Hamilton peilt ersten Saisonsieg an

Lewis Hamilton möchte Sebastian Vettel in Bahrain

ein Schnippchen schlagen

Gerade einmal 0,108 Sekunden fehlten Lewis Hamilton im Qualifying zum Grossen Preis von Bahrain auf die Bestzeit von Sebastian Vettel (Red Bull). Deshalb steht der britische McLaren-Pilot am Start rund acht Meter hinter dem WM-Titelverteidiger und noch dazu auf der schmutzigeren Seite der langen Zielgeraden. Trotzdem rechnet sich Hamilton gute Chancen aus, Vettel beim Kampf um den Sieg in Bahrain gefährlich zu werden. In der Pressekonferenz erklärt er, wie er sich das vorstellt.

Frage: Lewis, im ersten Qualifying musstest du ein paar bange Momente überstehen. Die Leistung deines Autos war dann aber doch besser als am Vormittag. Bist du mit dem zweiten Platz zufrieden?

Lewis Hamilton: Definitiv. Ich bin sehr zufrieden mit unserer Arbeit. Wir versuchten, das Setup ständig zu verbessern. Im dritten Freien Training war es nicht außergewöhnlich gut. Ja, in Q1 war es ziemlich eng, doch zum Glück kamen wir durch. Insgesamt war es wahrscheinlich eine meiner besten Qualifikationen, auch wenn wir es in der Vergangenheit schon mit der ersten Runde schafften, die Pole-Position zu erobern. Meine erste Runde war aber nicht so toll, doch die zweite Runde war klasse. Damit bin ich sehr zufrieden. Wir müssen nun einfach weiter Druck machen.

Du scheinst in dieser Saison beinahe ein Abonnement auf die erste Startreihe zu haben. Bist du zufrieden damit, wie es in diesem Jahr im Zeittraining für dich läuft?

Absolut. Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung meines Autos und der Leistung des Teams - und auch mit den Verbesserungen, die wir vornehmen. Mit meinen Runden bin ich ebenfalls sehr zufrieden. Ich holte wirklich alles aus dem Auto heraus, was nur drin war. Heute waren wir nicht schnell genug, um die Pole-Position einzufahren, doch wir stehen trotzdem in der ersten Reihe. Das ist ein tolles Gefühl und ganz anders als im vergangenen Rennen. Damals standen wir ja ebenfalls in der ersten Reihe, konnten aufgrund einer Strafe aber nicht von dort ins Rennen gehen. An diesem Wochenende befinden wir uns in einer deutlich besseren Position. Ich bin schon sehr gespannt auf das Rennen. Es wird aber hart, die Reifen zu schonen.

Geht es an dieser Strecke aktuell nur um Reifen, Temperaturen und Winde?

Ja. Im Hinblick auf die Windrichtung und wie sich diese positiv oder negativ auf die Kurven auswirkt, kann ich mich an keine andere Strecke erinnern, auf der das ähnlich wäre. Höchstens Barcelona. Das ist recht interessant und nicht einfach, richtig hinzukriegen. Manchen gelingt es, manchen gelingt es nicht.

Wie wichtig sind die Bedingungen an dieser Rennstrecke? Da gab es zum Teil recht grosse Veränderungen ...

Die Strecke war bis zu 45 Grad Celsius heiß. Das ist schon unglaublich. Das schmilzt die Reifen. Du fährst daher eine ganz langsame Aufwärmrunde und dann gehst du auf Zeitenjagd. Doch schon zum Ende der Runde lassen die Reifen allmählich nach. Im Rennen könnten die Reifen vielleicht zehn bis 14 Runden lang halten. Dann sind sie hinüber. Es wird also darum gehen, wer seine Pneus besser schonen kann.

Mit wie vielen Boxenstopps rechnest du?

Ich denke, es wird sich auf eine Zwei- oder Dreistopp-Strategie beschränken. Es kommt ganz darauf an, was du vorhast. Du kannst versuchen, mit nur zwei Reifenwechseln durchzufahren. Da könnten die Pneus in den letzten sieben bis zehn Runden aber ziemlich nachlassen. Setzt du auf drei Stopps, musst du Konkurrenten überholen. Und Bahrain ist keine tolle Strecke, um zu überholen. Ich weiß nicht, wie es letztendlich aussehen wird.

Der Staub war vor diesem Wochenende eine mögliche Sorge, vor allem in Bezug auf die Motoren. Am Samstag war die Strecke sehr staubig. Hast du Bedenken, was die Motorensituation im Rennen anbelangt?

Die Ingenieure leisten fantastische Arbeit dabei, den Motor zu entwerfen. Das hat fast keinen Einfluss, denn die Filter sind sehr, sehr gut. Das bereitet uns keine Schwierigkeiten.

Wenn ich mich nicht irre, bist du der erste Fahrer, der in den drei Auftaktrennen jeweils als Dritter über die Linie kam. Hier in Bahrain hast du noch nie gewonnen. Ist der Sieg am Sonntag drin für dich? Dein Auto scheint ja konkurrenzfähig zu sein ...

Am Sonntag wird es richtig schwierig. So viel steht fest. Wir scheinen hier gute Rennen zu haben. Ich glaube, in meinem ersten Jahr war ich hier Zweiter. In der damaligen Saison hatten wir ein bisschen zu kämpfen, erzielten aber trotzdem gute Ergebnisse. 2012 haben wir ein besseres Auto, mit dem wir es im Rennen mit Red Bull aufnehmen können. In den vergangenen Rennen waren sie im Renntrimm aber etwas besser, um vielleicht eine Zehntel. Wir haben uns aber verbessert. Daher hoffe ich, dass unser Setup am Sonntag richtig gut funktioniert und dass wir um den Sieg kämpfen können.

Bisher siegten hier nur drei Fahrer von der Pole-Position aus. Stimmt dich das zuversichtlich?


Ich befinde mich in einer sehr guten Position, ganz klar. Es ist schön, wieder in der ersten Startreihe zu stehen. Es wird hart, aber schauen wir mal.

Und plötzlich hast du es mit ganz anderen Farben zu tun: In China war es noch Silber (Mercedes), jetzt ist es Dunkelblau (Red Bull) ...

Ja, das ist richtig. Sie haben an diesem Wochenende ganz klare Fortschritte gemacht. Ich hatte erwartet, dass sie hier schnell sein würden. Auf den Longruns sahen sie sehr stark auf - vielleicht am stärksten. Und wenn ich mich nicht irre, war Mark bisher in jedem Rennen der Schnellste. Es dürfte am Sonntag also sehr interessant werden. Wir werden aber alles daran setzen, ihnen einen heißen Tanz zu bieten.

Überrascht es dich, dass Mercedes heute nicht besser war?

Nein. Das ist nur die Art und Weise, wie sich diese Saison darstellt. Alles ist offen. Uns war aber klar, dass Red Bull an Tempo zulegen würde. Ich hätte sie im Qualifying nicht gar so schnell erwartet, doch im Rennen werden sie eine gute Geschwindigkeit haben. Sie haben hier sicher ein Update oder dergleichen.

Entscheidet daher der Start über den Sieg?

In den vergangenen Rennen auf dieser Strecke war es meist sehr schwierig, zu überholen. Es dürfte daher noch schwieriger sein, ein anderes Auto zu überholen, das ähnlich schnell ist wie du selbst. Der Start ist der Schlüssel, denke ich. Ich glaube, ich musste hier stets von der schmutzigen Seite aus losfahren. Hoffentlich ist es dieses Mal etwas sauberer. Wir haben in diesem Jahr aber generell gute Starts. Ich will in Kurve eins angreifen.

Du hast im Mittleren Osten sehr viele Fans. Möchtest du ihnen etwas sagen?

An meine Fans hier: Als ich aufwuchs, hätte ich mir niemals träumen lassen, dass ich einmal Fans haben würde. Zu erfahren, dass ich immer mehr und mehr Fans aus aller Herren Länder und vor allem aus dem Mittleren Osten habe, ist ein fantastisches Gefühl.Ich schätze die Unterstützung sehr und hoffe, viele von ihnen reisen an diesem Wochenende an. Vielen Dank an alle für die Nachrichten, die ich erhalte. Mir fällt es natürlich auf, dass ich via Twitter oder Facebook viele Nachrichten aus dem Mittleren Osten erhalte. Ein grosses Dankeschön dafür. Drückt mir in dieser Saison die Daumen.

Button: "Es ist nicht allzu schlecht"


Jenson Button erlebte im Qualifying die nächste Niederlage im Samstags-Duell gegen seinen Teamkollegen Lewis Hamilton. Der Champion von 2008 fuhr zwischen die beiden Red Bulls auf Platz zwei, Button arbeitete sich mit einem nicht optimal ausbalancierten McLaren auf Position vier. Von dort aus will der Brite die Flucht nach vorn antreten. Ganz nach dem Motto: Wer am Sonntag Reifen schonen will, der muss vorne fahren.

Frage: Jenson, wie bewertest du Platz vier im Qualifying?

Jenson Button: Es ist nicht allzu schlecht. Natürlich wäre ich gern etwas weiter vorne. Lewis hat es geschafft, wirklich alles aus unserem Auto herauszuholen. Es ist kein schönes Gefühl, wenn man in Q3 plötzlich eine Balance im Auto hat, mit der man so nicht gerechnet hatte. Ich habe den letzten Versuch abgebrochen. Das ist gar keine schlechte Sache, denn jeder gesparte Reifen ist positiv. Es war lustig, wie unglaublich langsam heute alle Piloten in den Einführungs- und Auslaufrunden gefahren sind. Ich denke, ich kann auch von Platz vier ein gutes Rennen gestalten.

Trotz der Balanceprobleme denkst du, dass euer Rennspeed okay sein wird?

Ja. Es war heute schon besser als gestern. Es gab deutliche Fortschritte. Es war immer noch nicht ganz so, wie ich es im Qualifying gern gehabt hätte, aber insgesamt war es nicht schlecht. Bezüglich der Rennpace sind wir gut aufgestellt.

Macht es dir Sorgen, dass die Red Bulls wieder vorne mitmischen?

Nein, das macht die Rennen sicherlich nur noch unterhaltsamer. Ich freue mich auf das Rennen morgen. Wir hatten die Red Bulls im Qualifying stark erwartet. Es ist dann doch ein gutes Zeichen, wenn wir in deren Nähe sind. Überraschend ist, dass wir vor Nico stehen. So ist die Formel 1 im Moment: schwierig und aufregend.

Wird morgen das Reifenmanagement alles entscheiden?

Ein guter Start ist erst einmal wichtig. Lewis steht auf Platz zwei und ich auf Rang vier. Wir brauchen einen guten Start, der aber von der schmutzigen Seite schwierig werden dürfte. Reifenmanagement wird ein wichtiger Faktor, aber freie Fahrt könnte diesbezüglich einiges erleichtern.

McLaren: Piloten wittern gute Chancen


Der morgige Grand Prix von Bahrain wird über die Reifen entschieden, da sind sich offenbar alle Piloten und Teamverantwortlichen einig. Wer mehr frische Sätze zur Verfügung hat, der hat im Rennen die besten Karten. Daher war am Samstag im Qualifying Reifen sparen angesagt. Einigen Piloten gelang dies gut, anderen weniger. Bei McLaren-Pilot Lewis Hamilton war dies jedenfalls mit erhöhtem Risiko verbunden.

Weil der Champion von 2008 in Q1 nur eine schnelle Runde drehte, wurde es zum Ende des Durchgangs relativ eng. "In solchen Situation kommt man an der Boxenmauer ganz schön ins Schwitzen", lacht Teamchef Martin Whitmarsh nach der kleinen Pokereinlage am Samstag. "Es war durchaus knapp, aber es war alles richtig. Keine Frage: So etwas kann auch mal schiefgehen. Wenn alles klappt, dann hat man einen guten Job gemacht." Hamilton, der das Rennen am Sonntag von Startplatz zwei in Angriff nehmen wird, sieht gute Chancen. "Wir sind in einer guten Position. Unsere Reifen sehen alle noch gut aus. Ganz frische Pneus helfen dir vielleicht über ein oder zwei Runden mehr pro Stint - viel ist das nicht", spielt der Brite die Wichtigkeit von unberührten Reifensätzen etwas herunter. Sein Teamkollege Jenson Button sieht dies jedoch ewtas anders. "Sebastian hat nur noch einen Satz frischer Prime-Reifen. Das könnte ihm Sorgen bereiten. Aber immerhin hat der die Pole-Position. Es ist ein interessanter Mix bezüglich der Reifen. Wir alle haben unterschiedliche Voraussetzungen. Das dürfte das Rennen interessant machen", meint Button, der von Rang vier ins Rennen gehen wird. "Red Bull hier von Beginn an schnell. Die gilt es hier zu schlagen", prophezeit der 31-Jährige vor seinem 212. Grand-Prix-Einsatz. "Red Bull ist auf Platz zwei der Konstrukteurswertung. Die waren also nie wirklich weg von der Spitze", fügt Hamilton hinzu. "Einzig im Qualifying waren sie eine Zeit lang nicht so schnell. Deren Rennspeed war immer schon gut. So grossartig viel hat sich da nicht geändert."
"Wenn das morgige Rennen noch besser wir als das in China, dann haben wir bald eine Grenze erreicht, wo es einfach nicht mehr besser geht", scherzt Button vor dem vierten Rennen des Jahres. "Wir dürfen nicht zu viel erwarten. Bisher waren die Rennen dieses Jahres sehr gut. Es wird auch hier wieder schön. Auch Michael Schumacher kann noch für eine Überraschung sorgen", meint der Brite. Schumacher wird am Sonntag von Rang 17 starten.

Die McLaren-Piloten wollen sich mit kluger Fahrt und optimaler Taktik vor Red Bull schieben. Vor allem Hamilton wartet sehnsüchtig auf seinen ersten Saisonsieg. "Es war nicht meine Absicht, in jedem Rennen Dritter zu werden. So ist es eben passiert. Ich will mich nicht beklagen. Vielleicht sind wir ja schon morgen in der Position, wo wir das wirkliche Potenzial des Autos zeigen können. Ein Doppelsieg wäre dann unser Ziel. Wenn es um den Titel geht, dann ist aber tatsächlich die Konstanz der Schlüssel. Das war immer schon so."

21.4.2012