McLaren greift nach dem 3. Kanada-Sieg

Mclaren will in Montreal endlich den Problemen

davonfahren

Bei McLaren wird der Druck von Rennen zu Rennen grösser. Nach dem starken Auftakt in Melbourne und dem Sieg von Jenson Button rutschte der Titelfavorit immer weiter ab - während Lewis Hamilton trotz zahlreicher Fehler seines Teams immer wieder das Maximum aus seinem MP4-27 herausholt, befindet sich sein Teamkollege in einer offensichtlichen Krise. In den vergangenen drei Rennen holte Button bloß zwei WM-Punkte.

Will er im Titelkampf nicht den Anschluss verlieren, sollte er in Montreal endlich wieder zweistellig punkten - an die Strecke hat er jedenfalls positive Erinnerungen, denn im Vorjahr entriss er Sebastian Vettel in der letzten Runde in einem furiosen Finale den Sieg auf dem Circuit Gilles Villeneuve.

Button: Zwischen Krise und Euphorie

"Die Rückkehr nach Montreal macht mich extrem stolz und glücklich", gibt Button zu, dass der Sieg 2011 für ihn einen besonderen Stellenwert besitzt. "Mein Triumph im Vorjahr war eines dieser seltenen Ereignisse, wo wirklich alles zusammengepasst hat. Es ist für mich immer noch schwer zu glauben, dass ich zur Halbzeit des Rennens Letzter war und ich es dennoch geschafft habe, durch das Feld zu pflügen und mir in der letzten Runde den Sieg zu schnappen. Die Erinnerungen an diesen Sieg werden mich immer begleiten." Doch das ist nicht der einzige Grund, warum sich Button auf Montreal freut: "Ich freue mich immer auf das Rennen in Montreal. Die Stadt hat so eine tolle Atmosphäre, die Menschen sind freundlich und sehr gastfreundlich, und die Fans sind unglaublich leidenschaftlich. Daher ist es der perfekte Ort, um ein Rennen zu fahren, und man spürt, wie sich die Begeisterung im wahrsten Sinne des Wortes aufbaut, wenn man aus dem Flugzeug aussteigt." Doch dieses Mal wird Button möglicherweise nicht ganz so euphorisch sein wie in den vergangenen Jahren, denn die derzeitige Krise drückt auch bei ihm auf das Gemüt: "An diesem Wochenende wird es wichtig sein, das Auto im Qualifying hinzukriegen. Bei den vergangenen zwei Rennen lief das Q2 bei mir nicht nach Wunsch. Ganz egal wie schnell du im Rennen bist, ist dein Sonntagnachmittag beeinträchtigt, vor allem weil das Feld derzeit so eng beisammen liegt. Daher ist es mein Ziel für dieses Wochenende, meine Qualifying-Performance zu verbessern und darauf im Rennen aufzubauen."

Gelingt Hamilton endlich der erste Saisonsieg?

Während sich Button also aus seinem Tief befreien will, wartet Teamkollege Hamilton immer noch auf den ersten Saisonsieg. Und das in einem Jahr, wo bereits sechs Piloten einen Grand Prix gewonnen haben. "2012 entwickelt sich zu einer einzigartigen Saison - eine, wo jedes Rennen neue Herausforderungen und ein anderes Ergebnis liefert. Obwohl bei uns zuletzt nicht alles nach Plan gelaufen ist, bin ich zuversichtlich, dass ich und das Team alles dafür tun, um in der bestmöglichen Position zu sein, bei jedem einzelnen Wochenende um den Sieg zu kämpfen." Hamilton übt sich in Durchhalteparolen: "Ich weiss, dass die Ergebnisse, die wir uns alle wünschen, bald folgen werden. Ich tue alles, was ich kann, um jedes Zehntel aus dem Auto herauszuholen, und ich weiss, dass die Jungs an der Strecke und die Männer und Frauen im McLaren Technology Center alles Mögliche tun, um mir ein Auto zu bieten, das siegfähig ist. Wir befinden uns immer noch ganz klar im Titelkampf, und ich freue mich, diesen Kampf auch in Montreal - eines meiner Lieblingsrennen in dieser Saison - fortzusetzen." Obwohl es sich bei Montreal wie in Monaco um einen Stadtkurs handelt, wo die Mauern direkt neben der Strecke lauern, sieht Hamilton grosse Unterschiede: "Die Kontraste zwischen Monaco und Montreal könnten nicht größer sein. Beide Rennen finden zwar inmitten einer Stadt statt, die Kurse sind aber sehr unterschiedlich und jeder hat seine eigene einzigartige Persönlichkeit."

Worauf es in Montreal ankommt

Der McLaren-Pilot ist ein Fan des Kurses in Montreal: "Es handelt sich beim Circuit Gilles Villeneuve um eine fantastische Strecke - an gewissen Stellen ist sie superschnell, weshalb man Raffinesse und Präzision benötigt, aber es kann dir auch passieren, dass du bei über 300 km/h Rad an Rad gegen jemanden kämpfst, was ein unglaublicher Nervenkitzel ist." Der Kurs zwingt die Fahrer zu einem Kompromiss: "Man wünscht sich ein Auto, das auch bei niedriger Geschwindigkeit eine gute Traktion hat, denn auf lange Geraden folgen normalerweise enge Haarnadeln - daher ist es wichtig, dass man die Leistung effizient auf den Boden bringt, wenn man eine gute Rundenzeit erreichen will. Mit KERS und DRS sollte es ein aufregender Grand Prix werden, obwohl es diesmal interessanterweise nur eine kürzere DRS-Zone geben wird, nachdem wir im Vorjahr zwei hatten." Hamilton rechnet sich gute Chancen aus: "Nach der Papierform sollte unser Auto für diese Kombination gut gerüstet sein - wir haben in Spanien gezeigt, dass wir in schnellen Kurven gut sind, aber wir waren auch im letzten Sektor schnell, der langsamer und technisch ist. Dennoch ist es derzeit noch schwierig, eine ernsthafte Prognose zu machen, also konzentriere ich mich auf ein weiteres glattes Wochenende, wo ich weiter konstant WM-Punkte sammeln kann."

Whitmarsh: Tolle Erinnerungen an Montreal

Genau das würde sich Teamchef Martin Whitmarsh ebenfalls wünschen - der Brite wurde zuletzt wegen der vielen Fehler in seinem Team auf eine harte Probe gestellt. Auch er freut sich aber auf Montreal: "Jeder in der Formel 1 mag den Grand Prix von Kanada - die Stadt ist ein wunderbarer Gastgeber, und der Kurs ist schnell, herausfordernd und verzeiht keine Fehler. Wenn man dann auch noch das unberechenbare Wetter in Quebec in Betracht zieht, dann hat man eine perfekte Mischung für ein aufregendes und unberechenbares Wochenende." Whitmarsh erinnert sich mit einem guten Gefühl an das Vorjahr: "Da waren wir natürlich die grossen Profiteure dieser Unberechenbarkeit - jeder bei McLaren denkt bei Montreal sofort an Jensons grossartigen Sieg im Vorjahr. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass auch Lewis viele gute Erinnerungen an diesen Kurs hat - er hat dort 2007 seinen ersten Grand Prix gewonnen, stand drei Mal auf der Pole-Position und dominierte 2010. Kanada war in den vergangenen Jahren ein guter Boden für das Team, und wir sind voll motiviert, am kommenden Wochenende den Hattrick zu schaffen."

Button nimmt Schumacher vor Kritikern in Schutz


Jenson Button nimmt Michael Schumacher angesichts der anhaltenden Kritik in Schutz. Der Brite ist der Auffassung, dass es einige Zeit dauere, um sich nach einer Rückkehr in die Formel 1 wieder an den Sport und das Umfeld zu gewöhnen.

Der mittlerweile 43-jährige Schumacher war 2010 nach einer drei Jahre langen Auszeit in die Formel 1 zurückgekehrt und fuhr in zwei Saisons der Spitze und Teamkollege Nico Rosberg hinterher. In diesem Jahr lief es zwar bislang oftmals viel versprechend für den siebenmaligen Weltmeister. Doch zahlreiche technische Probleme, sowie unverschuldete Kollisionen kosteten Schumacher etwas Zählbares. Derzeit liegt der frühere Ferrari-Star mit mageren zwei WM-Punkten abgeschlagen auf WM-Rang achtzehn, während Teamkollege Rosberg mit einem Sieg in China und 59 Punkten eine deutlich positivere Bilanz zu verzeichnen hat. Dass er eigentlich nicht viel verlernt hat, stellte Schumacher zuletzt in Monaco unter Beweis: Im Qualifying am Samstag war der Deutsche auf dem verwinkelten Strassenkurs Schnellster, musste aufgrund einer Strafe, die er beim vorherigen Rennen in Spanien erhalten hatte, jedoch fünf Plätze weiter hinten starten.

"Michael musste sich seit seinem Comeback in den vergangenen beiden Jahren viel Kritik anhören", so Button gegenüber 'Autosport'. "Ich denke, dass wir alle vergessen, was er in seiner früheren Karriere erreicht hat. Manchmal dauert es ein bisschen, bis man sich in einem Auto und in einem Team wohlfühlt." Bezüglich seiner "Pole-Position" in Monte-Carlo sagt Button: "Das war eine tolle Runde. Er machte keine Fehler und sie war definitiv verdient." Wie Schumachers zweite Formel-1-Karriere weitergeht, steht derzeit noch in den Sternen. Offenbar möchten der zweifache Familienvater und sein Arbeitgeber Mercedes noch den weiteren Saisonverlauf abwarten, ehe man sich zusammensetzt und über eine gemeinsame Zukunft berät.

2.6.2012