Schlägt heute der reifenschonende Williams zu ?

Da war die Welt für Hamilton noch in Ordnung:

Zurück im Konzert der Grossen: Williams steht wieder in einer Reihe mit den Besten

Lewis Hamilton wird emotional, wenn es um das Comeback von Williams geht. "Es ist fantastisch zu sehen, dass das Team vorne steht. Ich freue mich wirklich für sie. Ich kenne Sir Frank ziemlich gut, seitdem ich in der Formel 1 fahre und bin ein grosser Bewunderer von ihm", erklärt er über den britischen Landsmann und spricht ein Kompliment für dessen Lebenswerk aus. "Ohne ihn wäre die Formel 1 nicht das, was sie heute ist", so Hamilton.

"Grossartig für das ganze Team", freut sich der Weltmeister von 2008 - noch nicht ahnend, dass er Pastor Maldonado sogar seine Pole-Position würde abgeben müssen. Optisch sei der Williams schon immer eine Augenweide gewesen: "Ich habe immer geglaubt, dass sie ein gutes Auto haben - es sah immer hübsch aus, aber in dieser Saison fährt es auch genauso gut", staunt Hamilton und laciert eine kleine Kampfansage: "Wir sind auf der Hut und wollen unsere Position festigen."

Auch Fernando Alonso befürchtet einen neuen Kontrahenten an der Spitze: "Das Auto sieht auch im Renntrimm stark aus und schont die Reifen", befürchtetet der Spanier Konkurrenz beim Heim-Grand-Prix. Er nennt einen Präzedenzfall für die Stärke von Williams: "In China sind sie rund 32 Runden mit einem Satz Reifen gefahren. Abgesehen vom Auto machen sie einen guten Job bei der Arbeit mit den Ingenieuren - ich kenne einige von ihnen", bemerkt der Ferrari-Pilot. Alonso weiss auch um die fahrerische Stärke Maldonados. "Pastor hat in dieser Saison mehrmals bewiesen, dass er einen fantastischen Job macht. Auch Bruno (Senna), aber der hat manchmal nicht so viel Glück", so der Mann aus Oviedo, der als erster Verfolger des Williams ins Rennen gehen wird. Alonso erinnert an Melbourne, wo Maldonado hinter ihm auf der Schlussrunde verunfallte. "Es ist kein Novum, dass er an der Spitze mitkämpft", sagt er.

Auch Mark Webber reiht sich in die Reihe der Gratulanten ein: "Williams hat einen tollen Job gemacht. Für Frank gibt es heute Abend eine Party", meint er schmunzelnd über die Feier zu dessen 70. Geburtstag. Glück brauche er ihm nicht zu wünschen, glaubt Webber. "Im Moment ist alles ein bisschen wie im Casino. Vielleicht verstehen sie bei Williams ja selbst, wieso sie da stehen, wo sie stehen", wundert sich der Australier.

Maldonado: "Ich darf mich glücklich schätzen"


Als wäre Startplatz zwei nicht schon Überraschung genug: Aufgrund der Disqualifikation von Lewis Hamilton (McLaren) rückt Pastor Maldonado (Williams) in der Startaufstellung zum Grossen Preis von Spanien um einen Rang nach vorn - und steht damit zum ersten Mal in seiner Karriere auf der Pole-Position. In der Pressekonferenz, die direkt nach dem Zeittraining stattfand, wusste der Venezolaner aber noch nichts von seinem ganz grossen Glück. Trotzdem zeigte sich Maldonado zufrieden.

Frage: Pastor, Startplatz zwei für dich und das Williams-Team. Wo kam denn dieses Tempo her?


Pastor Maldonado: Ich denke, wir haben seit dem Jahresbeginn so hart gearbeitet, um die Reifen zu verstehen und um unser Auto um die Reifen herum zu entwickeln. Zu diesem Rennen gelang uns meiner Meinung nach ein guter Fortschritt. Damit müssen wir fortfahren und weiterhin Druck machen. Im Augenblick haben wir eine klasse Atmosphäre in der Fabrik und eine tolle Stimmung im Team. Das Auto scheint konstant und fantastisch zu sein - vor allem im Renntrimm. Ich freue mich daher auf den Sonntag. Es ist ein tolles Gefühl, hier zu sein. Ich bin erstmals in den Top 3. Ich freue mich sehr darüber. Hoffentlich können wir so weitermachen. Vielen Dank an das gesamte Team. Seit dem vergangenen Jahr haben wir hart gearbeitet. Wenn man bedenkt, wo wir damals waren, stellt dies einen guten Fortschritt dar. Ich denke, sowohl das Team als auch ich selbst haben bei der Leistung zugelegt. Gemeinsam machen wir Druck. Das ist der einzige Weg, wie sich solche Ergebnisse einstellen können.
Wo kam diese Geschwindigkeit her? Habt ihr sie beim Test in Mugello aufgetan? Ist das jetzt eine Auswirkung der Mugello-Testfahrten?


Ich denke, alle Angestellten in der Fabrik leisteten wundervolle Arbeit. Sämtliche Updates, die wir hier am Auto haben, funktionieren einfach prächtig. Ich war schon im Freien Training sehr zufrieden. Die Balance ist da. Ich verstehe die Reifen und habe ein gutes Gefühl. Wir haben gute Arbeit geleistet. Gleichwohl war bisher stets das Rennen unsere große Stärke. Ich freue mich daher sehr auf den Sonntag. Unsere große Schwäche war das Tempo im Qualifying. Da scheinen wir uns verbessert zu haben. Damit bin ich sehr zufrieden und freue mich für das Team und für mich selbst. Wir haben gute Arbeit geleistet. Platz zwei ist aber trotzdem eine Überraschung.

Hast du am Freitag daran geglaubt, dass ihr an diesem Wochenende etwas erreichen könntet?

Ja. Ich glaube, am Freitag dachten wir an die Top 10, dass es möglich sein würde. Am Vormittag war ich dann aber ziemlich überrascht von unserer Leistung, denn auf wenig Sprit war das Auto sehr schnell. Am Morgen schien es möglich zu sein.
Was denkst du über den Start? Wird es einfacher sein, Lewis Hamilton in der ersten Kurve zu attackieren, oder dich gegen Fernando Alonso zu verteidigen?

Vor uns liegt in meinen Augen ein sehr hartes Rennen, denn nicht nur wir drei haben eine ähnliche Renngeschwindigkeit, sondern auch andere Piloten. Unsere grosse Stärke war schon immer der Renntrimm. Hoffentlich haben wir also im Rennen ein konstantes und gutes Auto. Ich hoffe, das setzt sich so fort. Ich würde gern in dieser Position bleiben. Die Punkte für einen Podestrang wären sehr wichtig für uns. Es ist entscheidend, die Ruhe zu bewahren und ein gutes Rennen zu fahren. Die Strategie wird eine tragende Rolle spielen. Fehler dürfen wir uns keine erlauben.
In all den Jahren in Barcelona war es am wahrscheinlichsten, dass ein Fahrer aus den Top 3 das Rennen gewinnt. Du hast also eine gute Chance ...

Wir sind nahe dran. Unsere Leistung ist gut. Aufgrund des Abstands (zu Hamilton) ist es aber schwierig zu sagen, ob wir eine Siegchance haben. Ich werde sicher mein Bestes geben. Wenn ich eine Möglichkeit bekomme, werde ich sie nutzen. Wir haben ein gutes Paket. Das Auto tut, was ich von ihm erwarte. Deshalb ist es einfach zu fahren. Ich bin sehr zufrieden, denn am Samstag haben wir auch eine gute Entscheidung dabei getroffen, welche Richtung wir einschlagen sollten.

Welche Reifenvariante dürfte im Rennen die bessere sein?

Nun, die Reifen sind so unterschiedlich. Die härtere Mischung scheint länger zu halten und speziell auf viel Sprit die bessere Leistung zu erbringen. Die weichen Reifen sind natürlich schneller. Da sitzen aber alle im selben Boot. Wie viele Boxenstopps es gibt, müssen wir sehen. Die Strecke nimmt die Reifen stark ran. Wir werden sicher viele Reifenwechsel erleben.
Ist Barcelona eine deiner Lieblingsstrecken?

Meiner Meinung nach kennen wir alle diesen Kurs sehr gut. Wir mögen diese Strecke, weil sie interessante Kurvenkombinationen bietet. Die Teams kennen diese Bahn ebenfalls sehr gut. Im Winter haben wir bei den Testfahrten hier sehr gut gearbeitet. Wir fanden eine gute Balance für das Auto und einen guten Kompromiss für Qualifikation und Rennen.
Als du zu Williams kamst, gab es viele Stimmen, die meinten, du seist nur aufgrund deiner reichen Sponsoren im Team und dergleichen mehr. Glaubst du, nun bewiesen zu haben, dass du aufgrund deiner Qualitäten zu den Topfahrern zählst?

Ich glaube, ich darf mich glücklich schätzen, nicht nur einen Sponsor, sondern auch ein Land hinter mir zu haben, das mich sehr antreibt. Ich bin hier, mache meine Arbeit, gebe mein Bestes und versuche, mich jedes Mal zu verbessern. Ich habe eine Mission, die darin besteht, gemeinsam mit Williams an die Spitze zu fahren. Und hier sind wir. Wir müssen aber weiter Druck machen, uns weiter steigern. Ich denke, das ist möglich. Ich bin ein Kämpfer. Unsere Gegner sind stark, aber das gilt auch für mich. Wir wollen einfach ein gutes Rennen haben. Es könnte unser bisher bestes 2012 werden. Das ist das Ziel.

Kann Williams deiner Meinung nach im Entwicklungsrennen mithalten? Wie siehst du das?

Na klar. Wir haben die Möglichkeit in der Fabrik, ein gutes Auto auf die Räder zu stellen. Ich denke, wir zeigen, dass wir hart arbeiten. Wir machen Druck und versuchen, uns zu steigern. Ich fahre gut. Ich fühle mich wohl im Team. Das gilt nicht nur für das Rennfahren an sich, sondern auch für die Stimmung in der Fabrik. Ich verbringe dort viel Zeit. Wir bauen unsere Leistung weiter aus. Noch sind wir nicht am Optimum angelangt, doch wir kommen allmählich hin.

Die neuen Regeln machen die Formel 1 unvorhersehbar. Siehst du das ähnlich? Ist die Formel 1 unvorhersehbar oder technisch weniger logisch?

Ich denke, die Reifen sind für alle gleich. Die Fahrer und ihre Teams arbeiten hart daran, sich und die Autos an die Reifen anzupassen, um die bestmögliche Leistung zu erzielen.

Pirelli: Viel Lob für Maldonado


Auch beim fünften Grand Prix des Jahres wird das Reifenmanagement über den Erfolg im Rennen bestimmen. In Vorbereitung auf den Lauf im spanischen Barcelona verzichteten beispielsweise Michael Schumacher und Sebastian Vettel vor diesem Hintergrund auf eine gezeitete Runde in Q3. Man sparte dadurch Reifen und hat freie Wahl bezüglich der Mischung beim Rennstart. "Die Strategie bestimmte das heutige Qualifying", sagt Pirello-Motorsportchef Paul Hembery.

"Zwischen den weichen und den harten Slicks betrug der Zeitunterschied pro Runde ungefähr 0,8 Sekunden, was von Team zu Team leicht variierte", sagt der Brite. "In der Vergangenheit wurde das Rennen in Barcelona fast immer von einem Fahrer gewonnen, der in der ersten Startreihe stand. Morgen haben aber auch jene Fahrer eine Siegchance, die von hinteren Plätzen ins Rennen starten. In Q2 gab es einige Überraschungen, denn es schieden Fahrer aus, von denen das nicht erwartet wurde. Doch morgen werden sie davon profitieren, mehr frische Reifen einsetzen zu können. Es wird interessant sein zu beobachten, was sie daraus machen. Die Strecke in Barcelona stellt sämtliche Aspekte des Fahrverhaltens und der Dynamik eines Boliden vor höchste Anforderungen. Gleiches gilt für das Reifenmanagement. Normalerweise ist das Rennen hier ein sehr guter Indikator für die voraussichtliche Form während des restlichen Jahres", so Hembery. "Weil die Teams in diesem Jahr so eng beieinander liegen und die in Mugello vorgestellten Upgrades sich erstmals unter Wettkampfbedingungen bewähren müssen, ist es sehr schwer, den morgigen Sieger vorherzusagen. Besondere Glückwünsche gehen an Pastor Maldonado und Williams. Sie haben an diesem Wochenende bislang das Beste aus den Reifen herausgeholt."

13.5.2012