr hat er tolle Leistungen gezeigt, ist dreimal auf das Podium gefahren. Der Sauber ist in diesem Jahr wirklich ein gutes Auto, speziell im Umgang mit den Reifen. McLaren hat ihm etwas Gutes getan und kann ihm vielleicht helfen, sich weiterzuentwickeln. Sie glauben an ihn, dazu hat er Geldgeber im Rücken. Es könnte ein interessantes Team werden, schliesslich haben sie auch noch Jenson, der zu den Spitzenfahrern zählt. Sie können sich auf ihn verlassen, was Erfahrung und Konstanz angeht. Und dann können sie vielleicht auf Sergio bauen. Ich bin gespannt darauf, zu sehen, was passiert."

Karun Chandhok (ehemaliger Formel-1-Pilot): "Ich kenne Sergio seit vielen Jahren und freue mich für ihn. Er ist ein toller Typ. Abwarten, was passiert, denn jede Herausforderung ist anders, jedes Team ist anders. Ich hoffe, er macht etwas daraus."

Neel Jani (Langstrecken-WM-Fahrer): "Perez bei McLaren wird sehr interessant. Jetzt kann man wirklich mal sehen, wie gut er sich gegen einen Button schlägt. Perez hat Telmex dran. Wenn McLaren Motoren zahlen muss und Vodafone verliert, ist das schon auch ein Argument. Und er hat dieses Jahr keinen schlechten Job gemacht. Vielleicht haben sie zwei Fliegen auf einen Schlag erwischt."

Whitmarsh: Perez hat gleichen Status wie Button


Bereits am Tag der Fahrerbekanntgabe lässt McLaren keinen Zweifel daran, dass Sergio Perez im Team die gleichen Chancen erhalten wird wie Routinier Jenson Button. Der 22-jährige Mexikaner unterschrieb einen mehrjährigen Vertrag beim Traditionsrennstall aus Woking und betonte, dass er bereits in seiner Debütsaison um Siege kämpfen will.

Diese Hoffnung hat auch Teamchef Martin Whitmarsh, wie er gegenüber 'Reuters' bestätigt: "Ich glaube, dass Sergio bereits in Australien im kommenden Jahr um den Sieg kämpfen wird, und ich bin der Meinung, dass er die Fähigkeit dazu hat. Was den Nummer-eins-Status angeht kann ich nur sagen, dass das nicht die Art und Weise ist, wie wir als Team arbeiten. Wir werden nächstes Jahr in Australien mit Sergio und Jenson um den Sieg kämpfen."

Was Whitmarsh an Perez begeistert

Tatsächlich hat McLaren im Gegensatz zu Ferrari eine Tradition, zwei Toppiloten gegeneinander kämpfen zu lassen. Das sorgte auch schon einige Male für Zündstoff, wie die Stallkriege zwischen Ayrton Senna und Alain Prost oder Fernando Alonso und Lewis Hamilton bewiesen haben. Warum Whitmarsh glaubt, dass auch Perez in die Riege der absoluten Topstars der Formel 1 vordringen kann? "Er hat keine Angst, was er mit Überholmanövern gegen Leute wie Alonso dieses Jahr bewiesen hat. Er ist ein guter Rennfahrer. Er ist sehr jung, aber sehr aufregend. Wir haben keinen Zweifel daran, dass er sich in kurzer Zeit zu einem Weltmeister entwickeln kann."

Perez für Button die richtige Wahl

Die Verpflichtung von Perez dürfte sehr kurzfristig über die Bühne gegangen sein, denn Hamilton teilte seine Entscheidung McLaren erst vor wenigen Tagen mit. Whitmarsh handelte prompt und sicherte sich die Dienste des talentierten Mexikaners. Doch was hält Button von seinem neuen Teamkollegen? "Ich habe ihn gestern angerufen", erzählt der Teamchef. "Er ist in Japan, und ich habe ihn informiert. Er wird die Konkurrenz mit Lewis vermissen, denn die hat er genossen, aber er war sehr gespannt auf Sergio." Whitmarsh ist der Ansicht, dass Button seine Fahrerkollegen besser beurteilen kann, da er mit seinem Betreuer Richard Goddard eine Fahrermanagementfirma betreibt. "Er glaubt, dass McLaren mit Sergio die richtige Entscheidung getroffen hat", sagt der Brite. "Er freut sich auf die Zusammenarbeit mit ihm."

Whitmarsh widerspricht Montezemolo

Für den McLaren-Teamchef muss die Verpflichtung von Perez eine Genugtuung sein, denn der Sauber-Pilot ist ein Kind der Ferrari-Academy, des hauseigenen Nachwuchsprogramms der "Scuderia". Doch Ferrari-Boss Luca di Montezemolo meinte erst kürzlich, dass Perez noch nicht genug Reife für die Roten aus Maranello mitbringe - wenn Whitmarsh also aus dem Rohdiamanten eine Champion schleift, dann hätte er den Langzeitrivalen aus Italien das Gegenteil bewiesen. Schon jetzt ist er davon überzeugt, dass Montezemolo mit seiner Einschätzung falsch liegt und Perez die reif genug für ein Topteam ist: "Ich glaube, dass er das ist, andernfalls hätten wir ihn nicht verpflichtet." Die Situation ist ihm nicht unbekannt: "2006 sass ich in diesem Büro und erntete viel Kritik dafür, den jungen Lewis Hamilton in die Formel 1 zu bringen. Die Leute meinten, dass er unmöglich dafür bereit sein könnte." Zwei Jahre später war Hamilton mit McLaren Weltmeister. Mit Perez will er nun das Gleiche schaffen: "Sergio ist jung und noch nicht ausgereift, aber es hat sich bereits gezeigt, dass man Fahrer formen kann. Das wird unsere Herausforderung sein."

Whitmarsh wollte Hamilton bei McLaren halten


Lange Zeit machte es den Anschein, als wäre der Flirt von Lewis Hamilton mit Mercedes nur ein Versuch, die Gage bei McLaren in die Höhe zu treiben. In Woking soll man darauf auch reagiert haben, dennoch gelang es Martin Whitmarsh schließlich nicht, die zuletzt immer wieder kriselnde Langzeitehe mit dem Weltmeister 2008 aufrecht zu erhalten. Mit der Verpflichtung des im Fahrerlager hoch eingeschätzten Youngsters Sergio Perez hat McLaren aber aus der Not eine Tugend gemacht.

Doch muss sich Whitmarsh nun die Schuld eingestehen, nicht alles getan zu haben, um den von McLaren aufgebauten Hamilton zu halten? Der Brite winkt gegenüber 'Sky Sports News' ab: "Die Antwort ist, dass ich nicht schuld bin. Lewis ist ein grossartiger Fahrer, aber er muss die Entscheidungen über sein Leben selber treffen." Der McLaren-Teamchef betont, dass er keine Mühen scheute, um Hamilton entgegen zu kommen: "Wir hatten viele Gespräche, gingen viele Details durch und erstellten viele komplexe Vertragsentwürfe. Wir verhandelten über viele Details und über grosse Freiheiten - wir hatten ihm ein sehr gutes kommerzielles Angebot gemacht."

Dass es schliesslich nicht geklappt hat, führt er darauf zurück, "dass es bei einer Vertragsunterzeichnung immer zwei braucht - und am Ende wurden wir uns ganz klar nicht einig". Eine Tatsache, die Whitmarsh aber nicht weiter tragisch sieht. Laut Whitmarsh tritt McLaren nächstes Jahr mit der besten Fahrerpaarung der Formel 1 an: "Wir haben mit Jenson Button einen Weltmeister, der 14 Grands Prix gewonnen hat, und diesen fantastischen jungen Lateinamerikaner. Wenn man ihm begegnet, dann ist er aufregend, charmant und bescheiden - aber zutiefst hungrig. Er kommt zu uns, um nächstes Jahr die Weltmeisterschaft zu gewinnen."

Vodafone begrüßt Perez-Wechsel zu McLaren


McLaren-Titelsponsor Vodafone ist erfreut über den Fahrerwechsel Sergio Perez statt Lewis Hamilton: "Im Namen aller Vodafone-Mitarbeiter möchte ich zum Ausdruck bringen, wie sehr wir uns darüber freuen, dass Vodafone-McLaren-Mercedes einen mehrjährigen Vertrag mit Sergio unterschrieben hat. Wir blicken voraus auf Erfolge mit Sergio und McLaren", erklärt Morten Lundal, Chef für kommerzielle Angelegenheiten der Vodafone-Gruppe.

Interessant ist die explizite Erwähnung von Vodafone in der McLaren-Pressemitteilung aus zwei Gründen: Erstens wird Perez von einem anderen Mobilfunkbetreiber unterstützt, Telmex (Mexiko), und zweitens waren zuletzt immer wieder Gerüchte aufgekommen, Vodafone überdenke sein Engagement in der Formel 1 und bei McLaren. Als möglicher Ersatz wurde Getränkehersteller Coca-Cola gehandelt.

28.9.2012