Red Bull auch in Silverstone krass überlegen ?

In Valencia hatte Sebastian Vettel das Feld bis zu

seinem Ausfall klar im Griff

In Valencia war Red Bull vom reinen Tempo her überlegen, wie Sebastian Vettel mit seiner Fabelzeit im Qualifying und der dominanten Vorstellung im Rennen bis zu seinem Ausfall unter Beweis stellte. Nicht zuletzt aufgrund der neuen Öffnung am Unterboden war der RB8 den Fahrzeugen der gegnerischen Teams einen Schritt voraus.

Dass sich dieses Bild am Wochenende in Silverstone wiederholen wird, daran glaubt man zumindest im McLaren-Lager noch nicht. "Der Vorsprung von Red Bull war wahrscheinlich streckenspezifisch", urteilt Sam Michael, seit dem vergangenen Winter Sportdirektor in Woking. "Was uns betrifft, so kamen wir in Valencia noch nie sonderlich gut zurecht. Silverstone sollte den Stärken des McLaren eher entgegenkommen", glaubt der Brite. Michael weiss sehr wohl um den Schritt, den das Weltmeisterteam rund um Stardesigner Adrian Newey dank der Nachbesserung im Bereich des Diffusors getätigt hat. "Ich glaube aber nicht, dass Sebastian die Pace aus dem ersten Stint in Valencia wird wiederholen können. Wir werden bemüht sein, den Rückstand aufzuholen", sagt der McLaren-Sportdirektor und erinnert an das Rennwochenende in Barcelona: "Dort hatten wir im Qualifying fast sechs Zehntel Vorsprung. Da Silverstone ein ähnlicher Kurs ist, hoffen wir auf eine Wiederholung."

Den Vorsprung Vettels auf die Konkurrenz in Valencia führt Michael eher auf die Reifen und die besonderen Gegebenheiten des Stadtkurses als auf das Upgrade am Red Bull RB8 zurück. "Wir wissen, dass sie nur eine Kleinigkeit auf der Oberseite des Unterbodens verändert haben", spricht er die von Newey erdachte Öffnung an, durch die im Bereich des Diffusors eine Sogwirkung und somit mehr Abtrieb erzeugt wird. "Allein dadurch eine Sekunde pro Runde zu finden, wäre sehr ungewöhnlich", findet Michael. "Wir haben in diesem Jahr schon mehrfach gesehen, dass man unglaublich viel Grip erzeugen kann, wenn man es schafft, die Reifen ins richtige Betriebsfenster zu bekommen", setzt der McLaren-Sportdirektor fort und merkt an: "Sebastian hat es mit seinen Reifen im ersten Stint richtig fliegen lassen. Wir werden in Silverstone sehen, wo wir stehen. Ich wäre aber sehr überrascht, wenn Red Bull nach wie vor eine Sekunde vor dem Rest des Feldes liegt."

Vettel: Alles anders als in Valencia?


Nach der (unbelohnten) Galavorstellung in Valencia wünscht sich Sebastian Vettel auch für den bevorstehenden Grand Prix von Grossbritannien in Silverstone einen konkurrenzfähigen Red Bull. Der scheint momentan aufgrund des doppelten Unterbodens das schnellste Auto im Feld zu sein, aber ob sich das auch am kommenden Wochenende bestätigen wird? "Wir hoffen es", sagt Vettel.

"Silverstone ist eine ganz andere Strecke, was die Geschwindigkeit angeht. Valencia ist ziemlich langsam", hält er fest. "Vom Wetter her rechne ich auch mit ganz anderen Verhältnissen - 30 Grad und Sonnenschein in Silverstone würden mich überraschen, aber warum nicht? Vielleicht belehrt uns der englische Sommer dieses Jahr eines Besseren. Es wird interessant. Für uns ist wichtig, dass wir das Gefühl von Valencia bestätigen können - nicht das Ergebnis!" Am vergangenen Wochenende war Vettel einer der Stargäste beim legendären Festival of Speed in Goodwood. Am liebsten wäre er den Hügel mit einem ganz besonderen Auto hinaufgedonnert: "Ich liebe den 93er-McLaren, mit dem Ayrton Senna seine letzten Siege gefeiert hat", gibt der Red-Bull-Pilot zu. "Das war ein ganz anderes Auto als der Williams, technisch unterlegen. Aber was er damit erreicht hat, ist etwas ganz Besonderes."

Für die Geschichte der Formel 1 hat Vettel bekanntlich ein Faible: "Wenn du gerade in der Gegenwart lebst, denkst du nicht an die Vergangenheit. Aber Events wie dieser machen dir klar, wie bedeutend die Formel 1 schon immer war. Es ist eine Ehre, Teil davon zu sein", meint er andächtig. "Die Geschichte ist etwas ganz Besonderes. Wir müssen sicherstellen, dass wir sie nicht vergessen, und Events wie dieser erfüllen diesen Zweck perfekt." Die Frage nach dem besten Fahrer aller Zeiten lässt er unbeantwortet: "Jede Ära hatte ihren Helden. In den vergangenen Jahren war Michael herausragend. Davor war Ayrton derjenige, den es zu schlagen galt. Aber es hat schon immer grosse Fahrer gegeben", sagt Vettel, der momentan "ein paar" Kollegen sieht, die hervorstechen: "Fernando ist ein kompletter Fahrer, Lewis ist sehr schnell und Michael ist auch noch da. Ich finde nicht, dass er es verlernt hat."

Vettel: "Ich habe kein Problem mit Mark"


Eine der heissesten Personalien auf dem Fahrermarkt der Formel 1 ist derzeit Mark Webber. Der Vertrag des 35-Jährigen bei Red Bull läuft Ende des Jahres aus, und bisher haben sich weder er noch sein Team dazu geäußert, ob die Zusammenarbeit fortgesetzt werden soll. Würde der Australier das Team verlassen, käme der Fahrermarkt gewaltig in Bewegung, denn das Red-Bull-Cockpit dürfte zu den begehrtesten in der Formel 1 gehören, und die potenziellen Nachfolger Daniel Ricciardo und Jean-Eric Vergne drängen sich bei Toro Rosso derzeit nicht durch überzeugende Leistungen auf.

Nachdem das Verhältnis Webbers zu seinem Teamkollegen Sebastian Vettel nicht gerade als herzliche Freundschaft beschrieben werden kann, könnte sich der Gedanken aufdrängen, dass Vettel ein neuer Teamkollege nicht ungelegen käme. Aber der Weltmeister kann sich auch eine weitere Zusammenarbeit mit Webber vorstellen, nachdem da beide seiner Meinung nach zumindest bei der Arbeit mit dem Team recht gut zueinanderpassen.

"Wir arbeiten gut zusammen und wollen das Team in die gleiche Richtung bewegen. Wir haben ein ähnliches Verständnis für das Auto, es ist nicht so, dass unsere Abstimmungen das genau Gegenteil sind", wird Vettel von 'Autosport' zitiert. "Das hilft uns und bisher arbeiten wir gut zusammen. Ich kenne seine Vertragssituation nicht genau, aber im Moment macht er meiner Meinung nach einen guten Job." Vettel widerspricht der Vermutung, dass das persönliche Verhältnis der beiden Fahrer, die auch auf der Strecke schon einmal aneinandergerieten, problematisch sei. "Ich kann verstehen, warum die Leute denken, dass es ein Problem zwischen Mark und mir gäbe", sagt der 24-Jährige. "Wir sind vielleicht nicht die besten Freunde, aber ich habe kein Problem mit ihm und er hat kein Problem mit mir."

Sollte es jedoch zu einem Wechsel im zweiten Red-Bull-Cockpit kommen, hat Vettel bei der Personalentscheidung, anders als Fernando Alonso oder in früheren Jahren Michael Schumacher bei Ferrari, kein Mitspracherecht. "Das ist die Entscheidung von Christian (Horner, Teamchef) und dem Team und nicht meine. Ich könnte zwar sagen, was ich mir wünsche, aber ich weiss nicht, ob sie darauf Rücksicht nehmen würden", so Vettel.

Ferrari-Gerüchte rund um Vettel lassen Horner kalt


Dass in der sogenannten "Silly Season" nicht nur über die Zukunft der Fahrer spekuliert wird, deren Verträge am Ende des Jahres auslaufen, erlebt man 2012 in Form der Personalie Sebastian Vettel. Als Weltmeister der vergangenen beiden Jahre zählt der 24-Jährige naturgemäss zu den begehrtesten Fahrern im Starterfeld. In den vergangenen Wochen und Monaten wurde der Red-Bull-Pilot mehrmals mit Ferrari in Verbindung gebracht. Entsprechende Gerüchte wurden teilweise aus Maranello selbst befeuert.

So hatte Ferrari-Teamchef Stefano Domenicali kürzlich erklärt, dass er sich Vettel sehr gut als Teamkollegen von Fernando Alonso vorstellen könnte: "Ich denke, beide sind intelligente Jungs, die miteinander harmonieren könnten", sagte der Italiener. Zwar läuft Vettels Vertrag mit seinem jetzigen Team noch bis Ende 2014, doch hatte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko vor einiger Zeit enthüllt, dass der Heppenheimer unter bestimmten Bedingungen schon ein Jahr vorher aussteigen könnte. Sogar von einem Vorvertrag Vettels mit den Italienern war die Rede, doch dieses Gerücht wurde von Christian Horner nun entkräftet. "Das glaube ich kaum, denn alle Verträge werden vom Contract-Recognition-Board geprüft", sagt der Teamchef der Nachrichtenagentur 'Reuters'. Die Prüfung aller Verträge durch die FIA soll verhindern, dass Fahrer Vereinbarungen mit mehreren Teams gleichzeitig abschliessen.

Keine Gespräche mit Ferrari

Darüber hinaus hat Vettel seinem Teamchef gegenüber jeglichen Kontakt zu Ferrari dementiert. "Ich habe mit Sebastian gesprochen, und er hat klargestellt, dass er bisher weder mit Ferrari gesprochen noch irgendetwas unterschrieben hat", erklärt Horner, der dennoch glaubt: "Die Gerüchteküche wird aber weiterhin brodeln." Ein Zustand, an den sich der Brite mittlerweile gewöhnt hat. "Fast alle aus unserem Team wurden schon mit Ferrari in Verbindung gebracht, ob es nun Adrian, Mark oder Sebastian ist. Selbst ich sollte angeblich schon einmal dorthin wechseln", sagt Horner. Der Teamchef sieht derzeit für Vettel keinerlei Veranlassung, über einen Weggang von seinem langjährigen Partner Red Bull nachzudenken. "Sebastian fühlt sich wohl im Team, und das Team fühlt sich wohl mit ihm. Er ist jetzt seit über 12 Jahren bei Red Bull, und ich denke er wird noch einige Jahre lang bei uns sein", sagt Horner. "Ich mache mir keine Sorgen darüber, was Sebastian 2013, 2014 oder danach machen wird." Die zwischenmenschliche Verbindung zwischen Team und Fahrer ist für Horner dabei von entscheidenderer Bedeutung als schriftliche Verträge. "Letztendlich ist ein Vertrag nur ein Stück Papier, was wiedergibt, was wir vereinbart haben. Die Beziehung zwischen einem Team und einem Fahrer geht viel tiefer. Damit ein Fahrer seine Bestleistung abrufen kann, muss es sich in seiner Umgebung wohlfühlen und Vertrauen zum Team haben. Das Gleiche gilt in umgekehrter Weise für das Team", sagt der Brite. "Es ist ein gegenseitiges Geben und Nehmen, und das ist mit Sebastian sehr ausgeprägt." Daher ist sich Horner sicher, dass es Vettel so schnell zu keinem anderen Team ziehen wird. "Ich glaube nicht, dass er unbedingt zu Ferrari möchte. Er ist sehr glücklich über seine Situation, er erzielt bei uns grossartige Resultate und konzentriert sich darauf, viele weitere Erfolge zu feiern."

Wird mit Webber verlängert?

Neben Vettel wurde auch sein Teamkollege Mark Webber mit Ferrari in Verbindung gebracht. Der Vertrag des 35-Jährigen läuft Ende 2012 aus, Gerüchte sahen den Australier in der kommenden Saison als Teamkollegen von Alonso, wo Webber allerdings nur eine Übergangslösung wäre. Das nicht immer spannungsfreie Verhältnis zu Vettel und die vergleichsweise schwache Saison 2011 hatten zu Spekulationen über einen möglichen Teamwechsel Webbers geführt. Doch derzeit stehen die Zeichen eher auf eine Vertragsverlängerung bei Red Bull. Am Wochenende hatte Vettel erklärt, dass er sich eine weitere Zusammenarbeit mit Webber sehr gut vorstellen könnte, und auch Horner sendet entsprechende Signale. "Mark macht einen grossartigen Job. Er fährt in diesem Jahr sehr gut, seine Stärke ist vor allem die Konstanz", lobt der Teamchef seinen Piloten. "Er hat wieder Spass am Fahren und beide zusammen sind eine starke Paarung."

Ähnlich wie zuvor Vettel erklärt auch Horner, dass beide Fahrer bei der Arbeit im Team gut miteinander harmonieren. "Ihr Fahrstil ist sehr ähnlich, und für uns ist es wichtig zwei Fahrer zu haben, die sich gegenseitig zu Bestleistungen antreiben." In nächster Zeit soll daher eine Entscheidung über eine weitere Zusammenarbeit fallen. "Wir werden uns in den kommenden Wochen zusammensetzen und mit Mark über die Zukunft sprechen", so Horner.

5.7.2012