D'Ambrosio (nicht Beat Gloor) in Monza im Lotus

Jerome D'Ambrosio (ganz rechts) hofft,

dass er die grosse Chance in Monza nutzen kann

Wie erwartet wird Jerome D'Ambrosio am kommenden Wochenende in Monza an der Seite von Kimi Räikkönen den Grand Prix von Italien für Lotus bestreiten. Der 26-jährige Belgier ersetzt, wie das britische Team gestern offiziell bestätigt hat, Romain Grosjean, der wegen des Verursachens der Startkollision am Sonntag in Spa-Francorchamps von den FIA-Rennkommissaren für Monza gesperrt wurde.

"Mein Wunsch für 2012 war immer, wieder ins Cockpit eines Formel-1-Autos zu steigen, daher ergreife ich diese Gelegenheit mit beiden Händen", strahlt D'Ambrosio anlässlich der Bekanntgabe. "Monza ist eine fantastische Strecke und ich kann es gar nicht mehr erwarten, am Freitag auf die Strecke zu gehen. Als dritter Fahrer habe ich bei jedem Grand Prix mit dem Team zusammengearbeitet, ich war bei allen Briefings und Meetings mit den Rennfahrern dabei und bin in dieser Hinsicht gut vorbereitet. Monza ist eine super Strecke", blickt er auf die vor ihm liegende Herausforderung, "aber auch eine sehr technische. Ich unterschätze die Aufgabe, die da auf mich zukommt, keineswegs. Das Vertrauen, das das Team in mich setzt, würde ich am allerliebsten mit Punkten im Rennen zurückgeben. Nach dem Rennen am Sonntag übergebe ich das Lenkrad wieder an Romain, aber ich hoffe, dass ich in Italien mein ganzes Können zeigen kann."

Boullier steht voll hinter D'Ambrosio

Lotus steht jedenfalls hundertprozentig hinter dem Testfahrer, der von Gravity Sport Management betreut wird - und Gravity ist eine Tochterfirma von Genii Capital, den Eigentümern des Formel-1-Teams aus Enstone. Teamchef Eric Boullier lacht: "Jerome ist zur Hälfte Italiener - ich weiß also, wem die Tifosi neben Fernando die Daumen drücken werden! Es wird eine schwierige Aufgabe für ihn, aber wir werden ihn so gut es geht unterstützen. Als wir ihn als dritten Fahrer unter Vertrag genommen haben, engagierten wir einen sehr motivierten, frischen und talentierten Mann, der die volle Saison 2011 bestritten hatte. Wir hoffen, dass sich das lohnt, wenn er im Auto sitzt", so Boullier. "Wir wissen, dass Jerome gut ins Team integriert ist, und beim Test in Mugello hat er sich im E20 gut geschlagen. Jetzt liegt die Herausforderung eines Grand Prix in Monza vor ihm, in einem Auto, das podiumsfähig ist."
D'Ambrosio begann seine Formelkarriere im Jahr 2003 in der Formel Renault, wo er für das Team seines berühmten Landsmannes Thierry Boutsen fuhr. 2004 wurde er ins Nachwuchsprogramm des damaligen Renault-Formel-1-Teams aufgenommen. International trat er erstmals 2007 mit dem Meistertitel in der Formel Master (IFM) in Erscheinung. 2009 wurde er GP2-Neunter und Vizemeister in der GP2 Asia.

Negative Bilanz gegen Timo Glock

2010 wurde er Gesamtzwölfter in der GP2 und war parallel Renault-Testfahrer - sein Manager Boullier hatte ihm diese Chance eingeräumt. Für 2011 kaufte Gravity für D'Ambrosio das zweite Marussia-Virgin-Cockpit neben Timo Glock. Der Belgier verlor das Qualifying-Stallduell mit 5:14 und feierte zwei 14. Plätze als seine besten Rennergebnisse. Für 2012 musste er allerdings Charles Pic weichen, sodass er als Testfahrer nach Enstone (inzwischen Lotus) zurückkehrte. Zuvor hatten sich bereits einige andere Piloten für den einmaligen Einsatz beworben. Der Erste, der auf sich aufmerksam machte, war Rubens Barrichello: "Die Leute fragen, ob ich in Monza fahren würde, falls mich das Lotus-Team fragen sollte. Meine Antwort lautet JA!", twitterte der IndyCar-Pilot gestern. Noch am Sonntag hatte Boullier Adrian Sutil als Kandidaten in Betracht gezogen, der mit Manager Manfred Zimmermann in Spa-Francorchamps war, dessen Chancen aber mit nur 20 Prozent beziffert.

Alguersuari wäre bereit gestanden

Und heute brachte sich dann auch noch Ex-Toro-Rosso-Pilot Jaime Alguersuari, derzeit Pirelli-Testfahrer und BBC-Experte, ins Spiel: "Ich bin bereit zu fahren", wurde der Spanier von 'As' zitiert. "Lotus ist ein großes Team mit Möglichkeiten, und ich würde schon morgen ins Auto steigen, kein Problem. Natürlich habe ich keine Ahnung, wie die Chancen stehen, aber ich bin für alles bereit. Mehr kann ich nicht sagen, weil ich nicht mehr weiss."

Eine Prognose, wie gut sich D'Ambrosio in Monza schlagen wird, ist schwierig. Bisher sass er erst einmal ernsthaft im aktuellen E20, und zwar im Mai in Mugello - auf nasser Fahrbahn. "Der steht unter Druck, hat keine Testfahrten", weiss Karl Wendlinger. "Früher war es so, wenn ein neuer Fahrer eingestiegen ist, ist man davor testen gegangen. Das darf man jetzt nicht mehr. Und natürlich hat er ein Auto, mit dem er gut ausschauen kann, nicht eins, wo man sowieso hinterherfährt." Der ehemalige Formel-1-Pilot aus Österreich stimmt zu, dass ein Quereinsteiger ohne Tests genau wie Grosjean durchaus ein Gefahrenpotenzial mit sich bringt, "aber dann darfst du nie junge Leute in die Formel 1 holen", erklärt Wendlinger bei 'ServusTV' und bricht eine Lanze für D'Ambrosio: "Er hat einiges an Erfahrung, ist letztes Jahr den Marussia gefahren. Er hat einiges an Erfahrung und wird das schon hinbekommen."

Barrichello bot sich als Grosjean-Ersatz an

Sehnsucht nach der Formel 1: Rubens Barrichello

wünscht sich ein Comeback


Als Auslöser der Startkollision beim gestrigen Grand Prix von Belgien in Spa-Francorchamps muss Romain Grosjean am kommenden Wochenende in Monza zuschauen, weil ihn die FIA-Rennkommissare für ein Rennen gesperrt haben. Wer an seiner Stelle neben Kimi Räikkönen im zweiten Lotus sitzen wird, steht aber bereits fest.

Teamchef Eric Boullier bestätigte gestern Nachmittag, dass Testfahrer Jerome D'Ambrosio an Stelle von Romain Grosjean fahren wird. Gleichzeitig bot sich ein alter Bekannter aus der Ferne an: "Die Leute fragen, ob ich in Monza fahren würde, falls mich das Lotus-Team fragen sollte", twittert IndyCar-Pilot Rubens Barrichello, im Vorjahr noch mit Williams in der Formel 1. Und er macht keinen Hehl aus seiner Lust auf eine Rückkehr in die Königsklasse des Motorsports: "Meine Antwort lautet JA!"

Das Problem ist der Faktor Zeit, denn die Teams reisen direkt von Belgien nach Italien, wo schon ab Freitag in Monza WM-Lauf Nummer 13 beginnt. Dazwischen noch einen Sitz für einen externen Piloten wie Barrichello anzufertigen, wäre logistisch wohl nur sehr schwer machbar.

Räikkönen will den Sieg in Monza

Räikkönen hofft auf Unterstützung der Tifosi


Bei Lotus wird beim Grand Prix von Italien nicht nur Ex-Weltmeister Kimi Räikkönen im Fokus der Öffentlichkeit stehen, sondern auch sein neuer Teamkollege. Anstelle von Romain Grosjean, der als Verursacher des Startunfalls in Spa-Francorchamps für Monza gesperrt wurde, kommt der Testfahrer des Teams, Jerome D'Ambrosio, unverhofft zu seinem ersten Renneinsatz in dieser Saison. "Das ist eine große Gelegenheit und Herausforderung. Ich danke dem Team für ihr Vertrauen und die Möglichkeit, das Auto in Monza zu fahren", sagt D'Ambrosio.

"Ich werde alles tun, um bestmögliche Arbeit abzuliefern", verspricht der Belgier. "Ich habe ausserhalb des Autos in diesem Jahr hart an mir gearbeitet und versucht mich bestmöglich auf solch einen Fall vorzubereiten." Der 26-Jährige ist sich der Tatsache bewusst, dass er in Monza unter besonderer Beobachtung steht, will jedoch versuchen, das weitgehend auszublenden. "Ich konzentriere mich aufs Rennen. Ich bin im Vorjahr eine komplette Saison gefahren", sagt der Belgier, der sich daher für die Aufgabe gerüstet fühlt. "Dadurch weiss ich, wie ein Wochenende in der Formel 1 abläuft, ausserdem bin ich schon das gesamte Jahr beim Team. Ich weiss, wie viel bei einem Grand Prix zu tun ist, denn ich arbeit viel mit den Ingenieuren zusammen." D'Ambrosio verriet auch, dass er schon am Sonntag über seinen Einsatz informiert wurde: "Nachdem ich den Anruf erhalten hatte, bin ich am Sonntagabend zurück nach Spa gefahren und habe mit Ayao Komatsu gesprochen, der mein Renningenieur sein wird. Wir haben meinen Sitz überprüft und alles durchgesprochen. Ich werde einige Zeit im Simulator verbringen, um die Abläufe zu üben", beschreibt der Belgier seine Vorbereitung auf das Wochenende.

Räikkönen hofft auf Unterstützung der Tifosi

Dennoch weiss der 26-Jährige: "Es ist eine grosse Herausforderung, vor allem, weil ich in diesem Jahr nicht viel gefahren bin und Monza wegen des geringen Abtriebs einzigartig ist. Aber ich denke nicht daran, wie hart oder schwierig es werden könnte, sondern will mich darauf konzentrieren, was ich erreichen kann. Es wird nicht einfach, aber ich bin ja bereits ein Teil des Teams, kenne alle und kann auf ihre Unterstützung zählen. Ich werde mich zu 100 Prozent darauf konzentrieren, die Freien Trainings bestmöglich auszunutzen, das könnte an diesem Wochenende der Schlüssel sein", so D'Ambrosio.

Teamkollege Räikkönen freut sich auf seine Rückkehr nach Italien. "Monza ist die Heimat der Tifosi, aber es werden auch viele finische Fans dort sein. Wir fahren dort wirklich, wirklich schnell. Als ich zum letzten Mal in Monza gefahren bin, war ich Ferrari-Fahrer. Ich habe die Atmosphäre dort immer genossen, aber als Ferrari-Fahrer ist es natürlich etwas sehr Spezielles. Ich hoffe, die Fans mögen mich immer noch, selbst wenn ich vor einem Ferrari fahren sollte", so der Finne. "Ich freue mich auf die Fans und denke, es würde ein ganz besonderes Gefühl sein, dort auch als Lotus-Fahrer auf dem Podium zu stehen."

In Spa stand der 32-Jährige als Dritter zum sechsten Mal in dieser Saison auf dem Siegerpodium, und dass, obwohl das Handling seines E20 alles andere als optimal war. "Mein Auto war nicht angenehm zu fahren, wir hatten am gesamten Wochenende Probleme. Dennoch konnten wir im Qualifying um die zweite Reihe kämpfen. Ich hatte kein einfaches Rennen erwartet, und im Endeffekt wurde es recht schwierig. Da das Auto stark rutschte, mussten wir mit mehr Abtrieb fahren, wodurch wir auf der Geraden langsamer waren."

Packendes Duell mit Schumacher in Spa

Besonders genossen hat der Finne den Zweikampf mit seinem alten Rivalen Michael Schumacher: "Es war ein interessantes Rennen mit Michael, der mich wegen der besseren Höchstgeschwindigkeit überholte. Deshalb konnte ich auch nicht kontern, denn ich war auf der Geraden hinter ihm im Drehzahlbegrenzer", erklärt Räikkönen, der Schumacher letztlich mit einem spektakulären Manöver vor der Eau Rouge bezwang: "Ich musste die Chance nutzen, ihn unter Einsatz des KERS vor Eau Rouge zu überholen. Es ist immer gut, ein Auto zu überholen, und Michael macht es dir nie leicht. Das Manöver hat sich ausgezahlt, aber er hat mich fast wieder erwischt, weil ich einfach zu langsam war. "Ich habe mich über den dritten Platz in Monza gefreut, bin jetzt wieder Vierter in der Fahrerwertung", sagt der 32-Jährige, dem die kurze Pause zwischen Spa und Monza nichts ausmacht. "Die meisten Rennfahrer wollen Rennen fahren. Das ist das, was wir tun. Es ist unsere Leidenschaft. Daher freue ich mich auf diese aufeinanderfolgenden Rennen, vor allem wenn es sich um Strecken wie Spa-Francorchamps und Monza handelt." Doch seine Bilanz auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Italien ist noch ausbaufähig, ganz oben stand Räikkönen dort noch nie. "Es stimmt, ich habe noch nie in Italien gewonnen. Aus verschiedenen Gründen hat es bisher nicht funktioniert." Der Finne sieht das jedoch nicht als schlechtes Omen: "Das bedeutet aber nicht, dass mir die Strecke nicht liegt. Nur weil ich in der Vergangenheit auf einer Strecke noch nicht gewonnen habe bedeutet das nicht, dass ich in der Zukunft dort nicht siegen oder ein gutes Resultat erzielen kann." In den Jahren 2006. 2007 und 2009 stand Räikkönen in Monza auf dem Podium.

Lotus kämpft gegen den Monza-Fluch

"Hoffentlich haben wir dieses Mal eine realistische Chance im Kampf um den Sieg", sagt der Finne. Beim Blick auf die Teamhistorie stehen die Chancen darauf jedoch nicht allzu gut, denn Lotus gelang bisher nur 1995 unter dem Namen Benetton durch Johnny Herbert ein Sieg in Monza. Letztmalig stand 2005 mit Renault-Pilot Giancarlo Fisichella ein Fahrer des Teams aus Enstone dort auf dem Podium. D'Ambrosio hingegen hatte in Italien schon positive Resultate: "Hier stand ich in der GP2 zum letzten Mal auf dem Podium, daher habe ich gute Erinnerungen an Monza. Wegen des geringen Abtriebs ist es eine sehr anspruchsvolle Strecke. Es ist auch eine ganz besondere Veranstaltung, denn es ist das letzte Rennen in Europa, und in Monza herrscht immer eine ganz besondere Atmosphäre. Ich freue mich darauf." Im Vorjahr erlebte der Belgier bei Marussia-Virgin allerdings ein Rennen zum Vergessen. "Das war keine gute Vorbereitung, da mein Auto schon in der Aufwärmrunde ausgefallen ist. Ich hoffe, dass es in diesem Jahr besser läuft. Ich werde mich darauf konzentrieren, ein gutes Resultat zu erzielen und freue mich darauf, aus der Startaufstellung heraus auf die Startampeln zu blicken." Worauf es im königlichen Park ankommt, weiß D'Ambrosio bereits: "Monza ist durch hohe Geschwindigkeiten und wenig Abtrieb geprägt. Die Parabolica ist sehr wichtig und eine grossartige Kurve. Die Ascari ist auch nicht einfach. Es ist eine völlig andere Strecke, daher werde ich viel zu tun haben. Ich freue mich darauf, die Daten zu studieren, aber noch mehr freue ich mich aufs Fahren."

Auch für Räikkönen ist "Monza immer eine grosse Herausforderung. Verglichen mit den modernen Strecken ist sie einzigartige, und wegen des Layouts müssen wir das Auto völlig anders abstimmen. Um in Monza schnell zu sein, benötigst du ein Auto, das auch auf den Randsteinen aerodynamisch stabil ist", erklärt der Finne. "Ausserdem brauchst du einen starken Motor, da wir die meiste Zeit Vollgas fahren. Ich denke, wir sollten in beiden Bereichen recht gut sein, aber wir wissen erst exakt wie gut wir sein, wenn wir auf die Strecke gehen."

5.9.2012