Pressekonferenz der Fahrer zum GP Kanada 2012

Das Rennfahrer-Sextett aus der offiziellen

FIA-Pressekonferenz in Montreal

Treffen sich Jenson Button (McLaren), Paul di Resta (Force India), Felipe Massa (Ferrari), Sergio Perez (Sauber), Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) und Mark Webber (Red Bull) in Montreal - das ist nicht etwa der Auftakt zu einem Rennfahrer-Witz, sondern die Startaufstellung zur offiziellen FIA-Pressekonferenz von Kanada. Darin spricht das Formel-1-Sextett über die Besonderheiten des Rennens auf dem Circuit Gilles Villeneuve und darüber, das Prognosen kaum möglich sind.

Frage: Paul, beginnen wir mit dir. In Monaco hatte Force India ein ziemlich gutes Wochenende. Beide Fahrzeuge landeten in den Top 10. Wie gut kommst du mit Nico Hülkenberg aus? Treibt ihr euch gegenseitig an? Ist es eine gute Partnerschaft?

Paul di Resta: Ja, Monaco war ein gutes Wochenende für das Team. Die Positionen, auf denen wir uns qualifizierten ... wir gelangten nach vorn und hatten Glück, das ein paar Autos nicht ins Ziel kamen. Ich denke trotzdem, dass wir ein herausragendes Ergebnis für das Team erzielt haben. Nico und ich pflegen meiner Meinung nach eine gute Beziehung zueinander. Wir treiben uns gegenseitig an, versuchen aber gleichzeitig, das Auto zu entwickeln. Wir haben das Gefühl, derzeit ein bisschen hinter Sauber und Williams zu liegen. Um diese Situation dennoch zu meistern, müssen wir im Rennen gute Arbeit leisten. Im Verlauf eines Wochenendes musst du das Bestmögliche aus dem herausholen, was dir zur Verfügung steht. Das werden wir an diesem Wochenende wieder versuchen.

Geht es darum, das optimale Arbeitsfenster der Pirelli-Reifen zu erwischen, oder ist es mehr als das? Liegt es an der Entwicklung? Denkst du, wenn du die Ergebnisse von Pastor Maldonado und Sergio Perez siehst, etwas wie: 'He, das sollten wir sein!'?

Di Resta: Ich denke, die Reifen sind schwierig. Das werden wir nicht leugnen. Es ist uns aber bei ein paar Strecken gelungen (die Reifen zum Arbeiten zu bringen). Auf diesen Kursen gab es prompt gute Ergebnisse für uns. In Bahrain hatten wir das Auto sicherlich in diesem Arbeitsfenster. Es ist aber mehr als das, glaube ich. Wir müssen das Auto noch besser verstehen, um es durch Updates zu verbessern. Ich habe aber grosses Vertrauen in das Team, dass wir das schaffen werden. Ab der Saisonhälfte war unsere Entwicklungsrate im vergangenen Jahr nämlich sehr gut. Wir hoffen natürlich darauf, das noch einmal zu schaffen. Ich denke nicht, dass wir schon das Maximum aus unserem Fahrzeug herausholen, doch das werden wir an diesem Wochenende erneut probieren. Dieses Mal liegt aber natürlich eine andere Philosophie zugrunde, denn hier ist viel weniger Abtrieb erforderlich. Hoffentlich kommt uns das ein bisschen mehr entgegen.

Werdet ihr im zweiten Saisondrittel bei der Entwicklung einen Gang höher schalten?

Di Resta: Ich denke schon. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir zu Saisonbeginn ein paar Probleme hatten. Das hatten wir nicht erwartet. Seither sind uns aber rasche Fortschritte gelungen. Wenn uns das gelingt ... Ich denke, wir hatten in Barcelona ein gutes Update am Start. Dieses Paket haben wir an diesem Wochenende natürlich weiterentwickelt. In Monaco war es aber nicht so einfach, zu erkennen, um wie viel uns das geglückt ist. Hier in Kanada werden wir wahrscheinlich einen etwas besseren Eindruck davon bekommen, was wir in den kommenden Rennen erwarten können.

Jean-Eric, du bist offensichtlich fast ein Kanadier. Du hast hier ziemlich viel Zeit verbracht ...

Jean-Eric Vergne: Ja, ich kann den Akzent nachmachen.

Was hast du hier in den vergangenen Tagen alles angestellt?

Vergne: Ich wurde in ein nettes Hotel nach Sacacomie eingeladen. Das liegt im Norden von Montreal. Ich befand mich mitten im Nirgendwo und hatte ein paar Tage Zeit, um zu entspannen und etwas Sport zu machen. Es war ziemlich nett.

Und du warst auch bei Cirque du Soleil?

Vergne: Ja, am Mittwoch - und gemeinsam mit Daniel Ricciardo. Am Morgen hatten wir trainiert und uns bei den Jungs in deren Workshop ein paar Tricks abgeschaut. Am Abend waren wir dann zu ihrer Show eingeladen. Das zu sehen, war sehr beeindruckend.

Was habt ihr euch denn bei den Artisten abgeschaut?

Vergne: Ich lernte, wie man sich in grosser Höhe verhält. Dann gab es da noch ein Rhönrad, in das man sich hineinstellte - aber halt kopfüber. Wir hatten es auch mit Motorrädern zu tun. Es war in Ordnung.

Kommen wir auf den Motorsport zu sprechen: In Monaco hattest du ein gutes Rennen. Du bist sogar an Michael Schumacher vorbeigegangen. Das muss ein schöner Augenblick gewesen sein. Im Qualifying war dein Teamkollege Daniel Ricciardo bisher fünfmal besser als du, doch im Rennen warst du viermal der Bessere. Ist das eine faire Einschätzung?

Vergne: Ich muss sagen: Das Qualifying ist ziemlich schwierig. Es ist anders, als ich es erwartet hatte. Ich denke, das kommt noch. Ich habe das Tempo. Das kann ich im Rennen zeigen. In Monaco traf ich blöderweise die Mauer, noch ehe ich eine gute Runde fahren konnte. Nun ja. Ich würde es nicht als unglücklich beschreiben, denn ich machte etwas zu viel Druck, brachte aber keine gute Zeit zustande. Es ist nur eine Frage der Zeit. Ich muss einfach die Ruhe bewahren. Ich weiß, ich habe die Geschwindigkeit. Und ich weiss auch, dass ich ein Auto habe, mit dem man manchmal in die Punkte fahren kann. Also ja, ich denke, das wird kommen.

Du bist zwar noch nie in Montreal gefahren, nennst diesen Kurs aber als deine Lieblingsstrecke. Ist das richtig?

Vergne: Auf der Playstation! Es ist eine Strecke, die ich mag. Ich bin sie im Simulator abgefahren und hatte sehr viel Spass dabei. Ich hoffe, in der Realität stellt sich das am Freitag genauso dar.

Sergio, im vergangenen Jahr kamst du hier nur drei Runden weit. Wie sehr erinnerst du dich an diese Rennstrecke?

Serio Perez: Es handelt sich nicht um eine Strecke, die ich besonders gut kenne. Im Freien Training fuhr ich 2011 schliesslich nur ein paar Runden, konnte aufgrund des Unfalls (in Monte Carlo) aber nicht das Rennen bestreiten. Ich musste also schon nach dem ersten Freien Training wieder die Heimreise antreten. Hoffentlich läuft es an diesem Wochenende etwas besser. Ich denke, wir haben ein konkurrenzfähiges Auto und können hier um das Podest kämpfen.

Hast du einige Runden im Ferrari-Simulator absolviert?

Perez: Ja, ich habe ein paar Runden im Simulator abgespult. In meinen Augen handelt es sich hierbei um eine Strecke, auf der man rasch auf Tempo gelangt. Dafür habe ich im vergangenen Jahr bereits genug Runden abgespult.

Seit Malaysia scheint es nicht mehr ganz rund gelaufen zu sein. In Malaysia hattet ihr einen regelrechten Höhepunkt, der aber bisher keine Fortsetzung fand. Was ist nötig, um wieder in eine solche Situation zu gelangen?

Perez: Ich denke, es kommt darauf an, alles auf die Reihe zu kriegen. Wir haben genug Geschwindigkeit, hatten seit Malaysia aber auch ein paar unglückliche Rennen. China, zum Beispiel. Wir hatten nur einmal nicht das Tempo, und das war in Bahrain. Da hatten wir zu viel Verschleiss bei den Reifen. Alle anderen Wochenenden waren gut. In Barcelona lag ich an vierter Stelle, als ich einen Reifenschaden bekam. Im Monaco-Qualifying hatten wir das Tempo, um im Rennen um den Sieg zu kämpfen. Es gab aber ein Problem mit der Lenkung und ich fuhr geradeaus. Ich denke, das Tempo ist da, alles ist da. Es ist nur eine Frage des Glücks. In den vergangenen Rennen waren wir einfach nicht vom Glück verfolgt.

Felipe, beim vergangenen Rennen lief es endlich einmal für dich. Kannst du diese Form beibehalten? Könnt ihr das, was ihr in Monaco gelernt habt, auch auf anderen Kursen anwenden?

Felipe Massa: Ja, natürlich. Ich denke, es war ein besseres Rennen, ein sauberes Rennen. Es passierten einfach keine Fehler. Ich hatte schon von der ersten Session an ein gutes Tempo. Ich hoffe, wir können das nutzen, um hier und in allen weiteren noch folgenden Rennen noch besser abzuschneiden. Meiner Meinung nach war es ein positives Wochenende, auch wenn wir mit dem sechsten Platz nicht sonderlich zufrieden sein können, musst du wissen. Ich denke, es war ein guter Start.

Monaco ist eine sehr spezielle Strecke. Ist es möglich ... Habt ihr dort wirklich etwas gefunden?

Massa: Ja. Wir haben ein paar Dinge entdeckt, die uns auch bei anderen Strecken eine Hilfe sein sollten. Natürlich ist Monaco anders als viele andere Strecken. Ich denke aber, es half dabei, ein paar Dinge zu verstehen, die wir vorher noch nicht verstanden hatten. Ich freue mich sehr darauf, weiter in dieser Richtung zu arbeiten und immer stärker zu werden.

Glaubst du, Montreal wird dem Ferrari liegen?

Massa: Das ist schwierig zu sagen, denke ich. Es handelt sich um eine Strecke mit vielen langsamen Kurven, Schikanen, Haarnadeln und einer sehr langen Gerade. Wenn man sich den bisherigen Saisonverlauf in Erinnerung ruft, ist es eh schwierig zu sagen, ob uns eine Strecke liegen wird oder nicht. Wir brauchen halt ein gutes Tempo. Das ist etwas, an dem wir schon seit dem Saisonbeginn arbeiten, um uns zu steigern. Es geht um unsere Geschwindigkeit auf den Geraden. Wir alle wissen, wie wichtig das speziell hier in Kanada ist. Schauen wir einmal. Vorab ist es schwierig, eine Prognose abzugeben.

Mark, du hast den Monaco-Grand-Prix für dich entschieden. Danach warst du aber als Stuntman unterwegs. Wie war das Skydiving?

Mark Webber: Oh, ja, das war am Mittwoch eine wirklich tolle Geschichte. Ich habe es das erste Mal ausprobiert. Ich war in einem Windkanal, also war es kein richtiges Skydiving. Es war aber trotzdem schön, auf Jon (DeVore) zu treffen. Er ist ein phänomenaler Red-Bull-Athlet aus Kalifornien. Er macht viel ... Er war mit einem Flügelanzug im 'Transformers'-Film zu sehen. Diese Jungs sind einfach unglaublich. Gleiches gilt für ihre Leistungen. Am Mittwoch führten wir ein paar Stunts mit dem Auto und mit dem Fallschirm durch. Das war richtig toll und ich hatte meinen Spass daran. Um ehrlich zu sein: Ich weiss nicht, ob ich den Mut hätte, aus einem Flugzeug zu springen. Es machte aber viel Spass. Der Höhepunkt zwischen den Rennen war für mich aber, der Isle of Man TT einen Besuch abzustatten. Das ist ein absolut beeindruckender Sportevent. Und wenn man Motorsport mag, dann ist es ein Muss, sich das
mal vor Ort anzuschauen. Zu sehen, wie John McGuinness, einer meiner Freunde, erneut gewann, war klasse. Alle dieser Fahrer sind Helden, doch John hat dort einfach eine einmalige Erfolgsbilanz.

In Kanada warst du bereits neunmal am Start. 2010 warst du Zweiter im Qualifying, 2011 Dritter im Rennen. Hier bist du erst einmal ausgefallen. Was denkst du über dieses Rennen? Ist es gut für dich?

Webber: Ja. Ich mag es, hier zu fahren. Der Kurs bietet eine gute Mischung, denn er vermittelt dir einerseits das Gefühl, auf einem Stadtkurs zu sein, andererseits gibt es auch sehr schnelle Passagen. Die Autos werden aber nicht mehr in der Monaco-Konfiguration antreten, daher haben wir es natürlich auf gute Topspeeds abgesehen. Du brauchst hier aber trotzdem ein gutes Fahrzeug, gar keine Frage. Du kannst hier Zeit gewinnen oder verlieren, wenn du alles auf die Reihe kriegst - oder eben nicht. Mir gefällt es hier. Die Rennen sind meist ein bisschen ungewöhnlich. Schauen wir einmal, wie es mit den Gummikügelchen auf der Strecke aussieht und was der Bremsenverschleiss macht. Ausserdem kommt es vielleicht auf Zwischenfälle und etwaige Safety-Car-Phasen an. So war es beim Grossen Preis von Kanada aber schon immer. Auch bei 'Nige' (Nigel Mansell). Wenn ich mich nicht irre, ging sein Auto mal vor der letzten Kurve aus. Hier ist also immer auch Dramatik mit im Spiel. Darauf freue ich mich.

Jenson, wo wir gerade von Dramatik reden: Du hast 2011 ganz Ähnliches erlebt. Du hattest dich auf Rang sieben qualifiziert, wurdest zwischendurch als Letzter geführt, doch zum Schluss gab es den Sieg für dich. Du scheinst dich aber auf die Qualifikation zu konzentrieren. Das könnte hier aber auch nach hinten losgehen ...

Jenson Button: Ja. So war es zumindest im vergangenen Jahr. Du willst aber natürlich trotzdem immer so weit wie möglich nach vorn gelangen. Das macht dir das Leben am Sonntag viel einfacher. Wie Mark schon sagte: Meist passiert hier immer sehr viel. Im vergangenen Jahr hatten wir zwar keine Gummikügelchen auf der Strecke, aber dafür alles nur erdenklich Andere. Sollte es aber ein trockenes Rennen werden, dann sollten wir auf mögliche Gummikügelchen achten. So etwas haben wir ja schon in der Vergangenheit gesehen. Es ist ein hartes Rennen. Das Auto muss hier auf den Punkt stimmen. Im vergangenen Jahr lief es aber auch einfach nur für uns.

Das ist in diesem Jahr aus deiner Sicht erneut zu hoffen, denn langsam aber sicher fällst du in der WM-Gesamtwertung etwas zurück. Teilst du diese Meinung?

Button: Um ehrlich zu sein: In den vergangenen Rennen habe ich absichtlich keinen Blick auf den Punktestand riskiert. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass sich jemand in der Gesamtwertung ohne Wenn und Aber absetzen würde. Die ersten sechs Rennen waren ein Auf und Ab für alle. In den jüngsten Grands Prix musste ich aber zwei Ausfälle hinnehmen und sammelte einmal nur zwei Punkte. Das waren nicht gerade meine allerbesten Wochenenden. Also ja, ich muss an diesem Wochenende wieder gute Punkte holen, um zurück auf Kurs zu gelangen. Ich denke, wir alle sind hier, um den Sieg einzufahren. Darauf haben wir es abgesehen. Wie wir im bisherigen Saisonverlauf aber gesehen haben, kommt es auch darauf an, konstant in die zweistelligen Punkteränge zu fahren. Das ist der Schlüssel, um 2012 an der Spitze mitzumischen. Ich freue mich auf das Wochenende. Ich habe ein paar besondere Erinnerungen an diese Strecke - vor allem natürlich aus dem vergangenen Jahr. Ich denke da aber auch an 2010, als ich das Auto hier auf die Pole-Position gestellt habe. Ich freue mich schon sehr darauf, endlich auf die Strecke zu gehen und zu sehen, wie es läuft.

Das GT-Fahrzeug von McLaren scheint jedenfalls ziemlich prächtig zu laufen. In Navarra gewann es am vergangenen Wochenende gleich beide Rennen. Färbt das ein bisschen auf das Formel-1-Team ab?

Button: Das wollen wir doch hoffen. Es ist natürlich etwas ganz Anderes als die Formel 1, doch diese Jungs haben sehr, sehr hart gearbeitet, um konkurrenzfähig zu werden. Ja, es ist grossartig, dass McLaren am vergangenen Wochenende in Navarra gleich zwei Siege einfahren konnte.

Felipe, dein Teamkollege Fernando Alonso sagte letzte Woche, dass er grosse Zuversicht hat, dass du ab sofort viele Punkte holen und sogar um das Podest und um Siege kämpfen wirst. Verleiht dir das noch mehr Schwung? Hast du es in diesem Jahr noch auf noch bessere Ergebnisse abgesehen?

Massa: Ja, natürlich. Ich fühle mich nun deutlich wohler im Auto. Unsere Verbesserungen am Auto kommen dem Fahren entgehen, vor allem bei meinem Fahrstil. Ich freue mich schon darauf, an diese Form anzuknüpfen und mich weiter zu steigern. Ich möchte von Rennen zu Rennen noch stärker auftreten, um gute Punkte kämpfen und auch das Podest und Siege anpeilen. Das sind das große Ziel und die Richtung, in die es gehen soll. Ich fühle mich im Auto nun stärker als zu Saisonbeginn.

Aufgrund der hohen Konkurrenzdichte in diesem Jahr kann laut Jenson Button - das sagte er dieser Tage - offenbar jeder ein Rennen gewinnen. Teilen die anderen Piloten diese Meinung?

Button: Ich denke, ich sagte, dass die Sorge besteht, die Fans könnten denken, wir alle wären siegfähig oder potenzielle Verlierer.

Perez: Ich denke, jeder kann ein Rennen gewinnen. Du weisst nie, was in einem Rennen passieren kann. Jeder Fahrer hat stets die Chance, für eine schöne Überraschung zu sorgen. Meiner Meinung nach liegen die Topteams und die Rennställe aus dem Mittelfeld in diesem Jahr sehr eng beisammen. Es kann also durchaus zu Überraschungen kommen, wie wir sie beim Sieg von Pastor (Maldonado) gesehen haben. Weitere Überraschungen könnten im Jahresverlauf folgen.

Vergne: Ich habe da eigentlich nicht viel zu sagen. Ich denke, er (Sergio Perez) hat alles gesagt. Dabei hat er vielleicht seinen zweiten Platz vergessen. Meiner Meinung nach ist da alles möglich. Du musst einfach nur zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Du brauchst aber auch ein gutes Auto. Daher: Ja, vielleicht.

Di Resta: Da gibt es nicht viel zu sagen. Ich denke, es ist nicht fair, zu sagen, dass jeder gewinnen könnte. Wenn es dir aber gelingt, das Auto in dessen perfektes Arbeitsfenster zu bewegen, dann musst du vorbereitet sein. Es könnte sich nämlich ein grosser Sprung nach vorn für dich ergeben.

Massa: Das Gleiche.

Felipe, meine erste Frage dreht sich um das Auspuffsystem. Ihr werdet einen Vergleich durchführen. Was ist das Ziel davon? Wollt ihr mehr Abtrieb und mehr Traktion gewinnen? Zweite Frage: Kannst du klarstellen, was du diese Woche in einem Interview gesagt hast? Du meintest: Wenn du nicht mehr für Ferrari fahren kannst, würdest du gern etwas anderes machen. Sehen wir dich vielleicht irgendwann einmal bei den IndyCars, wie Rubens Barrichello?

Massa: Nun, der Auspuff. Wir haben hier ein paar Teile, die wir ausprobieren werden. Wichtig ist, gewisse Dinge zu überprüfen. Es ist aber schwierig, abzusehen, wie viel besser diese Elemente funktionieren werden. Wir müssen sie einfach auf der Strecke testen. Dann werden wir sehen, ob sie das Auto stärker machen. Schauen wir einmal. Zur zweiten Frage: Ich habe nicht gesagt, was du angedeutet hast. Ich sagte: Das Wichtigste ist, über die Gegenwart nachzudenken. Ich denke von Rennen zu Rennen und an die Ergebnisse. Ich möchte versuchen, in der Richtung weiterzumachen, die wir beim jüngsten Rennen eingeschlagen haben. Wir wollen gute Punkte holen. Nach dem August wird sich dann langsam herauskristallisieren, was in der Zukunft passiert. Ich sagte jedenfalls nicht: 'Wenn ich nicht mehr bei Ferrari bin, höre ich auf.' Das sagte ich nicht. Ich sagte: 'Wenn ich zu einem kleineren Team gehen müsste, würde ich vielleicht darüber nachdenken, etwas Anderes zu tun.' Ich bin hier, ich will Rennen fahren, um den Sieg kämpfen. Das ist, was ich schon seit Jahren tue. Ich freue mich darauf, wieder um Siege und Titel zu kämpfen. Ich habe das Selbstvertrauen. Es ist wichtig ... Die Saison begann nicht so, wie ich das erwartet hatte. Ich denke, die Lage bessert sich nun aber. Es ist wichtig, damit fortzufahren. Wenn uns das gelingt, dürfte es einfacher werden, eine gute Richtung für die Zukunft zu finden. Entweder bleibe ich bei Ferrari oder ich finde eine gute Möglichkeit, weiter Rennen zu fahren.

Jenson, gemeinsam mit McLaren gingst du als einer der Favoriten in diese Saison. Nach deinem Sieg im ersten Rennen hast du aber nicht sehr viele gute Punktepositionen ergattert. Hast du eine Erklärung dafür?

Button: Wir könnten uns jetzt jedes einzelne Rennen anschauen. Im zweiten Rennen unterlief mir ein Fehler. In China hatten wir eine gute Chance auf den Sieg, wurden aber Zweiter. In diesem Jahr würde es die WM-Führung bedeuten, wenn man immer nur konstant zweite Plätze einfahren würde. Das war ein sehr gutes Ergebnis. Die jüngsten drei Rennen waren ein bisschen schwieriger. Manches davon ist auf die Samstagnachmittage zurückzuführen, aber nicht alles. Wenn man sich im Qualifying selbst in eine schwierige Position bringt, dann kannst du in Kurve eins entweder Glück oder Pech haben - vor allem auf einer Strecke wie Monaco. Wir hatten eben viel Pech. Ja, es passte einfach nicht zusammen. Es ist eine sehr konkurrenzfähige Formel-1-Saison. Wenn dir mal ein Fehler unterläuft und du das Glück nicht auf deiner Seite hast, bist du schnell ausserhalb der Punkte oder gerade so eben noch in den Top 10. In den vergangenen Jahren wäre es noch ein Schock gewesen, für McLaren zu fahren und in einem Rennen nur drei Zähler abzustauben.

Sprechen wir noch einmal über das Rennen im Vorjahr. Es war ein unglaublicher Grand Prix und vermutlich einer deiner besten. Wie lange hast du danach gebraucht, um wieder herunterzukommen und zu verstehen, was da alles passiert war?

Button: An die Nacht danach kann ich mich kaum mehr erinnern. Ich scheine die Erinnerung daran verloren zu haben. Ich weiss nur noch, wie ich nach dem Sieg zurück ins Hotel ging. Es ist natürlich immer etwas Besonderes, die Ziellinie zu überqueren und die Zielflagge als Erster zu sehen. Du feierst mit all deinen Freunden, deiner Familie und dem Team. Damals war es aber ganz anders. Ich würde nicht sagen, dass es ein total überraschender Sieg war, aber unerwartet kam er dennoch, wenn man den Rennverlauf bedenkt. Das bedeutete mir sehr viel. Selbst Stunden nach dem Rennen spürte ich noch das Adrenalin in meinen Adern. Ich habe mir das Rennen seither aber noch
einmal angesehen. Auch in diesem Jahr. Zehn Runden vor Schluss hält man es eigentlich für unmöglich, dass ich das Ding noch gewinne. Es war ein sehr spezielles Wochenende. Hoffentlich können wir in den kommenden Jahren noch mehr davon haben. So etwas kommt jedoch nicht allzu oft vor. Deshalb bedeutet mir die Erinnerung daran so viel.

Mark, du bist einer der bisherigen Saisonsieger. Sprechen wir über die Konkurrenzfähigkeit der Formel 1 und darüber, dass so viele Fahrer und Teams vorn mitmischen, wie niemals zuvor ...

Webber: Ja. Ich denke nicht, dass es derzeit viele Topteams gibt. Es geht sehr eng zu. Das ist klar. Das scheint von den jeweiligen Rennplätzen, von den Temperaturen und selbst von den Fahrern abzuhängen. Es ist ziemlich offen. Deshalb sehen wir so unterschiedliche Ergebnisse, unterschiedliche Podestbesetzungen und unterschiedliche Sieger - eben wie niemals zuvor. Teams, die im vergangenen Jahr aufgrund der Regeln nicht gut waren - wie Ferrari, Williams, Sauber, die mit dem auspuffangeströmten Diffusor nicht gut zurecht kamen -, haben in diesem Jahr Fortschritte gemacht. Sie haben zu den Teams aufgeschlossen, die den auspuffangeströmten Diffusor gut umgesetzt hatten - wie McLaren und Red Bull. Das ist die Situation.

Du bewegst dich in der Gesamtwertung derzeit auf Augenhöhe mit deinem Teamkollegen Sebastian Vettel. Machst du dir Sorgen, das könnte wieder zu Spannungen führen, wie es sie schon 2010 gegeben hat? Oder denkst du vielmehr, das Team hat gelernt, damit umzugehen?

Webber: Es ist gut, ein solches 'Problem' zu haben.

Eine Frage an alle, die in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit dem Grand Prix hier in Montreal gemacht haben: Es war eine Tradition, am Donnerstag einen 'Tag der offenen Tür' zu haben. Das klappte in diesem Jahr nicht. Die Ursachen dafür sind ausserhalb der Strecke zu suchen. Wie denkt ihr darüber, dass die Fans keine Möglichkeit hatten, mit euch zu interagieren, wie das in der Vergangenheit meist der Fall war?

Webber: In manchen Fällen ist das enttäuschend. Wir kommen hierher und es ist einer der besten Events der gesamten Saison und eines der besten Rennen des Jahres. Fans, Fahrer, Mechaniker, Fotografen, Journalisten - alle lieben es, hierher zu reisen. Die Stadt nimmt diese Veranstaltung sehr gut an. Die Restaurants freuen sich darüber. Die Fahrerparade hier ist eine der besten des gesamten Rennjahres. Es gibt hier also sehr viel Positives. Der kanadische Grand Prix wurde lange Zeit auf sehr positive Art und Weise veranstaltet. Ich bin natürlich nicht genau darüber informiert, was da im Einzelnen mit ... einigen Studenten, wie ihr sagt, los ist. Sie scheinen über irgendetwas nicht gerade erbaut zu sein. Ich sage nicht, dass das eine Minderheit ist. Manchmal können aber auch andere Leute die Fassung verlieren, wenn es gewisse Spannungen gibt. Wie du schon angedeutet hast: Einige Fans wollten kommen und den Kurs schon am Donnerstag sehen. Deshalb ist es sehr unglücklich. Ich bin mir aber sicher, das Wochenende wir gut verlaufen. Wir wollen für alle in Montreal und Kanada ein gutes Wochenende hinlegen. Darauf konzentriert sich die gesamte Formel 1.

Massa: Wir wollen alle Fans treffen, die jungen Leute, die Studenten, alle. Wir wollen sie hier bei uns haben, den Sport geniessen, die Formel 1 geniessen. Ich hoffe, alles normalisiert sich wieder. Natürlich stimmt uns diese Geschichte traurig. Wir alle wollen sie doch nur hier sehen, wie sie Spass haben und den Sport geniessen. Nichts weiter.

Button: Ich denke, dabei handelt es sich lediglich um eine Vorsichtsmassnahme. Es ist der Auftakt ins Wochenende und wir hoffen auf ein sehr aufregendes Wochenende. Für die Formel 1 ist das eine grosse Nummer, aber das gilt auch für Montreal. Wenn du hier das Radio anmachst, sprechen sie dort nur über den Grand Prix. Hoffentlich können wir das hinter uns lassen und uns darauf konzentrieren, den Fans, die kommen wollen, eine gute Show zu bieten und dafür zu sorgen, dass sie uns sehen und ihren Spaß an diesem tollen Sport haben. Ich bin mir sicher: Die Fans haben gute Erinnerungen an die vergangenen Jahre, vor allem an 2011. Die Stadt Montreal wird an einem Grand-Prix-Wochenende unheimlich lebhaft. Sie heißen dieses Rennen wirklich willkommen. Hoffentlich ist das in diesem Jahr nicht anders.

Mark, der Automobil-Weltverband (FIA) hat den Unterboden, den Red Bull zuletzt im Einsatz hatte, als illegal eingestuft. Wird das in den kommenden Rennen ein Nachteil sein? Und was würdest du den Leuten entgegnen, die sagen, dass du und Sebastian Vettel mit einem illegalen Auto gewonnen haben?

Webber: Nun, um auf den ersten Teil deiner Frage zu antworten: Ich würde nicht merken, ob der Unterboden verändert wurde oder nicht. Aus Fahrersicht sind wir sehr optimistisch, dass die Änderung überhaupt keinen Unterschied ausmacht. Das werdet ihr uns nicht glauben, doch wir hatten für Valencia eh einige Veränderungen geplant, die keine Löcher beinhalteten - und zwar unabhängig von der Regeländerung. Das ist, was wir tun. Zur zweiten Frage, die sich auf das Siegen mit einem illegalen Auto bezieht: Es ist okay, dass man mir vieles nachsagt. Es ist auch okay, Kritik an meinem Fahren und dergleichen mehr zu üben. Ich werde aber in dieser Hinsicht keine Kritik dulden. Um ehrlich zu sein: Das nervt mich ganz gewaltig, denn das Auto entsprach nach dem Rennen jeder einzelnen technischen Vorgabe. Alle Teams, die dagegen waren, protestierten nach Monaco nicht. Das Auto bestand die Untersuchung in Bahrain, es bestand sie auch in Monaco. Jetzt wurden die Regeln klargestellt und die Regeln sind nun anders. Wir hatten ein Auto, das im ersten Abschnitt der Saison legal war. Jetzt wurden die Regeln verändert, daher beginnen wir neu. Darauf freue ich mich.

Red Bull hat hier noch nie gewonnen - selbst in den Jahren nicht, in denen ihr fast alles gewonnen habt. Sind die Umstände bei diesem Rennen so besonders oder passt euer Auto einfach nicht zu diesem Kurs?

Webber: Es scheint ganz so zu sein wie 2009 und 2010. Damals hatten wir wahrscheinlich nicht das beste Auto bei wenig oder weniger Abtrieb. Das Team ist nun schon seit zwei, drei, vier Saisons sehr konkurrenzfähig, doch - wie du gesagt hast - einen Sieg in Montreal gab es bisher nicht. Seb war im vergangenen Jahr nahe dran, verlor am Ende aber die Konzentration und Jenson konnte das ausnutzen. Wenn man bedenkt, wie der Saisonstart verlaufen ist, dann denke ich, dass wir alle Chancen haben, um hier gut abzuschneiden. In Spa und Monza waren wir 2011 sehr gut. Auf diesen Strecken, wo wenig Abtrieb gefragt ist, machten wir eine gute Figur. Wir waren sogar stärker als auf einigen anderen Strecken. Ich denke aber nicht, dass sich dies auf dieses Wochenende übertragen lässt. So etwas wie eine generelle Form gibt es nicht. Wir reisen zuversichtlich hierher, aber nicht total überzuversichtlich. Uns ist klar, dass wir eine Menge harter Konkurrenz haben. Fernando (Alonso) war bisher, so glaube ich, der Letzte, der hier mit einem Renault-Motor gewinnen konnte. Sie würden sicherlich gern erneut hier siegen. Gemeinsam mit uns von Red Bull hatten sie einige tolle Erfolge. Wie du schon sagtest: Diesen Skalp würden wir uns gern an unseren Gürtel heften. Es ist aber ein schönes Problem. Wir haben in den vergangenen Jahren bereits so viele Rennen rund um den Globus gewonnen. Jetzt würden wir für Red Bull auch gern noch Kanada eintüten. Wenn du ein grosses Ziel hast, erreichst du es jedoch nicht automatisch immer.

Eine Frage an alle: Jacques Villeneuve, ein ehemaliger Weltmeister, sagte, dass die neue Generation von Rennfahrern nur Muttersöhnchen beinhalten würde. Was haltet ihr davon?

Button: Ich werde etwas dazu sagen. Jacques hat eine ungewöhnliche Art und Weise, Fragen zu beantworten. Du hast aber auch nur einen Satz aus seinem Interview herausgenommen. Der viel wichtigere Teil seines Interviews beinhaltet nämlich, wie er über die Sicherheit redet. Er sagt auch, dass sich die Fahrer in den 1970er-Jahren mehr darüber im Klaren waren, dass es deutlich mehr Risiko und die Möglichkeit auf einen tödlichen Unfall gab. Ich glaube, er meinte, dass der Rennsport nun deutlich sicherer ist, dass auch die Strecke sicherer sind. Er sprach auch über das Manöver zwischen Nico (Rosberg) und Lewis (Hamilton) in Bahrain. Er sagte, er hielt es nicht für korrekt. Das ist, was er gesagt hat. Es ist aber ziemlich normal für euch, dass ihr einfach nur diesen einen Satz herausgreift.

Darf ich nach euren Helmen fragen? Wie und wo habt ihr über die Farben auf euren Helmen entschieden? Gibt es spezielle Lieblingsmotive?

Webber: Aktuell habe ich natürlich etwas weniger Grün, denn bei Red Bull mag man diese Farbe nicht so sehr. Ansonsten hat sich nicht viel verändert. Ich möchte das so beibehalten. Es ist nicht super-aufregend, aber bedeutet mir sehr viel. Ich hatte dieses Helmdesign in meiner gesamten Karriere. Ja, es ist mein Entwurf. Ich habe damit begonnen und damit höre ich auch auf.

Button: Mein Design datiert aus dem Jahr 1994. Ich habe es eigentlich nicht selbst entworfen. Das war jemand anders. Es hat sich zwar über die Jahre verändert, doch die Idee mit dem Union Jack, der Flagge des Vereinten Königreichs, ist immer gleich geblieben. Sie prangt am Hinterteil des Helms. Auf der Seite steht JB, was natürlich etwas Persönliches ist. Über die Jahre habe ich hin und wieder die Farben verändert, doch mittlerweile bin ich wieder beim Standardmodell gelandet. Das ist schön.

Massa: Mein Helmdesign ist das meines Vaters. Mein Vater fuhr zum Spass Rennen, doch seine Farben waren andere. Er hatte Blau und Orange. Ich veränderte es zu Blau, Gelb und Grün, was die Farben meines Landes sind. Ich habe seit dem Anfang meiner Karriere stets das gleiche Design verwendet. Natürlich wird es immer ein bisschen angepasst, aber im Grunde ist es immer noch so, wie es früher war. Der Helm ist in meinen Augen gewissermaßen das Gesicht des Fahrers. Ich will das Design eigentlich nicht so sehr verändern, denn es sollte ähnlich zu dem sein, womit du angefangen hast. Mein Design stammt von meinem Vater. Ich habe daran nur die Farben verändert. Die gefallen mir.

7.6.2012