Lotus optimistisch für GP von Spanien

Romain Grosjean dominierte

zuletzt den Test in Mugello

Nach der absoluten Bestzeit in der zurückliegenden Testwoche in Mugello reist das Lotus-Team mit einem grossen Motivationsschub zum ersten Rennen der Saison in Europa nach Spanien. Während Romain Grosjean an zwei von drei Tagen Bestzeit fuhr, liess Kollege Kimi Räikkönen den Test in Norditalien aus.

"Wir hatten keine bedeutsamen neuen Teile, die wir hätten testen müssen, und wir fahren in Mugello keinen Grand Prix", rechtfertigt Räikkönen die Entscheidung. "Deshalb war ich nicht traurig, als entschieden wurde, dass ich nicht testen würde. Ich kenne die Strecke gut, aber es bestand kein Grund für mich, dort zu fahren. Ich bin hier, um Rennen zu fahren, und das werde ich in Barcelona tun." Ähnlich erfolgreich wie diese Woche in Mugello - Grosjeans absolute Bestzeit war gut zwei Zehntelsekunden schneller als die des Zweitschnellsten, Sebastian Vettel - war Lotus bei den Tests vor der Saison in Barcelona. Damals hatte man direkt mit beeindruckenden Bestzeiten überzeugt. "Ich habe hier sehr oft getestet", so Räikkönen über Barcelona. "Die Strecke ist anspruchsvoll - sie macht sehr viel Spass, wenn man ein gutes Auto hat, aber weniger Spass, wenn man ein nicht so gutes Auto hat. Für gewöhnlich ist ein Auto, das in Barcelona gut ist, auf allen anderen Strecken auch gut. Beim zweiten Wintertest dort hatten wir ein gutes Auto, und das, obwohl es für den ersten Test noch nicht ganz fertiggestellt war. Das Auto ist besser geworden und ich fühle mich noch wohler darin."

Grosjean: Richter Umgang mit den Reifen entscheidend

"Wir kennen die Strecke gut von den Winter-Testfahrten", sagt Teamkollege Grosjean vor dem Europa-Auftakt. "Sie erfordert eine gute Fahrbarkeit des Autos und wird ein guter Gradmesser für die restlichen Rennen in Europa sein. Jeder kennt die Strecke aufgrund der Testfahrten sehr gut. Der erste Sektor, die ersten vier Kurven sind ziemlich schnell. Dann folgt zwischen Kurve 10 und 15 ein langsamer letzter Sektor. Beim Herausbeschleunigen aus Kurve 15 braucht man ein gutes Heck mit einer starken Traktion. Dabei kommt es darauf an, die Hinterreifen nicht zu überhitzen. Der Abbau der Reifen wird in Barcelona eine Schlüsselrolle spielen, da man im Niemandsland landet, wenn der Abbau der Reifen hoch ist", erläutert er. "Der richtige Umgang mit den Reifen wird ein entscheidender Faktor sein, um im Rennen eine gute Leistung zeigen zu können. Mal sehen wie hoch die Temperaturen sein werden. Sollten sie so sein wie in Bahrain, dann sollte unser E20 gut funktionieren." Das grosse Manko scheint bislang bei Lotus die Qualifikation zu sein. In Bahrain startete man nur von den Plätzen sieben und elf. Für Barcelona muss man sich in diesem Bereich verbessern, wenn man die Top-Teams schlagen möchte, denn: "In Barcelona kommt es darauf an, eine gute Platzierung im Qualifying zu erreichen, da das Überholen viel schwieriger ist als in Bahrain", sagt Grosjean. "Im Qualifying können wir uns noch ein wenig verbessern und wir wissen auch schon in etwa wie. Hoffentlich können wir in die erste Startreihe fahren."

2005 und 2008 konnte Teamgefährte Räikkönen in Barcelona gewinnen, damals allerdings noch für McLaren, bzw. Ferrari. Es waren gleichzeitig die einzigen beiden Podiumsplatzierungen des Finnen auf dieser Strecke. Lotus' Vorgängerteam Renault, bzw. Benetton war in Südspanien nur ein einziges Mal erfolgreich: 1995 gewann Michael Schumacher zuletzt. Der Spanien-Grand-Prix wird das erste Rennen der Saison in Europa sein. Räikkönen sieht darin Vorteile bei der Arbeit. "Ich mag es wirklich sehr, in Europa zu fahren. Wir müssen nicht zu weit reisen und die Energie kann für das eigentliche Wochenende gespart werden. Traditionell beginnt die Saison erst in Europa richtig. Ich finde das einfach toll." Die Streckencharakteristik von Barcelona könnte vor allem wieder die Pirelli-Reifen fordern. Speziell in Kurve drei sind die seitlichen Fliehkräfte enorm, was sich logischerweise auf den Zustand der Reifen auswirken wird. "Egal welche Reifen: Du musst immer eine Strategie verwenden, die am besten zu ihnen passt", sagt Räikkönen im Hinblick auf die Reifen trocken. "Ich komme gut mit den Reifen zurecht. Was die Strategie angeht, arbeite ich mit meinen Ingenieuren zusammen, und wir treffen dann die bestmöglichen Entscheidungen."

Räikkönen: "Haben gezeigt, warum wir tun, was wir tun"

Dabei ist es aber nicht immer ganz einfach, richtig zu entscheiden. Räikkönen: "Manchmal liegen wir richtig, so wie in Bahrain. Manchmal sind wir sehr nah dran, wie in Schanghai. Nach dem Rennen in China und nach dem Qualifying in Bahrain haben viele Leute bestimmt angefangen zu denken, dass wir Idioten sind und nichts hinkriegen. Doch im Rennen haben wir gezeigt, warum wir tun, was wir tun. Es ging schon in China eng zu und dieses Mal konnten wir von unserer Strategie sehr gut profitieren. Es ist alles Teil des Motorsports und für jeden gleich."

Grosjean weist aufgrund der grösseren Unterschiede der Reifenmischungen darauf hin, dass man im Qualifying bereits die weiche Mischung einsetzen sollte, um nicht unterzugehen. Die Strategie sollte aufgrund des starken Konkurrenzkampfes an der Spitze zwar aggressiv, jedoch nicht zu aggressiv gewählt werden. Grosjean: "Man muss die richtige Balance finden, das nötige Risiko eingehen, um die Konkurrenz zu schlagen, aber gleichzeitig nicht zu viel zu riskieren, da man dann in Schwierigkeiten kommt. Man kann viel durch eine aggressive Strategie gewinnen, doch auch viel Zeit verlieren. In Barcelona stehen uns die harte und die weiche Reifenmischung zur Verfügung", fährt er fort. "Wir müssen einfach abwarten, wie es läuft, doch beide Mischungen funktionieren mit unserem Auto sehr gut. Das Qualifying wird anspruchsvoller sein, da mit den beiden Mischungen sehr unterschiedliche Rundenzeiten möglich sind. Deshalb müssen wir vielleicht die weichere Mischung schon in Q1 verwenden."

Zuletzt in Bahrain hätte es für Lotus kaum besser laufen können. Räikkönen und Grosjean stürmten gen Spitze und mussten sich am Ende lediglich Sieger Sebastian Vettel geschlagen geben. Für Spanien rechnet Räikkönen wieder mit einer "sehr konkurrenzfähigen" Leistung seines Teams, merkt jedoch an: "Es wird unter den Topteams sehr, sehr eng zugehen. Das ist die einzige Strecke, auf der die Teams schon mit den neuen Autos getestet haben, und das Setup ist entscheidend, da sich die Windrichtung und die Temperaturen sehr oft verändern. Alle Teams reisen mit Neuerungen zum ersten Rennen in Europa, was die Situation noch interessanter machen und das Feld noch enger zusammenrücken lassen wird."

Für das anstehende Rennen gibt sich der 32-Jährige noch bedeckt. Vorausschauend auf den Rest der Saison zeigt sich der Weltmeister von 2007 hingegen angriffslustig: "Ich bin hier, um Rennen zu fahren und um zu gewinnen. Das ist mein Ziel und das Ziel des Teams. Wir wollen Grands Prix gewinnen. Wir haben ein gutes Auto und sahen in Bahrain, dass es gut genug ist, um damit zu gewinnen. Das wird das Ziel sein."

Teamkollege Grosjean will nach seinem ersten Podiumsplatz in Bahrain bereits in Barcelona höher hinaus. Als Grund führt er die guten Leistungen bei den Testfahrten im Winter an. "Beim Test belegten wir nach vier Testtagen Platz eins, also werden wir hoffentlich wieder dort stehen", so der Franzose. "Jedes Team gibt bei der Weiterentwicklung der Autos sein Optimum. Wir verstehen den E20 nach dem Test in Mugello gut und hoffen, ein paar Updates nach Spanien bringen zu können. Es ist ein ständiger Kampf, beim Rennen um die Spitze dabei zu bleiben. Wie wir dieses Jahr bereits gesehen haben, geht es sehr eng zu, und eine kleine Verbesserung kann bereits einen grossen Unterschied machen."

"Wir müssen schauen, was wir aus dem Hut zaubern können! Wir müssen weiterhin Schritt für Schritt vorgehen", fordert Grosjean. "Die letzten beiden Rennen waren sehr gut, sowohl fürs Team als auch für mich. Ich werde in Barcelona mein Bestes geben und mein Ziel bei den kommenden Rennen wird sein, in der Fahrerwertung so weit wie möglich nach vorne zu kommen. Ich muss noch viele Dinge lernen. Ich habe erst vier Grands Prix als festangestellter Stammfahrer bestritten. Das ist nicht viel an Erfahrung, doch jeder Grand Prix, den ich beende, ist eine fantastische Erfahrung für mich. Mit Sicherheit macht mich die Podiumsplatzierung in Bahrain zuversichtlich für Barcelona."

Grosjean und der "Knackpunkt Qualifying"


Nach starken Leistungen in den ersten vier Rennen - die nicht immer mit Punkten belohnt wurden - hat Lotus kaum eine Gelegenheit ausgelassen, Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Auch Romain Grosjean hat nicht mit Zwiefeln an der eigenen Person zu kämpfen: "Wenn du deine Formel-1-Karriere beginnst, denkst du erst an Punkte, dann an die Top 5, ans Podium, an den Sieg und an die Meisterschaft." Ist es für den Franzosen also schon höchste Zeit, den Smoking für die FIA-Gala bereitzulegen? So gross sind die Ansagen dann doch nicht: "Ich habe Punkte, ich habe die Top 5 und das Podium auf einmal erreicht. Und jetzt muss ich realistisch sein", so Grosjean mit Blick auf das Resultat in Bahrain.

Konkret heisst das: "Wenn ich eines Tages das Auto habe, um Rennen zu gewinnen, werde ich es darauf ankommen lassen." Nach der starken Leistung von Kimi Räikkönen auf der arabischen Halbinsel scheint der E20 jedoch genau so ein Bolide zu sein, der das Potenzial für den Platz ganz oben auf dem Siegertreppchen hat. Für Grosjean fehlt aber noch ein wichtiger Baustein. "Wir müssen uns im Qualifying verbessern, wenn wir um Siege kämpfen wollen." Und deshalb macht er auch nicht einen Strategiefehler dafür verantwortlich, dass es in der Wüste nicht mit dem ersten Triumph nicht geklappt hat. "Kimi wurde Zweite, ich Dritter. Wo ist da der Fehler? Sebastian (Vettel) ist von der Pole-Position aus ins Rennen gegangen und war ziemlich schnell."

Die Strecke von Bahrain schätzt Grosjean in vielerlei Hinsicht als Anhaltspunkt für die kommenden Monate ein. "In Sachen Temperatur entsprach sie wohl dem, was wir im Sommer erwarten dürfen. Anders als Shanghai, wo es ziemlich kalt war. Es sieht so aus, als arbeite unser Auto besser, wenn es wärmer ist." Der amtierende GP2-Champion, der bei seinem ersten Engagement beim damaligen Renault-Team Schiffbruch erlitten hatte, ist jedoch auch darauf eingestellt, langfristig kein siegfähiges Auto sein Eigen nennen zu können. "Wenn das nicht der Fall sein sollte, muss man nehmen, was man kriegen kann und so viele Punkte wie möglich für Team und Meisterschaft sammeln. Wir befinden uns jetzt auf dem Stand, von dem aus wir starten wollen. Es war nicht so, dass wir vom ersten Grand Prix an bei 100 Prozent waren." Zur Erinnerung: Beim Saisonauftakt in Melbourne stand Grosjean auf Startplatz drei. Treu dieser Maxime will Grosjean weiter an sich arbeiten und setzt dabei auf Räikkönen: "Wir können im Laufe unserer Karriere immer lernen. Ein guter Teamkollege ist da eine Hilfe und eine gute Grundlage sich zu verbessern." Ob ausgerechnet der Schweiger aus Espoo als Mentor auftritt?

Grosjean: "Sehen noch Potenzial im Auto"


Lotus-Pilot Romain Grosjean fuhr am zweiten Testtag in Mugello bei trockenen Bedingungen Bestzeit (zeitgleich mit Sauber-Pilot Kamui Kobayashi), will dieser Leistung aber nicht allzu viel beimessen. Im Interview spricht Grosjean über das Testprogramm mit dem Lotus-Renault E20 in Mugello und über seine Erwartungen für den weiteren Saisonverlauf.

Frage: Romain, nach dem tollen Wochenende in Bahrain jetzt hier Platz eins der Zeitenliste. Die Dinge bei Lotus scheinen sich in die richtige Richtung zu entwickeln, oder?


Romain Grosjean: Das hoffe ich doch. Wir waren in diesem Jahr bei jedem einzelnen Test sehr schnell und auch an den Rennwochenenden stimmte das Tempo. Wir wissen, dass der E20 ein gutes Auto ist, aber hier kommt es nicht unbedingt auf die beste Rundenzeit an. Natürlich ist es toll, wenn man seinen Namen ganz oben auf der Zeitenliste sieht, aber die Hauptsache ist, mit Setupvarianten zu experimentieren, die wir bei den kommenden Rennen einsetzen werden. Genau das haben wir getan. Wir sehen immer noch Potenzial im Auto und wollen herausfinden, wie sich das am besten abrufen lässt.
Im Verlauf des Mittwochs wurde einige Setupvarianten durchgespielt. Inwiefern hat sich das Auto verändert?

Je mehr wir damit arbeiten, desto besser fühlt sich das Auto an. Das ist toll, denn es bedeutet, dass wir mit unseren Veränderungen auf dem richtigen Weg sind. Im Vergleich zum Saisonstart haben wir inzwischen ein viel besseres Verständnis davon, wie der E20 funktioniert. Wir haben jetzt eine klarere Vorstellung davon, wie wir noch mehr Tempo herausholen können. Der positivste Aspekt für mich ist, dass sich das Auto mit unterschiedlichsten Setups und bei verschiedensten Bedingungen gut anfühlt. Es lässt sich einfach fahren, was die Sache insgesamt deutlich einfacher macht.

Testet das Team hier auch Upgrades am Auto oder geht es ausschliesslich darum, besser zu verstehen, wie man den Boliden abstimmen muss?


Es geht in erster Linie darum, zu verstehen, wie sich das Auto mit verschiedenen Setups verhält. Während eines Rennwochenendes ist es immer schwierig, alles zu testen, da die Streckenzeit und das Reifenkontingent stark begrenzt sind. Bei den Testfahrten kann man sich in Ruhe um solche Dinge kümmern, ohne wertvolle Streckenzeit zu verlieren. Die hier gesammelten Daten sollten uns für den weiteren Verlauf der Saison eine bessere Plattform bieten.

Vorausgesetzt, mit dem Auto werden weiter solche Fortschritt erzielt wie bisher, glaubst du dann an eine Chance auf den WM-Titel?

Um ehrlich zu sein denken wir darüber im Moment nicht nach. Unser Ziel ist Platz vier in der Konstrukteurswertung und darauf konzentrieren wir uns. Es gibt in diesem Sport einige grosse Teams, mit denen wir mithalten wollen, aber in einem derart engen Feld ist es nie einfach. Für mich persönlich ist es die erste volle Formel-1-Saison und mein Hauptaugenmerk liegt darauf, so viele Punkte wie möglich für das Team einzufahren, um dann auf dieser Leistung aufbauen zu können. Sollten wir erneut den Sprung aufs Podium schaffen, wäre das fantastisch. Sollten wir noch einen weiteren Schritt schaffen, wäre das noch besser, aber uns ist klar, dass uns für Siege noch eine Menge Arbeit bevorsteht.

Lotus: Dank Grosjean endgültig Testweltmeister


Testtage und Lotus - in der Saison 2012 passt das zusammen wie die Toskana und das Frühlingswetter. Wie schon bei den Wintertests liessen die Schwarz-Goldenen auch in Mugello in Person von Romain Grosjean aufhorchen: 1:21.603 Minuten im schnellsten Umlauf bedeuteten die Tagesbestzeit zeitgleich mit Sauber-Pilot Kamui Kobayashi, der die weichere Pirelli-Mischung einsetzte, während der Franzose auf der härteren unterwegs war. "Auch beim Testen gibt jeder sein Bestes. Schliesslich verbringst du nicht sehr viel Zeit hinter dem Steuer eines Formel-1-Autos", streicht Grosjean den Wert des Ergebnisses heraus, um gleich darauf einzuschränken: "Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, dass Testzeiten wenig bedeuten."

Schon in seiner fünften fliegenden Runde am Vormittag hatte der amtierende GP2-Champion die Konkurrenz mit einer Bestzeit auf harten Reifen geschockt. Für Grosjean keine Überraschung: "Die Tests liefen für uns immer gut. Dass das Auto gut funktioniert, hat es auch in den letzten Rennen unter Beweis gestellt." Zu diesem Zeitpunkt teste er noch Teile, wie sein Renningenieur Simon Rennie erklärt: "Erst am Nachmittag haben wir uns mit der Optimierung des Setup beschäftigt." Grosjean sagt: "Wir verstehen das Auto besser. Am Rennwochenende ist nicht wirklich ein umfangreicher Test zu fahren. Hier haben wir sehr viele Reifensätze." Allen voran würde Lotus Experimente wagen, die am Rennwochenende nicht möglich sein, führt Grosjean aus.

"Romain hat sich im Auto sehr wohl gefühlt", resümiert Lotus-Einsatzleiter Alan Permane. Nach der neuerlichen Bestzeit ist sein Team wohl endgültig zum Testweltmeister aufgestiegen. "Am Saisonanfang weiss man nie, wo man steht. Nach Melbourne wussten wir, dass die Qualifying-Leistung stimmt. Nach Bahrain wussten wir, dass der Speed im Rennen stimmt", beschreibt Grosjean den Fortschritt. An den "richtigen" WM-Titel will er aber noch keinen Gedanken verschwenden: "Es ist meine erste Formel-1-Saison. Da denke ich noch nicht an die Meisterschaft. Ich denke eher an Punkte für das Team. Wir werden versuchen, noch mehr Podestplätze einzufahren."

Boullier: Unser Auto ist nun noch schneller


In dieser Woche testete das Lotus-Team an zwei unterschiedlichen Orten. Beim offiziellen Test in Mugello testeten Stammfahrer Romain Grosjean und Testpilot Jerome D'Ambrosio, im Winshear-Windkanal in den USA feilte man derweil an der Aerdynamik des E20-Boliden. Beide Tests führten zu positiven Ergebnissen, wie Teamchef Erico Boullier vor dem Spanien-Grand-Prix anmerkt.

Frage: Eric, was kommt dir spontan in den Sinn, wenn du an das Rennen in Bahrain denkst?

Eric Boullier: Als allererstes die Freude des Teams bei der Podiumszeremonie. Es hat unsere Piloten seit 2006 nicht mehr dort oben gesehen. Am meisten bleiben mir aber die Gesichtsausdrücke von Kimi und Romain im Gedächtnis. Mir gefällt die Tatsache, dass sie erleichtert, aber nicht vollkommen glücklich waren. Wir haben ein tolles Ergebnis erzielt, aber die beiden wollten bereits mehr. Sie wussten, dass sie hätten gewinnen können. Anstatt nur den Moment zu genießen, versuchten sie schon herauszufinden, was schief gelaufen war, was zum obersten Platz auf dem Podium noch gefehlt hatte. Das sagt viel über den momentanen Geist unseres Teams aus.
Hattet ihr die letzten drei Wochen viel zu tun?

Ja, ziemlich viel sogar! Wir brachten die Chassis zum ersten Mal seit der Abreise nach Australien zurück nach Enstone. Sie hatten sich eine komplette Wartung verdient und wurden u.a. neu lackiert. Jetzt sind sie wie neu. Anschließend mussten wir uns auf einen Windkanal-Test mit einem Modell im Massstab 1:1 in den USA sowie auf die Testfahrten in Mugello vorbereiten. Wir haben außerdem damit begonnen, unseren neuen Simulator zu kalibrieren, der für eine neue tolle Entwicklung des Teams steht.

Freust du dich auf das Rennen in Spanien?

Das erste Rennen in Europa ist immer der Beginn eines neuen Abenteuers. In dieser Hinsicht lautet die Antwort ja, wir freuen uns auf diese Herausforderung. In Sachen Logistik ist es fürs Team ebenfalls einfacher weil wir nicht mehr so weit weg von zu Hause sind. Barcelona ist eine sehr spezielle Strecke weil wir hier im Winter immer getestet haben. Es wird interessant sein zu sehen, wie eng die Teams beieinander liegen. Es könnte noch enger zugehen als bisher.
Bist du optimistisch?


Nun, wir hatten es bislang ganz gut im Griff im Rennen auf den Zustand unserer Reifen zu achten. Doch Barcelona ist sehr aggressiv zu den Reifen, speziell zum linken Vorderreifen. Vielleicht werden wir aber in diesem Bereich bessere Arbeit leisten als die Konkurrenz. Es bleibt einzig die Frage, wie gut unsere Leistung in Abhängigkeit von den Temperaturen sein wird. In den ersten vier Rennen schien sich ein Muster zu ergeben, bei dem sich andeutete, dass wir bei heissen Bedingungen konkurrenzfähiger sein würden. Wir müssen einfach abwarten.

Ihr habt letzte Woche in Mugello getestet. War der Test hilfreich?

Ja. Obwohl das Wetter nicht toll war, konnten wir einige Kombinationen ausprobieren, denen wir an einem Rennwochenende nicht nachgehen können, da deren Umsetzung ziemlich viel Zeit beansprucht. Wir haben viel über das Auto gelernt. Unser Test im Windshear-Windkanal lieferte uns ebenfalls viele positive Ergebnisse. Wir wissen, dass der E20 nun noch schneller sein wird. Doch Leistung ist ein relativer Begriff. Wir müssen einfach abwarten und schauen, inwieweit sich die Konkurrenz verbessert hat.

Konnten Antworten auf einige Fragen finden


Beim Test in Mugello in dieser Woche fand das Lotus-Teame endlich Zeit, diverse Dinge zu testen, deren Erkenntnisse man nun in Barcelona beim fünften Saisonrennen anwenden möchte. Technikchef James Allison sieht speziell den schonenden Umgang des E20 mit den Pirelli-Reifen als grossen Vorteil gegenüber der Konkurrenz an.

Frage: Wie nah war das Team rückblickend vom Sieg in Bahrain entfernt?


James Allison: Nachdem Kimi an Romain überholt hatte, war er dank der Tatsache, dass er neue Reifen hatte, eindeutig schneller als Sebastian (Vettel), dessen Reifen schon gebraucht waren. Es war sehr aufregend, zu beobachten, wie er immer näher ran kam. Er hatte sogar eine Chance, vorbeizukommen, doch es reichte letztendlich nicht ganz. Mit einer etwas besseren Ausgangslage m Qualifying und ohne den beschädigten Frontflügel, hätte der Sieg am Ende vielleicht unser sein können. Letztendlich mussten wir uns aber mit einem sehr dominanten Ergebnis, dem zweiten und dritten Platz, begnügen. Wir müssen mit dem E20 noch auf den ersten Sieg warten, aber ich denke, dass wir es schaffen können.

Was für Neuerungen führt ihr in Barcelona ein?

Wir werden den ersten Teil an Erkenntnissen umsetzen, die wir bei unserem Test im Windshear-Windkanal und in unserem konventionellen Windkanal sammeln konnten und darauf basierende neue Teile verwenden. Wir haben die vorderen und hinteren Bremstrommeln modifiziert, genauso wie den Frontflügel und den Unterboden.

Was hat das Team in Mugello erreicht?

Wir sparten uns für Mugello Tests auf, die zu umfangreich sind um sie an einem Freitag bei einem Grand Prix durchzuführen. An beiden trockenen Testtagen verwendeten wir eine fundamentale Konfiguration am Morgen, bevor wir am Nachmittag zu einer völlig anderen fundamentalen Konfiguration wechselten. Außerdem führten wir am Morgen und Nachmittag jeweils eine Konstellation von kleineren Tests durch, die unabhängig von den grossen Tests stattfanden. Das ermöglichte uns, Antworten auf ein paar Fragen zu finden, die uns seit einiger Zeit beschäftigten und die uns auf den richtigen Kurs für die Zukunft bringen. Das sind die Vorteil von Testfahrten während der Saison gegenüber Tests vor der Saison. Zu Beginn des Jahres ist man so sehr auf die Zuverlässigkeit konzentriert und darauf, alles für das erste Rennen fertigzustellen, dass man gar keine Zeit mehr dafür hat, verschiedene Konfigurationen intensiver miteinander zu vergleichen.

Die Reifen scheinen momentan das vorherrschende Thema zu sein. Wie denkst du darüber?

Alle Reifen haben einen Arbeitsbereich, in dem sie funktionieren und wenn man Glück oder ein gutes Auto hat, dann ist es möglich, dass die Reifen die meiste Zeit in diesem Bereich liegen. Dabei kommt es auf die folgenden Dinge an: man benötigt brauchbaren Abtrieb, also ein mechanisches Aufhängungssystem, das die Reifen schont. Und man braucht Fahrer, die beim Umgang mit den Reifen feinfühlig sind und sie nicht unnötig beschädigen. Jedes Team versucht, all diese Dinge zu erreichen und wir sind da nicht anders. Ich bin etwas beruhigt durch die Tatsache, dass wir bei allen vier Rennen - abgesehen vom Freitagmorgen in Schanghai als die Temperaturen sehr niedrig waren - mit den Reifen im richtigen Arbeitsbereich lagen. Und das obwohl die vier Strecken recht verschieden waren, was die Streckentemperaturen und den Grad an Reifenverschleiss angeht. Wir sind deshalb glücklich, dass dieser Bereich für den E20 offenbar gross zu sein scheint.

Jedes Team kennt die Strecke von Barcelona so gut. Hat es Auswirkungen darauf, wie ihr das Wochenende angeht?

Obwohl wir die Strecke wie unsere Westentasche kennen, ist das Rennen immer eine andere Geschichte als die Winter-Testfahrten, weil die Temperaturen im Mai doch ganz anders sind als im Februar. Die Reifen werden sich etwas anders verhalten, da der Asphalt mehr als zehn Grad heisser sein wird. Ausserdem hat sich das Auto seit dem letzten Test dort sehr verändert, weshalb das Team ein arbeitsreiches Wochenende erwartet, um sicherzustellen, dass wir das Beste aus dem Auto herausholen können.

6.5.2012