Suzuka sollte dem Lotus liegen

Kimi Räikkönen will in Suzuka wieder aufs Podium

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Nach vielen starken Vorstellungen in dieser Saison war der Grosse Preis von Singapur für Lotus ein Rückschlag. Auf dem engen Stadtkurs konnte das Team aus Enstone das Tempo der Spitzenreiter nicht mitgehen. Schon nach dem Qualifying, welches mit den Positionen acht für Romain Grosjean und zwölf für Kimi Räikkönen geendet hatte, waren die Aussichten auf eine Podiumsplatzierung deutlich gesunken. "Die Tatsache, dass wir uns am Samstag nicht weiter vorne qualifizieren konnten, hat unsere Aussichten geschmälert", sagt Räikkönen.

"Zu Beginn des Wochenendes hatten wir Probleme und waren nicht da, wo wir sein wollten", sagt auch Romain Grosjean. "Sich zurückzukämpfen war nicht einfach, aber ich bin froh und stolz darauf, wie das Team gearbeitet und Lösungen für die Probleme gefunden hat." Im Rennen war das Tempo des E20 dann jedoch konkurrenzfähiger, umso mehr ärgert Räikkönen das schwache Abschneiden im Qualifying: "Da sich das Auto am Sonntag gut angefühlt hat, wäre mehr drin gewesen", meint der Finne, der am Rennen nur wenig Freude hatte. "Es war ein langweiliges Rennen, da es dort sehr schwierig ist, zu überholen. Die erste Safetycar-Phase war für uns nicht sehr gut, die zweite passet besser in unsere Strategie." Der Vorwärtsdrang des 32-Jährigen wurde zwischenzeitlich von Michael Schumacher gestoppt: "Ich bin die meiste Zeit Michael gefolgt, was frustrierend war, da unser Auto schneller war", blickt Räikkönen auf das Rennen in Singapur zurück. "Es ist nicht gut, hinter anderen Leuten hängen zu bleiben, denn dadurch verschleissen die Reifen und sinkt der Grip. In dem Fall musst du darauf hoffen, dass die anderen einen Fehler machen oder du beim Boxenstopp an ihnen vorbeikommst." In der Schlussphase des Rennens erhielt der Finne Unterstützung von seinem Teamkollegen, der Räikkönen den sechsten Platz überlies.

Grosjean fährt für Räikkönen

"Wir waren gleich schnell, aber er kämpft um die Weltmeisterschaft und hat gute Chancen, dieses Ziel zu erreichen. Nachdem er in der Meisterschaft vor mir platziert ist, wollte ich es ihm nicht allzu schwer machen", macht Grosjean keinen Hehl daraus, dass seine Gegenwehr im Teamduell mehr als begrenzt war. "Nachdem ich ihn vorbeigelassen hatte, konnte ich sein Tempo mitgehen, worüber ich sehr zufrieden war", freut sich der Franzose, der letztlich Siebter wurde. "Sonntag ist der Tag, an dem es zählt, und da haben wir mit beiden Autos Punkte gewonnen. Wir wären natürlich gerne besser gewesen und wollen immer aufs Podium, aber nach all den Herausforderungen, die wir zu bewältigen hatten, war es ein gutes Resultat", lautet sein Fazit. Nach seiner Zwangspause in Monza war Grosjean froh darüber, in Singapur wieder von der Boxenmauer ins Cockpit zu wechseln. "Es war fantastisch, wieder im Auto zu sein", sagt der Franzose. "Ich liebe die Formel 1 über alles und es ist mein Job, daher habe ich sie natürlich vermisst. Singapur ist wegen der Bedingungen und der Strecke eines der anstrengendsten Rennen, daher bin ich froh, dass ich das Rennen in einer solch guten Position beenden konnte." Nach dem schwierigen Rennen auf dem engen Stadtkurs freuen sich die Lotus-Piloten nun auf den Klassiker in Suzuka. "Es ist eine gute Strecke, recht schnell und mit einigen Überholmöglichkeiten", sagt Räikkönen. "Für mich sind die besten Strecken diejenigen, die lange Geraden und enge Kurven haben und eine Menge Platz bieten. Das ist in Suzuka der Fall." Der 32-Jährige verbindet gute Erinnerungen mit Suzuka, vor sieben Jahren gelang ihm dort ein furioser Sieg.

Erinnerungen an 2005

"2005 habe ich dort einen meiner besten Siege eingefahren, nachdem ich von weit hinten starten musste und erst in der Schlussrunde die Führung übernahm. Das Gefühl beim Überfahren der Ziellinie werde ich nie vergessen", erinnert sich Räikkönen. "Was für eine Strecke!", findet auch Grosjean. "Mit einer guten Abstimmung macht sie richtig Spass. Es ist eine erstaunliche Strecke. Ich bin dort erst einmal gefahren, aber ich liebe sie und freue mich auf die Rückkehr", sagt der Franzose. "Es ist schwierig, eine Lieblingsstelle zu benennen. Der erste Sektor ist grossartig, mit den Kurven eins, frei, vier und fünf - Wahnsinn! Dann fährst du unter der Brücke und durch eine Haarnadel-Kurve. Dann folgt die 'Löffel-Kurve', die für uns Fahrer ein Alptraum ist", fährt der 26-Jährigen in der Streckenvorstellung fort. "Dann heisst es Vollgas und DRS auf bis zur letzten Schikane." Nicht nur wegen des Kurses reist Grosjean gerne nach Japan. "Eine tolle Strecke, und auch die Fans in Japan sind absolut erstaunlich, rund um die Strecke herrscht eine ganz besondere Atmosphäre." Auch kulinarisch fühlt sich der Franzose dort wohl. "Ich liebe die japanische Küche, vor allem Sushi. Zu Hause ich oft Gewürze an meinen japanischen Speisen aus."

"Es ist eine der schwierigeren Strecken", findet auch Räikkönen. "Für gewöhnlich gibt es in Suzuka immer einige Unfälle. Wenn du am Limit unterwegs bist, gibt es im Laufe des Wochenendes immer ein paar heikle Momente. Suzuka bestraft durch die hohen Geschwindigkeiten und die kleinen Auslaufzonen jeden Fehler." Das bestätigt auch sein Teamkollege: "Du darfst in den Trainingssitzungen keine Fehler machen, denn die Auslaufzonen sind sehr kein. Wenn du einmal eine Kurve verpasst und von der Strecke abkommst, kannst du leicht dein Auto beschädigen", erklärt Grosjean. "Es warten im Laufe des Wochenendes viele Herausforderungen. Wir müssen die perfekte Abstimmung finden, denn Suzuka ist eine grosse Herausforderung und offenbart jede Schwäche des Autos", sagt Grosjean. "Auch für die Reifen ist Suzuka eine grosse Herausforderung, und letztendlich ist es ein Ort, an dem du auch ein wenig Glück brauchst. Ich hoffe, dass wir das in Japan haben und alles zusammenkommt." Auch Räikkönen meint: "Es ist eine tolle Strecke, die sowohl für den Fahrer als auch für das Auto eine Herausforderung ist."

Aerodynamik entscheidend

"Du brauchst ein aerodynamisch starkes Auto, das schnell durch die langen, flüssigen Kurven fährt. Das sollte dem E20 liegen", glaubt Räikkönen, der auch auf Updates hofft: "Wir sollten einige neue Teile erhalten und das Auto so abstimmen, dass es bei allen Wetterbedingungen und auf allen Strecken meinem Fahrstil entgegenkommt." Am Grundspeed des E20 hat der Finne keine Zweifel: "Wir wissen, dass unser Auto schnell genug ist, aber wir müssen die richtige Abstimmung finden, um das Tempo optimal auszunutzen." Vom Doppel-DRS ist bei Lotus jedoch nichts mehr zu hören. "Wir werden alles geben, um auf das Podium zu kommen", verspricht Räikkönen, "aber die Rennen werden immer schwieriger, da auch die anderen Teams konstant weiterentwickeln und neue Teile bringen. Wir müssen uns im Vergleich zu Singapur steigern, wenn wir um die Spitzenplätze kämpfen wollen." Eine konkrete Prognose traut sich der Finne jedoch nicht zu: Es ist unmöglich vorherzusagen, wie unser Auto in den kommenden Rennen funktionieren wird. Wir müssen den Freitag abwarten, bevor wir entscheiden, wie wir das Rennen angehen wollen. In der Teamhistorie von Lotus finden sich fünf Siege bei japanischen Grands Prix. Erstmals siegte 1989 Alessandro Nannini im Benetton, letztmalig 2008 Fernando Alonso im Renault, damals allerdings auf der Strecke von Fuji. Hinzu kommen insgesamt 14 Podiumsplatzierungen und zwei Pole-Positions durch Michael Schumacher in den Jahren 1994 und 1995.

Weltmeister ohne Grand-Prix-Sieg?

Bei 29 Punkten Rückstand auf Alonso hat Räikkönen sechs Rennen vor Saisonende den Kampf um die Weltmeisterschaft noch nicht aufgegeben: "Wir versuchen unser Bestes. Es war ein gutes Jahr für das Team, wie sind in der Meisterschaft gut platziert. Ich bin zufrieden und denke, dass wir uns weiter verbessern können. Unser Ziel ist natürlich immer, Rennen zu gewinnen und so viele Punkte wie möglich zu erzielen." Wie hoch seine Chancen auf den Titelgewinn sind, vermag der Finne jedoch nicht zu sagen: "Das ist schwierig einzuschätzen. Es gibt zu viele Dinge, die in den kommenden Rennen passieren können." Theoretisch könnte Räikkönen auch ohne einen Rensieg Weltmeister werden, was ein Novum in der Formel-1-Geschichte wäre. Daran glauben mag der Finne jedoch nicht. "Mathematisch betrachtet ist es sicherlich möglich, aber ich glaube, dass man mindestens ein Rennen gewinnen muss, um Weltmeister zu werden. Es müssten schon einige Dramen geschehn, damit wir Fernando oder Sebastian ohne einen Rennsieg schlagen können, daher muss ich weiterhin alles geben und versuchen zu gewinnen. Das muss jedes Mal, wenn ich ins Auto steige, die Zielsetzung sein."

Hat Lotus noch eine WM-Chance?


Lotus-Pilot Kimi Räikkönen belegt trotz seines vergleichsweise eher schwachen Abschneidens beim Grand Prix von Singapur (Platz sechs) weiterhin Rang drei in der Fahrerwertung. Teamkollege Romain Grosjean ist mit einem Rennen weniger Achter. In der Konstrukteurswertung belegt Lotus mit 14 Punkten Rückstand auf Ferrari Rang vier. Unterm Strich könnte Lotus noch besser dastehen, wenn nicht der eine oder andere Ausfall im Saisonverlauf dazwischengekommen wäre.

Auch wenn man nach wie vor auf den ersten Saisonsieg wartet, ist 2012 für die Truppe aus Enstone durchaus als erfolgreiches Jahr zu bezeichnen. "Das liegt vor allem an unserer Hingabe, unserem hervorragenden Auto und unserer Konstanz", stellt Teamchef Eric Boullier gegenüber 'Formula1.com' die Lotus-Stärken anno 2012 heraus. Das Ziel WM-Titel hat man bei Lotus weder in der Fahrer- noch in der Konstrukteurs-Wertung aufgegeben. Im letztgenannten Fall zählt Boullier vor allem auf den Umstand, dass sich Ferrari "hauptsächlich auf einen Fahrer beruft". McLaren und Red Bull freilich wissen zwei nahezu ebenbürtige Piloten in ihren Reihen, was es für Lotus nicht einfach macht, Punkte aufzuholen. In der Fahrerwertung hat der von Boullier angesprochene Fernando Alonso bei noch sechs ausstehenden Rennen 45 Punkte Vorsprung auf Lotus-Speerspitze Räikkönen. "Dennoch werden wir alles in unserer Macht stehende tun, um Kimi nach vorn zu bringen", versichert der Teamchef. Im Vergleich zum "Iceman" in jungen Jahren erkennt Boullier beim Ex-Weltmeister aus Finnland inzwischen eine Wandlung. "Er ist erfahrener und reifer geworden. Ein anderer Grund für seine Veränderung ist wahrscheinlich die Tatsache, dass er mit seiner Umgebung zufrieden ist. Ich glaube, ihm gefällt es bei uns", so das Urteil des Franzosen.

Mika Salo sieht WM-Chancen schwinden

Derweil fürchtet Räikkönens Landsmann und Ex-Formel-1-Pilot Mika Salo, dass Lotus den Anschluss im WM-Kampf bereits verloren haben könnte. "Mir kommt es so vor, dass sie sich zu sehr auf das Doppel-DRS konzentriert haben und dabei andere Gelegenheiten, das Auto weiterzuentwickeln, verpasst haben. Sollten ihre Entwicklungen in Japan nicht funktionieren, ist der WM-Zug abgefahren", gibt sich Salo gegenüber 'MTV3' mit Blick auf das geplante Renndebüt des Doppel-DRS von Lotus beim Grand Prix von Japan in Suzuka (7. Oktober) überzeugt.

Boullier glaubt an Wandlung bei Grosjean

Bei Räikkönens Teamkollege Grosjean hofft Boullier darauf, dass genau wie beim Finnen ebenfalls eine Wandlung eintritt. "Wir hatten am Montag nach dem Rennen ein langes Gespräch unter vier Augen", spricht der Teamchef noch einmal den missratenen Grand Prix von Belgien an, bei dem sich Grosjean eine Rennsperre für den anschließenden Grand Prix von Italien einhandelte. "Ich liess ihn bewusst mehr zu Wort kommen als ich selbst geredet habe und kann inzwischen sagen, dass wir einen gemeinsamen Nenner für die Zukunft gefunden haben", so Boullier, der es als oberstes Ziel für die verbleibenden Saisonläufe ausgibt, "keine Gelegenheiten mehr auszulassen und möglichst immer ins Ziel zu kommen". Für die Saison 2013 rechnet der Lotus-Teamchef nicht mit einer Veränderung seines Fahrerduos. "Ich gehe davon aus, dass unser Aufgebot mehr oder weniger genauso aussehen wird wie in diesem Jahr. Mit Kimi haben wir jedenfalls einen Zweijahresvertrag mit einer Option." Grosjean wird bekanntlich von Gravity Sports, der Firma von Lotus-Teambesitzer Gerard Lopez, gemanagt.

Lotus in Suzuka mit "sehr guten Updates"


Seit rund einem halben Jahr wartet man bei Lotus, dass der Knoten endlich platzt und Kimi Räikkönen im Titelrennen die grosse Attacke startet. Doch aus dem ersten Saisonsieg wurde bis jetzt nichts - zuletzt hatte man sogar den Eindruck, dass die Truppe aus Enstone etwas zurückfällt. Der sechste Platz Räikkönens in Singapur lässt die Titelhoffnungen jedenfalls nicht größer werden, obwohl der Finne nach wie vor mit 45 Punkten Rückstand auf WM-Leader Fernando Alonso auf dem guten dritten Gesamtrang liegt.

Das Team lässt sich jedenfalls durch die Performance beim Nachtrennen nicht entmutigen und blickt mit grosser Zuversicht auf die nächsten Rennen. Grund dafür ist ein grosses Aerodynamikpaket, an dem man derzeit feilt. Herzstück davon ist das an den Freitagen immer wieder getestete Doppel-DRS, das in Suzuka erstmals auch im Ernstfall eingesetzt werden soll. "In Südkorea werden wir ein grosses Update bringen", verspricht Lotus-Einsatzleiter Alan Permane gegenüber 'Autosport'. "Das wird ein richtig gutes Aero-Update - und wir haben vor, unser Heckflügelsystem in Suzuka einzusetzen." Das Team von Eric Boullier scheint sich tatsächlich einiges von den Entwicklungen zu versprechen. Permane bestätigt: "Wir sind zuletzt etwas hinter die drei Topteams zurückgefallen, und wir müssen wieder auf ihr Niveau kommen. Ich hoffe, dass wir nun wieder wie in Budapest mit ihnen kämpfen können."

Das hatte man schon in Singapur geplant, doch der Schuss ging nach hinten los: Für das Nachtrennen hatte das Team einen neuen Heckflügel im Gepäck, wie bei Ferrari wurde dieser aber in Qualifying und Rennen nicht eingesetzt, weil er die Erwartungen nicht erfüllte. "Wir waren nicht überzeugt, aber es ist in Singapur nur schwer messbar, was abläuft", erklärt der Einsatzleiter, dass man kein Risiko eingehen wollte. Ein schlechtes Omen für das neue Paket? "Alles, was davor aus dem Windkanal kam, hat funktioniert", verneint er und verteidigt die Arbeit von Technikchef James Allison, der weniger Budget zur Verfügung hat als die direkte Konkurrenz von Red Bull, McLaren und Ferrari. "Vielleicht waren wir diesmal nicht vorsichtig genug. Es könnte sein, dass es in Suzuka wirklich gut funktioniert. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit dem, was wir haben, in Sachen Performance mithalten können."

Allison: "Müssen schwache Lotus-Serie stoppen"


Vor einigen Rennen sprach man bei Lotus noch vom überfälligen Sieg, doch in den vergangenen Rennen konnte die Truppe aus Enstone nicht mehr ganz mit der Spitze mithalten. Der Tiefpunkt war Kimi Räikkönen sechster Platz in Singapur, der den Rückfall des Teams unter Beweis stellt. Technikchef James Allison erklärt im Interview, wie sein Team nun in Japan die Trendwende einleiten will und erklärt die Gründe für die schwache Performance beim Nachtrennen im Stadtstaat.

Frage: James, lassen wir das Singapur-Rennen noch einmal Revue passieren ...

James Allison: Isoliert betrachtet könnten wir sagen: 'Es war nur ein schlechtes Rennen, lassen wir es hinter uns'. Es war aber die dritte wenig aufregende Performance in Folge. Aus diesem Grund müssen wir das aufhalten, um sicherzustellen, dass wir das Maximum aus den sechs verbleibenden Saisonrennen machen und wieder zu dieser Stärke zurückfinden, die wir früher in diesem Jahr hatten.

Wisst ihr, warum ihr in Singapur nicht den Erwartungen gerecht wurdet?

Es gab keinen alleinigen Grund, warum wir in Singapur nicht gut genug waren. Die erste Erklärung ist, dass wir am Freitag beim Basissetup keine besonders gute Arbeit geleistet haben. Wir benötigten also bis Samstagmorgen, um halbwegs bei der Musik zu sein - dadurch hat man immer einen gewissen Rückstand. Zweitens brachten einige der Updates, die wir nach Singapur brachten, nicht die erwartete Performance, was uns dazu zwang, auf eine frühere Konfiguration des Autos zurückzubauen. In der Zwischenzeit hatte der Löwenanteil unserer Konkurrenten bereits einen Schritt nach vorne gemacht. Abschließend hatte dann keiner unserer Fahrer in der allesentscheidenden Qualifying-Session eine gute Runde, als es zählte. Kimi hatte in seiner Q2-Runden einen Fehler in Kurve 1, und Romain hatte eine eher dramatische Q3-Runde, wodurch er seine früheren Leistungen nicht wiederholen konnte. Wenn man dann im der Startaufstellung zurückliegt, dann bleibt man dort normalerweise auf einem engen Stadtkurs.

Wie schwierig ist es, ohne Testfahrten und bei schwierigen Wetterbedingungen, die am Freitag nur wenige Runden erlauben, Updates zu bringen und zu bewerten?

Die Simulationsmethoden in der Fabrik sind gut. Sie gewährleisten, dass 70 bis 80 Prozent der Updates auf Anhieb problemlos funktionieren, wenn wir so auf das Auto bringen. Bei den Teilen, wo es Geburtsschwierigkeiten gibt, läuft es grossteils so, dass sie beim zweiten Versuch wie erwartet funktionieren. Wenn man nicht auf der Strecke testen kann, dann gibt es jede Menge Variablen, die man nicht unter Kontrolle hat. Die Fahrer haben vielleicht keine freie Runde, und da sich die Strecke ständig weiterentwickelt und man nicht immer einen neuen Reifensatz zur Verfügung hat, hat man keine gleichmäßigen Vergleichsmöglichkeiten. Diese Faktoren können bei der Bewertung eines neuen Teils für eine Unschärfe sorgen. Wenn man also Probleme hat, dann nimmt man die Teile sehr oft als Vorsichtsmaßnahme vom Auto und wartet auf eine günstige Gelegenheit, sie in Zukunft ein zweites Mal auszuprobieren.

Blicken wir nach Suzuka - wie wird der Kurs dem E20 liegen?

Es handelt sich um eine Strecke mit einem weiten Spektrum an Kurvengeschwindigkeiten, aber es gibt zahlreiche sehr schnelle Kurven in der Silverstone-Liga - speziell Kurve 1, die S-Kurven und die 130R. Das sind Elemente, die uns bisher gelegen haben, aber die Saison ist sehr eng, und wir bewiesen haben muss man es wirklich hinkriegen, um ein gutes Wochenende zu haben.

Wie schätzt du eure Chancen in der Fahrer- und in der Konstrukteurs-WM ein?


14 Rennen liegen hinter und, und wir hatten eine Handvoll Ergebnisse, die es Ferrari erlaubt haben, sich einen kleinen Vorsprung auf uns in der Weltmeisterschaft zu verschaffen. Wir kämpfen an jedem Wochenende gegen starke und zielstrebige Gegner, die uns übrig lassen, wenn wir nur für einen Moment den Ball aus den Augen verlieren. Das Tolle an diesem Sport ist aber, dass das Gleiche auch für deine Gegner gilt. An jedem Wochenende gibt es die Chance zurückzuschlagen. Wir sind in der glücklichen Lage, eine gewisse Anzahl an Entwicklungen zu haben, von denen wir glauben, dass sie unser Auto in den verbleibenden Rennen verbessern werden. Die Lücke zu Ferrari ist in Anbetracht der ausständigen Punkte klein, also ist es unser Ziel in den verbleibenden sechs Rennen, sie in der Weltmeisterschaft zu überholen und Kimi wieder in eine Position zu bringen, wo er die Lücke zur Spitze schliessen kann.

Boullier hofft auf "nette Überraschungen"


Lotus vor Suzuka: Warum Teamchef Eric Boullier auf die Euphoriebremse tritt, für Suzuka optimistisch ist, aber trotzdem kein Podium vorhersagen möchte.

Frage: Eric, wie war das Singapur-Wochenende aus deiner Sicht?


Eric Boullier: Es war für das Team ein ziemlich herausforderndes Wochenende, um ehrlich zu sein. Wir konnten schon am Freitag sehen, dass das Auto nicht so stark war wie erwartet, also mussten wir vor dem Rennen am Sonntag viel Evaluierungsarbeit erledigen. Ich bin froh darüber, wie gut das Team zusammengearbeitet hat, um die Schwierigkeiten zu überwinden, aber ich glaube, dass mehr Performance im Auto gesteckt wäre. Es ist uns nicht gelungen, uns ideal auf die Strecke einzustellen, weil wir dem Problem erst am Samstagmorgen auf die Schliche kamen. Es ist in Singapur extrem schwierig, jemanden zu überholen, also war uns nach den mittelmässigen Startpositionen klar, dass das Rennen eine Herausforderung werden würde. Beide Fahrer lieferten ein gutes Rennen ab und brachten solide Punkte für das Team nach Hause. Leider wurde Kimi von Michael Schumacher aufgehalten, und die erste Safety-Car-Phase war für unsere Strategie nicht hilfreich. Sonst hätten wir um Plätze weiter vorne kämpfen können.

Die letzten drei Rennen waren für euer Niveau enttäuschend, nicht wahr?

Wie schon oft gesagt ist es in diesem Paddock wichtig, dass man nicht abhebt. Wenn es gut läuft, müssen die Leute ruhig bleiben und sich erinnern, was die ursprünglichen Ziele waren. Wenn es nicht gut läuft, hilft es nicht, übermässig pessimistisch zu sein. Mit dem E20 können wir uns auf ein ordentliches und zuverlässiges Rennauto verlassen. Ich glaube, wir haben dieses Jahr schon einige überrascht, aber wir müssen einen Schritt nach dem anderen machen. Wir haben immer gesagt, dass es unser Ziel für dieses Jahr ist, Vierter in der Konstrukteurs-WM zu werden. Das soll nicht heissen, dass wir Ferrari nicht bis zum Saisonende jagen wollen, aber ich rücke alles in die richtige Perspektive. Die Leute sollten sich daran erinnern, wo wir herkommen. Zu Saisonmitte zu viel zu wollen oder die Ziele neu zu definieren, würde sich nur negativ auswirken. Es mangelt uns nicht an Ehrgeiz, sondern ich weiss aus Erfahrung: In der Formel 1 etwas zu überstürzen, endet meistens mit einem Kollaps. Wir werden Druck machen, unser Bestes geben. Die Saison 2012 war bisher gut für uns. Dann werden wir sehen, wo es hinführt.

Wie blickst du nun auf Japan voraus?

Ich weiss, dass sowohl Romain als auch Kimi Suzuka sehr mögen, daher freuen wir uns alle auf das Rennwochenende. Kimi hält von seinem Sieg im Jahr 2005 immer noch den Streckenrekord, also sollte er selbstbewusst sein. Wir wollen ihm natürlich ein Auto geben, mit dem er seine Möglichkeiten ausschöpfen kann. Ich könnte jetzt sagen, dass das Podium das Ziel ist, was irgendwie auch stimmt, aber das Kräfteverhältnis zwischen den Teams verändert sich ständig. Wir bringen ein paar vielversprechende Updates, darunter auch unsere 'Vorrichtung' (optimiertes DRS), wir glauben, dass die Strecke unserem Auto liegen sollte, und wir hoffen auf eine reibungslose Vorbereitung auf das Rennen, ohne technische Dramen oder unberechenbares Wetter.

Kimi ist immer noch Dritter in der Fahrer-WM. Wie ist ihm das nach 14 Rennen gelungen?

Kimi ist ein spezielles Tier. Seine Rennstärke ist immer fantastisch, er holt am Sonntag 100 Prozent aus dem Auto raus und nutzt jede sich bietende Gelegenheit. Wir sollten uns daran erinnern, dass er zwei Jahre aus der Formel 1 draussen war. Jetzt liegt unser Hauptaugenmerk darauf, mit beiden Autos Punkte für die Konstrukteurs-WM zu sammeln, denn die ist wirklich wichtig für uns. Romain hat in Singapur gezeigt, dass sein Grundspeed noch da ist. Er hat keine Fehler gemacht und kann in Suzuka auf diese Erfahrung aufbauen. Irgendetwas sagt mir, dass wir am Saisonende noch ein paar nette Überraschungen erleben werden.

29.9.2012