Ferrari im Tal der Tränen

Fernando Alonso nur Elfter,

Felipe Massa auf Rang 13: Ferrari wertet das Qualifying in Valencia als dicke Schlappe und hofft nun auf eine gute Rennleistung

Vor den Augen von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo lief bei Rot fast überhaupt nichts: Beim Qualifying zum Großen Preis von Europa in Valencia mussten Fernando Alonso und Felipe Massa eine empfindliche Niederlage einstecken. Das Ferrari-Duo verfehlte den Einzug in die Top 10 und wird den achten Grand Prix des Jahres nur von den Positionen elf und 13 aus in Angriff nehmen.

Besonders bitter: Alonso scheiterte um die Winzigkeit von 0,004 Sekunden am Weiterkommen, bei Massa waren es 0,067 Sekunden. Das konnte auch di Montezemolo kaum glauben. "Es brauchte nur ein paar Tausendstel, um Fernando und Felipe vom Einzug in Q3 abzuhalten. Das ist sehr schade", sagt das Oberhaupt der Scuderia. Es handele sich um eine verschenkte Gelegenheit, meint er. "Wenn wir uns die Rundenzeiten der letzten Teilsession und das Potenzial des Autos ansehen, dann hätten wir gut und gern um die vorderen Positionen kämpfen können. Ich bin sehr enttäuscht", sagt der Italiener. "Ich hatte nämlich auf Besseres gehofft. Die Startplätze geben nicht wieder, wie gut Ferrari am Samstag gearbeitet hat. Hinzu kommt noch: Auf dieser Strecke ist Überholen schwierig." Trotzdem wolle man nichts unversucht lassen. "Am Sonntag werden wir schauen, möglichst viel Nutzen aus unseren zwei frischen weichen Reifensätzen zu ziehen. Die Pneus spielen überhaupt eine entscheidende Rolle in dieser Meisterschaft. Es liegt an uns, sie bestmöglich einzusetzen", erklärt di Montezemolo in Valencia. Im Augenblick überwiegt bei Rot aber zweifelsfrei die Enttäuschung.

"Es gibt keinen Grund, das zu leugnen", meint Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali. "Q2 ist der härteste Teil der Qualifikation, weil in diesem Jahr alle so eng beisammen liegen. Es reicht schon ein kleines Nichts und du bezahlst einen hohen Preis. Das ist am Samstag unseren beiden Fahrern passiert. Die Startränge geben allerdings nicht das komplette Leistungsbild des F2012 wieder. Mit ihren Rundenzeiten aus Q2 wären Fernando und Felipe von den Plätzen sieben und neun gestartet. Wir hatten noch zwei frische weiche Reifensätze, die wir hätten ausnutzen können. Die Zeiten wären besser geworden. Die Schlussfolgerung daraus zu ziehen, überlasse ich jedem selbst", sagt der Italiener. "Das Rennen wird nun sicherlich schwieriger, denn wir starten so weit hinten."

Alonso rechnet mit einem Rückschlag

"Auf einer Strecke mit diesen Charakteristiken ist das definitiv nicht ideal. Jetzt müssen wir aber halt aus der Not eine Tugend machen und unsere zusätzlichen Reifensätze bestmöglich einsetzen", erklärt Domenicali und merkt an: "Außerdem müssen wir uns sehr intensiv mit unseren Strategieoptionen beschäftigen, um die verlorenen Positionen wieder gutzumachen." Dies sei die Mission für Sonntag.

Der enttäuschende Samstag wirkt aber wohl noch etwas nach. "Wenn du dich nicht für Q3 qualifizierst, dann ist das natürlich sehr traurig", sagt Alonso. "Das braucht man gar nicht verhehlen. Das war eine kalte Dusche, denn wir hatten hohe Erwartungen und auch das Potenzial des Autos hatte sich verbessert. So sehr, dass wir in Q2 lediglich drei Zehntel hinter der Bestzeit lagen. Jetzt ist es leicht, zu sagen, mit zwei frischen weichen Reifensätzen hätten wir es in Q2 geschafft. Dann würden wir aber jetzt vielleicht darüber klagen, dass wir in Q3 keine neuen Pneus mehr gehabt hätten. Hinterher ist man eben immer schlauer", meint der spanische Rennfahrer. "Wie auch immer: Wir waren nicht schnell genug, um es im zweiten Teil der Qualifikation in die Top 10 zu schaffen. Dadurch wird das Rennen natürlich schwieriger. Das Podest ist ausser Reichweite", sagt Alonso und fügt hinzu: "Hamilton steht in der ersten Reihe und wir rechnen damit, Punkte auf ihn zu verlieren. Das Rennen ist aber sehr lang und die Temperaturen dürften am Sonntag nochmals höher sein. Das bedeutet: Jeder wird bei seinem Reifenhaushalt sehr vorsichtig sein müssen", erläutert Alonso.

Massa hofft auf ein Comeback im Rennen

"Hoffen wir einfach, dass ich von der sauberen Seite der Startaufstellung rasch ein paar Positionen gutmachen kann. Dann werden wir probieren, das Beste aus unseren zwei frischen Reifensätzen zu machen. Das ist wenigstens ein kleiner Trost nach diesem schwierigen Nachmittag." Ein Nachmittag, der auch Massa beschäftigt. Auch der Brasilianer spricht von einem enttäuschenden Ergebnis. "Es ist wirklich frustrierend, um ein Zehntel den Einzug in Q1 zu verpassen. Es war ein enges Qualifying. Viele Fahrer lagen mit ihrer jeweiligen Leistung sehr eng beisammen. In Q2 lagen wir nur drei Zehntel hinter der Bestzeit zurück und flogen dennoch raus. Sehr schade, denn das Auto vermittelte mir ein sehr gutes Gefühl und ich fühlte mich dazu in der Lage, mit den Besten zu kämpfen."

"Die Startposition gibt nicht die Wahrheit wieder", meint Massa und merkt an: "Wir waren am Samstag gut genug, um einen Platz in den ersten drei Reihen zu belegen. Rückblickend ist es natürlich einfach, zu sagen, wir hätten die weichen Reifen in Q2 verwenden sollen. Wir wollten aber bestmöglich für Q3 aufgestellt sein. Q1 hatte ja gezeigt, dass wir mit der härteren Mischung sehr gut unterwegs waren. Am Sonntag wird die Strategie eine sehr wichtige Rolle spielen. Wir haben nun ja schon mehrfach gesehen, dass man selbst von etwas weiter hinten noch eine Chance haben kann, um vordere Positionen zu kämpfen - siehe Kanada", sagt Massa. "Wir sind natürlich heute nicht zufrieden, wissen aber, dass wir ein gutes Auto haben. Deshalb haben wir jede Chance, ein gutes Ergebnis einzufahren."

Immerhin läuft die Entwicklung rund

An diese Hoffnung klammert sich auch Ferraris Technischer Direktor Pat Fry, der sagt: "Das ist natürlich nicht das Ergebnis, auf das wir es abgesehen hatten. Es zeigt auch nicht, zu was wir in der Lage waren. Wir haben versucht, Q3 in der bestmöglichen Verfassung zu erreichen, um dann um die vorderen Startreihen zu kämpfen. Wir hatten daher noch zwei frische weiche Reifensätze übrig. Das könnte uns in Q2 etwas gekostet haben. Das ist sehr schade, denn wir könnten definitiv andere Startplätze haben. Wir werden nun aber versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben", kündigt der Brite an. "Wir wollen das Beste aus dem Start und aus der Strategie herausholen. Der Reifenverschleiss wird der Schlüsselfaktor sein. Zudem sind sogar noch höhere Temperaturen vorhergesagt. Sowohl Felipe als auch Fernando haben jeweils noch zwei frische weiche Reifensätze. Vielleicht spielt uns das ja in die Karten", meint Fry, dessen Piloten auch beim Start wählen dürfen, mit welcher Mischung sie den ersten Rennabschnitt bestreiten wollen. Das ist zumindest ein kleines Plus an einem sonst so schwierigen Nachmittag für Rot. Doch nicht alles lief schief für das Team aus Maranello. "Die Modifizierungen, die wir an diesem Wochenende am Start haben, funktionieren wie erwartet", sagt Fry, merkt aber an: "Andere Neuerungen, die wir hier erstmals ausprobiert haben, brauchen noch ein bisschen Entwicklungsarbeit. Insgesamt konnten wir der Spitzengruppe ein kleines Stück näher gelangen. Diese Gruppe ist aber nur unheimlich gross." Und im Qualifying wohl zu gross für Ferrari.

Alonso: "Da kann man nichts machen"


Für Fernando Alonso und die spanischen Fans verlief das Qualifying zum Grand Prix von Europa in Valencia nicht nach Wunsch. In Q2 fand sich der Ferrari-Pilot in letzter Minute außerhalb der Top 10 wieder und verpasste somit den Einzug in die dritte und entscheidende Qualifikationsrunde.

"Wir waren nicht schnell genug, hatten aber auch etwas Pech. Elf Autos lagen innerhalb von zwei Zehntelsekunden und wir waren Elfter", so Alonso, dem in Q2 unterm Strich vier Tausendstelsekunden auf Platz zehn (Kamui Kobayashi im Sauber) fehlten. In den Schlusssekunden verdrängte Lotus-Pilot Romain Grosjean mit einer Bestzeit den Lokalmatador noch aus den Top 10.

"Da kann man nichts machen", bedauert Alonso und blickt nach vorn: "Wir müssen versuchen, beim nächsten Mal etwas schneller zu sein. Hoffentlich können wir morgen vom elften Startplatz noch ein paar gute Punkte einfahren."

23.6.2012