Wird zweite Saisonhälfte noch besser bei Lotus?

Nach den guten Resultaten in den vergangenen

Rennen strotzt Lotus vor Selbstvertrauen und will in der zweiten Saisonhälfte noch stärker werden

Lotus war vor der Sommerpause das Team der Stunde in der Formel 1. Zwar haben Kimi Räikkönen und Romain Grosjean noch kein Rennen gewonnen, doch in den vergangenen fünf Grands Prix war kein anderes Team erfolgreicher. Während Lotus seit dem Rennen in Kanada 106 WM-Punkte gesammelt hat, kamen Ferrari und Red Bull im gleichen Zeitraum trotz der Siege von Fernando Alonso und Mark Webber nur auf 103 bzw. 100 Zähler.

Dementsprechend selbstbewusst tritt das Team aus Enstone derzeit auf. "Wir werden in der zweiten Saisonhälfte viel stärker sein. Das Auto ist grossartig und wir haben gezeigt, dass wir genau so gut wie, wenn nicht sogar besser als die anderen weiterentwickeln können", wird Chefingenieur Alan Permane von 'Autosport' zitiert. Nachdem die Anlaufschwierigkeiten mit den beiden neuen Fahrern überwunden sind, will Lotus im zweiten Halbjahr ständig an der Spitze mitfahren. "Es hat einige Zeit gedauert, bis wir unsere Fahrer kennengelernt haben, und Romain hatte einige Unfälle in der ersten Runden. Ohne die sähen die Dinge völlig anders aus. Es gibt keinen Grund, warum wir keine gute zweite Saisonhälfte haben sollten", meint Permane. Auch die konstante Performance des E20 macht dem Chefingenieur Mut. "Unser Auto passt überall. Wir waren sowohl in Silverstone als auch in Ungarn sehr schnell, und das sind zwei völlig unterschiedliche Strecken. Wir haben vor keinem Kurs Angst."

Dringend gesucht: Mehr Abtrieb

Das bedeutet freilich nicht, dass Ingenieure und Fahrer mit dem Auto wunschlos glücklich sind. Im Vergleich zur Konkurrenz fehlt dem E20 ein wenig Anpressdruck, wie folgender Dialog aus Budapest belegt. "Nach dem Training in Ungarn war Kimi so glücklich wie nie zuvor mit dem Auto. Ich fragte ihn: 'Was brauchst du?', und er antwortete lediglich: 'Mehr Abtrieb'. Das Auto ist gut, aber um schneller zu fahren, benötigen wir mehr Grip", sagt Permane. Er sieht darin auch die Ursache für die im Vergleich zum Renntempo schwächeren Leistungen der Lotus in den Qualifyings. Hierzu verweiset er auf das Rennen in Ungarn und den Vergleich mit Polesetter und Rennsieger Lewis Hamilton. "Wenn wir das Renntempo seines Autos mit unserem vergleichen, hätte er im Qualifying nicht vier Zehntelsekunden schneller sein dürfen. Da müssen wir uns auf jeden Fall steigern. Wären wir vor ihm gestartet, wären wir ihm mit beiden Autos davongefahren", ist sich Permane sicher.

So konnte Hamilton das Rennen von der Spitze kontrollieren und Räikkönen hinter sich halten. "Auf einer Strecke wie Ungarn ist der zweite Startplatz nicht gut genug. Auf anderen Strecken kannst du Überholen, in Spa und Monza ist das eine ganz andere Geschichte", sagt Permane. Trotz der guten Resultate läuft Lotus einem Ziel bislang noch hinterher. "Wenn wir in jedem Rennen Zweiter und Dritter werden und beide Meisterschaften gewinnen, wäre ich natürlich sehr glücklich, aber wir wollen unbedingt ein Rennen gewinnen."

Was bringt das Doppel-DRS?

Dafür soll ab Spa auch das Doppel-DRS sorgen. Das System, welches in Hockenheim und Budapest schon getestet wurde, soll dann auch im Rennen zum Einsatz kommen und durch einen Strömungsabriss am Heckflügel eine höhere Höchstgeschwindigkeit ermöglichen. Laut Informationen des britischen Formel-1-Journalisten Ted Kravitz ist das von Lotus entwickelte System, welches bislang mit der Lösung von Mercedes vergleichen wurde, jedoch nicht an die Aktivierung des DRS gekoppelt sein. Das wäre ein entscheidender Vorteil, denn während das System von Mercedes vor allem im Training, wo das DRS beliebig oft aktiviert werden darf, einen Vorteil bringt, würde Lotus auch im Rennen auf jeder Geraden von dem verringerten Luftwiderstand profitieren. Der frühere Formel-1-Pilot Allan McNish bezifferte den Vorteil bei der Höchstgeschwindigkeit kürzlich auf vier bis fünf km/h.

Doppel-DRS-Bemühungen werden sich auszahlen


Mercedes entwickelte für diese Saison eine Art Doppel-DRS. Durch diese Technik wird die Luft kanalisiert, um einen Strömungsabriss zu erhalten. Nach einigen Diskussionen wurde diese Entwicklung für legal befunden. Sofort begannen einige Konkurrenten damit, eine ähnliche Technik zu entwickeln. Lotus hat bereits am Hockenheimring und am Hungaroring experimentiert, bisher aber auf einen Einsatz im Rennen verzichtet. In Belgien soll das System erstmals Vorteile im Rennen bringen.

"Ich denke, man kann durch den Fakt, dass wir bei einigen Veranstaltungen gewillt waren, Streckenzeit zu opfern, um diese Technik voranzubringen, nachvollziehen, dass wir daran glauben, einen Vorteil in den ausstehenden Rennen zu haben", wird James Allison von den 'Sky Sports News' zitiert. Lotus hat die Entwicklung trotz des für 2013 beschlossenen Verbotes, nicht beendet. "Wir hoffen, dass es in Spa zum Einsatz kommt", berichtet der Technische Direktor von Lotus. "Es gibt sehr viele Dinge, die wir bis dahin richtig machen müssen. Die Zeit ist ziemlich knapp. Im Kalender sieht es danach aus, als ob wir genug Zeit haben, doch durch die Stilllegung ist die Zeit begrenzt." Das nächste Rennen findet erst am 2. September statt. Doch in den Ferien müssen die Teams die Arbeit zwei Wochen lang ruhen lassen.

Ex-Formel-1-Pilot Allan McNish ist davon überzeugt, dass Lotus durch die neue Technik einen grossen Sprung machen kann: "In Spa gibt es viele lange Geraden. Selbst die Sektionen, in denen es nicht so viel geradeaus geht, werden meist voll gefahren", analysiert er. "Sie sagen, dass es um vier oder fünf Kilometer pro Stunde bringt - das ist ein riesiger Vorteil. Das ist einer der Gründe, warum sie sagen, dass sich die Bemühungen bezahlt machen werden."

9.8.2012