Haug ärgert sich über F-Schacht-Proteste

Norbert Haug und Adrian Newey vertreten

unterschiedliche Standpunkte

Adrian Newey und Paul Monaghan von Red Bull sowie Eric Boullier und James Allison von Lotus trafen sich heute Morgen in Melbourne mit dem Technischen Delegierten der FIA, Charlie Whiting. Inhalt des Gesprächs war das geheimnisumwitterte F-Schacht-System von Mercedes, von dem kaum jemand genau weiss, wie es wirklich funktioniert.

Laut Artikel 3.15 des Technischen Reglements sind aerodynamische Hilfsmittel, die durch Bewegung des Fahrers bedient werden, verboten. Das Mercedes-System soll angeblich an den verstellbaren Heckflügel (DRS) gekoppelt sein. Offenbar argumentieren Red Bull und Lotus, dass die Bedienung von DRS mittels Knopfdruck und damit sehr wohl durch eine Bewegung des Fahrers erfolgt - eine Grauzone, weil DRS eher "zufällig" (aber natürlich gewollt) den Strömungsabriss für weniger Luftwiderstand herbeiführt.

Lotus soll verärgert darüber sein, dass das von Allison und Kollegen entwickelte reaktive Radaufhängungs-System bereits vor Saisonbeginn von der FIA verboten wurde, jetzt aber nichts gegen den Mercedes-F-Schacht unternommen wird. Boullier wünscht sich eine ähnliche Präzisierung des Reglements, um Grauzonen zu eliminieren. Mercedes-Sportchef Haug bestätigt, dass die Konkurrenz interveniert: "Ich höre schon so was. Ich kann mir auch vorstellen, wer das macht und wer da was dagegen hat."

Allerdings ist er zuversichtlich, dass Nico Rosberg und Michael Schumacher auch weiterhin mit F-Schacht fahren dürfen: "Die FIA hat ihre Meinung dazu, wir haben eine Meinung dazu", sagt der 59-Jährige und erinnert sich an ähnliche Situationen in der Vergangenheit: "Wir haben nicht zu denen gehört, die Lärm um den Doppeldiffusor gemacht haben damals. Den Lärm gab es auch, übrigens an der gleichen Stelle. Wir haben auch keinen Lärm um irgendwelche angeströmten Diffusoren gemacht, sondern wir gucken, dass wir vorankommen."

Sollte es seitens Whiting keine Präzisierung in Form einer technischen Richtlinie geben, könnten Red Bull und Lotus spätestens nach Rennende am Sonntag einen offiziellen Protest einreichen. Dann würden sich nicht mehr die vier Rennkommissare in Melbourne, sondern die Richter des Internationalen Berufungsgerichts der FIA mit der Frage der Legalität des Systems auseinandersetzen. Die Rennkommissare hatten den Mercedes F1 W03 bei der Abnahme am Donnerstag bekanntlich für legal befunden.

Proteste gegen Mercedes angekündigt


Das geheimnisumwitterte F-Schacht-System des Mercedes-Teams, von dem kaum jemand genau weiss, wie es tatsächlich funktioniert, sorgt hinter den Kulissen für hitzige Diskussionen. Denn offenbar haben gegnerische Teams gegenüber Charlie Whiting angekündigt, dass sie unter Umständen Protest einlegen werden. Laut Informationen sind mindestens zwei Teams (Red Bull mit Adrian Newey und Paul Monaghan sowie Lotus mit Eric Boullier und James Allison) an den Technischen Delegierten der FIA herangetreten, um diesen informell darüber in Kenntnis zu setzen, dass sie wegen des Systems Bedenken haben. Whiting selbst hatte bekanntlich zuvor erklärt, dass er den F-Schacht von Mercedes, der als rein passives System an den verstellbaren Heckflügel (DRS) gekoppelt sein soll, für legal hält. Aus Sicht der vier Rennkommissare, die den Mercedes F1 W03 am Donnerstag im Rahmen des Scrutineerings abgenommen haben, ist das Silberpfeil-System legal. Sollte jedoch tatsächlich jemand einen formellen Protest einlegen, würde sich in zweiter Instanz das Internationale Berufungsgericht der FIA mit der Frage der Legalität auseinandersetzen. Im schlimmsten Fall könnte das Rennergebnis von Melbourne also zunächst provisorisch bleiben.

Angestrebter Protest: "Wir werden sehen"


Der neue Mercedes W03 ist schnell - und der Konkurrenz offenbar schon vor dem ersten Rennen des Jahres ein Dorn im Auge. Vor allem die Heckflügel-Lösung der Silberpfeile, in der wohl ein F-Schacht verbaut ist, stösst die Rivalen vor den Kopf. Lotus und Red Bull denken deshalb über einen Protest gegen Mercedes nach. Der Grund: Laut ihrer Regelinterpretation ist ein solches System nicht zulässig. "Es gibt unterschiedliche Interpretationen unterschiedlicher Regeln. Das ist in diesem Sport nicht ungewöhnlich", sagt Red-Bull-Teamchef Christian Horner, möchte aber nicht zu viel Wind machen: "Mercedes hat eine interessante Interpretation gefunden. Wir werden sehen." Gegenüber 'Sky UK' wird Lotus-Teamchef Eric Boullier da schon konkreter - der Franzose kündigt die Protestabsicht an.

Direkt nach der Qualifikation möchte Boullier gemeinsam mit Red Bull bei Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting vorstellig werden und für Klarheit sorgen. Erfolgt der Protest, könnten die Ergebnisse des ersten Rennens erst einmal provisorisch bleiben - es würde wohl eine Verhandlung beim FIA-Berufungsgericht in Paris geben. Laut McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh ist dies aber nicht nötig.

Der Brite stellt bei 'Sky UK' klar: "Wir werden nicht protestieren." Es gäbe allerdings eine gewisse Grauzone in den Regeln. "Das DRS-System wird natürlich vom Fahrer aktiviert. Ich halte da aber zu Charlie Whiting und Mercedes. In meinen Augen ist die Situation ziemlich klar. Andere sehen das anders. Wenn es zu einem Protest kommt, werden die Stewards heute noch etwas zu tun haben."
Und an was genau stören sich Lotus und Red Bull? An einer Heckflügel-Lösung, von der bisher noch keiner weiss, wie sie überhaupt im Detail funktioniert. Denn Mercedes hat offenbar ein F-Schacht-System verbaut, das beim Aktivieren des verstellbaren Heckflügels (DRS) mitaktiviert wird, womit es als "passive" Vorrichtung gilt. Die Frage ist nur: Sehen das wirklich alle so? Genau das ist das Problem...

Lotus fordert von FIA Klarstellung


Der neue Mercedes W03 ist vor allem den Teams Lotus und Red Bull ein Dorn im Auge. Der Silberpfeil verfügt über eine Art F-Schacht, der mit Hilfe von DRS aktiviert wird. Drücken die Piloten den Knopf am Lenkrad, so wird über ein kompliziertes System, das auch den Frontflügel mit einbezieht, ein Strömungsabriss erzeugt und die Höchstgeschwindigkeit steigt. Im Qualifying zum Grand Prix von Melbourne konnte die Konkurrenz eindrucksvoll sehen, welche Vorteile das mit sich bringt. Die Silberpfeile waren auf dem Stop-and-Go-Kurs auf den Geraden die Schnellsten. Bereits am Freitag gab es im Fahrerlager Gerüchte, wonach gegen das Mercedes-System Protest eingelegt werden könnte. Das geschah auch nach dem Qualifying am Samstag, wie Lotus-Teamchef Eric Boullier gegenüber 'Sky UK' bestätigt: "Wir haben sicherlich Bedenken über die Legalität dieses Systems. Wir haben über James (Allison; Technikdirektor) Charlie (Whiting, Rennleiter) unsere Sicht der Dinge dargelegt. Wir warten jetzt auf eine Klarstellung von Charlie."

Zunächst handelt es sich um eine Klarstellung. Bei der technischen Abnahme am Donnerstag wurde das Mercedes-System vom Automobilweltverband FIA für legal erklärt. Ein F-Schacht ist grundsätzlich nicht verboten. Dieses System darf aber nicht aktiv - wie zum Beispiel durch die Hand oder das Knie des Fahrers - aktiviert werden. Passive Systeme sind erlaubt. Lotus hat noch einen weiteren Grund, an der Legalität zu zweifeln, denn die über den Winter entwickelte reaktive Radaufhängung war auch ein passives System, wurde aber für illegal erklärt.

Offen ist allerdings noch, ob nach der Klarstellung auch ein offizieller Protest gegen die Wertung des Qualifyings erfolgen wird. "Vielleicht", sagt Boullier. "Wir haben diese Möglichkeit. Wir warten jetzt auf die Klarstellung von Charlie." Wann soll diese Klarstellung kommen? "Wir werden es sehen. An diesem Wochenende. Wir erwarten für heute oder morgen die Klarstellung. Definitiv wollen wir diese Position bis zum nächsten Rennen verstehen." Das Rennergebnis könnte im Falle eines Protests auch provisorisch bleiben. "Ich weiss es nicht. Wir werden sehen. Es ist eine Möglichkeit", so der Franzose.

Brawn spielt F-Schacht-System herunter


Ein Bolide steht derzeit im Blickpunkt der Formel 1: der neue Mercedes F1 W03. Das Team, das auf die Brainpower von fünf Menschen setzt, die bereits Erfahrung als Technikchefs haben, ging am innovativsten mit dem neuen Reglement um. Im Fahrerlager wird seit einiger Zeit gemunkelt, die Truppe rund um Technikchef Bob Bell habe ein F-Schacht-System entwickelt, das durch DRS vom Piloten gesteuert wird und sowohl Front- als auch Heckflügel umfasst. Bereits im Vorjahr testete das Team im Freien Training von Südkorea einen F-Schacht-Frontflügel, bei dem die Luft über ein Loch in der Nase in den Flügel geleitet wurde - ab einer gewissen Geschwindigkeit entstand ein Strömungsabriss. Wer angenommen hatte, F-Schacht-Systeme wären in der Formel 1 nach 2010 verboten worden, der irrt. Seitdem dürfen die Systeme nicht mehr aktiv - also indem der Fahrer die Aerodynamik verändert - betrieben werden. Eine Zweitnutzung des DRS-Knopfes, mit dem die Piloten den Heckflügel flacher stellen, ist aber nicht ausdrücklich verboten - und somit erlaubt. Das hat der Technische Delegierte der FIA, Charlie Whiting bereits bestätigt: Das Mercedes-System sei "komplett passiv", so der Brite gegenüber 'Autosport'. "Es gibt keine bewegten Teile, es interagiert nicht mit der Radaufhängung, keine Lenkung, nichts. Daher sehe ich keine Regel, die so etwas verbieten würde."

Rätselraten um Mercedes-F-Schacht

Noch gibt es aber unterschiedliche Theorien, wie das System funktioniert. Einige Experten glauben, dass beim Mercedes ein Schacht vom Front- zum Heckflügel führt und man somit den Front-F-Schacht mittels DRS kontrollieren kann. Das hätte Sinn, denn so würde man bei aktiviertem DRS auch beim Frontflügel einen Strömungsabriss erzielen, wodurch das Auto wieder in der Balance wäre - vor allem im Qualifying ein enormer Vorteil, weil man das System viel gezielter einsetzen könnte. Würde der F-Schacht-Frontflügel ab einer gewissen Geschwindigkeit und ohne Verbindung mit DRS für einen Strömungsabriss sorgen, dann stünde man vor der Herausforderung, dass sich die DRS-Nutzung in Qualifying und Rennen aus Reglement-Gründen deutlich unterscheidet. Ein automatisches System könnte durch die Parc-Ferme-Regel nicht auf die unterschiedlichen Bedingungen abgestimmt werden.

Eine andere Theorie besagt, dass das Team vorne und hinten ein F-Schachtsystem verwendet und bloss das Heckflügel-System durch DRS gesteuert wird. Wo die Luft eintritt, ist unklar - sie wird aber in die Endplatten geleitet und dann nach oben zum verstellbaren Heckflügel geleitet. Dort muss sie in jedem Fall hinkommen, sonst könnte die Bedienung über das System nicht funktionieren. Wenn der Fahrer den Knopf drückt, dann könnte sich im Flügel ein Schacht öffnen, wodurch die Luft austritt.

Brawn: Unser System ist nicht kompliziert

Mercedes-Teamchef Ross Brawn gibt sich derweil noch geheimnisvoll: "Das ist grossartig für die Formel 1, denn die Magie der Formel 1 besteht nicht nur aus den Fahrern, sondern auch aus der Technologie, der Innoviation, aus den Geschichten, die durch die Medien geistern. Wenn ich höre, dass Leute Einheitsautos fordern, damit es für die Fahrer... dann verstehen sie den Punkt nicht. Wir haben da draussen Weltmeister, die vielleicht nicht im besten Auto sitzen - und das ist eine Story. Es ist toll, dass die Leute über unterschiedliche Dinge sprechen. Heute über uns, morgen über andere. Das macht die Formel 1 so faszinierend." Das Team aus Brackley stand schon einmal in Melbourne wegen einer Innovation im Mittelpunkt: 2009 verblüffte das damalige Brawn-Team alle mit dem umstrittenen Doppeldiffusor, der Jenson Button schliesslich den WM-Titel bescherte. Doch was hat es mit der aktuellen Entwicklung wirklich auf sich? "Natürlich gehe ich jetzt bei der Sache, die die Leute F-Schacht nennen, nicht ins Detail", winkt Brawn ab. "Ich wundere mich über den Namen, denn ich weiss gar nicht, was das bedeutet. Wir haben ein interessantes System auf dem Auto, das alles andere als kompliziert ist. Ich bin sicher, dass es sich die anderen Teams ansehen werden - dann müssen sie entscheiden, ob es sich auszahlt oder nicht."

Kein grosser Vorteil?

Der Brite übt sich aber in Understatement: "Es hat nicht die gleiche Tragweite wie der Doppeldiffusor. Und auch nicht wie die Auspuffsysteme in den vergangenen Jahren. Natürlich hilft es, deswegen verwenden wir es ja, aber es bringt keinen massiven Performance-Vorteil.." Williams-Geschäftsführer Adam Parr, der Brawns Ausführungen lauschte, kann sich eine ironische Bemerkung nicht verkneifen: "Das ist jetzt eine Erleichterung, das zu hören. Dann können wir ja die Entwicklung unseres Systems einstellen." Brawn schlagfertig: "Ich würde mir wünschen, dass ihr all euer Geld dafür ausgibt, Adam - in der Zwischenzeit beschäftigen wir uns mit anderen Dingen." Erste Aufschlüsse über das System wird auf jeden Fall das Qualifying geben. Denn durch die Freigabe von DRS müsste auch das daran gekoppelte F-Schacht-System von Mercedes dann seine Wirkung zeigen. Einen ersten Vorgeschmack gab es jedenfalls schon am Freitag: Mercedes war in den Topspeed-Wertungen stets im Vorderfeld.

Ziehen nun alle nach?


Die Technische Abnahme vor jedem Grand Prix ist normalerweise eine reine Routineangelegenheit, doch beim Saisonauftakt stellt das sogenannte Scrutineering für die FIA-Rennkommissare die erste Gelegenheit dar, die Autos genau unter die Lupe zu nehmen. Das galt heute in Melbourne insbesondere für das F-Schacht-System des Mercedes-Teams, über das während des Testwinters viel spekuliert wurde. War zuerst noch von einem sogenannten W-Schacht die Rede, der über ein komplexes Kanalsystem am Frontflügel für einen Strömungsabriss und damit weniger Luftwiderstand sorgen soll, so hiess es zuletzt, dass es Ross Brawns Designern wieder gelungen sein soll, einen F-Schacht für den Heckflügel zu entwickeln. Allerdings sind Systeme, die aktiv (also etwa durch eine Handbewegung des Fahrers) betätigt werden, seit Ende 2010 verboten.

Whiting sieht kein Problem

Nur: Mercedes hat anscheinend einen Weg gefunden, den Effekt des Strömungsabrisses an die Aktivierung des verstellbaren Heckflügels (DRS) zu koppeln. "Es ist komplett passiv", versichert der Technische Delegierte der FIA, Charlie Whiting, auf Anfrage von 'Autosport'. "Es gibt keine bewegten Teile, es interagiert nicht mit der Radaufhängung, keine Lenkung, nichts. Daher sehe ich keine Regel, die so etwas verbieten würde." Die FIA hat zwar aus Sicherheitsgründen aktive F-Schacht-Systeme verboten, weil die Fahrer einiger Teams 2010 eine Hand vom Lenkrad nehmen mussten, um auf Geraden den gewünschten Strömungsabriss herbeizuführen. Zu keinem Zeitpunkt verboten waren aber passive Systeme, die sich quasi von selbst aktivieren, ohne dass sich der Fahrer dafür bewegen muss. Mercedes experimentiert in diesem Bereich schon lange herum. Einige Teams hätten die Mercedes-Lösung gemeldet, "weil sie dachten, dass F-Schächte verboten sind. F-Schächte sind aber nicht verboten", stellt Whiting klar. Das ist auch für Ross Brawn offensichtlich: "Was ist ein F-Schacht überhaupt? Die Leute reden vom F-Schacht, wissen aber gar nicht, was das ist. Und auch wenn man die FIA fragt, weiss sie es nicht. Daher sind wir nicht besorgt über das, was wir machen", unterstreicht der Mercedes-Teamchef. "Wir haben ein System, glauben aber nicht, dass es anfechtbar ist", fährt er fort. "Alle versuchen ständig, die Grenzen zu verschieben. Wir werden in den nächsten Monaten sehen, wie sich das entwickelt, aber wenn die Teams finden, dass wir da eine attraktive Idee hatten, dann werden sie es sicher kopieren. Bis jetzt sehen wir es aber noch an keinem anderen Auto. Vielleicht glauben die anderen, dass es nicht genug bringt."

Wie lange hält der Mercedes-Vorteil?

Die Funktionsweise erklären will Brawn verständlicherweise nicht, allerdings liegt der Verdacht nahe, dass sich bestimmte Luftkanäle nur dann öffnen, wenn DRS aktiv ist. Das könnte dann zu einem Strömungsabriss und zu einer höheren Höchstgeschwindigkeit führen. Mercedes scheint also ein innovatives Schlupfloch gefunden zu haben, das zumindest nach jetzigem Stand der Dinge legal ist, weil eben nur aktive Systeme als verboten gelten. Ende 2010 versuchten einige Teams zunächst, den F-Schacht-Effekt an die Radaufhängung zu koppeln, doch das wurde von der FIA unterbunden. "Weil wir der Meinung waren, dass das nicht der Zweck des Radaufhängungs-Systems ist", argumentiert Whiting. Dann habe es ein Treffen der Technischen Arbeitsgruppe gegeben: "Das haben einige Teams mit dem Eindruck verlassen, der F-Schacht sei verboten - was auch immer ein F-Schacht sein mag. Das ist aber nicht der Fall." Sollte das Mercedes-System tatsächlich funktionieren und ein paar km/h mehr Topspeed bringen, hätten Nico Rosberg und Michael Schumacher wohl zumindest bei den ersten beiden Saisonrennen einen Wettbewerbsvorteil. Denn in den vier Tagen zwischen dem Rennen in Melbourne und dem Trainingsauftakt in Sepang ist es für die Konkurrenz praktisch unmöglich, selbst eine funktionierende Kopie des Systems zu entwickeln. Aber: "Ich denke, es war Absicht der Regel, die Verwendung von F-Schächten zu eliminieren", befindet Red-Bull-Teamchef Christian Horner. "Wenn ein Team einen Weg drumherum gefunden hat, dann werden die anderen folgen müssen - und das kostet natürlich. Die Frage der Legalität sollte man besser der FIA stellen und nicht uns. Wir sind uns auch nicht voll im Klaren darüber, was die anderen Teams im Moment machen."

Red Bull: Angst vor Mercedes' F-Schacht-Trick?


Die Formel-1-Experten sind sich einig: Zu einem Spaziergang für Red Bull und Sebastian Vettel wird es diese Saison nicht kommen. Dennoch ist man in Milton Keynes darum bemüht, die österreichisch-britische Erfolgsära hinauszuzögern. "Man weiss, dass man nicht immer siegen kann", gibt sich Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz gegenüber der 'DPA' keinen Illusionen hin. "Aber man versucht, die erfolgreiche Phase immer weiter und weiter zu verlängern." Und: "Je länger man es tut, desto spannender kann es werden", glaubt der Österreicher. Dass es für Vettel dieses Jahr bedeutend anspruchsvoller wird, Weltmeister zu werden, und damit wie bisher nur Michael Schumacher und Juan-Manuel Fangio den dritten Titel in Folge einzufahren, glaubt er nicht: "Auch nicht sehr viel schwerer als zuletzt." Red Bull hat sich seit dem Ende der Tests in Barcelona nicht zurückgelehnt - Motorsport-Konsulent Helmut Marko verspricht gegenüber 'ServusTV', dass das kurz vor Testende auf dem Circuit de Catalunya gezeigte Update noch einmal gründlich überarbeitet wurde.

Marko kündigt Melbourne-Update an

"In Melbourne werden wir wieder mit wesentlich anderen Teilen kommen", sagt der ehemalige Formel-1-Pilot. "Wir haben wieder ein Auto, das vorne mitfahren kann." Er geht aber davon aus, dass die Spitze dieses Jahr näher zusammenrückt, was aber nicht daran liegt, dass die Konkurrenz besser gearbeitet hat. "Je länger ein Reglement gilt, umso enger schiebt sich alles zusammen", verweist er auf das seit 2009 stabile Reglement in der Formel 1. Auch Mateschitz bestätigt gegenüber dem 'Kurier', dass Red Bull nicht nachgelassen hat: "Wir haben in den letzten beiden Jahren nicht einen Mitarbeiter in einer Schlüsselfunktion verloren". Er ist davon überzeugt, dass das Weltmeister-Team ein ebenso attraktiver Arbeitgeber ist wie das Traditionsteam Ferrari: "Auch von Red Bull geht ein hohes Mass an Faszination aus, kombiniert mit sehr hoher Loyalität." Und auf der Strecke liege man sowieso deutlich vor den Roten aus Maranello. Der Red-Bull-Boss glaubt, "dass wir quasi gleichauf mit McLaren liegen werden, gefolgt von Mercedes." Ferrari sei Vierter, "aber mit dem Potenzial, sehr rasch aufzuholen." Großen Respekt scheint man vor Mercedes zu haben. Mateschitz ist davon überzeugt, dass die Truppe von Ross Brawn "einen grossen Entwicklungsschritt mit sehr guten Neuerungen geschafft hat".

Red Bull: Kein DRS-F-Schacht bis Melbourne

Auch Marko ortet beim Team aus Brackley einen "gewieften Schachzug". Was er damit meint, ist klar: Das Team um Rekordweltmeister Michael Schumacher scheint DRS zu missbrauchen, um beim Heckflügel ein F-Schachtsystem mit zu bedienen. Damit hätte man vor allem im Qualifying einen entscheidenden Vorteil, wenn die Nutzung des verstellbaren Heckflügels freigegeben ist und man eine noch bessere Höchstgeschwindigkeit erreicht als die Konkurrenz. Marko behauptet, dass Red Bull DRS und F-Schacht beim Heckflügel noch nicht kombiniert. Und: "Nachbauen können wir das bis Melbourne nicht". Dafür sieht er einen anderen Vorteil gegenüber der Konkurrenz: Weltmeister Vettel. Für ihn ist der Heppenheimer noch lange nicht am Zenit. "Mit dem Ehrgeiz, den Vettel hat, glaube ich nicht, dass sein Potenzial schon ganz ausgeschöpft ist", sagt er. "Es kommt Routine dazu, noch mehr Gelassenheit. Und er macht das Ganze mit mehr Know-how. Ich glaube, wir werden heuer einen noch stärkeren Vettel sehen."

17.3.2012