Mercedes AMG-Boss Brawn zurückhaltend

Ross Brawn blickt positiv in die Zukunft

Mercedes hat die Saison 2012 gut begonnen. Im ersten Freien Training am Freitag in Melbourne zeigten sich Michael Schumacher (Platz drei) und Nico Rosberg (Platz sechs) im Vorderfeld, am Nachmittag eroberte der Kerpener bei regnerischen Bedingungen sogar den Platz an der Sonne. Viele Fans rechnen nun schon mit Grosstaten der Silberpfeile, allerdings hatte der Aufgalopp in Australien nur geringe Aussagekraft. Auch Teamchef Ross Brawn bleibt vorsichtig. "Vorne ist besser als ganz hinten", schmunzelt der Brite.

"Wir wissen einfach nicht, wer mit wieviel Benzin an Bord unterwegs war", erklärt Brawn nach dem ersten Tag in Australien. "Es gab heute nur kurze Momente mit halbwegs trockenen Bedingungen. Unsere Autos waren auf unterschiedlichen Programmen unterwegs, um im Hinblick auf morgen ein paar Informationen zu sammeln. Wir haben am Samstag nur noch eine Stunde Training vor dem Qualifying. Wir wissen noch zu wenig über das Verhalten der Reifen", meint der Mercedes-Teamchef. "Tests auf einer Barcelona-Strecke mit reichlich Gummi auf dem Asphalt haben bezüglich der Strategie und dem Umgang mit den Reifen nicht allzu viel Aussagekraft. In den wenigen trockenen Phasen am Freitag haben wir kurze Momentaufnahmen davon bekommen, wie es aussehen könnte."

Brawn ist dennoch anzumerken, dass Mercedes offensichtlich mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden ist. "Wir sind viel besser in Form als im vergangenen Jahr. 2011 waren wir zu diesem Zeitpunkt nicht gut aufgestellt", schildert er. Im Vorjahr hatte Mercedes eine andere Strategie beim Bau des Autos und dessen Einsatz im Wintertest gewählt. 2012 liess man die ersten Probefahrten in Jerez aus und kam erst zu den Tests in Barcelona mit dem neuen Wagen auf die Bahn.

"Im Vorjahr haben wir unser endgültiges Paket erst möglichst spät ausgepackt, was nicht ideal war. Wir hatten damals Probleme mit der Kühlung und einige Funktionsstörungen. Die Behebung dieser Probleme hat damals enorme Ressourcen in Anspruch genommen", beschreibt Brawn. Zu diesem Jahr habe man sich im Team verstärkt, die Effizienz verbessert und könne somit nun viel besser vorbereitet an die ersten Rennen des Jahres gehen. "Bob Bell hat grossen Anteil daran. Er war von Beginn an in die Entwicklung involviert. Er hat einen tollen Job in der Organisation gemacht, dafür gesorgt, dass die Zeitpläne eingehalten wurden und richtige Entscheidungen getroffen", lobt Brawn seinen neuen Mitstreiter. "Wir sind viel besser als vor zwölf Monaten. Wenn wir die Entwicklungsgeschwindigkeit halten können, dann bin ich für die Zukunft sehr optimistisch. Unser Auto funktioniert gut, die Kühlung passt und es reagiert auf grundlegende Dinge gut. Jetzt können wir uns ausschliesslich auf die Performancearbeit konzentrieren."

Mercedes: "Ein ordentlicher Start"


Trotz der schwierigen Bedingungen gelang Mercedes in Melbourne ein solider Start in die neue Rennsaison. Sowohl Nico Rosberg als auch Michael Schumacher setzten den W03-Boliden auf dem Albert Park Circuit gut in Szene und beschlossen die ersten Trainings des Jahres in den Top 10 der Formel 1. Mehr noch: Schumacher platzierte sich erstmals seit seinem Comeback wieder auf Rang eins. Der siebenmalige Weltmeister fuhr im zweiten Freien Training in 1:29.183 Minuten ganz nach vorne, war damit aber nicht der Tagesschnellste. Jenson Button (McLaren) hatte bereits am Vormittag in 1:27.560 Minuten für den ersten Topwert des Rennjahres gesorgt. Regengüsse vor und zwischen den Sessions sorgten allerdings dafür, dass die Piloten lange Zeit nicht mit Slickreifen fahren konnten. Dementsprechend sind die Rundenzeiten noch mit Vorsicht zu geniessen. Für Mercedes liest sich das Resultat des Freitags von Australien aber recht positiv: Schumacher wird in 1:28.235 Minuten auf dem dritten Tagesrang geführt, Rosberg in 1:28.683 Minuten auf der sechsten Position. Insgesamt legte das Duo in den beiden jeweils 90-minütigen Einheiten 72 Runden im Nassen und Trockenen zurück. "Wir hatten heute einen guten Start in eine hoffentlich aufregende Saison", sagt Schumacher. "Für uns waren es sicherlich zwei vielversprechende Sessions. Ich würde aber nicht so weit gehen und sagen, dass wir zuversichtlich wären. Die Bedingungen waren zu durchwachsen, als dass man sich ein klares Bild hätte machen können. Uns ist klar, wozu wir die Trainings am Freitag haben", meint Schumacher.

Schumacher und Rosberg mit positivem Fazit

"Wir wissen halt nicht, mit wie viel Sprit die Konkurrenz unterwegs war. Andererseits ist es gut zu sehen, dass wir in den unterschiedlichen Verhältnissen konkurrenzfähig waren", sagt der Formel-1-Routinier. Schumacher zieht deshalb ein positives Fazit und spricht lobend über sein W03-Fahrzeug: "Das Auto legt ein gutes Verhalten an den Tag. Das kann ich spüren", erklärt der Rekordchampion. Teamkollege Rosberg zeigt sich ähnlich gut gelaunt. "Ich bin zufrieden mit unserem Start ins Wochenende - und das bei diesen gemischten Bedingungen. Im Verlauf der beiden Sessions lernten wir eine Menge für das Rennen hier in Melbourne. Es war also ein produktiver Tag", meint Rosberg und fügt hinzu: "Ich fühle mich sehr wohl im Auto. Das ist für mich die Hauptsache an diesem Freitag."

"Alles lief prima und wir hatten keine Überraschungen. In diesen Verhältnissen war es aber unmöglich, herauszufinden, wo wir im Vergleich zu den anderen stehen. Ich freue mich daher schon sehr auf die beiden kommenden Tage", sagt der Mercedes-Pilot. Teamchef Ross Brawn pflichtet seinen Fahrern bei: Die Wetterlage habe den ersten Formel-1-Trainingstag "ein bisschen durchwachsen" gestaltet.

Mercedes fühlt sich gut in Form

"Wir brachten auf unterschiedlichen Spritmengen aber trotzdem ein ordentliches Arbeitspensum zustande. Das Gesamtbild ist noch nicht klar ersichtlich, doch Michael und Nico scheinen nach den beiden ersten Sitzungen mit ihren Autos zufrieden zu sein", sagt Brawn in Melbourne. "Am Samstag soll es am Vormittag trocken bleiben. Dann werden wir ganz allmählich etwas klarer sehen. Am Freitag lief alles prima, was als Kompliment an das Team und alle Beteiligten in Brackley und Brixworth zu verstehen ist. Sie haben klasse Arbeit geleistet, um uns auf dieses erste Rennen vorzubereiten. Zumindest bislang läuft es gut", meint Brawn im Anschluss an das zweite Freie Training des Jahres.

Norbert Haug spricht indes von einem "ordentlichen Start in die neue Saison". Michael und Nico fühlten sich wohl in ihren Fahrzeugen. Sie konzentrierten sich mit unterschiedlichen Programmen auf ihre Rennsimulationen. Dabei nutzten sie die mittlere Reifenmischung. Wir wollten die weicheren Pneus für bessere Bedingungen am Samstag aufsparen", erklärt Haug. "Unser Team arbeitete am Freitag einfach perfekt. Dadurch hatten wir einen guten Auftakt in das neue Rennjahr."

Brawn spricht sich für Bahrain aus


Sollte die Formel 1 in dieser Saison in Bahrain an den Start gehen oder nicht? Daran scheiden sich seit rund einem Jahr die Geister. Der Grand Prix im Wüstenstaat hatte 2011 aufgrund von politischen Unruhen kurzfristig abgesagt werden müssen, eine Neuauflage wird oft kritisch betrachtet. Mercedes-Teamchef Ross Brawn spricht sich nun aber für eine Formel-1-Rückkehr nach Bahrain aus. "Wir wollen dorthin reisen", findet der Brite und begründet seine Sicht der Dinge: "Bahrain war in der Vergangenheit ein grossartiger Ort, um ein Rennen zu fahren. Ja, es gibt Probleme, doch wir hoffen, dass sie diese Schwierigkeiten nun grösstenteils hinter sich haben. Wenn der Rennsport dabei helfen kann, die Dinge zusammenzubringen, dann sollten wir versuchen, das zu tun", meint Brawn. "Wir müssen die Situation im Auge behalten und probieren, uns einen Eindruck davon zu verschaffen. Leute, die dort waren, sagen uns, dass die Lage wesentlich besser sei als noch vor zwölf Monaten", erklärt der Teamchef. "Wie ich also schon sagte: Wenn die Formel 1 helfen kann, dann wäre es klasse für uns, genau das zu tun. Die Situation ist auf jeden Fall deutlich ruhiger als noch vor einem Jahr."

Mercedes-Fahrer haben gutes Gefühl


Auch wenn die Erkenntnisse der ersten drei Trainingsstunden des Jahres aufgrund des Regens wenig aussagekräftig sind, zeichnete sich ab, dass Mercedes über den Winter einen Schritt nach vorne gemacht hat. Michael Schumacher beendete das erste Freie Trainings im australischen Melbourne als Dritter und im zweiten war der Rekordweltmeister der Schnellste. In der kombinierten Zeitenliste beider Trainings scheint der Name des Deutschen auf Platz drei auf. Sein Rückstand auf McLaren-Pilot Jenson Button, der die schnellste Zeit des Tages gefahren war, belief sich auf sechs Zehntelsekunden. "Das Auto fühlt sich positiv an. Wir haben eine exzellente Maschine", lobt Schumacher den neuen F1 W03. "Ab jetzt freuen wir uns auf ein trockenes Wochenende. Uns hat der Regen nicht sehr beeinflusst." Bei Mercedes lief am Freitag alles reibungslos. Auch Teamkollege Nico Rosberg ist zufrieden mit dem Gefühl für den neuen Silberpfeil. Es war schön, endlich wieder zu fahren. Wir bekamen einen Anhaltspunkt, wo wir im Vergleich zur Konkurrenz stehen."
Der jüngere der beiden Deutschen beendete die Trainings auf den Plätzen sechs und neun. In der kombinierten Liste wurde es Rang acht, 1,7 Sekunden langsamer als Button. Da das versammelte Feld auf unterschiedlichen Reifentypen sowie andere Programmen unterwegs war, bleibt das Bild über das Kräfteverhältnis vage. Dafür bestätigte sich der gute Eindruck des neuen Mercedes. "Das Wetter war zwar wechselhaft, aber ich bin einige Runden im Trockenen gefahren. Ich konnte einige Dinge lernen, die nützlich sind, wenn es trocken wird", so Rosberg. "Ich habe viel darüber gelernt, wie es mit viel Benzin im Tank ist. Das war eine gute Vorbereitung für das Rennen. Generell bin ich zufrieden, weil sich das Auto gut anfühlt. Es war ein vernünftiger Start."

16.3.2012