Kobayashi fährt Bestzeit am 2. Tag in Mugello

Das gibt es sonst nie in der Formel 1: Vier Minuten vor dem Ende des zweiten Trainingstages in Mugello fährt Kamui Kobayashi mit einer Zeit von 1:21.603 über die Ziellinie. Gleich schnell also wie Romain Grosjean im Lotus am Morgen – und zwar auf die Tausendstelsekunde genau!

Grosjean und Kobayashi teilen sich damit den Tagessieg. Wobei in der offiziellen Version der Lotus-Pilot über Platz eins jubeln darf. Sind zwei gleich schnell, siegt der Fahrer, der die Zeit zuerst fuhr. So will es das Regelwerk.
Dabei sorgte Kobayashi nach einem Ausritt ins Kiesbett noch für eine Rote Flagge. Um 15.57 Uhr musste der Test für 15 Minuten unterbrochen werden, ehe der Sauber-Bolide geborgen war. Doch die Hinwiler Crew brachte die Kiste wieder flott.

Neben dem schnellsten Duo sorgt auch Michael Schumacher für Aufsehen. Der Mercedes-Pilot fährt sich in Mugello den Frust von der Seele. Mit 144 Runden ist er der klar fleissigste Pilot. Die 755 Kilometer entsprechen beinahe der Strecke von Mugello nach Stuttgart, wo Mercedes zu Hause ist. Ob er seinen Boliden gleich in die heimische Garage stellen wollte?

Kimi locker, Schumi frustriert?


Bei Lotus hat man sich nach dem regnerischen Auftakt am Dienstag mit dem belgischen Ersatzfahrer D'Ambrosio offenbar kurzfristig entschieden, für die beiden letzten Mugello-Tage nur Doppelbürger Romain Grosjean (26, F/Sz) einzusetzen. Und der finnischen Sensation auf vier Rädern, Kimi Räikkönen (32), eine Pause zu gönnen.

Kimi war schon vor seiner Comeback-Saison (nach zwei Jahren Rallye) nur bei fünf der zwölf Testtagen in Jerez und Barcelona dabei gewesen. Aber eben: Räikkönen hat so viel Talent, dass er diese Zusatztage neben den Grand-Prix-Wochenenden nicht braucht. Schon nach vier Rennen (in Bahrain) schnupperte der «Iceman» bereits am Sieg, kletterte hinter Sieger Sebastian Vettel (Red Bull) als Zweiter aufs Podest. Und der 19. GP-Sieg von Kimi steht vor der Türe. Warum der eher stille Finne auf dem Asphalt voll da ist, hat einen Grund: Lotus lässt ihn leben, lässt ihm den nötigen Freiraum.

Räikkönen: «Ich gehe meinen Weg»

«Ich brauche in diesem Sport keinen Bullshit mehr. Ich kenne das Geschäft - und gehe meinen Weg!» Millionen von Lotus-Fans freuen sich neben dem überzeugenden Grosjean (der ja einst die Rekrutenschule bei uns machte) über den starken Comeback-Räikkönen - und wundern sich, dass der siebenfache Weltmeister Michael Schumacher (42) weiter so grosse Probleme bei Mercedes hat. Allein die Tatsache, dass der 91-fache GP-Sieger (72 auf Ferrari) seit 44 Rennen nicht mehr aufs Podest klettern konnte, lässt Fragen offen. Sind es wirklich nur die Pirelli-Reifen, die Schumi so hart kritisiert hat. Er ist gewillt, das Problem in den Griff zu kriegen. Mit 115 Runden - oder über 600 Kilometer - ist er eine Stunde vor Test-Schluss der fleissigste Pilot im Feld. Die Kritik brachte Schumi jetzt einigen Ärger. Mercedes-Rennchef Norbert Haug und Teamkollege Nico Rosberg (Premierensieger in China) teilen die Schumi-Meinung nicht. Und jetzt schlug auch noch der britische Pirelli-Chef Paul Hembery zu: «Schumacher scheint frustriert zu sein!»

Es wird interessant zu sehen, wie sich Schumi am 13. Mai beim Europa-Auftakt in Barcelona schlägt. Eine seiner Lieblingsstrecken, auf der er bereits sechs Siege feiern konnte (1995/96 auf Goodyear sowie 2001/02/03/04 auf Bridgestone). Wenn er auch in Barcelona nicht aus seinem Tief kommt, wo dann? Seine weiterhin treuen Fans leiden mit ihm. Und es ist klar: Der Deutsche hat einen besseren Abschied (wann auch immer) verdient.

Ferrari auch mit Massa vorne


Am zweiten Mugello-Tag drehte Schumi bis zur Halbzeit um 13.00 Uhr über 50 Runden, kam aber in der Rangliste nicht nach vorne. Allerdings muss man sich da wiederholen: kein einziges der elf Teams weiss, wie viel Sprit die Konkurrenz an Bord hat. Da kann also locker gemogelt und getäuscht werden.

Interessant, dass hier Ferrari auch am Mittwoch (nach dem Alonso-Tagessieg am Dienstag) auch mit Felipe Massa im vorderen Teil auftaucht. Obwohl der «neue» Ferrari aus dem knapp 100 Kilometer entfernten Hauptquartier in Maranello kommt. Nur eine Wunderwaffe kann Alonso in den restlichen 16 Rennen im Titelgeschäft halten. Sonst machen Red Bull, McLaren, Lotus (und vielleicht noch Mercedes) die Musik allein. Bei Sauber heisst es jetzt dranbleiben, den 6. WM-Rang zu sichern. Das neue Technik-Paket (Frontflügel, Diffusor, Leitbleche, Auspuff und Motorenverkleidung) ist bereits zu 90 Prozent am Chelsea-Sauber. Die restlichen zehn Prozent kommen beim GP Spanien. Und dort, oder eben dann in Monaco (27. Mai) wird auch Chelsea-Besitzer Roman Abramowitsch in den Sauber-Garagen erwartet. Es bleibt weiter ein Geheimnis, ob oder wieviel Millionen der milliardenschwere Russe in die Formel 1 investiert.

Vor einem Jahr in Spanien hatte der mexikanische Milliardär Domit Slim gegenüber BLICK erklärt: «Wir wollen mit Sauber einmal Weltmeister werden!» Wie ernst es der Pérez-Förderer (Telmex) wirklich gemeint hat, weiss niemand. Nun, die Hinwiler brauchen Geld - woher es für eine erfolgreiche Zukunft kommt, bleibt die grosse Frage. Sauber-CEO Monisha Kaltenborn: «Wir haben Träume und ehrgeizige Ziele - sonst hat man in diesem Sport nicht viel zu suchen!»

In der Mittagspause verpflegt sich das Sauber-Team und auch Pilot Kamui Kobayashi auch am zweiten Testtag in der Streckenkantine. Die Hinwiler sind als einziges Team ohne eigenes Catering angereist. Am Nachmittag sorgt Kobayashi dann für eine Unterbrechung. Um 15.57 Uhr macht der Japaner mit dem Sauber einen Ausflug ins Kiesbett - Rote Flagge. Rund 15 Minuten bleibt die Strecke gesperrt, ehe der Bolide weggeschafft ist. Vier Minuten vor Trainingsende holt er sich dann den geteilten Tagessieg.

Bei Red Bull wird nach der Mittagspause Sebastian Vettel statt Mark Webber eingesetzt - und fährt auf Rang drei vor dem Australier aber hinter Romain Grosjean und Kamui Kobayashi.

3.5.2012

Formel-1-Testfahrten in Mugello (I) – 2. Tag

  • 1. Romain Grosjean (Lotus) 1:21.603
  • 2. Kamui Kobayashi (Sauber) 1:21.603
  • 3. Sebastian Vettel (Red Bull) 1:21.825
  • 4. Mark Webber (Red Bull) 1:21.997
  • 5. Felipe Massa (Ferrari) 1:22.257
  • 6. Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) 1:22.422
  • 7. Daniel Ricciardo (Toro Ross) 1:22.588
  • 8. Michael Schumacher (Mercedes) 1:23.404
  • 9. Charles Pic (Marussia) 1:23.982
  • 10. Witali Petrow (Caterham) 1:24.312
  • 11. Gary Paffett (McLaren) 1:24.480
  • 12. Timo Glock (Marussia) 1:24.499
  • 13. Paul di Resta (Force India) 1:24.749
  • 14. Bruno Senna (Williams) 1:24.842