De la Rosa freut sich nicht wirklich auf Spa

Pedro de la Rosa gibt die Hoffnung nicht auf,

HRT weiter nach vorne zu bringen

Pedro de la Rosas Formel-1-Comeback 2012 wurde die erwartet schwierige Angelegenheit: Der spanische Ex-McLaren-Tester entschied sich dieses Jahr, mit dem finanzschwachen HRT-Rennstall aus Madrid in die Königsklasse des Motorsports zurückzukehren. Beim Saisonauftakt in Melbourne konne man sich nicht qualifizieren, doch vor allem in Monaco schlug sich das Team durchaus achtbar. Nach der ersten Saisonhälfte zieht de la Rosa Bilanz.

Frage: Pedro, wir haben die erste Saisonhälfte hinter uns. Wie beurteilst du diese ersten Monate?

Pedro de la Rosa: Das waren sieben sehr intensive Monate mit einer enormen Arbeitslast, der ich mich mit viel Hunger und Leidenschaft gestellt habe. Wir haben ständig Fortschritte gemacht, aber jetzt haben wir einen Schlüsselmoment erreicht, und wir müssen einen weiteren Schritt vorwärts machen. Mein Urteil fällt sehr positiv aus, denn wir haben uns realistische Ziele gesetzt, die wir erreicht haben, und wir sind mehr oder weniger dort, wo wir uns eingeordnet hätten. Wir müssen uns noch weiter verbessern, und wir haben dazu noch in den kommenden neun Rennen die Gelegenheit.

Der Auftakt war schwierig, aber das Team wächst immer mehr zusammen. Würdest du sagen, dass die Ziele, die man sich zu Beginn gesetzt hatte, erfüllt wurden?

Ohne Zweifel. Wir erreichen sie - und zwar manchmal mit Bravour. Wir begannen in Australien außerhalb der 107 Prozent, und wir haben Spitzen von 103,6 Prozent in Monaco erreicht - unser bestes Qualifying-Ergebnis war 103,4 Prozent in Valencia. Das war ein sehr ambitioniertes Ziel, das wir uns gesetzt hatten, und für uns ist es ein realistisches Ziel, den 104 Prozent nahe zu kommen. Das haben wir übertroffen, und wir haben das Potenzial für noch mehr. Für uns wird es einfacher als für ein grosses Team, uns in der zweiten Saisonhälfte zu verbessern, denn während sie Perfektion anstreben, haben wir noch viel Raum für Verbesserungen. Bis jetzt haben wir unsere Ziele, aber es liegen noch viele Rennen vor uns, um uns ambitioniertere Ziele zu setzen.

Mit deiner Erfahrung von grossen Teams war es sicher nicht leicht, zu so einem bescheidenen Team zu stossen. Wie gehst du persönlich mit dieser Herausforderung um, und was ist das lohnendste daran?

Ich sehe es als Herausforderung - mit dem Bewusstsein, dass Herausforderungen nie einfach zu bewältigen sind und dass einem in der Formel 1 nichts geschenkt wird. Meiner Meinung nach leisten wir aber gute Arbeit - mit Demut, Eifer und Stolz. Am lohnendsten ist die Arbeit mit den Leuten des Teams und zu sehen, dass sie unter schwierigen Bedingungen und mit viel weniger Personal als andere Teams Tag und Nacht mit der Überzeugung arbeiten, dass wir unsere Rivalen schlagen können. Das Team befindet sich in einer Phase des Wandels und des Wachstums, und jetzt haben wir ein grossartiges Hauptquartier, das das Team verwandelt hat. Wir haben eine Basis, auf der das Team Tag für Tag wächst. Niemand hat aufgehört zu pushen, ganz egal, wie die Situation war. Und wir haben die Unterstützung gespürt. Es ist nicht einfach, hinten zu stehen und als Letzter ins Ziel zu kommen. Es motiviert uns aber jeden Tag, dass wir sehen, dass wir uns verbessern und glauben, nicht lange hinten zu bleiben. Es ist schön zu sehen, dass wir an den Schritt nach vorne glauben, obwohl es sehr schwierig ist.

Welche Beziehung hast du zu deinen Teamkollegen? Was fällt dir an ihnen auf?

Meine Beziehung zu Narain ist sehr gut. Da gibt es sehr viel Ehrlichkeit, und wir beide wollen das Beste für das Team. Wir kämpfen hart auf der Strecke, aber auf eine ehrliche Art und Weise, und von allen Teamkollegen, die ich bis jetzt hatte, ist er einer der ehrlichsten. Wir versuchen, gemeinsam das beste Setup zu finden und verstecken dabei nichts voreinander. Eine Charakteristik von Narain und den Ingenieuren ist die totale Transparenz - es gibt keine negativen Absichten. Uns ist bewusst, dass wir Letzter sind, und wenn einer von uns etwas findet, wie er das Auto verbessern kann, dann teilt er es mit dem anderen, denn unser Ziel ist die Weiterentwicklung. Wir sind Teamplayer. Dani ist ein grossartiger Fahrer und ein wichtiger Teil des Teams, denn er hat einen grossartigen Sinn für Humor, und mit seinem typischen Humor sorgt er oft dafür, dass die Dinge manchmal weniger dramatisch aussehen. Gleichzeitig ist er aber sehr professionell, und er weiss wie man gut arbeitet. Wenn er am Freitag gefahren ist, dann hat er viel beigetragen. Ma hat sich sehr gut integriert. Er ist Chinas Zukunft und ein Fahrer, der im HRT-Team eine wichtige Rolle spielen muss. Er ist wahrscheinlich der erste chinesische Fahrer mit genügend Qualität, um ein Formel-1-Fahrer zu werden. Er hat uns beim Young-Driver-Test in Silverstone mit seiner grossartigen Performance alle beeindruckt.

Und wie sieht dein Verhältnis zu Teamchef Luis Perez-Sala aus?

Luis ist einer der Hauptgründe, warum ich beim Team bin. Ich hatte immer eine hohe Meinung von ihm, und ich vertraue ihm blind. Er wird mich nie hintergehen, und ich arbeite gerne mit Leuten, denen man vertrauen kann und die keine Geheimnisse haben. Bei Luis bekommst du, was du siehst. Ehrlichkeit ist unsere Stärke, und das macht uns sehr flexibel, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen.

Der F112 war eine schwere Geburt, aber er hat Potenzial. Wo siehst du seine Stärken und Schwächen?

Die grösste Stärke ist seine tolle mechanische Plattform aus Aufhängungen und Chassis - das hat er auf Stecken, wo es wichtig ist, schon bewiesen. Er ist zudem zuverlässig. Seine Schwäche ist der mangelnde Abtrieb im Vergleich zu anderen Autos. Wir wissen genau, wo und wie wir Zeit verlieren, also müssen wir daran arbeiten.

Auf welche der kommenden Strecken freust du dich am meisten und auf welche am wenigsten?

Das ist eine Fangfrage, denn meine Lieblingsstrecke ist Suzuka, weil sie meiner Meinung nach die schönste im Kalender ist, aber fast alle Kurven sind schnell, und das wird uns jede Menge Probleme bereiten. Der Kurs, auf den ich mich also am meisten freue, ist Monza, denn dort gibt es lange Geraden und Kurven mit harten Bremspunkten, und unser Auto läuft auf dieser Art von Kursen sehr gut. Diejenigen, auf die ich mich am wenigsten freue, sind Suzuka und Spa, denn dort wird es für uns sehr kompliziert.

Was würdest du am Saisonende als Erfolg ansehen?

Wenn es uns gelingt, uns im Qualifying unter 103 Prozent zu qualifizieren, zumal wir kein KERS und ein viel weniger effektives DRS als die anderen Teams haben. Es wird aber sehr schwierig, denn bei den vergangenen Grands Prix war der Abstand etwas grösser. Wenn es uns gelingt, mit dem Aerodynamikpaket für Singapur unter 104 Prozent zu kommen, dann wäre das ein grossartiges Ende für diese Saison. Das würde uns ausserdem das Momentum verleihen, um die kommende Saison stark zu beginnen.

Jetzt bleibt aber etwas Zeit, um sich vor der intensiven zweiten Saisonhälfte etwas auszurasten. Was sind deine Urlaubspläne?

Wie jedes Jahr fahre ich nach Mallorca - in ein kleines Dorf an der Ostküste. Ich verbringe meine Sommer dort, seit ich drei Jahre alt bin, und ich habe dort meine Jugendfreunde. Ich fahre mit meiner Frau und meinen drei Töchtern dorthin, und ich freue mich schon darauf, so viel Zeit wie möglich mit ihnen zu verbringen.

Gibt es etwas, das du den Fans sagen möchtest?

Das Gleiche wie beim Saisonstart. Wir freuen uns über ihre Unterstützung, und wir sind ihretwegen hier. Ich danke ihnen für ihre Geduld, denn ich weiss, dass die Fans uns gerne beim Kampf an der Spitze sehen würden. Sie sehen aber auch, dass wir uns täglich verbessern, am Rückstand knabbern und ein ernsthaftes Projekt aufbauen, auf das wir alle stolz sein sollten.

3.8.2012