Kimi Räikkönen bleibt trotz Startplatz gelassen

Kimi Räikkönen lässt sich nicht aus der Ruhe

bringen

Kimi Räikkönen ist trotz seines zwölften Startplatzes in Kanada nicht beunruhigt. Der Finne schied am Samstag nicht nur nach dem zweiten Qualifying-Durchgang aus, er musste sich auch seinem wesentlich unerfahreneren Lotus-Teamkollegen Romain Grosjean geschlagen geben, der heute in Montreal von Platz sieben starten wird.

"Wir müssen uns im Qualifying noch verbessern. Dadurch hätten wir auch bessere Chancen, im Rennen mehr Punkte einzufahren", bilanziert Räikkönen gegenüber 'formula1.com'. Im heutigen Rennen will der 32-Jährige voll angreifen um weiter nach vorne zu kommen: "Natürlich will man immer gewinnen. Doch manchmal ist es auch besser, um gute Positionen zu kämpfen und wichtige Punkte mitzunehmen." Und was ist mit dem ersten Sieg seit dem Formel-1-Comeback? "Wenn er kommt, dann kommt er", lacht Räikkönen. "Am Ende entscheiden nur kleine Details, ob du vorne liegst oder nicht", sagt Räikkönen im Hinblick auf seine Siegchancen. "Man muss kleine Fehler beheben, da diese einen heutzutage viel Zeit kosten können. Ich muss zusammen mit meinen Ingenieuren weiterarbeiten und das Auto verbessern. Dann steht einem Sieg nichts mehr im Weg."

Dass Räikkönen im Qualifying hinter seinem Teamkollegen Grosjean liegt, ist übrigens kein Novum, steht es doch im Qualifying-Duell der beiden Lotus-Piloten derzeit 5:2 zugunsten Grosjeans. Der Franzose schuf sich bislang meist zwar eine bessere Ausgangslage, im Rennen hatte allerdings häufiger Räikkönen die Nase vorne. Aufgrund dessen liegt der Finne mit 51 Punkten auf Platz sechs der Fahrerwertung, Grosjean mit 35 Zählern auf Position acht. "Ich wusste, dass er schnell sein würde", lautet Räikkönens Kommentar zum derzeitigen 2:5-Zwischenstand. "Er macht einen guten Job, was gut für's Team ist. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass am Sonntag erst die Punkte vergeben werden. Ich war schon immer derjenige, der sich auf das Wichtige konzentriert hat."

Boullier enttäuscht


Der Circuit Gilles Villeneuve mit seinen langen Geraden und wenigen richtigen Kurven ist kein Lotus-Terrain, und das zeigte sich während des heutigen Qualifyings zum Grand Prix von Kanada recht deutlich. Romain Grosjean zog als Siebter zwar immerhin ins Top-10-Finale in Montreal ein, aber Kimi Räikkönen scheiterte als Zwölfter schon in Q2. Schlechter stand Lotus im Durchschnitt nur beim Saisonauftakt in Melbourne da, dort erreichte aber Grosjean den sensationellen dritten Platz und der Schnitt wurde nur durch Räikkönen (17.) gedrückt.

"Ich bin enttäuscht", erklärt daher Teamchef Eric Boullier. "Das ist eines der schlechtesten Qualifyings, das wir seit dem Saisonbeginn hatten. Am Saisonbeginn war unser Auto für die Fahrer von der Balance her sehr einfach auszuschöpfen. Dieses Wochenende haben wir nie die richtige Balance mit dem richtigen Gripniveau der Strecke zusammengebracht. Darum unterliefen den Fahrern kleine Fehler, als sie versuchten, das Beste herauszuholen, und das kann bei so geringen Zeitabständen gleich ein paar Positionen ausmachen."

Je heisser, desto besser

Das grösste Lotus-Problem sind an diesem Wochenende die Reifen, die Grosjean und Räikkönen nicht auf Temperatur bekommen. "Wir hätten uns höhere Asphalttemperaturen gewünscht", gibt Grosjean zu. "Der offizielle Monitor hat 40 Grad angezeigt, aber tatsächlich waren es nur 35 oder 36." Insofern ein gutes Zeichen, dass es morgen noch sonniger und noch wärmer werden soll. Kombiniert mit der Tatsache, dass der E20 als "Reifenflüsterer" gilt, spricht das für eine verbesserte Performance im Rennen. "Unser Team hat ein gutes Auto gebaut, das die Reifen schont und meistens einfach zu fahren ist. Das ist klug", sagt Boullier. "Aber es stimmt, dass wir Probleme haben, wenn wir mit den Reifen nicht im richtigen Temperaturfenster sind, auch im Rennen. Das Problem ist: Wenn das Wetter am Samstag anders ist als am Sonntag, musst du dich anpassen. Daher ist es schwierig, ein ganzes Rennwochenende zu handhaben."

Grosjean kann dem Ganzen jedoch auch etwas Gutes abgewinnen: "Es ist nicht das leichteste Wochenende für uns, aber obwohl wir uns schwer tun, bin ich Siebter. Das ist ein gutes Zeichen", so der Franzose, der in dieser Saison schon mehrmals in Startkollisionen verwickelt wurde, zuletzt in Monaco. Das soll sich morgen nicht wiederholen, denn: "Wir haben an der Prozedur gearbeitet. Es wird deutlich besser. Dann werden wir sehen, wie wir in die erste Kurve kommen."

Räikkönen für das Rennen optimistisch

Räikkönen rechnet sich für morgen ebenfalls noch Chancen aus, wenn es tatsächlich wärmer wird: "Das ist gut für uns", glaubt der "Iceman". "Unser Auto funktioniert eigentlich auch hier gut, wenn wir es nur zum Arbeiten bekommen. Aber morgen ist der Tag, an dem es die Punkte gibt, und nur das zählt. Wir werden versuchen, gut zu starten und uns aus allen Gerangeln rauszuhalten, dann schauen wir weiter. Normalerweise sind wir im Rennen besser, daher glaube ich schon, dass wir gute Punkte holen können."

Was seine technischen Probleme angeht, so war "nicht dass Differenzial selbst" defekt, "sondern die Hydraulik. Daher hat auch das Differenzial nicht mehr so funktioniert, wie es sollte. Es funktioniert noch, aber nicht richtig", berichtet Räikkönen. Im Freien Training sei noch alles bestens gewesen, aber "ab dem ersten Qualifying" steckte der Hydraulikdruck dann bei 50 bar fest. Da halfen auch verschiedene Umstellungen am Lenkrad nichts, zu dem ihm das Team mittels Boxenfunk riet.

Räikkönens Problem anscheinend lösbar


Immer mehr scheint sich zu erhärten, dass der Lotus zwar ein grundsätzlich konkurrenzfähiges Rennauto ist, aber vor allem in mittelschnellen Kurven am besten funktioniert. Davon gibt es in Montreal nicht allzu viele, daher war das bescheidene Abschneiden im heutigen Qualifying zum Grand Prix von Kanada für die meisten Experten auch keine große Überraschung.

Kimi Räikkönen belegte den zwölften Platz, scheiterte um 0,054 Sekunden am Top-10-Cut. Allerdings wäre unter normalen Umständen wohl mehr drin gewesen. "Es ist enttäuschend, schon in Q2 auszuscheiden, aber wir hatten Probleme mit dem Differenzial, sodass sich das Auto nicht so verhielt, wie es eigentlich sollte", klagt der Finne, dem der Hydraulikdruck bei 50 bar stecken blieb, sodass er aus den Kurven nicht optimal herausbeschleunigen konnte.

Geringe Zeitabstände tun doppelt weh

An und für sich keine grosse Sache, nur: "Wenn die Startaufstellung so eng ist, macht so etwas einen grossen Unterschied", seufzt der "Iceman" enttäuscht. "Aber die Longruns gestern waren problemlos und wir haben in Sachen Reifen noch viele Möglichkeiten. Außerdem liegt uns das wärmere Wetter definitiv besser. Hoffentlich bekommen wir vor morgen alles richtig hin. Das Rennen zählt, also schauen wir mal, was geht." Es sieht so aus, als sei das Problem bis dahin zu lösen: "Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir Kimis Problem für morgen reparieren können", sagt Chefingenieur Alan Permane. "Wir können in den Daten Symptome sehen und haben diese sehr früh erkannt. Wir haben Kimi während des Qualifyings informiert, dass es ein Problem gibt. Es war während der Session nicht so einfach hinzubiegen, aber ich bin sehr optimistisch, dass sich das über Nacht richten lässt."

Grosjean rätselt über die Reifen

Räikkönen habe eine "gute Leistung" gebracht, "sich dort zu qualifizieren", lobt Permane und sagt über Romain Grosjean: "Romains erste Runde auf angefahrenen Reifen war gut. Die neuen Reifen gaben ihm aber nicht den Grip und das Vertrauen, das er sich erhofft hatte, und so war seine Runde nicht schneller. Ungewöhnlich, dass wir bei diesen Bedingungen ein Aufwärm-Problem haben, aber wir werden uns das genau anschauen."

Der junge Franzose war im ersten und dritten Sektor gleichauf mit den vorderen Fahrzeugen, liess aber im Mittelsektor einige Zehntelsekunden liegen. "Wir hatten uns sicher ein bisschen mehr erwartet", so der Siebte des Qualifyings, "aber es ist schwierig, diese Strecke richtig zu treffen, und der grosse Temperaturunterschied von gestern auf heute hat nicht geholfen. Zwar liegen uns die wärmeren Temperaturen etwas besser, aber nicht so gut wie gedacht. Das Auto fühlte sich ganz gut an, aber der letzte Run hätte besser sein können. Schade", gibt er selbstkritisch zu Protokoll. "Trotzdem ist es nie schlecht, in Q3 zu sein, und es ist ein langes Rennen. Unser Auto war diese Saison meist recht schonend zu den Reifen. Hoffentlich bringt uns das morgen was. Das letzte Mal, als ich Siebter der Startaufstellung war, landete ich auf dem Podium. Vielleicht klappt das ja morgen auch wieder!"

Permane rechnet mit Einstoppstrategie

Aber mit welcher Strategie? "Der Reifenverschleiss ist sehr gering, daher werden einige auf einen Stopp gehen", vermutet Permane und unterstreicht damit die Vorhersage von Pirelli-Sportchef Paul Hembery. Für Grosjean und Räikkönen sieht er durchaus noch Chancen, sich nach vorne zu kämpfen, denn: "Überholen ist hier dank DRS und der langen Geraden durchaus möglich. Es wird auch nicht einfach, aber sicher einfacher als in Monaco."

Und: "Nach dem gestrigen Regen war die Strecke schmutzig, daher entwickelte sie sich heute stark weiter", erklärt Permane. "Es war aber nicht besonders schwierig, diese Evolution vorherzusehen. Trotzdem hatten wir mehr Probleme als sonst mit dem Setup. Mit den harten Bremszonen hier die richtige Balance zu finden, um am Scheitelpunkt nicht zu viel Untersteuern zu haben, fiel uns schwer. Besonders Romain fühlt sich nicht so wohl wie sonst.

Grosjean: "Hätten gerne etwas mehr erreicht"


Eigentlich könnte Romain Grosjean nach dem Qualifying in Montreal durchaus zufrieden sein. Nach mässigen Zeiten am Freitag zog der Franzose heute in den dritten Abschnitt des Qaulifyings ein und stellte seinen E20 auf Startposition sieben. Damit verbuchte Grosjean auch einen klaren Erfolg im Teamduell gegen Kimi Räikkönen. Der Finne verpasste als Zwölfter den Einzug in Q3. Dennoch war der Franzose nach der Qualifikation nicht hundertprozentig zufrieden.

"Wenn du nicht auf der Pole-Position stehst, bist du immer ein wenig enttäuscht", sagt der ehrgeizige Franzose gegenüber 'Sky Sports F1'. Zufrieden stimmt ihn die jedoch die gute Form seines Teams. "Wir hatten bisher in jeder Startaufstellung ein Auto unter der ersten Zehn, das ist das Positive." Am heutigen Samstag hatte Grosjean etwas mehr erwartet, doch die wechselhaften Wetterbedingungen beeinträchtigen den 26-Jährigen. "Wir hätten gerne etwas mehr erreicht, aber gestern war es recht kalt und heute dann wieder warm, das hat mir beim Lernen der Strecke nicht gerade geholfen", sagt Grosjean. "Ich lerne immer noch dazu." Für das morgige Rennen ist er daher zuversichtlich. "Heute war unser E20 nicht in Bestform, aber das Rennen ist eine andere Geschichte."

10.6.2012