Hülkenberg hofft auf zweite Saisonhälfte

Nico Hülkenberg blickt skeptisch auf die

Hackordnung in der Formel 1

Ein Mal schrammte Force India knapp an einem Grand-Prix-Sieg vorbei: Das war mit Giancarlo Fisichella in Spa-Francorchamps. Dass diese Gelegenheit bald wieder kommt, glaubt Nico Hülkenberg nicht, wie er verrät: "Williams und Sauber waren nach unseren Messungen in Barcelona bei den schnellsten Autos dabei. Die muss man jetzt auch zu den Top-Teams zählen." Den Mercedes-befeuerten Inder dagegen nicht.

Und das trotz der Fortschritte, die die Truppe um Besitzer Vijay Mallya gemacht hat: "Wir haben uns definitiv gesteigert, vor allem in der Traktion. Unsere Gegner sind diesen Schritt aber mitgegangen", erklärt Hülkenberg und verweist erneut auf die ehemaligen Mittelfeldkonkurrenten, von denen nur noch Toro Rosso hinter Force India rangiert. "In den schnellen Kurven sind Sauber und Williams besser als wir."

Woher rührt es, dass Force India - denen rund drei Zehntelsekunden fehlen - nicht mit der Konkurrenz aus der Hinwil und Grove mithalten kann? Für Hülkenberg sekundär: "Uns bleibt nichts anderes übrig, als zu entwickeln, weil wir zurückliegen. Wir brauchen noch ein paar Zehntelchen, um an die anderen ranzukommen", insistiert er. "Es ist wichtig, eine gute Balance zwischen Entwicklung und dem Verständnis des Autos zu finden", macht Hülkenberg deutlich.

Dann scheint das erklärte Saisonziel, nämlich Rang fünf in der Konstrukteurs-Wertung, nicht ausser Reichweite. "Das ist immer noch möglich, wenn auch schwierig, weil die anderen auch weiter Punkte machen werden", befürchtet der Emmericher und hofft auf die Kurse, die 2011 im Sommer und Herbst im Grand-Prix-Kalender standen. "Da ist der Knoten bei uns auch erst in der zweiten Saisonhälfte aufgegangen", so Hülkenberg.

Force India möchte sich in Monaco weiter steigern


Der Saisonstart von Force India war schon wie in den vergangenen Jahren nicht einfach. Waren die Piloten des Teams zum Ende der vorherigen Saison zuverlässige Punktekandidaten, war die Ausbeute 2012 noch etwas mager. Nach fünf Rennen liegt Force India mit 18 Punkten auf Position acht der Konstrukteure. Sowohl Sauber als auch Williams konnten damit am Team von Vijay Mallya vorbeiziehen.

Nico Hülkenberg
liegt im teaminternen Duell klar zurück. Der Deutsche konnte bisher lediglich drei WM-Zähler einfahren und kommt damit als WM-15. an die Cote d'Azur, blickt aber optimistisch auf das Rennen im Fürstentum: "Ich geniesse die Herausforderung Monaco", erklärt er. "Es gibt keine Stelle, an der man auch nur eine Sekunde entspannen kann - selbst die Hauptgerade ist keine richtige Gerade."

Hülkenberg möchte weiter punkten

"Ich mag Strassenrennen, weil man mit dem Auto verwachsen muss, um in den Sessions das Limit zu finden. Wenn man es schafft, dann ist man nur wenige Zentimeter von den Begrenzungen entfernt. Es gibt also keinen Platz für Fehler", bemerkt Hülkenberg. "Ich denke, dass wir durch die Entwicklungen in Spanien einen Schritt gemacht haben. Es wird weitergehen. Das sollte uns für Monaco helfen. Es gibt immer noch Arbeit", erkennt der Force-India-Pilot und fügt hinzu: "Wir arbeiten noch am Verständnis, dem Feintuning und am Setup. Wenn man schaut, wie eng die Teams um uns herum beieinander liegen, kann die kleinste Verbesserung einen Unterschied ausmachen."

Teamkollege Paul di Resta kommt als WM-Zwölfter nach Monaco. Der Brite sieht den sechsten Lauf der Saison neben Silverstone als sein Heimrennen an. "Ich lebe hier. Es ist interessant, zu beobachten, wie der Trubel in Monaco zunimmt, wenn das Rennen in die Stadt kommt. Es ist schön, die Nächte Zuhause zu verbringen, im eigenen Bett zu schlafen und sich in heimischen Gefilden zu bewegen. Zudem erwarte ich viele Familienmitglieder und Freunde, die sich das Rennen ansehen werden."

Di Resta mit Heimvorteil

"Der Monaco Grand Prix ist vermutlich das Highlight der Saison und das Rennen, das jeder Fahrer gewinnen möchte. Es ist immer ein sehr stressiges Wochenende: die Tribünen sind voll, die Yachten liegen im Hafen und jeder ist auf der Suche nach der besten Aussicht. Wenn das Wetter schön ist, ergibt sich eine elektrisierende Atmosphäre", so di Resta. "Es ist ein Kurs, auf dem es um Vertrauen und Einsatz geht. Man muss sein Tempo übers Wochenende hinweg aufbauen, um das Maximum herauszuholen", analysiert der Schotte. "Es gibt einige tolle Kurven, zum Beispiel den Platz vorm Casino, bei dem man mit 185 Meilen pro Stunde (knapp 300 km/h; Anm. d. Red.) ankommt und blind anbremst, wenn man in die Kurve einbiegt. Dann gibt es noch die langsamste Kurve des Jahres, die Haarnadel, die man im ersten Gang und maximalem Lenkeinschlag durchfährt. Am Ende der Runde spürt man am Schwimmbad den Abtrieb. Man benötigt ein Auto, mit dem man die Wellen und Randsteine überfahren kann", erklärt di Resta. "Es ist für die Fahrer und Ingenieure eine große Herausforderung, das perfekte Auto zu haben."

Mallya schwärmt von Monaco

"Der Monaco Grand Prix war immer schon eines meiner Lieblinsrennen", so Teamchef Mallya. "Es ist ein toller Ort, um die Formel 1 zu erleben. Diese Atmosphäre und den Glamour gibt es bei keinem anderen Rennen. Ich würde mich freuen, wenn es an diesem Wochenende gut läuft und wir um Punkte kämpfen können. Wir haben noch ein paar Verbesserungen erzielen können. Das Feld liegt nach wie vor eng beisammen. Ein paar Zehntelsekunden können zehn Positionen in der Startaufstellung ausmachen. Man kann sich also nie zu sicher sein. Wir sind uns bewusst, dass Monaco ein unvorhersehbares Rennen ist, bei dem alles möglich ist. Wir konzentrieren uns darauf, ein gutes Qualifying abzuliefern und einen guten Startplatz für Sonntag zu erreichen", berichtet der Force-India-Teamchef.

Fernley: "Nicos Rost ist jetzt endgültig weg"


2012 ist bisher das Jahr der Sensation. Doch das Überraschungsteam des Vorjahres, Force India, konnte in den ersten fünf Rennen noch nicht für eine Sternstunde sorgen. Die Inder bestechen zwar mit Konstanz, in der Konstrukteurs-WM liegt man allerdings mit 18 Punkten bloß auf dem achten Platz. Sauber hat als Siebter bereits 41 Zähler, von den arrivierten Teams ist nur Toro Rosso bisher schwächer. Vize-Teamchef Robert Fernley erklärt im Interview, wie sehr ihn die aktuelle Lage besorgt und wie es zu Nico Hülkenbergs zehntem und zu Paul di Restas 14. Platz in Barcelona kam.

Frage: Robert, bist du mit der Performance des Update-Pakets in Spanien zufrieden?


Robert Fernley: Aus unserer Sicht war unser Update erfolgreich. Ich denke, dass wir noch etwas daran arbeiten müssen, um es zu optimieren. Zwei oder drei Zehntel an Optimierung hätten uns auf Platz fünf gebracht - man darf auch nicht vergessen, dass wir es zum ersten Mal eingesetzt haben.

Einige der üblichen Rivalen des Teams haben in Barcelona viele Punke geholt. Ist das frustrierend?

Wir haben in Malaysia mit Sauber eine ähnliche Situation erlebt, wo sie Zweiter wurde und vielleicht gewinnen hätten können. Williams war in Australien ziemlich stark. Beide sind etwas zurückgefallen, kamen dann aber in Barcelona aussergewöhnlich stark zurück. Geht es um Höhen oder Tiefen, oder um Konstanz? Derzeit bin ich nicht entmutigt, denn ich denke, dass Force India und Lotus wahrscheinlich die konstantesten Teams sind. Wir liegen nicht an der Spitze, aber wir sind ständig vorne dabei. Wir wären wohl beunruhigter, wenn Williams weiterhin diese Leistung bringt. Sie haben ein wirklich gutes Auto, und wir sagen schon lange, dass der Wettbewerb unglaublich ist. Wir müssen nun ordentlich anpacken und uns verbessern.

Nico hat viel Zeit damit verbracht, gegen grosse Namen zu kämpfen. Wie lief sein Rennen?

Er war sehr sehr gut. Er hatte am Anfang ein paar Reifenprobleme, aber er bekam sei in den Griff und zeigte ein tolles Rennen. Sein erster Reifensatz hielt weniger lang als wir geglaubt hatten. Aber Mark Webber so lange hinter sich zu halten, war beeindruckend. Jeglicher Rost, den er möglichweise mit sich herumgetragen hatte, ist auf jeden Fall weg.
Paul schaffte es nicht in die Punkte. Wie lief es bei ihm?

Paul begann sehr gut. Als wir aber für die letzten zwei Runs auf die harten Reifen wechselten, war aus irgendeinem Grund die Performance nicht mehr so gut wie erwartet - wir müssen jetzt verstehen, warum das der Fall war. Wir werden das genau analysieren, denn die ersten zwei Stints von Paul waren sehr positiv.

Abschliessende Frage: Ist die Tatsache, dass Williams Rennen gewinnen kann und Sauber beinahe gewonnen hätte, für euch ermutigend?

Absolut. Zwei bis drei Zehntel beträgt im Qualifying der Unterschied zwischen den Plätzen fünf und 13 - so eng ist es derzeit. Ich denke, dass wir mit dem Erreichten zufrieden sein müssen. Es ist nicht genug, aber wir haben die Lücke definitiv geschlossen. Wie wir schon gesagt haben, ist die Qualität des Feldes um uns herum wirklich gut - es ist für niemanden leicht.

24.5.2012