Pirelli: Ein Stopp oder zwei Stopps?

Während Pirelli optimistisch ist,

dass man den Indien-Grand-Prix mit nur einem Stopp bestreiten kann, sind einige Fahrer und Teams diesbezüglich noch etwas skeptisch

Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel hat sich die 35. Pole seiner Karriere geholt (die fünfte in dieser Saison). Mit dem soften P Zero Yellow, der gemeinsam mit dem harten P Zero Silver für den indischen Grand Prix nominiert wurde, fuhr er eine Zeit von 1:25.283 Minuten. Vettel wurde mit jeder auf dem Buddh Circuit gefahrenen Session schneller.

Die Strecke, die während des Jahres nicht viel genutzt wird, entwickelte sich im Verlauf des Wochenendes und wurde immer schneller, je mehr Gummi sich ablagerte. So war Vettels Polezeit mehr als zwei Sekunden schneller als seine Bestmarke beim 1. Freien Training am Freitag. Viele Fahrer versuchten daher, zum Ende jeder Session ihre schnellen Runden zu fahren. Und diese Streckenentwicklung hatte natürlich auch Einfluss auf die Reifenstrategie. Q1 und Q2 blieben dadurch bis zur letzten Minute spannend.

Wie immer starteten die Teams in Q1 auf den harten Reifen. Nur HRT entschied sich für die weiche Mischung. Die führenden Piloten nutzen nur einen Satz Slicks, um sich den Rest für die folgenden Qualifying-Sessions und das Rennen zu sparen. Am Ende von Q1 entschieden sich weitere Piloten, auf den P Zero Yellow zu wechseln. Ferrari, Red Bull, McLaren und Kimi Räikkönen (Lotus) blieben auf dem P Zero Silver. Doch schon in Q2 waren alle mit den soften Reifen unterwegs. Die Temperatur war inzwischen auf 30 Grad gestiegen. Einige Pilot versuchten, sich durch "Slipstreaming" einen Vorteil zu verschaffen: Sie fuhren dicht hinter einem anderen Wagen im aerodynamischen Sog, um ihre Topgeschwindigkeit auf der Geraden zu maximieren.

Auch in Q3 kamen fast nur die soften Slicks zum Einsatz. Die einzige Ausnahme bildete eine Einführungsrunde von Mercedes-Pilot Nico Rosberg. Teamkollege Michael Schumacher schrieb sein schlechtes Abschneiden unter anderem den Reifen zu: "Bei mir ging es ja eher darum, wie man die Reifen vorbereitet und es ging nicht um die Qualität, daran liegt es nicht. Was man aber schon erkennen kann, ist, dass es in gewissen Situationen mal mehr und weniger Grip gibt. Das ist einfach so. Warum das so ist, das kann Pirelli wohl besser beantworten."

Rosberg unterdessen blieb gelassen, dass er keine gezeitete Runde fuhr, um Reifen zu sparen: "Es ist natürlich doof, nicht fahren zu können, aber wir haben halt alles hochgerechnet und so ist es letztendlich besser. Es macht so einen großen Unterschied für morgen, wenn man mit neuen Reifen startet oder mit gebrauchten. Morgen werden wir voraussichtlich nur einmal stoppen und da muss man dann mit den Reifen sehr lange fahren. Von daher ist das dann ein Vorteil." Vettel hatte in seiner ersten schnellen Runde einen kleinen Fahrfehler. Doch beim zweiten Versuch gelang ihm - wie im vergangenen Jahr in Indien - seine Polezeit. Zweiter wurde Vettels Teamkollege Mark Webber. Damit holte sich Red Bull das dritte Mal in Folge die ersten beiden Startplätze. Rosberg fuhr als einziger in Q3 keine Zeit und kann sich so aussuchen, mit welchen Reifen er morgen starten möchte. Der Große Preis von Indien ist erst das dritte Rennen in diesem Jahr, in dem es keine Strafversetzung von Fahrern in der Startaufstellung gibt.

"Nach diesem spannenden Qualifying haben wir schon einen ersten Eindruck von den Strategien für das Rennen", so Paul Hembery, Direktor Motorsport von Pirelli. "Die Entwicklung der Strecke wird weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Beide Slickmischungen haben eine gute Verschleissrate und arbeiten konstant. Wir gehen davon aus, dass sich die meisten Teams für eine Ein-Stopp-Strategie entscheiden werden. Je nach Auto kann der softe Reifen bis zu eine Sekunde pro Runde schneller sein als der harte Slick. Wie während der gesamten Saison kommt es neben dem Tempo auch auf die richtige Strategie an." Auch Red-Bull-Pilot Mark Webber kann sich vorstellen, dass eine Ein-Stopp-Strategie möglich ist, vertraut aber nicht ausschließlich auf Pirellis Empfehlungen: "Nun, ich weiss jetzt nicht, wie präzise ihre Vorhersagen in der Vergangenheit waren, doch wir können uns das natürlich anhören. Wir wissen aber auch: Bis zum Sonntag können sich die Dinge noch einmal verändern. Um ehrlich zu sein: Wir konzentrieren uns daher nicht nur auf das, was Pirelli vielleicht zu sagen hat. Am Sonntag hat sich für alle Teams wieder etwas verändert. Wir konzentrieren uns daher auf das, was wir am jeweiligen Tag für das Beste halten. Natürlich nehmen wir ihren Rat gern an, doch das ist nicht die Bibel. Schauen wir einmal, wie die Strategie aussehen wird. Ich denke, das Auto dürfte auch in den Bedingungen am Sonntag recht gut funktionieren. Das Team hat aber am Samstag eine sehr, sehr starke Leistung gezeigt, indem es uns beide in die erste Startreihe manövriert hat. Das war sehr gut."

Auch Teamchef Christian Horner äusserte sich gegenüber 'Sky UK F1' skeptisch: "In Südkorea hiess es am Samstag auch, dass ein Stopp möglich wäre. Unterm Strich wurde es am Sonntag beinahe ein Rennen mit drei Stopps. Wir müssen uns zunächst die Daten anschauen und dann die richtige Entscheidung treffen. Je mehr Gummi auf der Strecke liegt, desto schneller wird der Kurs. Das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Strategie. Gestern haben wir die Reifen nicht allzu hart rangenommen. Wir sollten also gut aussehen."

Jenson Button kann sich hingegen vorstellen, mit seinem McLaren mit nur einem Halt durchzukommen: "Es wird interessant. Man wird im Rennen sehr lange auf einem Satz Reifen unterwegs sein. Vor dem Start des Wochenendes sind die meisten Teams davon ausgegangen, dass man zweimal stoppen wird. Jetzt peilen die meisten ein Ein-Stopp-Rennen an." Wenn die Reifen haltbarer sind als gedacht, lassen sie sich umgekehrt häufig schlechter auf Temperatur bringen. Mit diesem Phänomen kämpfte auch Button: "Am bisherigen Wochenende hatten wir stets Problem mit dem Aufwärmen der Reifen. Das Team hat sich ein paar gute Sachen einfallen lassen, damit wir dieses Problem gewissermassen etwas umschiffen können."

28.10.2012