Gewaltige Aufgabe für Sauber in Indien

Sergio Perez: Gewaltige Aufgabe

Mit nur noch vier ausstehenden Grands Prix biegt die FIA Formel-1-Weltmeisterschaft unaufhaltsam in die Zielgerade ein. Die Rennen folgen jetzt Schlag auf Schlag in zwei Doppelpacks, beginnend mit dem Grossen Preis von Indien am 28. Oktober. Nur eine Woche später steht das Rennen in Abu Dhabi an, dann folgen noch die Premiere in Austin, Texas, und das Finale in Sao Paulo.

Kamui Kobayashi (Startnummer 14): «Ich bin gespannt, wir die Strecke aussieht, wenn wir jetzt wiederkommen. Im vergangenen Jahr war alles neu, und der Belag war sehr staubig. Die Streckenführung dürfte für uns durchschnittliche Anforderungen stellen, und das heisst: Wir sollten Punkte holen können. Es gibt Ähnlichkeiten mit dem Kurs in Korea. Das mag daran liegen, dass beide zur ungefähr selben Zeit vom selben Designer entworfen wurden. Leider habe ich in Indien noch kaum etwas vom Land gesehen. Was ist wirklich liebe, ist Huhn in Butter - ein klassisches indisches Gericht. Hoffentlich schaffe ich es in diesem Jahr, in die Innenstadt von Neu Delhi zu fahren. Das ist allerdings ein ganz schön weiter Weg von der Rennstrecke, und die Stadt ist so gross, dass man sich auch nicht auf Anhieb zurechtfindet.»

Sergio Pérez (Startnummer 15): «Ich kann gar nicht glauben, dass es nun nur noch vier Rennen sind. Das Saisonende kommt mit grossen Schritten näher. Jetzt noch 20 Punkte Rückstand aufzuholen, um Fünfter in der Teamwertung zu werden, ist eine gewaltige Aufgabe. Das Rennen in Indien sollte für uns etwas besser laufen als jenes in Korea, auch unser Auto dürfte auf dem Kurs in Greater Noida schneller sein. Ich mag die flüssigen Passagen der Strecke gern. Ausserhalb der Strecke habe ich noch nichts von Indien gesehen, und leider weiss ich schon, dass ich auch in diesem Jahr keine Zeit für eine Besichtigungstour haben werde.»

Monisha Kaltenborn, Teamchefin: «Für mich wird der zweite Grosse Formel-1-Preis von Indien definitiv ein besonderes Rennen. Für mich ist es ungewohnt, nicht als Privatperson, sondern beruflich in mein Heimatland zu reisen und mit dem Team vor meinen Landsleuten anzutreten. Das ist der emotionale Teil. Sportlich sieht es so aus, dass wir in den verbleibenden vier Rennen eine Menge Punkte holen wollen. Dabei spielt es keine Rolle, wo die Rennen stattfinden. Technisch sollte die Strecke in Greater Noida kein Problem für den C31 sein, zu unseren Favoriten gehört sie aber auch nicht. Wir müssen fokussiert bleiben und das Beste aus unseren Möglichkeiten machen.»

Giampaolo Dall’Ara, Leitender Ingenieur an der Rennstrecke: «Die Rennstrecke in Greater Noida hat einige Gemeinsamkeiten mit jener in Südkorea. Es gibt einen ersten Sektor mit langen Geraden und langsamen Kurven, dann einen zweiten Sektor mit recht schnellen Kurven und einen kurzen dritten Sektor mit langsamen Kurven. Der grösste Unterschied ist wohl, dass es auf dem indischen Kurs einige Hügel gibt, während die Strecke in Korea flach ist. Und es gibt auf dem Kurs in Indien auch einige Bodenwellen. Die Temperaturen werden wohl deutlich höher sein, aber wir werden auch andere Reifen verwenden. Pirelli stellt diesmal die weiche und die harte Mischung zur Verfügung, wobei insbesondere die harte Mischung auf dieser Strecke zu einer ziemlichen Herausforderung werden könnte. Interessant ist, dass es in Indien, im Gegensatz zu den meisten andern Strecken, zwei DRS-Abschnitte mit zwei unabhängigen Erkennungszonen gibt, was im Normalfall das Überholen erleichtert. Wir sind zuversichtlich, dass unser Auto in Indien wettbewerbsfähig ist.»

Sauber F1 Team testet mit Gutiérrez und Frijns


Das Sauber F1 Team wird bei den Young Driver Days in Abu Dhabi, 6. bis 8. November 2012, mit den Fahrern Esteban Gutiérrez und Robin Frijns fahren.

Frijns kommt am ersten Testtag, Dienstag, zum Einsatz. Der 21-jährige Niederländer gewann 2011 den Formel Renault 2.0 Eurocup und kämpft am kommenden Wochenende auf dem Circuit de Catalunya um den diesjährigen Titel in der Formel Renault 3.5 World Series. Vor dem Finale hat er fünf Punkte Rückstand auf den Tabellenführer.

Für Gutiérrez ist es bereits der vierte Testeinsatz mit dem Team, das erste Mal stieg er Ende 2009 ins Formel-1-Cockpit. Der mittlerweile ebenfalls 21 Jahre alte Mexikaner kam 2010 als ‚Affiliated Driver‘ ins Sauber F1 Team und ist seit 2011 offizieller Ersatzpilot der Formel-1-Mannschaft. Er wird in Abu Dhabi am Mittwoch und Donnerstag zum Einsatz kommen.

Frijns vor Young-Driver-Test: Habe kaum Sponsoren

Robin Frijns


Der niederländische Nachwuchspilot Robin Frijns darf beim Young-Driver-Test in Abu Dhabi dieses Jahr ein weiteres Mal zu Formel-1-Ehren kommen, nachdem er bereits den Red Bull RB6 auf der neuen Rennstrecke in Moskau fuhr. Dieses Mal gibt ihm Sauber die Gelegenheit - er wird den Boliden am ersten von zwei Tagen Anfang November steuern. Noch ist aber nicht fix, ob er mit dem Meistertitel der Renault-World-Series im Gepäck anreisen wird, schliesslich fällt die Entscheidung zwischen ihm, Sam Bird und Jules Bianchi an diesem Wochenende in Barcelona.

Die Vorfreude auf den Test ist beim 21-Jährigen, der vom ehemaligen Heidfeld-Manager Werner Heinz betreut wird, schon jetzt gross, wie er gegenüber 'GPUpdate.net' verrät: "Es handelt sich natürlich nur um einen Test, aber ich habe darauf fünf Jahre lang hingearbeitet, und ich bin Sauber für diese Gelegenheit sehr dankbar."

Auch bei seiner weiteren Karriereplanung spielt das Schweizer Team aus Hinwil eine Rolle: "Das nächste Ziel ist ein Renncockpit. Das zu erreichen, wird viel schwerer, aber ich werde beim Test zeigen, was ich kann, und hoffentlich ergibt sich daraus etwas."
Der Niederländer meint aber, dass er nicht wisse, ob in der kommenden Saison schon eine Gelegenheit dazu besteht. Zudem habe er einen entscheidenden Nachteil gegenüber seinen Mitbewerbern: "Wir befinden uns in einer Wirtschaftskrise, und alle brauchen Geld, nur ich habe keines. Ich muss mich auf mein Talent verlassen, denn ich habe nicht viele Sponsoren."

Kaltenborn: Von der Himalaya-Rallye in Formel 1

Monisha Kaltenborn


Monisha Kaltenborn hat sich in der Formel 1 viel Respekt verdient. Von der Rechtsabteilung des Sauber-Teams arbeitete sie sich im vergangenen Jahrzehnt zunächst zur Geschäftsführerin nach oben, kürzlich übergab Rennstallgründer Peter Sauber auch das Amt des Teamchefs an sie. Vor allem in den harten Jahren nach dem Ausstieg von Hersteller BMW, aber auch davor gewann sie das Vertrauen des 69-Jährigen.

"Wir haben mit dem Team viel durchgemacht", blickt die 41-Jährige gegenüber 'Autosport' zurück. "Es war nicht nur der BMW-Ausstieg, auch davor sind viele Dinge passiert. In dieser Zeit sah er, wie sehr sich unsere Denkweise ähnelt und dass wir die gleichen Werte haben." Als dann der bayrische Automobilhersteller Ende 2009 den Stecker zog, war ein rasches Handeln gefragt. "Es gab eine Zeit, da waren wir nicht einmal in der Weltmeisterschaft", erinnert sich Kaltenborn. "Wir hatten ein Recht darauf, waren aber nicht auf der offiziellen Liste. Das waren die Augenblicke, wo er sah, dass ich für das Team da bin." Wie lange sie diese Funktion nun ausüben will, weiss sie nicht, schliesslich wisse sie nicht, "was morgen passieren wird." Dennoch könne sie sich nicht vorstellen, irgendetwas anderes zu machen.

Der Traum vom Weltall

Als Kind hatte die Österreicherin mit indischen Wurzeln aber noch andere Träume. "Mein grösstes Interesse war es, Astronautin zu werden", gibt sie zu. "Das ist kein Witz, das wollte ich wirklich werden." Den Traum hat sie immer noch: "Wenn ich das tun könnte - und ich weiss, dass das nicht mehr möglich ist -, dann würde ich das in meiner zweiten Karriere machen." Doch woher kommt diese Faszination? "Vielleicht hat es mit dem Motorsport gemeinsam, dass man etwas erreichen will, dass irgendwo ganz oben ist. Vielleicht hat das meine Denkweise beeinflusst." Dabei begann Kaltenborn, die in Wien und London studierte, ihre Motorsport-Laufbahn als Juristin. Das ist auch der Grund, warum manche daran zweifeln, dass die Mutter zweier Kinder genug "Benzin" im Blut hat, um ein Formel-1-Team zu führen. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass sie seit Kindheitstagen einen Bezug zum Motorsport hat.

Schon als Kind motorsportbegeistert

"Die Himalaya-Rallye führte durch den Ort, wo ich aufgewachsen bin", erinnert sie sich an die Kindheit in Nordindien. "Das war mein erster Bezug zum Motorsport." Später begeisterte sie sich für die legendäre Marathon-Rallye Paris-Dakar: "Das hat mich fasziniert, weil es so eine enorme Herausforderung ist. Da gehörte so viel Improvisation dazu. Man wusste nie, was passieren würde. Wenn dein Auto kaputt geht, dann muss man es selbst reparieren." Als sie mit acht Jahren mit ihren Eltern nach Wien zog, hatte der Volksheld Niki Lauda gerade seinen Rücktritt bekannt gegeben. Sie war somit Zeugin seines Comebacks und des dritten WM-Titels 1984, als Kaltenborn 13 Jahre alt war. "Ich bin mit der Formel 1 aufgewachsen", bestätigt sie. "Als wir nach Österreich kamen, gab es wegen der Fahrer so viel Berichterstattung - das war eine grosse Sache", spielt sie auf die enorme österreichische Formel-1-Tradition an. "Man wusste, wann die Rennen stattfinden, wusste über Fahrer und Teams Bescheid - das war mir alles andere als fremd." Neben Lauda und später Gerhard Berger erschien Anfang der 1990er-Jahre auch ihr aktuelles Team auf ihrem Radar. "Wegen Karl Wendlinger", verweist sie auf den Tiroler, der beim Formel-1-Debüt von Peter Saubers Rennstall einen der schwarzen Boliden lenkte. 1994 schockierte der Horrorcrash des talentierten Österreichers ausgangs des Tunnels von Monte Carlo dann die gesamte Formel 1 und brachte das Sauber-Team in den Mittelpunkt des Interesses.

Kaltenborn fordert mehr Fannähe

Auch in ihren Aussagen beweist Kaltenborn, dass ihr Herz für den Motorsport schlägt. "Natürlich haben sich die Teams inzwischen in wirtschaftliche Einheiten entwickelt, und wenn man da einen juristischen Hintergrund hat, dann ist das bei den sich stellenden Herausforderungen sicher ein Vorteil. Man sollte aber nicht vergessen, dass es hier um einen Sport geht und wir der Öffentlichkeit zeigen müssen, dass wir eine Leidenschaft für diesen Sport haben. Wir leben von Emotionen." Sie fordert ein Umdenken: "Das Rennsport-Feeling, unsere Einstellung - das müssen wir näher zu den Leuten bringen. Die Leute rechnen damit, etwas emotionelles zu sehen, etwas womit sie sich emotionell identifizieren können. Da geht es nicht nur um Firmenstrukturen in einem Wettbewerb."

Kamikaze-Kamui? Kobayashi verteidigt sich

Kobayashi auf dem Podest in Suzuka


Nach der Kollision in Kurve drei der ersten Runde beim Grand Prix von Südkorea war am vergangenen Sonntag schnell ein Schuldiger gefunden: Sauber-Pilot Kamui Kobayashi wurde sowohl von Jenson Button (McLaren) als auch von Nico Rosberg (Mercedes) heftig kritisiert. Button forderte nach dem Kobayashi-Verbremser, der unterm Strich für alle drei Piloten das Aus bedeutete, gar eine Disqualifikation des Japaners.

Kobayashi selbst zeigt sich masslos enttäuscht darüber, als Kamikaze-Pilot abgestempelt zu werden. "Das ist schon frustrierend und sehr seltsam", sagt der Sauber-Pilot im Gespräch mit 'Autosport' und vermutet: "Vielleicht kommt es daher, dass es in der Vergangenheit hin und wieder Probleme mit japanischen Fahrern gab?" Satoru Nakajima war Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-Jahre der erste Japaner, der es auf mehr als nur ein paar sporadische Starts brachte. Aguri Suzuki, Ukyo Katayama, Taki Inoue, Shinji Nakano, Toranosuke Takagi, Takuma Sato, Sakon Yamamoto, Yuji Ide und Kazuki Nakajima setzten die Tradition der Piloten aus dem Land der aufgehenden Sonne mit unterschiedlicher Erfolgsbilanz fort. Beim Grand Prix von Brasilien 2009 gab schliesslich Kobayashi sein Formel-1-Debüt und ist seither der einzige Japaner im Feld.

Kollision in Yeongam eine Ausnahme

In bisher 57 Rennen fiel Kobayashi nicht gerade durch ungewöhnliche viele Kollisionen auf - im Gegenteil: Das letzte Rennen vor Südkorea 2012, beim dem der Japaner durch eigenes Verschulden für einen Ausfall eines Konkurrenten sorgte, war der Grand Prix von Singapur 2010. So kommt Kobayashi nicht zu Unrecht zum Schluss: "Ich fahre normalerweise sehr besonnen. Es gibt in den Medien viele falsche Informationen. Das überrascht mich, aber ich kann nichts dagegen tun."
Die Kritik von Button und Rosberg vom vergangenen Sonntag stösst dem Sauber-Piloten sauer auf. "Wenn Fahrer so etwas sagen, ist da schrecklich für mich. Ich kann nur immer wieder betonen, dass ich kein Crash-Pilot bin", sagt Kobayashi und erhält Rückendeckung durch seinen Renningenieur Francesco Nenci: "Er ist nicht aggressiv. In Wahrheit ist es so, dass ich mich schon bei ihm darüber beschwert habe, dass er auf der Strecke zu höflich agiert. Die Leute behaupten immer wieder, er sei aggressiv, aber das stimmt nicht", verweist Nenci auf die niedrige Unfallquote von Kobayashi und fügt hinzu: "Wenn es um die Rennstrategie geht, dann machen wir uns seine Überholfähigkeiten zunutze und entscheiden uns für eine aggressive Strategie. Dass er dabei in einen Unfall verwickelt war, kam aber nur sehr selten vor."

Im Sauber-internen Teamduell fällt Kobayashi im Vergleich zu Sergio Perez dennoch etwas ab. Während der Mexikaner in diesem Jahr schon drei Mal auf dem Podium stand und sowohl in Sepang als auch in Monza am Sieg schnupperte, steht für Kobayashi in puncto Podiumsplatzierungen nur sein Heimrennen in Suzuka in den Ergebnislisten. Nach WM-Punkten liegt Perez mit 66:50 vorn. Im Qualifying-Duell hat aber Kobayashi mit 9:7 die Oberhand.

Pech verhinderte Duell mit Perez auf Augenhöhe

"Leider konnten wir aus unserem Potenzial nicht in der Form Kapital schlagen, wie es Sergio gelungen ist", bedauert Kobayashis Renningenieur und sieht eine Ursache dafür in den Pirelli-Reifen der Generation 2012: "Die Reifen sind in diesem Jahr eine grössere Herausforderung als im vergangenen Jahr. Die Anpassung fällt den Fahrern mitunter nicht leicht." Hinzu kommt im Falle Kobayashi auch der Faktor Pech. In Spa-Francorchamps stellte er seinen Sauber im Qualifying in Startreihe eins, wurde dann aber bereits nach wenigen Metern ein Opfer der von Lotus-Pilot Romain Grosjean ausgelösten Startkollision. So hält auch Kobayashi unterm Strich fest: "Wir haben mehr erwartet, aber so ist der Rennsport. Ich hatte in diesem Jahr viel Pech. In Valencia hätte ich ohne die Kollision mit Bruno Senna auf dem Podium landen können. Auch in Barcelona hätte ich vom reinen Tempo her aufs Podest fahren können, wenn es nicht im Qualifying Probleme gegeben hätte. Ohne derart viel Pech würde ich in der Weltmeisterschaft mit Sergio auf Augenhöhe liegen."

19.10.2012