Ferrari zufrieden mit Training in Korea

Fernando Alonso fehlte im Training nicht viel auf

die Bestzeit von Vettel

Ferrari kämpft nach den zwei Siegen von Sebastian Vettel bei den letzten zwei Rennen um die WM. Nach den Rückschlägen der letzten Wochen führt Fernando Alonso nur noch vier Punkte vor dem Red-Bull-Rivalen, doch in Südkorea sieht die "Scuderia" bisher durchaus konkurrenzfähig aus. Das Team probierte am ersten Trainingstag drei unterschiedliche Heckflügelvarianten aus - Alonso belegte im Gesamtklassement mit einem Rückstand von drei Zehnteln Platz vier, Teamkollege Felipe Massa fehlten sechs Zehntel, was schliesslich für Platz sieben reichte.

Im Vormittagstraining arbeiteten die beiden Ferrari-Piloten am Setup und testeten die neuen Aerodynamik-Komponenten, am Nachmittag standen Reifentests auf dem Programm. Beide Autos funktionierten klaglos. Doch wie stark ist Ferrari wirklich? "Es ist schwer zu sagen, wo wir im Vergleich zu den anderen stehen", ist auch Alonso nicht sicher. "Das liegt daran, dass wir uns heute vor allem auf uns selbst konzentriert haben."

Alonso wünscht sich mehr Grip

"Heute Morgen haben wir unterschiedliche Ansätze bei der Fahrzeugkonfiguration ausprobiert, am Nachmittag haben wir uns um die Reifen gekümmert", erklärt der Spanier. "Wir müssen bis morgen warten, ehe wir ein genaueres Bild der aktuellen Lage haben. Die Strecke hat sich vom ersten zum zweiten Training enorm verbessert. Dieses Phänomen ist hier besonders ausgeprägt, denn hier wird normalerweise kaum gefahren, und heute Morgen war es besonders schmutzig. Hoffentlich verbessert sich das bis morgen, denn es macht immer mehr Spaß, wenn die Strecke zumindest etwas Grip bietet." Vor allem den letzten Teil der Strecke empfindet Alonso als Herausforderung: "Der dritte Sektor ist sicher der herausforderndste Teil des Kurses - er ist zeitlich am kürzesten und besteht fast nur aus Kurven. Sie Setup-Wahl wird hauptsächlich vom Verhalten des Autos im dritten Sektor diktiert, während die anderen zwei Sektoren keine so grossen Ansprüche stellen."

Massa freut sich über guten Auftakt

Teamkollege Massa zeigt sich mit den bisherigen Ereignissen in Yeongam zufrieden: "Ich würde sagen, dass dieses Wochenende auf die richtige Art und Weise beginnt, aber jetzt müssen wir diesen Weg bis Sonntag weitergehen, denn dann zählt es wirklich. Unser Auto scheint auf dieser Strecke ziemlich gut zu funktionieren, was uns Hoffnung gibt, obwohl wir die Wahrheit erst morgen im Qualiying herausfinden werden." Der Brasilianer spricht über seine Erkenntnisse bei den Reifentests: "Wir haben am Nachmittag gesehen, dass es auf jeden Fall einen grossen Unterschied zwischen den Mischungen Soft und Supersoft gibt. Wir haben uns auf beiden wohlgefühlt, sowohl mit viel als auch mit wenig Sprit. Jetzt versuchen wir, uns so gut wie möglich auf das Qualifying vorzubereiten, und das sieht nach einer heißumkämpften Angelegenheit aus. Wir haben starke Gegner, und wir müssen alles perfekt hinkriegen, wenn wir sie fordern wollen."

Fry: Die Basis ist gelegt

Auch Technikchef Pat Fry zieht ein positives Fazit: "Das war allgemein ein guter Tag, und wie immer am Freitag hatten wir viel Arbeit vor uns, und es ist uns gelungen, fast alles zu absolvieren. Heute Morgen wollten wir ein paar Updates am Auto und unterschiedliche Aerodynamikkonfigurationen überprüfen. Das gilt vor allem für den Heckflügel, denn wir wollen den besten für diese Strecke auswählen. Am Nachmittag konzentrierten wir uns auf den Vergleich der Reifenmischungen Soft und Supersoft, die Pirelli den Teams hier zur Verfügung stellt, bei kurzen und langen Runs", berichtet der Brite. "Nach unseren Erkenntnissen am Nachmittag scheint der Performance-Unterschied zwischen ihnen nicht groß zu sein, aber wenn sich die Strecke in den nächsten Tagen verändert, dann könnte der Unterschied ausgeprägter sein. Ich denke, dass wir nun eine gute Ahnung haben, was die technischen Entscheidungen für diesen Grand Prix angehen. Jetzt müssen wir versuchen, unser Paket zu optimieren, um das bestmögliche Ergebnis einzufahren."

Alonso & Vettel: Der Zweikampf spitzt sich zu


In den vergangenen beiden Rennen hat Sebastian Vettel 35 Punkte auf Fernando Alonso aufgeholt und damit den Vorsprung des Spaniers erheblich verkürzt. Vor dem Grand Pris in Südkorea trennen die beiden Kontrahenten lediglich vier Punkte. Ferrari weiss, dass Red Bull mit breiter Brust nach Yeongam kommt. Im Vorjahr gewann Vettel auf dem Kurs. Zudem geben die Siege von Singapur und Suzuka Selbstvertrauen.

Alonso möchte einen erneuten Ausfall auf alle Fälle vermeiden: "Nun, ich denke, wir alle brauchen an diesem Wochenende ein paar gute Punkte. Da sitzen wir alle im selben Boot. Das ist alles", bemerkt der Weltmeister von 2005 und 2006. "Ich denke, wir haben schon seit dem ersten Wintertest viel Druck gemacht. In den letzten fünf Rennen verändert sich also nichts. Wir müssen einfach mit dem fortfahren, was wir schon die ganze Zeit über getan haben."

Alonso mit der Saison zufrieden

Der Ferrari-Star betont, dass die bisherige Saison sehr zufriedenstellend war, auch wenn er bei einigen Rennen keine Chance auf den Sieg hatte: "Im Augenblick können wir bislang auf eine fast perfekte Saison zurückblicken. Wir hatten gute Strategien, gute Starts, eine gute Herangehensweise an die Rennen. Wir hatten alles in unseren Händen, um sonntags die maximalen Punkte einzufahren. Es gab aber einen 'Nuller' in Spa und einen weiteren 'Nuller' in Suzuka. Dabei handelte es sich jedoch um Einflüsse von ausserhalb. Abgesehen davon gibt es nicht sehr vieles, was wir verändern müssten", stellt der WM-Leader klar. "Es war also eine Mischung aus Dingen, die nicht unserer Macht standen. Doch aus den vergangenen sechs, sieben Rennen ging es in ein, zwei Rennen schief. Ein-, zweimal wird es auch bei den anderen schiefgehen", ist sich Alonso sicher.

Red Bull zur Zeit dominant?

An Ausfälle denkt Vettel nicht. Viel mehr richtet sich der Blick des Deutschen nach vorne: "Wir kommen auf einem Hoch hierher und werden versuchen, diesen Schwung zu nutzen, um hier ein weiteres starkes Ergebnis zu holen. Wir wissen: Dieser Kurs sollte ziemlich gut für uns sein. In der Vergangenheit waren wir hier recht konkurrenzfähig. In den zwei Jahren, in denen wir hier gefahren sind, hatten wir stets sein sehr gutes Auto. Wir probieren es erneut." Ferrari hatte zuletzt Probleme, die neuen Teile in eine verbesserte Performance umzuwandeln. Für Südkorea dürfte sich an der Konkurrenzfähigkeit nicht viel ändern. "Wir haben nicht viele Updates. Seit Suzuka sind ja auch erst vier Tage vergangen", gibt Alonso zu bedenken. "Wir werden daher versuchen, das Auto bestmöglich auf dieser Strecke, auf dieses Layout abzustimmen. Ich bleibe aber ziemlich zuversichtlich, dass wir hier konkurrenzfähig sein werden. In den vergangenen acht bis zehn Rennen waren wir mehr oder weniger stets bei der Musik. Wir waren vielleicht nicht die Schnellsten, aber immer in der Lage, um die Plätze auf dem Treppchen zu kämpfen und dergleichen. Ich denke, das wird hier nicht anders sein", so Alonso, der 2012 bereits acht Mal auf dem Podium stand. Weltmeister Vettel fuhr bisher nur sechs Mal in die Top 3.

Muss Alonso mehr Risiko eingehen?

Alonso ging in der laufenden Saison selten übers Limit. Dennoch kann man ihm sicher nicht mangelnden Einsatz vorwerfen. "Ich denke, wir haben bisher schon in allen Rennen attackiert", fasst er zusammen. "Wir haben in allen Rennen bis zu unserem Maximum gekämpft. Das war unsere Maßgabe. Wir wollten stets möglichst viele Punkte holen. Manchmal standen wir auf dem Treppchen, manchmal waren wir Vierter, Fünfter. Das wird sich nicht verändern. Ich denke nicht, dass wir über unseren Möglichkeiten fahren können. Wie ich schon sagte: Wir haben in den vergangenen vier Rennen viele Punkte verloren. In Spa mussten wir unverschuldet einen Ausfall hinnehmen. In Monza hatten wir ein Problem in Q3 und starteten nur von Platz zehn. In Suzuka fingen wir uns schon vor der ersten Kurve einen Plattfuß ein", berichtet er. "In diesen jüngsten Rennen haben wir Punkte verloren. Das waren aber nur unglückliche Umstände. Die Dinge verändern sich normalerweise. Es geht hoch, es geht runter. Hoffentlich hat unsere Pechsträhne ein Ende, dass wir bis zum Saisonende gute Ergebnisse einfahren können", grübelt Alonso. Seit der Sommerpause hat Alonso aber nur 30 Punkte geholt. Vettel kommt auf 68 Punkte und stand bei drei von vier Rennen auf dem Treppchen. Lediglich in Monza musste er wegen einer kaputten Lichtmaschine aufgeben.

Vettel seit der Sommerpause deutlich stärker

Doch wir kam es zur Leistungssteigerung? "Ich hatte im Sommer einen schönen Urlaub. Vielleicht sollte ich darüber nachdenken, im Winter genau das gleiche zu tun", scherzt der Red-Bull-Pilot. "Ich weiss es nicht. Wie Fernando schon ein paar Mal gesagt hat: Für alle von uns ging es in diesem Jahr schon hoch und runter. 2012 gibt es zudem viele Fahrzeuge, die für eine Überraschung gut sind. Man nehme beispielsweise das Rennen in Barcelona, als Williams sehr konkurrenzfähig war. Pastor (Maldonado) fuhr ein fantastisches Rennen und siegte. Nico (Rosberg) war in China sehr stark und hat dort gewonnen. Es gibt also mehr als ein oder zwei Autos, die siegen können", schildert Vettel. "Natürlich muss an jedem Wochenende alles stimmen, damit du konkurrenzfähig bist. So ist das halt in dieser Meisterschaft. Es geht hoch und runter. Auch für uns. Wir hatten gute Rennen und schlechte Rennen. Die jüngsten Rennen waren gut für uns, doch erst vor drei Rennen sahen wir in Monza nicht die Zielflagge. Die Dinge können sich rasch ändern. Wir müssen also konzentriert bleiben und uns auf das stützen, was wir haben. Ob es einen Trend gibt, wonach wir in der zweiten Hälfte des Jahres besser werden, weiss ich nicht. Während der Saison machen wir aber sehr viel Druck, um zu versuchen, unser Maximum in die Tat umzusetzen", so Vettel.

Zwei- oder Vierkampf?

Seit Suzuka wird immer wieder vom Zweikampf geredet. Doch auch Kimi Räikkönen und Lewis Hamilton haben nach wie vor gute Chancen, die WM zu ihren Gunsten zu entscheiden. Räikkönen liegt momentan 37 Punkte zurück, Hamilton 42. Bis auf Suzuka war McLaren zuletzt sehr stark. Die Siege in Budapest, Spa und Monza verdeutlichen, dass Briten nicht zu unterschätzen sind. "Ich denke, jeder kämpft um den Titel. Das ist ihr Ziel oder muss ihr Ziel sein", bemerkt Vettel. "Wenn man die Rennen nach der Sommerpause zusammenfasst, dann war der McLaren im Schnitt das konkurrenzfähigste Auto. Sie werden konkurrenzfähig sein, egal wo wir hingehen. Das ist zumindest, worauf die jüngsten Rennen hingedeutet haben. Ich denke, sie haben nach wie vor eine sehr gute Chance."

Alonso sieht Hamiltons Chancen nicht so optimistisch wie Vettel. "Ich weiß gar nicht, wie gross sein Rückstand ist. Nun, ich denke, für ihn ist es schwieriger, denn jetzt hat er nicht nur einen Fahrer vor sich, dem er Punkte wegnehmen muss. Zwei von uns liegen mit fast gleicher Punktzahl vor ihm und er rangiert dahinter. Seine Chancen sind also sicherlich etwas geringer", analysiert der Spanier. "Wenn wir aber die Form von Lewis und McLaren von vor Suzuka bedenken, dann ist noch genug Zeit und es gibt noch genug Punkte, um es zu schaffen. Er hat meiner Meinung nach noch die Möglichkeit."

Button favorisiert Vettel

Hamiltons Teamkollege Jenson Button schiebt Red Bull und Vettel die Favoritenrolle zu: "Der Red Bull und Sebastian haben im Moment aufgrund der Performance des Autos sicher die besten Karten. In Singapur und Suzuka holten sie maximale Punkte und machen derzeit einen starken Eindruck", erklärt der Brite. "Unterm Strich waren sie bei den zurückliegenden Rennen mit Ausnahme von Monza immer konkurrenzfähig. In Suzuka haben sie aber klar noch einmal nachgelegt. Die neuen Teile am Auto haben ihnen ganz offensichtlich in die Karten gespielt. Man darf aber Ferrari und Fernando nie unterschätzen. Vielleicht haben sie hier etwas dabei, was ihnen ein paar Zehntelsekunden bringt", warnt Button, der selbst mit 63 Punkten Rückstand wohl nicht mehr in den Kampf um die WM eingreifen kann.

12.10.2012