Gute Stimmung bei Sauber nach Australien

Der Sauber-Ferrari machte beim Auftakt

in Melbourne einen guten Eindruck

Kamui Kobayashi und Sergio Perez sorgten beim ersten Formel-1-Rennen des Jahres für einen guten Auftakt aus Sicht von Sauber. Mit den Plätzen sechs und acht sammelte das Team aus der Schweiz zwölf wichtige Punkte im engen Gerangel der Mittelfeldteams. Im Gegensatz zum Vorjahr durfte man die Zähler in diesem Jahr tatsächlich behalten, weil der neue Sauber-Ferrari C31 anstandslos die technische Überprüfung nach dem Rennen überstand.

"Wir waren eigentlich da, wo wir gerechnet hatten. Was wir nicht wussten, war die Leistungsfähigkeit unserer Konkurrenten. Aber mehr oder weniger hatten wir es so erwartet", blickt Teamchef Peter Sauber zufrieden auf den Auftakt in Australien zurück. Sauber belegt in der aktuellen Teamwertung sogar Rang drei hinter McLaren und Red Bull. "Es ist eine gute Basis, aber wie in den vergangenen Jahren geht es jetzt darum, die Entwicklung so gut es geht voranzutreiben", sagt der Schweizer.

Mindestens ebenso wichtig wie die ersten Rennen, ist der Wettlauf zwischen den Grands Prix. Sauber möchte seine Position halten, setzt daher auf eine schnelle Weiterentwicklung, um sich die Konkurrenz vom Leibe zu halten. "Die Infrastruktur ist sehr gut und die finanziellen Mittel müssten ausreichen, um ein gutes Auto zu bauen. Da sind wir in guter Gesellschaft mit den Teams um uns herum", sagt Sauber. "Die Frage ist jetzt: Wie stark kann man weiterentwickeln?"

Zwischen den Rennen in Melbourne und Malaysia dürfte sich an der Leistungsfähigkeit kaum etwas verändern, denn kein Team konnte innerhalb einer Woche Updates produzieren und nach Kuala Lumpur fliegen. "Die Erwartung ist nach dem letzten Rennwochenende schon eine hohe. Wobei mir schon klar ist, dass das eine ganz andere Strecke ist und damit die Voraussetzungen auch ganz anders sind", meint Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn. "Beim letzten Rennen haben wir gesehen, dass die Zeitabstände so unglaublich klein sind - da braucht's nicht viel und man kann sich ganz woanders wiederfinden - in der Startaufstellung und im Rennen auch", mahnt die Österreicherin vor dem zweiten Rennen des Jahres. "Es ist schwierig, aber natürlich gehen wir optimistisch an das Rennwochenende heran und hoffen, dass wir die Leistung abrufen können." Vor allem im Qualifying will man sich noch besser aufstellen. Kobayashi und Perez waren am Samstag in Melbourne leicht unter Wert geschlagen worden.

Technische Struktur kein Handicap


Seit der Trennung von James Key hat das Sauber-Team keinen Technischen Direktor mehr - und auch nicht vor, diese Position in absehbarer Zeit neu zu besetzen. Zwar gibt es mit Matt Morris einen Chefdesigner, aber die Einzelperson, die letztendlich für alle technischen Entscheidungen verantwortlich ist, die existiert in Hinwil nicht mehr. Auf die Frage, ob es möglich sei, auch ohne Technischen Direktor gut zu arbeiten, antwortet Teamchef Peter Sauber: "Das haben wir uns im letzten Sommer überlegt - und die Antwort geben wir jetzt. Es hat sicher gewisse Vorteile, wenn man dies und jenes zu einer Person delegieren kann, aber die Entscheidungsträger, die für die einzelnen Gebiete verantwortlich sind, die waren da und die sind heute da. Übrigens war James natürlich bei weitem nicht bei allen Rennen dabei."

Verschiedene Bereiche, die sich untereinander zusammenraufen müssen, habe es bei Sauber "immer schon gegeben", unterstreicht der Schweizer. Einen Entscheider, der sagt, wo es lang geht, wenn mal unterschiedliche Meinungen aufeinanderprallen, gibt es aber nicht mehr: "Diesen Kompromiss müssen sie zusammen treffen. Das beschliessen die drei Abteilungsleiter, sowieso nicht ich, und das funktioniert ganz gut. Es war aber auch vorher so." Technische Führung sei wichtig, doch keinen Technischen Direktor zu haben, bedeute nicht automatisch technische Orientierungslosigkeit: "Wenn Sie einen Newey haben, dann sagt Newey, wie es gemacht wird. Aber einen Newey hat es bei uns nie gegeben. Auch ein Willy Rampf hat sich immer nach der Aero, der Fahrzeug-Performance und dem Design gerichtet", gibt Sauber zu Protokoll. "Ich glaube, es gibt auch andere Teams, die das so handhaben, ohne dass man explizit darüber spricht", vermutet er. Ob Sauber mit dem Verzicht auf einen festen Technischen Direktor einen Trend in der Formel 1 setzt, weiss der 68-Jährige nicht - aber er erinnert sich an ein Beispiel aus jüngerer Vergangenheit: "Bei McLaren haben Neil Oatley und Steve Nichols sogar abwechslungsweise am neuen und alten Auto gearbeitet."

Concorde-Agreement: Auch Sauber "in Verhandlungen"


Vor gut zwei Wochen lud Bernie Ecclestone sechs Teams (Red Bull, McLaren, Ferrari, Mercedes, Lotus und Williams) zu einem Gespräch nach London ein. Dabei unterbreitete er ihnen ein Angebot, wie die kommerzielle Zukunft der Formel 1 aussehen könnte. Ferrari und Red Bull haben dank einiger Sonderkonditionen angeblich schon zugesagt, Lotus und Force India sollen ebenfalls an Bord sein. McLaren hingegen ist sauer, dass Ecclestone Ferrari und Red Bull Honig ums Maul schmiert, und ziert sich bisher, während das Angebot an Williams zurückgezogen wurde. Dahinter steckt, dass Ecclestone eigentlich nur Teamchef Frank Williams eingeladen hatte, weil sein persönliches Verhältnis zu Vorstandschef Adam Parr extrem angespannt ist. Doch Williams brachte Parr als Begleiter nach London mit - und prompt wurde Williams durch Force India ersetzt.

Auch Sauber spricht mit den Rechteinhabern

Inwiefern auch die anderen Teams in die Verhandlungen über ein neues Concorde-Agreement eingebunden sind, ist derzeit nicht bekannt. Allerdings scheinen diese nicht grundsätzlich außen vor gelassen zu werden: "Wir stehen in Verhandlungen mit dem Inhaber der kommerziellen Rechte", bestätigt Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn, für die vor allem wichtig ist, "wie der Gesamtdeal aussieht". "Es ist immer ein Kompromiss zwischen den Bedingungen des Deals und der Laufzeit, denn das gibt dem Sport insgesamt eine gewisse Stabilität. Die aktuelle Laufzeit (2010 bis 2012; Anm. d. Red.) ist nicht so lang, weil es so lange gedauert hat, den neuen Deal auszuhandeln. Daher wäre es hilfreich, diesen Punkt abzuhaken und sich anderen Punkten zu widmen, die genauso wichtig sind, insbesondere der Kostenreduktion", fordert die Österreicherin. "Für uns ist wichtig, dass die Kosten auf ein Niveau gebracht werden, das es allen Teams ermöglicht, vernünftig zu wirtschaften", regt sie an. "Im Moment gibt es einige kleine Privatteams, für die es im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld sehr schwierig ist, die notwendigen Gelder zu finden, denn wir alle haben hohe Ziele. Je mehr Geld wir haben, desto mehr können wir entwickeln - und das würde sich sofort auf die Performance auswirken."

Derzeit RRA statt Budget-Obergrenze

"Im Moment ist es zu früh, schon über Zahlen zu sprechen, sondern es muss Schritt für Schritt erledigt werden", meint Kaltenborn. "Wir haben damit begonnen, bestimmte Grenzen für bestimmte Bereiche einzuführen. Über andere Bereiche müssen wir noch sprechen. Vielleicht erreichen wir eines Tages einen Punkt, an dem man eine übergeordnete Zahl nennen kann, aber das muss ein fortlaufender Prozess sein, der nicht zu radikal sein darf." Sauber ist übrigens auch eines der zehn Teams, die einen Brief an Jean Todt unterschrieben haben, damit die Bedingungen des Ressourcen-Restriktions-Abkommens (RRA) verbindlich ins Sportliche Reglement aufgenommen werden. "Wir bekamen als Antwort, dass die FIA erfreut darüber ist, diesen Vorschlag erhalten zu haben, und wir arbeiten nun an der Umsetzung", sagt Kaltenborn. Schon 2013 soll es so weit sein: "Ich hoffe es. Das ist das Ziel." Bei der Vereinbarung wird es sich wohl um ein vertieftes RRA handeln: "Wir sind noch nicht ins Detail gegangen, aber aus Sauber-Sicht ist das die Basis, von der wir ausgehen. Das war ein wichtiger Schritt, aber wir sagen schon seit einiger Zeit, dass da noch viel mehr kommen muss", stellt Kaltenborn klar und bestätigt, dass der Brief an den FIA-Präsidenten eigentlich eine Initiative der Teamvereinigung war: "Wir wurden von der FOTA kontaktiert, ja."

22.3.2012