Caterham setzt in Hockenheim auf Angriff

Heikki Kovalainen möchte sein Caterham-Auto

nochmals verbessern


Der ganz grosse Fortschritt fiel ins Wasser: Weil die Freien Trainings in Silverstone im Zeichen des britischen Regens standen, konnten die Formel-1-Teams nur bedingt an ihren Fahrzeugen arbeiten. Caterham traf dies besonders hart. Der malaysisch-britische Rennstall hatte in Grossbritannien ein recht umfangreiches Paket dabei, das angesichts des Wetters kaum evaluiert werden konnte.

Deshalb fällt das Wochenend-Fazit rückblickend auch nur bedingt positiv aus. "In Silverstone haben wir eigentlich kein verbessertes Tempo gesehen", sagt Caterham-Fahrer Heikki Kovalainen bei 'Sky Sports'. "Die Bedingungen am Freitag hatten es uns aber auch schwierig gemacht, unsere Updates einzuschätzen. An diesem Wochenende werden wir da aber weitermachen", kündigt der Finne an.

"Es gibt noch etwas, was wir daran machen können, um unser Paket zu optimieren. Ich bin da sehr zuversichtlich. Wenn es uns gelingt, das Auto in eine Balance zu bringen, dann können wir mehr aus dem Fahrzeug herausholen", meint Kovalainen. Ziel ist und bleibt, es noch in diesem Jahr und vor allem regelmäßig mit den langjährigen Teams aufzunehmen. "Wie etwa in Valencia", sagt Kovalainen. "Hoffentlich kommen wir wieder auf ein ähnliches Niveau. In Valencia konnten wir schliesslich einige Autos vor uns angreifen und Toro Rosso im Qualifying sogar schlagen. Das ist die Art von Trend, die wir bis zum Saisonende sehen wollen - und das auf unterschiedlichen Rennstrecken, nicht nur auf Stadtkursen", erklärt Kovalainen. Dann wären die ersten WM-Punkte auch nicht mehr gar so fern ...

Kovalainen wird Rennjubiläum "gar nicht feiern"


Caterham-Pilot Heikki Kovalainen bestreitet am Wochenende seinen einhundertsten Formel-1-Grand-Prix, doch in Feierlaune ist der Finne angesichts seines Jubiläums überhaupt nicht. "Ich werde das wahrscheinlich gar nicht feiern", sagt Kovalainen bei 'Sky Sports' und merkt an: "Es ist nichts, was mir viel bedeuten würde. Hoffentlich folgen noch viele weitere Grands Prix. Ich konzentriere mich einzig und alleine darauf, dem Team zu helfen."

In seinen bisher 98 Rennteilnahmen - beim Grossen Preis von Spanien 2010 trat Kovalainen nach einem Getriebedefekt gar nicht an - erzielte er einen Sieg. Dieser erfolgte 2008 beim Grossen Preis von Ungarn in seinem 28. Formel-1-Rennen.

Caterham will in Hockenheim Upgrades optimieren


Beim Caterham-Team herrscht momentan Aufbruchsstimmung. Das kleine Team um den malaysischen Grossunternehmer Tony Fernandes gehörte im letzten Jahr unter seinem alten Namen Lotus noch zu den absoluten Hinterbänkler-Teams, stellte durch eine Vielzahl an Upgrades und Verbesserungen aber im Verlauf der aktuellen Saison den Anschluss zum hinteren Mittelfeld her und nimmt es mittlerweile schon mit dem Red-Bull-Tochterteam Toro Rosso auf.

Zuletzt in Silverstone machte das Wetter dem Rennstall ein bisschen einen Strich durch die Rechnung. Das neue Upgrade - eine verbesserte Aerodynamik, gepaart mit einem neuartigen Auspuffsystem - konnte aufgrund des starken Regens am Freitag nicht optimiert werden. Beim anstehenden Rennen in Hockenheim besteht daher Nachholbedarf. Der Deutschland Grand Prix soll nicht nur eine weitere Verbesserung mit sich bringen - langfristig möchte sich Caterham im Mittelfeld etablieren -, es handelt sich beim Rennen in Baden-Württemberg auch um ein Jubiläum. "Als nächstes steht Hockenheim an, wo ich mein 100. Grand-Prix-Wochenende bestreiten werde", freut sich Caterham-Pilot Heikki Kovalainen. "Das ist eine tolle Errungenschaft und ich bin froh, dass ich es mit einem Team aus sehr guten Leuten und vielen Freunden aus dem Fahrerlager feiern kann. Was die Strecke angeht, kehren wir wieder auf einen Kurs zurück, der im Vergleich zu Silverstone zwar langsamer ist, aber auch einige Vollgas-Passagen aufweist", beschreibt der Finne die Rennstrecke, die im Jahr 2002 aufwändig umgebaut wurde. "Früher war es die schnellste Strecke im Rennkalender, doch seitdem sie umgebaut wurde, benötigt man ein Auto, das über eine gute Balance zwischen Traktion für die langsamen und über einen hohen Top-Speed für die Überholmöglichkeit vor Kurve sechs verfügt."

Ungebrochener Optimismus bei Kovalainen

"Eines unserer Hauptziele wird sein, so viel Zeit wie möglich auf der Strecke zu verbringen, da wir immer noch an den Updates arbeiten, die wir in Silverstone eingeführt haben. Wir haben noch nicht so viel aus ihnen herausgeholt wie gewünscht, vor allem weil wir nur wenig im Trockenen fahren konnten. Hoffentlich wird es am Freitag trocken bleiben, damit wir verschiedene Abstimmungsmöglichkeiten durchprobieren und noch mehr Speed finden können, der definitiv vorhanden ist." Aufgrund der momentan in Deutschland vorherrschenden Schlechtwetterlage könnte es auch in Hockenheim am Wochenende regnen. Das spiele laut Kovalainen aber keine wirkliche Rolle, der Optimismus ist offenbar ungebrochen: "Wie immer das Wetter auch werden wird, das Rennwochenende wird positiv verlaufen", so der 30-Jährige zuversichtlich. "Die deutschen Fans sind ungefähr so passioniert wie in anderen Ländern, in die wir reisen und es herrscht an der gesamten Strecke eine tolle Atmosphäre. Ich kann mich noch an meine Zeit bei McLaren erinnern, als ich an der Mercedes-Tribüne vorbeifuhr und die Zuschauer in einer Choreographie meinen Namen gebildet haben. Das war echt cool. Auch wenn dort dieses Jahr andere Namen stehen werden, wird mir wie immer ein herzlicher Empfang bereitet werden."

Kompliment an die deutschen Fans

Teamkollege Witali Petrow konnte aufgrund eines Motorenproblems das vergangene Rennen in Silverstone gar nicht erst aufnehmen. "Nun geht es nach Hockenheim, eine wirklich gute Strecke", blickt der Russe voraus. "Sie ist technisch recht anspruchsvoll und es ist eine richtige Herausforderung, ein gutes Set-up zu finden. Das wird für uns extrem wichtig sein, da wir viel Zeit auf der Strecke benötigen um die Updates, die wir in Silverstone brachten, zu optimieren. Die grundsätzlichen Verbesserungen sind da, doch wir müssen noch an der aerodynamischen Balance arbeiten. Dann wird denke ich jeder erkennen, dass sie sich bezahlt gemacht haben." Ein Kompliment hat der 27-Jährige für die deutschen Fans parat: "Besonders toll an Deutschland ist die Atmosphäre, vor allem in Hockenheim. An der Strecke sind immer so viele Fans, die ähnlich drauf sind wie die britischen", stellt Petrow fest. "Sie kennen sich gut im Sport aus und die Veranstalter bieten eine gute Zusammenstellung an Events. Wir haben auf und sie haben abseits der Strecke also ein gutes Wochenende. Ich mag die gesamte Strecke und wenn man sich die richtige Stelle aussucht, kann man einen Grossteil der Strecke überblicken. Eine der besten Passagen ist der Stadionkomplex. Eines Tages setze ich mir vielleicht eine Maske auf, mische mich unter die Fans und schaue, wie es da so ist. Es wäre schön, dort hinzugehen und sich das anzuschauen. Doch ich denke, wenn ich mich nicht verkleiden würde, würde ich da gar nicht mehr wegkommen!"

Smith zuversichtlich: "Können da hinkommen, wo wir hin wollen"

Mark Smith
, Technischer Direktor bei Caterham, will bei den anstehenden beiden Rennen in Deutschland und Ungarn vor allem die vom Team gesteckten Ziele erreichen: "Die beiden aufeinanderfolgenden Rennwochenende in Deutschland und Ungarn bilden die beiden letzten Rennen vor der Sommerpause und beide geben uns die Möglichkeit, auf das Leistungslevel zu kommen, das wir uns für diesen Zeitpunkt in der Saison als Ziel gesetzt haben", so Smith. "Zuerst geht es nach Hockenheim, wo wir zuletzt im Jahre 2010 gefahren sind. Seitdem hat sich das Team definitiv stark verbessert und nun können wir es realistisch mit ein paar Autos vor uns aufnehmen. In Silverstone konnten wir noch nicht das Optimum aus unserem neuen Aerodynamik-Paket herausholen, doch die speziellen Anforderungen in Hockenheim geben uns eine neue Chance, dies zu bewerkstelligen. Wir werden außerdem mehr Zeit haben, um die Daten zu analysieren, die wir während des letzten Rennwochenendes sammeln konnten. Von daher bin ich zuversichtlich, dass wir da hinkommen können, wo wir hin wollen."

Zwar werden auf dem Hockenheimring Geschwindigkeiten jenseits der 300 km/h erreicht, besonders materialmordend sei die Strecke laut Smith aber nicht: "In technischer Hinsicht liegt Hockenheim über all im Mittelmaß: Der Bremsenverschleiß und die Bremskühlung ist medium, der Level an Abtrieb muss zwischen medium und hoch betragen und der Motor und das Getriebe werden mittelmässig stark beansprucht. Das bedeutet, dass die Fahrer die ganze Runde lang aggressiv zu Werke gehen können, wodurch die Ingenieure gefordert sind, ein Set-up zu finden, das es ihnen ermöglicht, so hart wie möglich angreifen zu können - sowohl auf den langen Geraden als auch im verwinkelten Stadionkomplex. Wenn uns das gelingt und wir das Auspuffsystem und die Karosserie noch verbessern können, dann können wir denke ich ein gutes Wochenende haben."

Fernandes nennt Saison "aussergewöhnlich"

Teamchef Tony Fernandes
spricht schon zur Saisonhalbzeit von einer aussergewöhnlichen Saison und sieht sein Team auf dem richtigen Weg: "Sowohl das Rennen in Deutschland als auch das in Ungarn werden uns die Möglichkeit geben, zurück auf den Kurs zu gehen, buchstäblich und metaphorisch gesehen", so der Malaysier. "Das Team wird nach dem Rennen in Budapest eine wohlverdiente Pause einlegen, doch davor brauchen wir noch zwei starke Rennwochenenden, bei denen wir Nutzen aus der harten Arbeit des Teams in der Designabteilung und dem Windtunnel im ganzen Jahr ziehen können. In Silverstone konnten wir aus einigen Gründen nicht zeigen, inwieweit wir uns verbessert haben. Doch ich bin mir sicherer denn je, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen und dass sich unser Einsatz bald auszahlen wird. Dies ist eine aussergewöhnliche Saison. Wir sind immer noch ein kleines Team, doch haben in diesem Jahr schon große Fortschritte erzielt. Mit ein bisschen Glück und noch härterer Arbeit können wir meiner Meinung nach den Sprung ins Mittelfeld schaffen und in die vor uns herrschenden Positionskämpfe eingreifen. Wir haben die Leute, die uns bei diesem Vorhaben helfen und nach dem Rennen in Ungarn werden wir in unseren neuen Stützpunkt in Leafield einziehen, wo wir das nächste Kapitel unserer aussergewöhnlichen Teamgeschichte aufschlagen werden."

Caterham beginnt Renovierung in Leafield

Das Caterham-Team bezieht die ehemalige

Arrows-Fabrik in Leafield


Aufbruchstimmung beim Caterham-Team: Der malaysisch-britische Rennstall von Tony Fernandes hat heute mit der Renovierung der neuen Fabrik in Leafield begonnen. Caterham war bisher im weiter nördlich gelegenen Hingham stationiert, doch das Formel-1-Team ist die erste Abteilung der im November 2011 gegründeten Caterham-Gruppe, die übersiedelt.

"Die Arbeit in Leafield hat begonnen", bestätigt Fernandes. "Unsere erste Aufgabe ist, die gesamte Anlage zu renovieren und auf eine lange und erfolgreiche Zukunft vorzubereiten. Während diese Arbeiten stattfinden, haben die LKWs des Formel-1-Teams Hingham zum letzten Mal mit den 2012er-Rennautos verlassen. Das nächste Mal, wenn sie nach Großbritannien kommen, werden sie direkt nach Leafield fahren. Das sind exzellente Nachrichten für jeden, der mit der Caterham-Gruppe in Verbindung steht."

Das Formel-1- und GP2-Team wird unmittelbar nach dem Grand Prix von Ungarn in der letzten Juli-Woche erstmals in Leafield aufschlagen - mit 200 Mitarbeitern. "Wir haben jetzt den wichtigsten Punkt in unserer Entwicklung erreicht", unterstreicht Fernandes. Ende Oktober dieses Jahres soll die Renovierung abgeschlossen sein. "Dann sind wir auf Augenhöhe mit den Teams, die wir in der Formel 1 einholen wollen", glaubt der Caterham-Teamchef.

Nach den Motorsport-Abteilungen soll auch Caterham Cars (Sportwagen) nach Leafield übersiedeln. Caterham Composites (Verbundstoffe) wird in Hingham bleiben, Caterham Technology & Innovation (Forschung) in Deutschland - zumindest mit den Büros. Die Produktion soll nach Hingham verlagert werden. Doch Herzstück bleibt natürlich das Formel-1-Team, das sich vom neuen Standort mitten im britischen Motorsport-Cluster auch personell Vorteile erhofft.

"Leafield ist perfekt für unsere Bedürfnisse", erklärt Technikchef Mark Smith. "Einer der Vorteile ist, dass Mitarbeiter eher zu uns kommen werden. Seit ich 2011 zum Team gekommen bin, wollten wir mehrere Leute nach Norfolk bringen, die aber mit ihren Familien nicht aus dem 'Motorsport-Valley' übersiedeln wollten, wo alle britischen Formel-1-Teams und ihre assoziierten Zuliefererketten und Partner stationiert sind."

Doch diese Hürde entfällt nun: "Jetzt, wo Leafield offen ist, haben wir keine Barrieren mehr", schwärmt Smith von der ehemaligen Arrows- und Super-Aguri-Fabrik. "Wir befinden uns im Herzen der Motorsport-Industrie - nicht nur in Grossbritannien, sondern weltweit - und wir haben einen aggressiven Beschäftigungsplan, der uns dabei helfen wird, uns in der Startaufstellung weiter nach vorne zu arbeiten."

19.7.2012