Chelsea gewinnt Champions-League-Finale

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Es ist vorbei! Der Traum der Bayern ist auf fürchterliche Weise am Samstagnacht zerplatzt. Die Münchner verlieren trotz toller Leistung das Champions-League-Endspiel gegen Chelsea nach Elfmeterschiessen und können ihr Leid kaum fassen.

19. Mai 2012, 23.29 Uhr – diese Minute werden sie beim FC Bayern nie mehr vergessen. Denn in diesem Moment ist der grosse Traum der Münchner, ihr grosses Ziel und ihr einziger Antrieb in dieser Saison auf die brutalste Art und Weise geplatzt, die man sich nur erdenken kann. Der FC Bayern hat trotz einer famosen Leistung das Endspiel der Champions League nach Elfmeterschiessen im eigenen Stadion gegen den FC Chelsea 3:4 verloren. Die Bayern sind in dieser Nacht Milimeter nah dran am Mega-Triumph, doch im Shootout versagen Bastian Schweinsteiger und Ivica Olic die Nerven – schon in der Verlängerung verschiesst Arjen Robben zuvor einen Strafstoss. Es wird wohl lange dauern, ehe sich die Bayern von diesem fürchterlichen Erlebnis erholen.

Nachdem Chelseas Heldenstürmer Didier Drogba, der den englischen Club schon in der regulären Spielzeit in den Schlusssekunden mit dem Ausgleich zum 1:1 nach einem Tor von Thomas Müller am Leben hält, den letzten Elfmeter verwandelt, sinken die Bayern kollektiv in Trauer in sich zusammen. Minutenlang liegen die Münchner am Boden, einer neben dem anderen – während neben ihnen die Briten ihren nicht für möglich gehaltenen Sieg bejubeln.

Die Bayern drücken

Gleich von Anfang an diesem Finalabend zeigen die Bayern, wie wach, wie entschlossen und gewillt sie sind, ihren ganz grossen Traum zu erfüllen. Zwar kassiert Antreiber Bastian Schweinsteiger schon nach zwei Minuten die gelbe Karte wegen eines Handspiels, doch angetrieben von den wie wild schreienden Bayern-Fans schiessen sie gegen die weit in der eigenen Hälfte verteidigenden Londoner gleich mehrfach drauf. Doch Schweinsteigers Versuch wird abgeblockt – und Robben donnert den Ball weit über die Latte. Dann versucht es der Holländer gleich noch mal. Und wie. Nach einem fetzigen Solo über links knallt der Sprinter den Ball aus zwölf Metern aufs Tor, doch Chelsea-Torsteher Petr Cech schiebt sein rechtes Bein blitzschnell hinter den Ball und lenkt ihn an den Pfosten – ein Wahnsinnsschuss, eine Wahnsinnsparade. Und die Bayern lassen nicht nach; noch nicht mal 24 Minuten sind gespielt, und die Roten haben sich schon sieben Ecken erkämpft (Chelsea: null!) – die Bayern drücken also genau die Dominanz durch, die Trainer Jupp Heynckes gefordert hat.

Wie lange hält Chelsea stand?

Dennoch ergeben sich erst mal keine ganz grossen Chancen für die in allen Belangen besseren Gastgeber – bis in Minute 36, dann nämlich bedient Ribéry den auffällig starken Diego Contento und dessen Flanke landet genau bei Thomas Müller, der jedoch knapp vorbeischiesst. Im direkten Gegenangriff bringt jetzt auch der FC Chelsea mal einen Schuss zustande, doch den Versuch von Salomon Kalou kann Manuel Neuer locker abwehren.

Und nachdem auf der Gegenseite Mario Gomez ganz frei aus elf Metern weit über das Tor schiesst, lauten die Fragen für die meisten der 62'500 Zuschauer in der prall gefüllten Arena kurz vor der Halbzeit: Wie lange hält Chelseas Defensivtaktik, und wie lange können die Bayern ihren Power-Fussball aufrechterhalten? Dann ist Halbzeit – und im Stadion mischt sich unter die Begeisterung über den kraftvollen Dauerdruck des Rekordmeisters ein wenig Enttäuschung, dass es noch Nullnull steht. Doch nach dem Verschnaufen wollen die Bayern den Ansturm sogar noch intensivieren.

Und sie halten Wort. Wieder drücken die Münchner die Blauen mit Macht in deren Strafraum zurück und belohnen sich sogar – doch Ribéry steht bei seinem Tor hauchdünn im Abseits. Egal, die Bayern werden durch das abgepfiffene Tor nur noch mehr angestachelt und wirbeln den Gast von Minute zu Minute mehr auseinander. Chelsea wagt sich jetzt gar nicht mehr nach vorne und wackelt mehr und mehr. Aber es fällt nicht. Nach 60 Minuten feuert wieder Robben aufs Tor, diesmal wirft sich Ashley Cole reaktionsschnell in den Schuss. Es bleibt beim 0:0. Eine halbe Stunde noch. Kaum zu glauben, angesichts der bayerischen Überlegenheit und einem Eckballverhältnis von 14:0 nach 70 Minuten (man meint, Chelsea hofft jetzt schon nur noch auf ein Elfmeterschiessen).

Müller macht‘s

Dann setzt sich auf einmal Drogba wie aus dem Nichts gegen Timoschtschuk durch und schiebt den Ball vor das Tor – dort aber hechtet der wachsame Contento in die Hereingabe und klärt. Nur Sekunden später ist wieder Drogba da, doch seinen Stolperschuss aus sechs Metern fängt Neuer sicher ab. Auf einmal sind die Bayern wieder gewarnt. Wagen sich die Blues, bei denen jetzt Florent Malouda für Ryan Bertrand im Spiel ist, etwa aus der Deckung? Spielen sie nun auf einmal mit? Erst mal nicht! Denn jetzt drängelt sich wieder Ribéry in den Strafraum, doch wieder wuchtet sich die Chelsea-Wand dazwischen. Es ist jetzt eine reine Geduldsprobe in dieser lauen Mai-Nacht in Fröttmaning. Daran ändert sich auch nach 78 Minuten nichts, als Müller überhastet aus zehn Metern danebenschiesst.

Doch dann ändert sich alles! Nach einer präzisen Flanke von Toni Kroos ist es jetzt wieder Müller, der mit dem Kopf an den Ball kommt und ihn geschickt per Aufsetzer an die Unterkante der Latte drückt. Chelsea-Keeper Cech reisst zwar seine linke Hand nach oben – doch nicht schnell genug. Der Ball hüpft ins Tor, 83. Minute, und die Arena explodiert. Müller belohnt die Bayern für ihr grandioses Anrennen. Und plötzlich ist der volle Triumph zum Greifen nah; die Uhr tickt, mit jeder Sekunde kommen die Bayern dem Sieg näher und fühlen sich so, als hätten sie schon eine Hand am begehrten Henkelpott, der Champions-League-Trophäe.

Doch als die 90. Minute angebrochen ist, werden sie wieder aus ihren Träumen gerissen, denn nach einer Ecke jagt der lange Zeit abgemeldete Drogba den Ball mit seiner Stirn unter die Latte – 1:1. Die Bayern kommen sich vor wie im falschen Film. Nun zittern sie sogar um das Unentschieden, doch dann geht’s in die Verlängerung. Durchatmen.

Aber nur kurz. Denn kaum hat die Extrazeit begonnen, schon tritt Drogba im Strafraum Ribéry in die Beine. Schiedsrichter Proenca deutet auf den Elfmeterpunkt. Und wer schiesst? Na klar: Arjen Robben. Doch der Vollspannschuss des Holländers landet unter der Hüfte von Cech – die Bayern können nicht glauben, was sie da erleben. Und die Briten bekommen mehr und mehr Aufwind. Dann ist die erste Hälfte der Verlängerung rum; der letzte Akt dieses grossen Dramas steht an. Und der bringt den Bayern fast die erneute Führung: Nach einer feinen Flanke von Philipp Lahm legt der eingewechselte Ivica Olic den Ball auf den ebenfalls neu mitspielenden Daniel van Buyten quer. Der Belgier aber verpasst die Chance. Ein paar Sekunden später kommt Gomez nach einer Hereingabe von Lahm einen Tick zu spät – wieder gibt es Eckball (in der Kategorie steht’s nun 20:1!). Doch auch der verpufft. Dann ist Schluss – wieder müssen die Bayern ins Elfmeterschiessen. Wieder, wie schon beim Halbfinaldrama in Madrid, muss die Entscheidung beim Shootout her.

Schweinsteiger an den Pfosten

Als Erster tritt Kapitän Philipp Lahm an – und trifft! 1:0. Dann kommt Mata für Chelsea. Der Spanier verschiesst, Neuer hält. Jetzt kommt Mario Gomez, und der Stürmer schiebt gekonnt unten rechts rein. 2:0! Nun ist Luiz David dran. Was macht der Brasilianer? Sein Ball landet im Winkel, nur noch 2:1. Jetzt tritt Neuer selbst an – er macht ihn rein! 3:1, die Bayern sind jetzt ganz nah dran am Titel. Doch erst mal wuchtet Lampard die Kugel zum 3:2 unter die Latte. Und als dann Olic verschiesst und an Cech scheitert ist auf einmal wieder alles offen. Der Druck lastet jetzt auf Ashley Cole – doch der Verteidiger trifft ganz sicher. Danach muss Bastian Schweinsteiger verwandeln. Aber das Bayern-Idol scheitert am Pfosten und vergräbt sein Gesicht hinter seinem Trikot. Und als dann Didier Drogba um 23:29 Uhr an diesem Samstagabend den Ball ins Netz schiebt, ist alles aus für die Bayern.

20.5.2012