Button fürchtet Kobayashi mehr als Mercedes

Im Qualifying waren die Temperaturen für

Jenson Button etwas zu niedrig

Nach zwei zweiten Startplätzen in Australien und Malaysia, jeweils hinter Lewis Hamilton, wird Jenson Button morgen erstmals vor seinem McLaren-Teamkollegen in ein Rennen der Formel-1-Saison 2012 gehen. Allerdings hat er diesen kleinen Erfolg beim Grand Prix von China nicht seiner Qualifying-Performance zu verdanken, sondern der Tatsache, dass Hamilton um fünf Positionen nach hinten versetzt wird.

Qualifiziert hatte sich Button nämlich als Sechster, eine halbe Sekunde hinter seinem Teamkollegen, aber durch dessen Strafe rückt er zumindest um einen Platz auf. Ein überragender Qualifyer war der Brite bekanntlich noch nie. Umso mehr gilt er als begnadeter Racer. "Wir können auch vom fünften und siebten Startplatz Rennen gewinnen, wie wir in der Vergangenheit bewiesen haben. Ich hatte schon von viel weiter hinten gute Rennen", sagt der Auftaktsieger von Australien selbstbewusst.

Podium als Mindestziel

Vom fünften Startplatz aus rechnet er "definitiv" mindestens mit einem Podestplatz: "Das Ziel muss der Sieg bleiben", geht Button sogar einen Schritt weiter. "Es wird von unserem Startplatz aus nicht einfach, aber die meisten Autos vor uns sind im Qualifying schneller als im Rennen. Das ungewöhnlichste Auto da vorne ist Kobayashi. Ihre Pace scheint auf den Longruns sehr gut zu sein. Ihn zu schlagen, wird sehr schwierig. Die Rennpace von Mercedes war bisher nicht die schnellste, aber die Rennpace von Sauber war zuletzt die beste überhaupt." Vor dem Mercedes-Duo Rosberg/Schumacher, das in der ersten Reihe steht, hat er hingegen keine Angst: "Die Rennpace von Mercedes in der ersten Reihe ist nicht so gut wie die der Autos dahinter." Bereitet dir nicht einmal Nico Rosbergs grosser Vorsprung von mehr als einer halben Sekunde Sorgen, Jenson? "Nein", winkt er gelassen ab. "Nico hat eine perfekte Runde hingebracht, die Jungs hinter ihm nicht. Der Abstand erscheint groß, aber ich glaube nicht, dass das auch im Rennen so sein wird."

Button hofft, dass das morgige Rennen ähnlich wie Schanghai 2011 zu einer Reifenschlacht wird. Zur Erinnerung: Im Vorjahr wurde Sebastian Vettel kurz vor Schluss noch von Hamilton überholt, obwohl der Red Bull eigentlich das bessere Auto war. McLaren sollte also für die Renndistanz trotz des eher durchschnittlichen Qualifyings sehr gut aufgestellt sein, aber natürlich hätte sich Button insgeheim trotzdem mehr erhofft als den sechsten Platz in der Ergebnisliste.

Probleme bei niedrigen Temperaturen

Das lag vor allem am fehlenden Grip vorne. "Ich bin überrascht, überhaupt Sechster zu sein. Ich dachte, ich wäre weiter hinten", so der 32-Jährige, der den Kontakt zu den Schnellsten immer mehr verlor, je kühler es gegen Ende der Session wurde. "Heute Morgen fühlte sich das Auto wirklich gut an. Als die Strecke heiß war, war ich sehr glücklich und ich hatte grosses Vertrauen ins Auto. Also haben wir nicht viel geändert." Doch dann nahm er Q1 mit weichen Pirelli-Reifen in Angriff. "Das war ein Fehler", gibt Button zu. In Q2 litt er plötzlich an Untersteuern, "aber ich dachte, dass ich mit ein paar kleinen Änderungen gute Chancen haben würde. Dann bekam ich in Q3 die Vorderreifen nicht zum Arbeiten, ganz anders als im dritten Freien Training. Die Temperaturen waren gesunken. Ich weiß, das sage ich oft, aber es ist die Wahrheit", seufzt er. Als Ausrede will er das Argument mit der Streckentemperatur, die während der Session tatsächlich von 26 auf 22 Grad Celsius absank, aber nicht verstanden wissen: "Daran muss ich persönlich arbeiten, aber ich glaube, wir können uns da auch als Team verbessern", sagt Button selbstkritisch. "Bei niedrigen Temperaturen habe ich dieses Wochenende alles probiert, aber da geht einfach nichts. Wenn es etwas wärmer ist, fühlt sich das Auto großartig an. Ich hoffe also auf einen heissen Tag."

McLaren geschlagen aber zuversichtlich


Lewis Hamilton fuhr in der Qualifikation zum Grossen Preis von China in Schanghai mit 0,505 Sekunden Rückstand zwar auf die zweite Position, für ihn geht es jedoch aufgrund eines Getriebewechsels um fünf Plätze nach hinten. Teamkollege Jenson Button kommt dadurch von Rang sechs auf die fünfte Position. Der Brite war um 1,070 Sekunden langsamer als Rosberg Mercedes.

"Heute geht meine sehr herzliche Gratulation an Nico", so Hamilton. "Wir trafen uns das erste Mal 1997 und waren 2000 Teamkollegen. Seit jeher waren wir gute Freunde. Als wir Teamkollegen waren, träumten wir immer davon, uns zusammen in der Formel 1 auf den Positionen eins und zwei zu qualifizieren. Es ist verrückt, dass wir das heute geschafft haben. Wenn ich auf das Rennen blicke, verfügen wir über ein gutes Auto. Aber ich werde mir morgen meinen Weg durch das Feld nach vorne bahnen müssen", spricht der Ex-Weltmeister die Strafversetzung um fünf Positionen wegen des Getriebewechsels an. "Aber solange ich im Rennen nach vorne komme, werde ich glücklich sein. Ich habe mein Auto so abgestimmt, dass es im Rennen am stärksten ist. Auch wenn Jenson und ich etwas weiter hinten stehen, als wir dies gerne gehabt hätten, und wir etwas Arbeit vor uns liegen haben, können wir es dennoch immer noch schaffen. In der Startaufstellung liegen vor uns ein paar gute Fahrer, aber in Bezug auf die Geschwindigkeit im Rennen können wir mit ihnen mithalten. Dies ist eine Strecke, auf der du überholen kannst, zudem haben wir noch das DRS - ich bin aus diesem Grund vor dem morgigen Tag extrem aufgeregt."

"Im ersten Qualifying-Durchgang sind wir auf den weicheren Reifen auf die Strecke gegangen", so Button. "Wir fuhren eine Zeit, als es die meisten anderen nicht taten. Im zweiten Qualifying-Durchgang hatte ich das Gefühl, dass ich über zu starkes Untersteuern leide, also nahmen wir für den dritten Durchgang ein paar wenige Anpassungen vor. Ich konnte jedoch spüren, dass die Temperaturen in dieser letzten Einheit zurückgingen. Ich denke, dass wir einfach etwas zu spät auf die Strecke gegangen sind. Natürlich ist das etwas enttäuschend, aber unsere Geschwindigkeit scheint im Rennen sehr gut zu sein. Es wird schwierig sein, die Vorderreifen auf Temperatur zu bekommen, wenn es morgen kühl ist. Aber das ist für mich nicht unglücklich. So ist es nun einmal, und ich hoffe, dass wir vom fünften Rang in der Startaufstellung ein gutes Rennen haben können. Unser Ziel wird es sein, um den Sieg zu fahren. Das wird nicht einfach, aber wir sollten schlussendlich so schnell oder schneller sein als die meisten Autos vor uns im Rennen. Der Unübliche ist Kamui, der eine sehr gute Longrun-Geschwindigkeit zu haben scheint."

"Zunächst einmal möchte ich Mercedes gratulieren", so Teamchef Martin Whitmarsh. "Für sie hat Nico heute Nachmittag seine allererste Pole-Position geholt. Dies war eine besondere Qualifying-Einheit, in der die Haftungsniveaus ungewöhnlich unvorhersehbar waren. Während des dritten Qualifying-Durchgangs gingen die Luft- und Asphalttemperaturen rapide zurück, als der darüber liegende Himmel plötzlich bedeckt war. Der Kurs wurde dadurch spürbar langsamer. Nico, der in der Einheit schon früh eine sehr gute Runde gefahren war, war aus diesem Grund unantastbar. Jenson, der später auf die Strecke ging, fand einen Streckenasphalt vor sich, der weniger Haftung bot als zuvor, und das unvermeidbare Ergebnis war für ihn eine langsamer als erwartete Rundenzeit. Aber das war nicht sein Fehler, praktisch alle, die am Ende des dritten Qualifying-Durchgangs auf die Strecke gingen, zeigten entweder eine langsamere Rundenzeit, als sie sich erhofft hatten, oder brachen sie sogar ab, so wie das Lewis gemacht hat. Im Hinblick auf den morgigen Tag sind wir jedoch zuversichtlich, dass wir über zwei konkurrenzfähige Rennfahrzeuge verfügen können. Von der fünften und siebten Position respektive werden Jenson und Lewis das Rennen mit ihrer bekannten kontrollierten Kämpfernatur aus angehen."

Hamilton gratuliert Rosberg: "Es ist fantastisch"


Lewis Hamilton fuhr in der Qualifikation zum Grossen Preis von China in Schanghai auf Rang zwei und musste sich Nico Rosberg um mehr als eine halbe Sekunde geschlagen geben. Dennoch gönnt der McLaren-Pilot seinem langjährigen Weggefährten auf dem Weg durch die Klassen im Formelsport die erste Pole-Position seiner Karriere in der Formel 1. "Gratulation an Nico", sagt Hamilton in Richtung seines Freundes, zeigt sich allerdings überrascht wegen des großen Abstands zwischen ihm und Rosberg.

"Ich bin sehr stolz auf ihn. Schliesslich haben wir uns gegenseitig aufwachsen und Rennen fahren sehen", so der Brite über Rosberg. Ein gemeinsamer Jugendtraum sei in Erfüllung gegangen: "Wir haben immer davon geträumt, in der Formel 1 zu sein und in der ersten Reihe zu stehen", erzählt der Weltmeister von 2008, der in der Startaufstellung wegen eines Getriebewechsels um fünf Plätze zurückversetzt wird. "Es ist trotzdem noch ein gutes Gefühl", meint Hamilton. "Wir sind in einer guten Position und haben einige lohnende Setup-Veränderungen durchgeführt. Gerade auf den Longruns fühlt sich das Auto gut an", blickt der Mann mit dem gelben Helm voraus. Mit Konkurrenten wie Teamkollege Jenson Button, Mark Webber und Dauerrivale Fernando Alonso in seiner Nähe rechnet der McLaren-Fahrer jedoch mit einer schwierigen Aufgabe: "Es wird hart, weil sehr viele starke Fahrer um mich herum sind. Aber ich werde alles geben, was ich habe", so Hamilton kämpferisch.

Hamilton: "Es war ein guter Tag"


Polemann Nico Rosberg und der im Qualifying zweitplatzierte Lewis Hamilton klatschten sich am Samstag nach der Zeitenjagd in Schanghai ab. Die beiden hatten sich soeben einen Jugendtraum erfüllt. Hamilton und Rosberg hatten als Kart-Teamkollegen gemeinsam davon geträumt, einmal zusammen in der ersten Formel-1-Startreihe zu stehen. Die ersten beiden Plätze im Qualifying von China wurden es, aber Hamilton muss wegen eines Getriebewechsels von Startplatz sieben in den Grand Prix gehen.

Frage: Lewis, du bist quasi gemeinsam mit Nico aufgewachsen, ihr habt zusammen Kart- und Formelserien durchlaufen. Wie bewertest du Nicos heutigen Erfolg?


Lewis Hamilton: Grosse Gratulation an Nico. Es ist toll und er hat es mit Stil gemacht. Der Abstand zwischen ihm und mir ist wirklich deutlich. Ich bin stolz auf ihn. Wir sind tatsächlich gemeinsam im Rennsport herangewachsen und haben oft davon geträumt, gemeinsam in der Formel 1 zu sein. 1997 haben wir uns kennengelernt, sind schnell Freunde geworden. Im Jahr 2000 waren wir Teamkollegen. Damals haben wir immer gedacht, dass es der Hammer wäre, wenn wir beide mal in der Formel 1 in der ersten Reihe stehen würden. Jetzt sind wir auf den ersten beiden Plätzen - cool. Es ist aber nicht nur für Nico gut, sondern auch für Mercedes. Wir haben Mercedes-Motoren im Heck, darum freue ich mich für sie. Leider bekomme ich eine Strafe. Aber dennoch ist es ein guter Tag.

Wie bewertest du deine eigene Leistung? Auch vor dem Hintergrund deiner morgigen Startposition?

Ich bin in einer guten Ausgangslage, denke ich. Ich habe ein paar angenehme Setupänderungen machen lassen. Das Auto fühlt sich speziell auf Longruns wirklich gut an. Es wird dennoch hart, denn es sind eine Reihe guter Piloten vor mir. Aber ich werde möglichst viel Druck machen.

Deine Runde im Qualifying war gut?

Ja, das war bestimmt keine schlechte Runde. Leider darf ich nicht neben Nico aus der ersten Reihe starten, aber ich werde alles geben, um wieder aufzuholen.

Deinen letzten Versuch hast du abgebrochen. Warst du einfach nicht schnell genug?

Ich hätte vielleicht eine Zehntelsekunde schneller fahren können, aber mehr nicht. Es wäre nicht genug gewesen, um Nico zu gefährden. Niemand anderes war auf dem Weg zu einer Verbesserung, daher war es wichtig, diesen Reifensatz zu schonen.
Du hast hier schon zweimal gewonnen. Wie stehen deine Chancen im Rennen?

Ich habe viel Arbeit vor mir. Ich möchte natürlich nach vorne kommen und das Rennen beenden. Mal sehen, was dann dabei herauskommt. Allein schon wegen des Wetters kann hier immer alles passieren. Die Mercedes-Jungs sind schnell. Ich wünsche ihnen alles gute. Ich wünsche mir aber auch, dass Jenson und ich nach vorne kommen und gute Punkte holen. Wir haben Arbeit vor uns, aber unser Rennspeed ist gut. Ich freue mich sehr auf das Rennen.

Wie stellst du dir einen möglichen Zweikampf gegen Nico vor?

Früher bin ich einfach mal hinter ihm hergefahren, ohne ihn ernsthaft anzugreifen. Ich weiß nicht, ob ich das nun wieder tun würde (lacht). Nun starte ich erst einmal ein ganzes Stück weiter hinten. Mein Auto ist gut. Mal schauen, was möglich ist. Solange es etwas nach vorne geht, bin ich zufrieden.

Ist es psychologisch ein Vorteil, dass du weisst, wie man hier gewinnt?

Natürlich ist es schön zu wissen, dass man hier erfolgreich sein kann. Aber noch einmal: Ich habe mein Auto so eingestellt, dass es ein gutes Renntempo zulässt - nicht so sehr auf eine schnelle Runde. Ich hoffe, dass ich morgen ein entsprechendes Tempo zeigen kann. Auf dieser Strecke kann man gut überholen.

Wie überrascht bist du vom Speed der Sauber? Kamui Kobayashi lag im Qualifying direkt hinter dir...

Das ist fantastisch, toll für das Team. Die waren schon im vergangenen Rennen enorm stark. Es ist schön, sie so weit vorne zu sehen.

Und Sauber ist oft bezüglich der Reifennutzung im Rennen besonders gut...

Ja, das stimmt sicherlich. Ich bin aber nicht sicher, ob das auch jetzt noch der Fall ist, wo sie schneller sind. Das müssen wir mal abwarten.
Bist du überrascht, dass Red Bull nicht so weit vorne steht?

Ja, denn im Training machten sie eigentlich einen schnellen Eindruck. Mal schauen, wie sie im Rennen sind. So weit ist Vettel auch nicht weg.

Es gab im vergangenen Jahr hier einen richtigen Poker. Wird das morgen auch wieder der Fall sein?

Ich denke schon. Ich schätze, dass es - wie im vergangenen Jahr - wieder die Möglichkeit gibt, sich zwischen zwei und drei, oder sogar vier Stopps zu entscheiden. Ich bin gespannt, wer welche Strategie wählen wird. Der Reifenverschleiss wird morgen der grosse Schlüssel sein. Hoffentlich habe ich mein Auto so abgestimmt, dass die Reifen ausreichend lang halten.

Du hast gesagt, dass du in diesem Jahr nicht immer nur auf Rennsiege abzielst, sondern mit Blick auf die WM auch mal zurückstecken würdest. Das ist eine sehr erwachsene Betrachtungsweise...

Das hoffe ich doch. Ich hoffe sehr, dass ich nach so langer Zeit endlich mal eine gewisse Reife habe (lacht). Im Qualifying läuft in diesem Jahr bisher alles gut, jetzt müssen die Rennen noch etwas besser werden. Ich habe hier versucht, mein Auto etwas anders abzustimmen. Es sollte die Reifen im Rennen etwas besser schonen, mir aber immer noch schnelle Runden ermöglichen. Hier wird der vordere linke Reifen enorm belastet, auch die Hinterreifen bauen recht schnell ab. Lasst uns hoffen, dass das morgen wirklich so funktioniert.

Jenson hatte bei veränderten Temperaturen mehr Probleme als du. Warum?

Er benutzt andere Bremsen als ich. Meine sind in der Regel etwas heisser als seine. Dies wirkt sich auf das Bremsverhalten und dann letztlich auf die Reifen aus. Ich denke aber, dass er das Problem in den Griff bekommen wird. Unser Auto schont die Reifen, daher sind wir guter Dinge.

14.4.2012