Perez: Rennfahrer - und nicht Rockstar

Der neue Shooting-Star von McLaren: Sergio Perez

Sergio Pérez (22) hat das Zeug zum Sieger. Dreimal stand er mit dem Sauber-Ferrari C31 auf dem Podest. 2013 gehts zu McLaren. In Mexiko unterstützt ihn Milliardär Slim – und Pérez ist dort längst ein Nationalheld.

Was für eine Situation. Sie waren der Star auf dem Transfermarkt. Die Medien sahen Sie zuerst bei Ferrari – jetzt gehts zu McLaren.

Sergio Pérez:
Meine Position war immer die gleiche. Wenn du ein gutes Resultat hast, dann jubeln sie dich hoch. Wenn du in den hinteren Positionen ins Ziel kommst, hörten die Gerüchte sofort wieder auf. Jetzt ist dieses Spiel vorbei.

Ferrari-Boss Luca di Montezemolo hat offiziell erklärt, dass Sie für einen Ferrari-Sitz noch nicht reif genug wären…

Ich respektiere seine Meinung über die fehlende Erfahrung. Aber ich bin erst im zweiten Formel-1-Jahr. Und McLaren hat eben jetzt schon Vertrauen in mich. Dafür danke ich dem besten Formel-1-Team der Welt – und vor allem Gott! Was für eine Herausforderung.

Sauber wird Sie vermissen ...

Ich werde nie vergessen, was dieses tolle Team für mich getan hat. Ohne Sauber wäre ich nie so schnell nach oben gekommen.

Was macht den Sauber C31 seit Saisonbeginn eigentlich zu so einem starken Auto?

Das ist eine Kombination vom Abtrieb und den High-Speed-Kurven. In den langsamen Kurven und auf den Geraden könnten wir noch etwas Tempo gebrauchen. Die ganze Kombination muss einfach stimmen. Unser Team hat einen sensationellen Job gemacht, arbeitet sehr hart – und mein Ziel ist es, 2012 noch einen GP-Sieg herauszufahren. Das hätte Sauber verdient.

Bei Ihrem zweiten Platz in Malaysia hatten Sie im Duell um den Sieg gegen Alonso im Ferrari das klar schnellere Auto. Träumen Sie nachts manchmal von diesem verpassten Erfolg?

Nein, es war ja mein erster Podestplatz. Und darauf bin ich stolz, auch wenn ich vielleicht hätte gewinnen können. Ich schaue in meiner Karriere nicht gerne zurück.

Was wäre in Spa von Ihrem vierten Startplatz möglich gewesen?

Hätte in der Qualifikation alles gestimmt, wäre es sogar die Pole-Position geworden (Kobayashi startete als Zweiter). Wir hätten sicher um das Podest gekämpft – auch ein Angriff auf den Sieg wäre drin gelegen. Doch dann passieren eben Dinge, die du im Rennsport nicht beeinflussen kannst.

Sie sollen ein Reifenflüsterer sein und sehr schonend mit den vier Walzen umgehen. Sprechen sie mit dem Gummi?

(lacht schallend) Ich versuche es manchmal. Das Wichtigste ist, dass du verstehst, wie man das Auto abstimmt. Du musst dich jede Runde den schnell ändernden Bedingungen anpassen können.

Auf der Strecke sind Sie oft mit 300 km/h unterwegs. Ist es da egal, wer neben einem fährt – oder ist das eine Vertrauensfrage?

Ja, denn du kannst nicht mit allen Rivalen so Rad an Rad kämpfen, wie zum Beispiel mit Champions wie Alonso, Räikkönen, Hamilton, Vettel oder Webber. Die haben eben die Erfahrung, die den andern fehlt.

Wer sind denn auf dem Asphalt diese doch eher unangenehmen Zeitgenossen?

Keine Namen. Aber mit denen kannst du nicht fighten. Wenn du sie mit etwas Risiko überholen willst, machen sie dir keinen Platz – und schon hast du einen Unfall.

2011 hatten auch Sie in Singapur einen Crash mit Michael Schumacher, der Sie mit dem Mercedes von hinten über den Haufen gefahren hat. Wie lange ist man da sauer?

Es geht vielleicht einige Stunden, bis ich ins Bett gehe. Aber am andern Morgen ist das vergessen, dann konzentriere ich mich wieder auf andere Sachen.

In Mexiko werden Sie 2012 zum Sportler des Jahres gewählt, die Begeisterung kennt dort keine Grenzen. Wie geht man in Ihrem Alter damit um?

Es ist oft eine schwierige Situation. Doch mit der Familie und den Freunden im Rücken habe ich eine grosse Hilfe. So kann ich vor allem emotional stabil bleiben. Du darfst einfach deine Ziele nie aus den Augen verlieren. Ich bin ein Rennfahrer, der von Titeln träumt und diese auch gewinnen will. Ich möchte kein Rockstar oder Superstar sein. Es ist nett, wenn dich die Leute mögen, dich auf der Strasse erkennen. Mehr nicht.

Whitmarsh: Perez kein Paydriver mehr


Nach der Verpflichtung von Sergio Perez als Nachfolger von Lewis Hamilton gab es zahlreiche Spekulationen, die behaupteten, dass der angehende McLaren-Pilot durch seine liquiden Geldgeber im Hintergrund das Cockpit erhalten habe. Momentan wird das britische Traditionsteam durch Vodafone unterstützt. Ob der Mobilfunkgigant auch weiterhin die Chrompfeile ziert, war nach dem Wechsel nicht klar.

"Ich hatte ein Gespräch mit Carlos Slim (Telmex-Vorstandsmitglied), doch wir haben Sergio ein Angebot unterbreitet. Wir bezahlen ihn gut und es gibt keine weiteren Vereinbarungen", wird Martin Whitmarsh vom 'Telegraph' zitiert. Demnach wird Telmex nicht mit zu McLaren wechseln. "Ich sage nicht, dass es keine weiteren neuen Partner geben wird. Doch das war nicht der Grund der Verhandlungen", stellt der McLaren-Teamchef klar. "Wir haben ein sehr starkes Aufgebot an Investoren, das stabil ist. Wir sind zuversichtlich, dass wir damit zurechtkommen."

Fernandez "outet" sich als Perez-Manager


Am Freitag wurde bekannt, dass Sergio Perez ab der kommenden Saison für McLaren fahren soll. Nun werden Hintergründe des für viele überraschenden Wechsels bekannt. Als Vermittler von Perez' Sponsor Carlos Slim war der mexikanische Rennfahrer Adrian Fernandez tätig, der zukünftig auch als Manager die Interessen von Perez vertritt. "Mit der Ankündigung, dass Sergio ab 2013 für McLaren fährt und ich sein neuer Manager bin, beginnt ein neues und aufregendes Kapitel in meinem Leben", schreibt Fernandez auf seiner persönlichen Website.

Der 47-jährige Fernandez betreibt seit dem Jahr 1981 Motorsport. Über Tourenwagen- und Formel-Serien arbeitete sich der Mexikaner bis in die CART- bzw. Indycar-Serie empor, wo er zwischen 1993 und 2005 an den Start ging. Anschliessend wechselte er in die Sportwagen-Szene und nahm vier Mal am 24-Stunden-Rennen von Le Mans teil, zuletzt in diesem Jahr als Teamkollege des Deutschen Stefan Mücke. Auch auf zehn Starts in der Nationwide-Serie der NASCAR kann Fernandez zurückblicken.

Nun ist der Mexikaner aber mit der Arbeit für seinen Schützling Perez ausgelastet. "Die vergangenen Wochen waren hektisch, aber ich bin sehr stolz für Sergio, seine Karriere und unser Land, dass wir diese Einigung erzielt haben", so Fernandez. Die Zusammenarbeit mit Slim und dessen Telekommunikationskonzern Telmex habe schon vor langer Zeit begonnen. "Ich danke Carlos und Sergio, dass ich ein kleiner Teil ihres Teams sein und nun das Management von Sergio übernehmen durfte. Ohne die Unterstützung von Carlos und Telmex hätten wir es nicht geschafft", dankt Fernandez artig dem grossen Sponsor.

Die Verhandlungen mit McLaren habe Fernandez sehr genossen. "Ich ziehe meinen Hut vor Martin Whitmarsh und allen, die daran gearbeitet haben, diesen Vertrag möglich zu machen", schreibt Fernandez. Es sei eine Menge Arbeit gewesen, doch die Professionalität von Whitmarsh und seinem Team habe ihn sehr beeindruckt. "Wir sind aber auch Peter Sauber und seinem Team zu Dank verpflichtet. Sie haben Sergio die Möglichkeit gegeben, in der Formel 1 zu fahren und zu zeigen, was er kann", dankt Fernandez auch Perez' bisherigem Team.

Mit seinem jungen Landsmann, der sich seinen Platz bei McLaren verdient habe und den er für einen kommenden Weltmeister hält, verbindet Fernandez eine lange und intensive Beziehung. "Ich kenne Sergio seit seiner Kindheit, sein Vater hat viele Jahre für mich gearbeitet. Er nennt mich 'Onkel', und auch wenn wir nicht miteinander verwandt sind, zeigt das, wie eng unsere Beziehung ist."

Nach einer erfolgreichen Karriere als Rennfahrer und Teamchef will Fernandez nun auch in seiner neuen Rolle überzeugen: "Ich hoffe, ich kann ein erfolgreicher Manager sein und gute Arbeit für Sergio leisten, damit er sich voll auf die Rennen konzentrieren kann, während ich mich um alle anderen Bereiche kümmere. Ich glaube, das ist eine gute Kombination, wir haben definitiv einen potenziellen Weltmeister in unseren Händen."

Kaltenborn zeigt Interesse an Schumacher


Das Sauber-Team bestätigt grundsätzliches Interesse an einer Verpflichtung des bei Mercedes ausgemusterten Rekord-Weltmeisters Michael Schumacher: "Natürlich sind das reizvolle Gedanken, und natürlich überlegt man, ob man einen siebenmaligen Weltmeister holen kann, wenn er auf dem Markt ist", sagt Monisha Kaltenborn, Geschäftsführerin des Schweizer Rennstalls. "Michael ist aber bisher nur für große Herstellerteams gefahren, mit denen wir uns nicht vergleichen können."

Vor den Ereignissen des vergangenen Freitags deutete vieles darauf hin, dass Sauber 2013 mit Jaime Alguersuari und Esteban Gutierrez als Stammfahrer antreten würde, mit Robin Frijns als drittem Mann. Doch seit Schumacher arbeitslos ist, erinnern sich einige Journalisten daran, dessen Managerin Sabine Kehm am Singapur-Wochenende in der Sauber-Hospitality gesehen zu haben. Dort soll in der Nacht von Freitag auf Samstag bei Mercedes die Grundsatzentscheidung gegen den 43-Jährigen und pro Lewis Hamilton gefallen sein. Das würde erklären, warum der scheidende McLaren-Pilot so entspannt und locker war, obwohl er im Nachtrennen in Führung liegend ausgefallen war und sich seine WM-Chancen damit drastisch reduziert hatten. Möglicherweise war er nicht mehr sauer auf McLaren, weil er schon wusste: "Nächstes Jahr fahre ich sowieso woanders, also was soll's?" Nach der wöchentlichen Sitzung des Daimler-Vorstands am Mittwoch in Stuttgart wurden dann die Verträge unterzeichnet und am Freitag offiziell kommuniziert.

Schumacher hat stets betont, dass er erst im Oktober entscheiden wird, wie es für ihn weitergehen soll. Sauber erscheint vielen Experten grundsätzlich als unwahrscheinliche Variante, doch sollte er seine Fahrerkarriere unbedingt fortsetzen wollen, könnte er notfalls sogar eigenes Geld investieren, um der Konkurrenzfähigkeit der Schweizer auf die Sprünge zu helfen - oder aber zumindest auf ein Fahrergehalt verzichten, wie es einst auch der grosse Ayrton Senna bei Williams angeboten hat. Persönliche Sponsoren hat Schumacher jedenfalls genug. Und dass er für die Formel 1 schon zu alt ist, deutete zwar Niki Lauda dieser Tage an, aber dessen früherer Rivale Emerson Fittipaldi bestreitet diese Sichtweise: "Ich habe mit 49 Jahren mein letztes IndyCar-Rennen gewonnen. Wenn Schumacher noch voll motiviert ist, kann er weitermachen", wird der Weltmeister von 1972 und 1974 von 'Focus Online' zitiert. Und es würde sich ein Kreis schliessen: Peter Sauber war derjenige, der ihm 1991 mit 300.000 D-Mark den Einstieg in die Formel 1 ermöglicht hat...

Für Sauber wäre der siebenmalige Weltmeister jedenfalls ein Geschenk des Himmels: Erstens ist ein routinierter Fahrer, der fast auf Augenhöhe mit einem Nico Rosberg mithalten kann, für jedes Mittelfeld-Team Gold wert, und zweitens könnte Schumacher zumindest neue Sponsoren anlocken, wenn er schon kein eigenes Geld investieren sollte. Erst vergangene Woche sind laut Informationen Gespräche mit einem möglichen Sponsor gescheitert, weil dieser als Anteilseigner an Bord kommen wollte - was für Sauber kein Thema ist.

2.10.2012