Pressekoneferenz der Fahrer GP Belgien 2012

Das Fahrer-Sextett in der FIA-PK in Spa - Formel-1-Jubilar "Schumi" in der Mitte

Treffen sich Jenson Button (McLaren), Witali Petrow (Caterham), Charles Pic (Marussia), Pedro de la Rosa (HRT), Michael Schumacher (Mercedes) und Jean-Eric Vergne (Toro Rosso) in Spa - und reden (fast) nur über das bevorstehende 300. Formel-1-Rennen von Rekordchampion "Schumi". In der offiziellen Pressekonferenz des Automobil-Weltverbands (FIA) war das Jubiläum des Deutschen klar das dominierende Thema, doch auch die "Faszination Spa-Francorchamps" kam nicht zu kurz.

Frage: Jean-Eric, beginnen wir mit dir. Manche Formel-1-Kurse sind neu für dich. Du kennst Spa-Francorchamps aber schon von früheren Rennen, richtig?

Jean-Eric Vergne: In der Tat. Spa ist meine Lieblingsstrecke. Ich freue mich sehr darauf, diesen Kurs mit einem Formel-1-Auto kennenzulernen. Ich fand diese Strecke schon in der Formel 3 oder in der Renault-World-Series einfach fantastisch. Ich kann es kaum erwarten, am Freitag zu fahren. Es wird sicher toll.

Du kennst Spa also schon aus der Perspektive der Formel 3 und der Renault-World-Series?


Vergne: Ja. Ich gewann hier sogar einmal drei Rennen an nur einem Wochenende. Ich wurde hier auch schon Erster und Zweiter. Spa scheint also generell eine gute Strecke für mich zu sein. Hoffentlich kann ich nun daran anknüpfen.

Angesichts des Problems mit dem Technischen Direktor bei Toro Rosso könnte man den Eindruck bekommen, die Entwicklung des Teams liege auf Eis. Das scheint aber nicht der Fall zu sein, richtig?

Vergne: Nun, um ehrlich zu sein, bisher war es okay. Das Team macht sehr viel Druck. Sehr viel mehr kann ich nicht dazu sagen.

Werdet ihr hier ein paar neue Teile einsetzen?

Vergne: Ja. Wir haben hier ein paar gute Updates. Ob sie gut sind, weiss ich natürlich noch nicht, doch es gibt ein paar Neuerungen. Dabei handelt es sich auch um neue Dinge für das 2013er-Auto - Teile für die Aufhängung an der Vorderachse. Im Team läuft alles sehr gut. Wir freuen uns auf dieses Wochenende.

Charles, wie lief die erste Saisonhälfte aus deiner Sicht?

Charles Pic: Ziemlich gut. Ich bin recht zufrieden mit meiner ersten Saisonhälfte. Für mich war alles neu. Die ersten Rennen waren nicht einfach. Alles am Grand-Prix-Sport war neu für mich und ich musste vieles lernen. Ich bin aber ziemlich zufrieden mit meinen Fortschritten. Gleiches gilt für die Fortschritte des Teams. Wir hatten keinen sehr guten Auftakt ins Jahr. Wir schafften es nicht, an den Wintertests teilzunehmen. Das Team arbeitete aber sehr hart und setzte viele Verbesserungen um. Auch wenn man das im Rennen nicht sieht, weil die Positionen gleich bleiben: Wir versuchen, die Lücke zu schließen. Ich freue mich auf die zweite Saisonhälfte und auf die Updates, die wir nach der Sommerpause erhalten. Schauen wir einmal, wie es läuft. Ich werde mich darauf konzentrieren, weiter viel Druck zu machen und mich selbst zu verbessern.

Du misst dich sicherlich in erster Linie an deinem Teamkollegen, aber auch an den Jungs, die um dich herumsitzen, nicht wahr? Wie zufrieden bist du zum Beispiel mit dem Abstand zwischen Marussia und Caterham?

Pic: Ja. Noch befinden wir uns aber nicht in einer Position, um es mit ihnen aufzunehmen. In den beiden jüngsten Rennen, Hockenheim und Budapest, war es aber schon viel enger. Das ist toll. Ich hoffe, mit all den Updates wird es an diesem Wochenende noch besser für uns aussehen.

Witali, im Qualifying schienst du in der ersten Saisonhälfte keine so gute Figur zu machen wie dein Teamkollege. Im Rennen hingegen schienst eher du die Oberhand zu behalten. Ist das ein Thema, das du in der zweiten Saisonphase angehen willst?

Witali Petrow: Natürlich werde ich mein Bestes versuchen. Gut ist ja: Ich kenne das Problem. Wir versuchen daher, in der zweiten Saisonhälfte eine Lösung dafür zu finden. Ich muss meinem Teamkollegen näher auf die Pelle rücken. Dann werden wir sehen.

Während der Sommerpause hast du ein paar Städte in Russland besucht. Da waren Namen dabei, von denen wir bislang noch niemals gehört hatten. Was steckt da dahinter?

Petrow: Zunächst einmal: Das war Teil meiner Zusammenarbeit mit meinem Sponsor Russian Helicopters. Für sie besuchte ich zwei grössere Städte, Rostow und Ulan-Ude. Es war das erste Mal, dass ich dort war. Ulan-Ude liegt sehr nahe bei China. Es ist, als wenn man einen Fluss überquert, und dann steht man in China. Von Moskau fliegt man sechs bis sieben Stunden. Ich besuchte auch den grössten See der Welt, den Baikal. Leider konnte ich dort nur einen Tag verbringen. Wie gross der See ist, weiss ich gar nicht - ziemlich gross. Es war jedenfalls eine tolle Erfahrung. Hoffentlich kann ich wieder einmal dorthin zurückkehren, eines Tages.

Pedro, dem Team sind einige Fortschritte gelungen. Was hast du dir für die zweite Saisonphase vorgenommen? Und was denkst du über die zweite Saisonhälfte?

Pedro de la Rosa: Damit meinst du das Rennfahren, ja? Nun, ich denke, wir können weiter Fortschritte machen. Es gelang uns in der ersten Hälfte des Jahres, uns im Qualifying von über 107 Prozent in Melbourne auf 103,4 Prozent in Valencia zu steigern. Das ist in meinen Augen eine ziemlich aggressive Verbesserung. Allerdings sind die Positionen trotzdem ähnlich. Wir qualifizieren uns mehr oder weniger auf den beiden letzten Rängen. Das macht es schwierig. Wir sind der Pole-Position zwar näher gekommen, haben im Hinblick auf die Platzierung aber noch nicht genug Fortschritte gemacht. Darauf konzentrieren wir uns. In der zweiten Saisonhälfte müssen wir das Auto schneller machen. In den nächsten Rennen bekommen wir aber keine neuen Teile. Erst in Singapur wird es wieder ein Upgrade geben. Das ist der Stand der Dinge. Mit dem, was wir bisher erreicht haben, sind wir aber zufrieden. Auch wenn sich das nicht in den Ergebnissen zeigt. Wir können in der zweiten Hälfte aber noch deutlich besser abschneiden.

Wie wichtig war die Sommerpause für das Team? Du sagst, es gibt zwar keine neuen Teile für die nächsten Rennen, wohl aber für die künftigen Rennen ...

De la Rosa: Ich glaube, die Pause ist nichts wert, denn wir konnten da nicht arbeiten und keinen Vorteil daraus ziehen. Für uns macht es also keinen Unterschied. Wir wussten schon vor der Pause, dass das Update erst in Singapur kommen wird, wenn alles nach Plan läuft. Das ist auch nach der Sommerpause noch so. Bis Singapur werden wir uns mehr oder weniger in den Positionen bewegen, die wir bisher innehatten. Wir warten einfach bis Singapur und auf das nächste Upgrade.

Michael, ein weiterer Meilenstein hier in Spa: Es ist dein 300. Grand-Prix-Wochenende. Was bedeutet dir das? Bedeutet dir es schon jetzt sehr viel oder wird das erst in Zukunft der Fall sein?

Michael Schumacher: Das ist sicherlich interessant und schön. Es ist eine wirklich nette Zahl. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das schaffen würde - als ich 2006 zurücktrat. Und jetzt sind wir hier und ich sehe die 300 vor mir. An einem gewissen Punkt drehte sich alles darum, ob jemand dazu in der Lage sein würde, den Rekord von Ricardo Patrese über 250 Starts oder dergleichen zu überbieten. Ich sagte damals: 'Das könnt ihr vergessen. Das interessiert mich nicht.' Tja, und jetzt stehen wir da, ganz plötzlich. Es ist aber nichts, auf was ich abgesehen habe. Ich brauche diese Zahl nicht unbedingt. Doch jetzt, wo ich sie habe, ist es doch ein schöner Nebeneffekt.

Ich denke, du hast das Poster an der Strasse gesehen, auf dem steht: 'Michael, mach' 400 daraus!' Wie stehen die Chancen darauf?

Schumacher: Ich denke, ich kann sagen, dass es nicht so weit kommen wird. Es ist natürlich schön, die Fans weiterhin hinter mir zu wissen. Und sie ermutigen mich, weiterzumachen. Am frühen Morgen wurde mir ein wundervolles Willkommen entboten. Ich wurde Ehrenbürger von Spa. Das ist schon etwas sehr Besonderes für mich. Deshalb ist die 300 etwas so Besonderes. Ich erreiche sie in Spa. Hier ist alles passiert. Mein erstes Rennen, der erste Sieg, ein paar schöne Triumphe und interessante Rennen, 2004 der siebte Titelgewinn, im vergangenen Jahr mein 20. Jubiläum und jetzt werde ich für 300 Rennen geehrt. Das ist ein komplettes Paket. Spa hat mir schon immer sehr viel bedeutet. Ich bezeichne es immer als mein 'Wohnzimmer'. Jetzt kann ich das auch ganz offiziell tun. Das ist toll.

Sag' niemals nie - wäre diese Formulierung nicht besser?


Schumacher: Was die 400 angeht? Wahrscheinlich lassen wir das eher sein.

Jenson, in der Sommerpause hast du nicht nur einen Iron Man, sondern auch deinen eigenen Triathlon bestritten. Der Triathlon endete aber nicht so, wie du dir das vorgestellt hattest. Vielleicht sollten wir davon erfahren ...

Jenson Button: Ich denke, wir sollten gleich das Thema wechseln!

Ganz Grossbritannien weiss es schon, also kann es doch auch die ganze Welt erfahren ...

Button: Ich nahm für den guten Zweck an Help for Heroes teil und im Wasser war es ziemlich kalt. Die Leute trugen Neoprenanzüge, doch ich hatte meinen im Hotel gelassen. Deshalb versuchte ich, mich in den Anzug meiner Freundin zu zwängen. Das fühlte sich zunächst ganz okay an, doch als ich damit ins Wasser ging, wurde es an gewissen Stellen recht eng. Das war das Ende meines Rennens. Ich bekam eine Panikattacke im Wasser. Also ja, gute und schlechte Erinnerungen. Es war aber eine tolle Veranstaltung und ich glaube, jeder hatte seinen Spass. Ausserdem kam dabei viel Geld für Help for Heroes zusammen. Unterm Strich war es ganz witzig. Das Wichtigste sind aber die Spendengelder.

Michael, Glückwunsch zur 300. Als du noch bei Ferrari fuhrst, hast du - wenn ich mich nicht irre - einen Rekord für Zuverlässigkeit aufgestellt. Du hattest einmal mehr als 50 Rennen ohne einen technischen Defekt, glaube ich. Bei deinem derzeitigen Team läuft es aber ganz anders. Hast du schon einmal darüber nachgedacht, das Team zu wechseln? Ein 20-Jähriger würde das an diesem Punkt seiner Karriere sicherlich tun ...

Schumacher: Darüber habe ich nicht nachgedacht. Vielleicht sollte ich das tun! Zunächst einmal muss ich sagen: Es gibt Augenblick, in denen die Dinge einfach gegen dich laufen. Ich habe aber auch schon oft gesagt: Ich habe volles Vertrauen in die Jungs, denn sie tun stets ihr Möglichstes. Niemand will ausfallen. Jeder gibt sein Bestes. Wir haben es aber mit Prototypen zu tun und leider kommen solche Dinge vor. Das bereitet mir nicht allzu viele Kopfschmerzen. Ich war mir schon recht früh in dieser Saison im Klaren darüber, dass wir nicht um den Titel kämpfen würden, also ist ein Ausfall derzeit kein großes Problem für mich. Ich befinde mich eh nicht im Titelkampf. Das wäre viel wichtiger, wenn wir da noch im Rennen wären. Dann würde mich dergleichen sicher viel mehr beschäftigen. Also nein, ich freue mich auf den Rest der Saison. Wir haben noch einiges an Arbeit vor uns und vieles, bei dem wir uns steigern können, was wir verstehen müssen. Das Team macht viel Druck, um Fortschritte zu machen. Wir wollen weitaus größere Schritte machen als bisher. Wir haben ja schon etwas mehr erreicht, doch wir brauchen mehr davon. Und die Zuverlässigkeit.

Du hast zwar gerade gesagt, die 400 kommt nicht in Frage. Du nennst aber quasi jeden Formel-1-Rekord dein Eigen. Dürfen wir dann vielleicht auf 326, 327 Rennen hoffen? Und kannst du dich an alle deine Rennen erinnern? An wie viele kannst du dich erinnern, ohne einen Blick in die Statistik werfen zu müssen?

Schumacher: Keine Ahnung, an wie viele Rennen ich mich erinnern könnte. Sicherlich nicht an alle. Das ist ganz klar. Wie viele werden es unterm Strich? Das müssen wir sehen. Noch weiss ich das nicht. Ich fahre auf jeden Fall noch bis zum Ende dieser Saison.

Meine Frage geht in eine ähnliche Richtung: Wann kommt der Zeitpunkt, an dem du entscheidest, ob du bei Mercedes weitermachst oder ob dich Mercedes behalten will? Gibt es da eine Deadline oder haben die Gespräche bereits begonnen?

Schumacher: Ich denke, wir haben vor geraumer Zeit ein sehr deutliches Statement abgegeben, dass wir ab Oktober einen Hinweis darauf geben können. Seither hat sich nichts verändert. Es tut mir leid. Da gibt es keine Neuigkeiten.

Jenson: Martin Whitmarsh meinte am Donnerstag, es könnte ein Zeitpunkt kommen, an dem man dich darum bittet, Lewis Hamilton zu unterstützen. Würdest du darüber nachdenken, wenn es irgendwann einmal so weit sein sollte? Oder sagt deine persönliche Einstellung dazu schlichtweg 'Nein, das werde ich nicht tun'?
Button: Ich persönlich halte diese Unterhaltung im Augenblick für sinnlos. Wenn ich 40 Punkte hinter Lewis zurückliegen und er die Gesamtwertung anführen würde, glaubt ihr, das Team würde zu mir kommen und sagen: 'Du musst deinen Teamkollegen unterstützen.'? Der Abstand ist nicht so gross. Es sind zwei Siege, sogar weniger. Die Hälfte der Startaufstellung liegt vor ihren Teamkollegen. Und diese werden nicht einfach daherkommen und sagen: 'Klar, wir helfen unseren Stallgefährten dabei, die WM zu gewinnen.' Das liegt daran, dass du denkst, selbst noch eine gute Chance zu haben. Bis diese Chance nicht mehr existiert, wirst du darum kämpfen. Ich bin nicht hier, um einfach nur herumzufahren und meinem Teamkollegen beim Titelgewinn zu helfen. Das ist keiner von uns. Wir sind hier, um zu kämpfen und die bestmögliche Arbeit für uns selbst - in erster Linie - und auch für das Team zu leisten. Ich glaube, es wäre eine sehr langweilige Meisterschaft, wenn nur zwölf von uns um den Sieg kämpfen und der Rest einfach nur den jeweiligen Teamkollegen unterstützen würde. Das ist nicht die Art von Rennserie, die man anstreben sollte. Also ja: Ich werde solange kämpfen, bis ich entweder die Meisterschaft gewonnen habe oder bis das nicht mehr möglich ist.

Michael, die meisten Rennfahrer sind sehr abergläubisch. Hast du ein Maskottchen, ohne das du nicht ins Auto steigst? Vielleicht hast du für Spa ja sogar ein spezielles Maskottchen am Start ...

Schumacher: Ich habe schon seit mehr als 20 Jahren ein Maskottchen. Es ist meine Frau. Und sie reist am Freitag an.

Kannst du dich noch an deinen ersten Podestplatz erinnern? Was hast du damals gefühlt? Und wie anders war es danach?

Schumacher: Ich glaube, das war in Mexiko, richtig? Stimmt das? 1992? Ja, 1992. Da hast du es. Ist es anders? Wahrscheinlich ein bisschen, aber das ist egal, denn da oben ist es immer etwas Besonderes. Es kommt auf die Umstände an. Wenn du ein regelmässiger Kandidat auf Podestplätze bist, ein siegfähiges Paket hast und Dritter wirst, dann freust du dich vielleicht nicht so sehr wie jemand, der es gar nicht erwartet hatte und plötzlich Dritter wird. Es kommt wirklich auf die Umstände an. Ich erinnere mich an Valencia. Das war ein schönes Gefühl. Für mich, für all die Jungs, für das Team, für alle. Es war herrlich. So war es auch 1992.

Welches deiner bisher 299 Rennen war dein Lieblingsrennen? Kannst du eines herausgreifen?

Schumacher: Ich rede da immer wieder von Suzuka 2000. Sowohl, weil es ein gutes Rennen war, als auch aufgrund des Rennendes und der Bedeutung des Resultats. Es war ein ganzes Paket von Umständen, weshalb dieses Rennen für mich und viele andere so besonders war.

Eine Frage an alle: Spa ist eine sehr geschichtsträchtige Strecke, wo schon 1925 Rennen gefahren wurden. Wart ihr schon einmal auf der alten Strecke? Habt ihr euch das 14 Kilometer lange Layout einmal angesehen? Mit Passagen wir der schnellen Masta, die zwischen Malmedy und Stavelot bergab führt?

Vergne: Ich war zu jung.

Schumacher: Selbst ich habe das noch nicht gemacht.

De la Rosa: Warum ich? Leider nein.

Michael und Jenson, weshalb ist Spa für die Fahrer so etwas Besonderes? Warum liebt ihr diese Strecke so sehr?

Schumacher: Dafür gibt es viele Gründe. Vor allem für mich, denn ich begann zu der Zeit, als Kurven wie Eau Rouge und Blanchimont noch sehr fordernde Kurven waren. Die Autos waren auf eine gewisse Art und Weise gebaut und dieser Kurs brachte sie einfach ans absolute Limit. Es ist eine Strecke der alten Schule mit sehr viel Geschichte. Wir fahren durch eine natürliche Landschaft, es geht hoch und runter. Wie in einer Achterbahn. Es gibt viel Abwechslung, was diesen Kurs so besonders macht. Wir Rennfahrer lieben hohe Geschwindigkeiten. Wenn du dann noch eine fordernde schnelle Kurve hast, dann wird es richtig gut. Und wenn du durch Eau Rouge fährst ... Heute ist das wahrscheinlich ein bisschen zu einfach, denn man fährt Vollgas - vielleicht mit Ausnahme von gewissen Situationen im Rennen. Das Gefühl, die g-Kräfte, die du in dieser Kurve erlebst, das ist einfach eine Kombination, die du nicht überall findest.

Button: Ich denke, wir finden hier viele unterschiedliche Dinge. Da wäre zum einen die Geschichte dieses Ortes. Als du damals Formel 1 geschaut hast, hast du all die grossen Namen hier fahren sehen. Der Kurs hat sich über die Jahre verändert, selbst während ich in der Formel 1 gefahren bin. Es fühlt sich trotzdem noch ganz besonders an. Es ist eine sehr flüssige Rennstrecke. Es gibt nur zwei Kurven, die in einem kleineren Gang als dem dritten gefahren werden. Das ist schon sehr ungewöhnlich. Vor allem, wenn man - wie hier - so viele Kurven hat. Es ist halt eine der Strecken, die man einfach liebt. Es spielt keine Rolle, welches Auto du fährst. Es ist einfach nur ein so tolles Gefühl, auf einer derartigen Strecke zu fahren. Ich glaube, es gibt nur noch wenige Kurse von diesem Schlage. Einer davon ist Suzuka, ein anderer war Silverstone. Letzteres hat sich nun etwas verändert. Der Fluss ging dort ein bisschen verloren. Diese drei Strecken stechen für mich heraus. Es sind richtig flüssige Strecken. Strecken, wo du als Fahrer es einfach liebst, aus der Boxengasse zu fahren und den Kurs unter die Räder zu nehmen.

Michael, hast du noch immer die gleiche Leidenschaft wie bei deinen ersten Rennen? Ist deine Leistungsfähigkeit noch immer so gut wie zu Beginn deiner Formel-1-Karriere?

Schumacher: Ich denke, wenn ich 'ja' sage, beantworte ich beide Fragen. Ich habe noch immer die gleiche Leidenschaft für das, was ich tue. Ja, absolut. Die Formel 1 ist das ultimative Racing. Wenn du da dabei bist, dann nur, weil du das Beste tun willst, was man tun kann. Natürlich hängen wir alle von unseren Autos ab. Nichtsdestotrotz: Innerhalb deines Fahrzeugs hast du einen gewissen Spielraum, in dem du dich beweisen kannst. Das ist die Herausforderung. Du versuchst, dieses Fenster zu vergrössern und noch mehr an die Grenzen zu gehen. Das ist genau der Augenblick. Das Tolle am Sport ist, dass du sofort eine Rückmeldung bekommst, ob du erfolgreich bist oder nicht. In den vergangenen 20 Jahren erfuhr ich sehr viel Befriedigung. Ich mag es noch immer.

Du bist nun zum zweiten Mal ein Ehrenbürger. Erst Maranello, dann Spa. Welche Voraussetzungen muss man erfüllen, um diese Ehre zu erhalten? Hast du nun auch besondere Pflichten?

Schumacher: Ich kann dazu nur sagen: Beide Male freute ich mich sehr über die Ehre und die Einladung durch diese Menschen. Ich habe aber keine Verpflichtungen. Mir wurde nur einfach eine solche Ehre zuteil.

Direkt auf Spa folgt Monza, eine weitere besondere Strecke für dich. An was erinnerst du dich beim italienischen Grand Prix besonders? Was war dein bestes Rennen dort?

Schumacher: 2006 hatten wir dort ein sehr schönes Ergebnis. Es ging aus zweierlei Gründen als etwas Besonderes in meine Erinnerung ein. Wir lagen in der Meisterschaft zurück und dieses Rennen brachte uns zurück in den Titelkampf. Dann kamenn diese tolle Feier und anschliessend daran meine Bekanntgabe über meinen Rücktritt zum Saisonende. Das war also ein sehr spezielles Wochenende.

Jenson, vor einem Jahr hast du deinen 200. Grand Prix bestritten. Siehst du dich angesichts der aktuellen Rennzahl im Kalender ebenfalls 300 Formel-1-Rennen fahren?

Button: Ja. Es gibt keinen Grund, weshalb das nicht klappen könnte. Das würde bedeuten, ich müsste noch viereinhalb Jahre fahren. Ja, das ist möglich. Ich weiss aber natürlich nicht, wie ich in ein paar Jahren darüber denke. Im Augenblick ist dieser Hunger jedoch vorhanden. Wenn ich diesen Hunger verliere, dann werde ich aufhören. Wenn ich mich in einer Position befinde, aus der ich zurücktreten kann, dann wäre das das optimale Szenario. Es ist aber noch eine ganze Weile hin, bevor ich beginnen muss, darüber nachzudenken.

In Spa hast du noch nie gewonnen. Du hattest hier oftmals Pech. Glaubst du, das ist ein kleiner Fluch?


Button: Eigentlich nicht. Da ging es doch eigentlich nur um ein Jahr. Ich denke, du meinst 2010, die Sache mit Sebastian (Vettel). Ich liebe es, hier Rennen zu fahren. Es ist eine tolle Strecke. Es ist etwas Besonderes, hier ein Qualifying zu fahren und alles aus dem Auto herauszuholen. Diese Strecke verzeiht keine Fehler. Du bewegst dich daher immer auf Messers Schneide. Es ist ein klasse Rennplatz. Es gibt viele Möglichkeiten zum Überholen, sowohl im Nassen als auch im Trockenen. Ich hatte hier schon ein paar Podestplätze, stand aber noch nie auf dem obersten Treppchen. Hoffentlich ergibt sich schon bald eine Möglichkeit dazu.

Dieser Tage erfuhren wir von einer Formel 1 mit elektrischen Autos. Was glaubt ihr? Was für ein Wettbewerb wäre das? Und würde es euch gefallen, ein geräuschloses Fahrzeug zu steuern? Wäre das in euren Augen sicher?

Schumacher: Es scheint so, dass niemand von uns davon gehört hat. Und unsere Autos sind ja schon ziemlich elektrisch. Wir haben KERS.

Meine Frage zielte eher auf eine geräuschlose Formel 1 ab. Würde sie euch das gleiche Gefühl vermitteln? Sofern es so weit kommt ...

Button: Falls. Ich bin mir sicher, wir könnten versuchen, irgendein Geräusch zu machen, das uns gefällt. Es würde auf jeden Fall unser Gehör schonen, denn diese Dinger sind schon ziemlich laut. Wir würden keine Ohrstöpsel mehr brauchen. Das wäre gut. Keine Ahnung. Ich weiss nicht, wie wahrscheinlich es ist, ein komplett elektrisches Auto zu haben und wie viele Hersteller sich darauf einlassen würden.

De la Rosa: Ich habe davon gehört. Es ist die Formel E und dabei handelt es sich wohl um eine neue Ära. Wir sollten da ganz unvoreingenommen sein. Wir sind es halt gewohnt, Rennsport mit viel Lärm zu haben. Ich kann mich aber noch daran erinnern, wie ich vor ein paar Jahren in Finnland Kartfahren ging. Damals fuhr ich erstmals mit elektrischen Karts. Es war eine unglaubliche Erfahrung. Du fuhrst dein Rennen, hast Kurve eins angebremst, hast auf die Gerade herausbeschleunigt - und plötzlich war ein Kart neben dir, das du gar nicht gehört hattest. Das war schockierend. Wir entstammen eben der Lärm-Ära, sollten aber wirklich unvoreingenommen sein. Schauen wir einmal, wie sich das entwickelt. Das könnte nämlich sehr interessant sein.

Button: Kannst du es hören, wenn sich ein Formel-1-Auto nähert?

De la Rosa: Absolut, ja. Du kannst es fühlen. Ja, vor allem wenn man mir blaue Flaggen zeigt. Dann kann ich euch Jungs hören!

Button: Du gehst sofort aus dem Weg. Ich habe dich schon gesehen, Pedro.

De la Rosa: Ich meinte ja den Kartsport. Kartsport in der Halle. Ich habe keine Ahnung, wie sich das im Formelauto anfühlen würde. Du kannst aber sicher trotzdem hören, wenn sich etwas nähert. Vielleicht nicht, wenn du sehr alt bist ...

Button: Das sagst gerade du mir, Pedro!

De la Rosa: Egal. Unterm Strich sage ich: Das ist eine neue Ära. Es ist ein interessanter Weg. Wir sollten da ganz unvoreingenommen sein. Schauen wir einmal, wie es sich gestaltet. Wir haben ja noch nie einen komplett elektrischen Formelwagen gesehen. Ich freue mich jedenfalls darauf.

Vergne: Keine Ahnung. Vielleicht wird das kommen. Um ehrlich zu sein: Davon habe ich noch nicht gehört, also weiss ich auch nicht, wie es ist oder sein wird. Im vergangenen Jahr habe ich in Bercy ein Kartrennen mit elektrischen Karts bestritten. Das war ziemlich lustig. Wir hörten auch andere Geräusche. Das Witzige war: Wir hörten auch das gesamte Publikum in diesem Stadion. Ich habe aber keine Ahnung, wie es in einem Formel-1-Auto oder in einem Formelfahrzeug sein würde.

Schumacher: Das ist ein wirklich guter Punkt. Es wäre das erste Mal, dass wir die Menge auf den Rängen hören würden und nicht umgekehrt.

Button: Ich glaube, da müsste man eher die Fans als uns fragen. Für die Fans wäre es sicher ein grosser Unterschied. Mir ist bewusst, dass es gute Gründe gibt, so etwas zu machen, weil es sehr wichtig ist. Die Fans würden aber sicher etwas vermissen. Es ist die Faszination eines solchen Autos. Das Erste, was du an einem Formel-1-Auto bemerkst, ist nun einmal der Lärm, den es macht.

31.8.2012