Sauber: Grosse Enttäuschung nach Horror-Crash

Kamui Kobayashi mit dem aufgeschlitzten Sauber

Nach einem grandiosen Qualifying wurde das Sauber F1 Team beim Grossen Preis von Belgien am Sonntag tief enttäuscht. Beide Fahrer wurden unmittelbar nach dem Start in einen Unfall verwickelt, mit dessen Entstehung sie nichts zu tun hatten. Während Sergio Pérez (Mexiko) sofort ausfiel, konnte Kamui Kobayashi (Japan) das Rennen in Spa-Francorchamps zu Ende fahren. Mit dem stark beschädigten Sauber C31-Ferrari war allerdings nicht mehr als Platz 13 herauszuholen.

Kamui Kobayashi: 13.
«Nachdem wir im Qualifying so gut waren, ist das Rennergebnis grausig. Es gab nichts, was ich hätte tun können, als nach dem Start ein anderes Auto in meines flog. Ich musste zum Reparieren an die Box, und dann musste ich nach sieben Runden noch einmal einen Extrahalt einlegen, weil ein Reifen Luft verlor. Während des Rennens war mir gar nicht klar, wie stark das Auto beschädigt war, aber ich konnte die ganze Zeit einen Reifenabdruck auf dem Cockpit sehen. Erst im Parc Fermé habe ich verstanden, warum ich nicht schneller fahren konnte. Grosse Teile des Seitenkastens und andere Karosserieteile haben gefehlt. Vor dem Start hat mein Auto durch die Rauchentwicklung anscheinend eine Menge Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Bremsen waren zu heiss, aber ich konnte damit das Rennen zu Ende fahren. Warum dann die Räder stärker durchdrehten als erwartet, untersuchen wir jetzt auch.»

Sergio Pérez: Unfall in Runde 1 «Ich bin sehr enttäuscht, sowohl für mich als auch für das Team. Heute hatten wir eine echte Chance, um den Sieg zu kämpfen. Pastor Maldonado hatte einen Frühstart. Ich bin neben Fernando Alonso nach innen gezogen. Ich habe die erste Kurve angebremst, und plötzlich wurde ich von hinten von Autos getroffen. Es war ein Chaos. Jetzt will ich nach vorn schauen und mich auf Monza freuen.»

Monisha Kaltenborn, CEO: «Es ist sehr enttäuschend, dass unser Rennen einmal mehr von Faktoren ruiniert wurde, die wir nicht beeinflussen können. Wir müssen jetzt die positive Erkenntnis aus diesem Wochenende mitnehmen: Wenn wir keine Fehler machen und im Qualifying gut abschneiden, können wir ganz vorne sein. Das muss unser Ziel für das nächste Rennen sein.»

Giampaolo Dall’Ara, Leitender Ingenieur an der Rennstrecke: «Wir haben unsere Chancen auf ein gutes Ergebnis beim Start verloren. Checo fiel aus, und Kamui musste mit einem beschädigten Auto weiterfahren. Nach sieben Runden mussten wir ihn dann zu einem zweiten zusätzlichen Boxenstopp holen, weil ein Reifen Luft verlor, das war eine Folge der herumliegenden Trümmerteile. Wir haben unseren Speed verloren, unsere gute Strategie war Makulatur, wir haben Plätze verloren – und dann durch den zusätzlichen Stopp auch noch die Chance, dank der Safety-Car-Phase wieder aufzuholen.»

Achterbahn der Emotionen für Kaltenborn

Kobayashi: «Da war nichts zu machen...»


Immer dann, wenn Peter Sauber nicht vor Ort ist, läuft es für sein Team ganz hervorragend: Der Doppelsieg in Montreal 2008 passierte ebenso in seiner Abwesenheit wie Kamui Kobayashis sensationeller Grand Prix in Suzuka 2010, und als Kobayashi gestern in Spa-Francorchamps in die erste und Sergio Perez in die zweite Startreihe fuhr, schien sich die Regel schon wieder zu bestätigen.

Aber Sauber wäre wohl lieber gewesen, ein weiteres Highlight zu verpassen, als das, was im gestrigen Rennen passiert ist. Denn bei Kobayashi rauchten nach der Aufwärmrunde die Bremsen, ehe er den Start völlig verpatzte, und Perez wurde ein Opfer der Rambo-Aktion von Romain Grosjean. "Das ist enttäuschend, nachdem man diese Ausgangslage für dieses Rennen hatte", erklärt Monisha Kaltenborn, in Saubers Abwesenheit de facto Teamchefin. "Vor allem wenn man die Chancen nicht mehr hat aufgrund von Vorkommnissen, für die wir nichts können und die außerhalb unterer Kontrolle sind."

Für die Österreicherin war das Wochenende eine Achterbahnfahrt der Emotionen: Erst kullerten ihr am Kommandostand angesichts des hervorragenden Qualifying-Ergebnisses ein paar Freundentränen über die Backe, dann war ihr die Nervosität klar anzusehen, als vor dem Start Kobayashis Bremsen qualmten - und ein paar Sekunden später waren auch die grossen Hoffnungen auf das erhoffte Spitzenergebnis nur noch Schall und Rauch. Dabei hatte Kobayashis schlechter Start mit den Bremsen "gar nichts zu tun", versichert Kaltenborn: "Auf der einen Seite kam der Rauch, weil er die Bremsen überhitzt hatte. Wir müssen jetzt herausfinden, warum das passiert ist. Und dann war der Start nicht gut, wobei er sagt, dass er keinen Grip hatte - er hatte Wheelspin. Das ist eigentlich voneinander unabhängig, aber wir müssen jetzt herausfinden, warum das so ist. Das wissen wir noch nicht."

Für ein Telefonat mit ihrem Chef hatte sie aber schon vor der Ursachenforschung Zeit: "Er ist natürlich genauso enttäuscht und es tut ihm für das Team natürlich leid, weil wir wirklich eine tolle Möglichkeit hatten", berichtet Kaltenborn. Immerhin kann sie sich damit trösten, dass der Rückstand auf WM-Platz fünf nur um sechs Punkte angewachsen, der Vorsprung zu Platz sieben nur um sechs Punkte geschrumpft ist. "Der Schaden hält sich in Grenzen, weil der Abstand nach vorne nicht dramatisch grösser geworden ist. Nach hinten hat Force India gegenüber Williams etwas aufgeschlossen, aber wenn ich mir die Rennpace hier anschaue, dann wären wir von den Zeiten absolut dabei gewesen", meint Kaltenborn und blickt nun auf den bevorstehenden Hochgeschwindigkeits-Grand-Prix in Monza: "Wir sind zuversichtlich für die kommenden Rennen. Ich hoffe, dass wir da nicht wieder von etwas beeinträchtigt werden, wofür wir nichts können."

3.9.2012