Mercedes hofft nach drei Nullrunden auf Punkte

Michael Schumacher gefällt Abu Dhabi deutlich

besser als Indien

Nachdem Aufwärtstrend in Monza fiel Mercedes in ein Loch. Auch wenn Nico Rosberg in Singapur noch einmal Punkte holen konnte, deutete sich bereits an, dass es für das Team um Ross Brawn zum Saisonende schwieriger wird. Bei den vergangenen Rennen taten sich die Silberpfeile schwer, in die Punkteränge vorzustossen. Sauber liegt nur noch 20 Punkte hinter Mercedes. Bei den drei noch zu fahrenden Rennen müssen Rosberg und Michael Schumacher also dringend punkten, um den fünften Platz zu verteidigen.

"Abu Dhabi ist eines der Rennen, zu denen ich gerne fahre", bemerkt Schumacher. "Die Anlage dort ist State of the Art, sehr modern, sehr attraktiv. Das Timing trägt zur Attraktivität noch bei: vom Tag in die Nacht zu fahren ist definitiv etwas ganz Besonderes und bringt einen ganz eigenen Spaß - ein Wort, das sich mit dem Rennen in Indien zugegebenermaßen nicht direkt verbinden lässt. Ich hoffe aber, dass wir das, was wir dort über das Wochenende hinweg über unser Auto gelernt haben, in Abu Dhabi positiv umsetzen können", so der Rekordweltmeister, der nur noch drei Rennen bestreiten wird. In der Fahrerwertung liegt der Deutsche auf einem enttäuschenden 14. Platz. Zu Platz zehn fehlen ihm 23 Punkte. Teamkollege Rosberg ist momentan WM-Siebter. Romain Grosjean und Felipe Massa möchten ihm diese Position aber noch streitig machen.

Werden die Reifen wieder zum Problem?

"Das Rennen in Abu Dhabi ist eines der Highlights im Rennkalender, das mit jedem Jahr besser zu werden scheint. Ich fahre gerne auf dieser Strecke, insbesondere angesichts der ungewöhnlichen Bedingungen in der Dämmerung; aber auch die Lage im Yas Marina Jachthafen ist etwas ganz Spezielles", freut sich Rosberg. "An diesem Wochenende wird die Nutzung der Reifen erneut entscheidend sein. Wir arbeiten hart daran und wollen in Abu Dhabi einige Punkte holen sowie mehr für das nächste Jahr lernen."

Auch bei Teamchef Brawn ist die Vorfreude gross: "Der Grosse Preis von Abu Dhabi hat sich sehr rasch als eines der spektakulärsten Rennen des Jahres etabliert und der Yas Marina Circuit gehört gewiss zu den beeindruckendsten neuen Streckenanlagen in der Formel 1. Unser Partner und Anteilseigner Aabar hat seinen Sitz in Abu Dhabi, was dieses Wochenende zum letzten Heimrennen unseres Teams in diesem Jahr macht. Unser Team erlebte bei den abschliessenden Überseerennen der Saison bislang eine schwierige Zeit, aber wir arbeiten weiter hart, um unsere Performance zu steigern. Gleichzeitig nutzen wir die Gelegenheit, um uns Weiterentwicklungen für die nächste Saison anzusehen. Unser Ziel ist es, die Saison positiv abzuschliessen und deshalb wollen wir an diesem Wochenende ein stärkeres Resultat erzielen", schildert der Brite.

"Auf der letzten Etappe der Formel 1-Saison 2012 stehen alle Teams vor der Herausforderung von sechs Rennen in sechs Ländern innerhalb von acht Wochen, verteilt zwischen Asien, USA und Brasilien", berichtet Mercedes-Motorsportchef Norberg Haug. "Mit dem Rennen in Abu Dhabi beginnt am kommenden Wochenende die zweite Hälfte dieses Schlussspurts. Jedes Teammitglied hat während dieser fordernden Phase bislang extrem hart gearbeitet und alle streben dafür eine Belohnung mit besseren Resultaten zum Saisonabschluss an."

Viel Arbeit für die Bremsen

"Die Formel 1 gastiert zum vierten Mal in Abu Dhabi, das neben Deutschland, Grossbritannien und Malaysia eines unserer Heimrennen ist und eines der Saisonhighlights darstellt", hält Haug fest. "Die Streckenanlage in Abu Dhabi ist aussergewöhnlich und das spektakuläre Rennen mit seinem Übergang vom Tag zur Nacht ist einzigartig im Formel 1-Kalender. Der Yas Marina Circuit ist ganz anders als die Strecke in Neu Delhi am vergangenen Wochenende: Die Bremsen werden sehr stark belastet - insgesamt gibt es pro Runde elf harte Bremsmanöver. 14 der 21 Kurven werden mit 150 km/h oder weniger durchfahren und die Autos erreichen an vier Stellen Geschwindigkeiten von über 290 km/h", analysiert der Mercedes-Motorsportchef. "Überholen ist auf dieser Strecke trotz der langen Geraden und vielen Bremszonen sehr schwierig, auch wenn sich dies nach der Einführung der DRS-Zonen im vergangenen Jahr verbessert hat." Auch Haug hat mitbekommen, dass Mercedes stark abgerutscht ist. "Der Wettbewerb hinter der Spitzengruppe wurde im Saisonverlauf immer enger, und ein paar Zehntel pro Runde können im Qualifying wie im Rennen viele Plätze ausmachen", erklärt er.

Lauda: Wo die Problemzonen bei Mercedes liegen


Bei Mercedes gibt es wie jedes Jahr Hoffnungen, dass nun alles besser wird. Im Vorjahr sorgte dafür die neue technische Struktur mit fünf Ingenieuren, die schon bei Teams als Technikchefs gearbeitet hatten - doch nach einem durchwachsenen Saisonauftakt ist die Performance nun schlechter als in den ersten beiden Jahren des Teams. In den letzten drei Rennen blieb die Truppe aus Brackley sogar punktelos - eine Bilanz, die in diesem Zeitraum nur die drei Nachzüglerteams Marussia, Caterham und HRT haben.

Nun setzt man seine Hoffnungen in Lewis Hamilton, der das Team als Nachfolger von Michael Schumacher mit seinem Speed ab 2013 nach vorne bringen soll - der neue Aufsichtsrat Niki Lauda ist dafür zuständig, dass die Kommunikation zwischen der Konzernspitze in Stuttgart und Brackley besser funktioniert und dass die Verantwortlichen beim Formel-1-Team ihre Versprechen halten.

Lauda macht sich ein Bild

Derzeit macht sich der Österreicher, der beim Wechsel Hamiltons und bei der Bindung des Teams an die Formel 1 bis 2020 eine Schlüsselrolle gespielt hat, mit den Prozessen in der Fabrik vertraut. "Im Moment gehe ich in die Fabrik wie in eine Schule", sagt Lauda gegenüber 'Bild.de'. Sein Hauptansprechpartner ist Teamchef Ross Brawn, mit dem er laut eigenen Angaben "ein super Verhältnis" hat. Schafft das Team in der kommenden Saison die Trendwende wieder nicht, könnte es in Brackley sogar zu einem Köpferollen kommen, heisst es in Insiderkreisen - bisher stand ein möglicher Wechsel an der Spitze des Teams aber laut Lauda "nicht zur Diskussion". Er dementiert auch, dass das in Zukunft eine Option sein könnte: "Der Ross hat nicht gewackelt und er wird auch nicht wackeln. Er ist der Chef."

Zu wenig Zusammenarbeit mit Stuttgart?

Derzeit sieht es der dreifache Formel-1-Weltmeister und ehemalige Airline-Besitzer als seine Aufgabe, die Stärken und Schwächen des Teams zu eruieren. Er hat auch schon einige Bereiche ausgemacht, wo Luft nach oben ist: "Ressourcen zwischen Stuttgart und England wurden für mich zu wenig genutzt. Ich glaube, dass es Potenzial gibt, das in Stuttgart oder Sindelfingen vorhanden ist." Was das konkret bedeutet? "Von England ausgehend, müssen auf Bestellung gewisse Arbeiten kombiniert werden", erläutert Lauda. "Und ich weiss, da bin ich gut informiert worden, dass es genügend Potenzial in Deutschland gibt, das man nutzen kann. Und ich bin derjenige, der all diese Dinge koordiniert."

Auto für Lauda "zu komplex"

Mit der besseren Nutzung des vorhandenen Know-hows soll der Mercedes-Bolide konkurrenzfähiger werden. Seiner Meinung nach ist "dieses komplexe Auto eigentlich das Hauptproblem." Hintergrund: Mercedes verwendet ein sehr komplexes Fahrwerk, bei dem die Dämpfer miteinander verbunden sind, damit alle vier Reifen perfekt auf dem Asphalt liegen. Doch die Abstimmung des Systems wird zur Herkulesaufgabe, was auch von den Kursen abhängt. Lauda erklärt: "Das Problem ist, dass hochintelligente Ideen auf manchen Strecken sehr gut gehen und auf manchen Strecken gar nicht." Zudem leide man nach wie vor daran, dass der Mercedes die Reifen zu hart rannimmt.

Dass die Mercedes-Performance trotz des ersten Sieges in dieser Saison schwach ist, will Lauda trotz viel Kritik nicht gelten lassen. "Für die Grösse ihres Teams liegt Mercedes absolut super", meint er. "Von der Basis war ich doch positiv überrascht." Er verweist darauf, dass man von den fünf Topteams am wenigsten Geld zur Verfügung habe: "Das Budget von Mercedes ist wesentlich niedriger als das von Red Bull und sogar niedriger als Lotus."

Rosberg glaubt: "Das wird schon was"


Nico Rosberg pflegt über die digitalen Medien einen engen Kontakt zu seinen Fans. So ist der Mercedes-Pilot nicht nur bei Twitter aktiv, sondern wendet sich nach jedem Rennen mit einem Videoblog an seine Fans, in dem er den Grand Prix Revue passieren lässt. Nach dem Rennen in Noida fiel die Zusammenfassung des Wiesbadeners jedoch kurz aus. "Bei mir war viel Action. Im Rückspiegel waren die ganze Zeit sämtliche Autos riesengroß. Ich musste mich die ganze Zeit verteidigen", sagt Rosberg nach dem Rennen, das er auf Platz elf beendet.

Statt langer Analysen nahm sich Rosberg Zeit, um einige Fragen seiner Fans zu beantworten, die diese über Facebook oder Twitter einreichen konnten. So wollte Sebastian Kunze wissen, wie Rosberg die Situation am Start einschätzt. "Gingen alle fair miteinander um und was glaubst du, ist in dieser Saison noch drin?", so die Frage. Nach Ansicht von Rosberg war Ersteres der Fall: "Es war zwar hart umkämpft, aber es war okay. Ich bin in etwa auf meiner Position geblieben, das hätte vielleicht etwas besser laufen können." Auf die Frage nach den Aussichten wusste Rosberg keine Antwort.

Florian Gellen interessiert sich dafür, was nach Ansicht von Rosberg der Grund dafür ist, dass das Auto nicht den Speed für die Punkte hatte. "Es ist einfach so, dass wir nicht schnell genug sind", muss Rosberg unumwunden zugeben und bemüht einen Vergleich aus der Geschäftswelt: "Manche Firmen machen bessere Arbeit, manche nicht so gute. Und wir machen derzeit einen nicht ganz so guten Job. Wir müssen und bemühen und die Ursache dafür finden." An mangelndem Einsatz liegt die aktuelle Schwächephase laut Rosberg nicht: "Wir legen uns wirklich ins Zeug und haben viele neue Leute ins Team dazugeholt." Das wird sich nach Ansicht des 27-Jährigen schon bald auszahlen." Die schlagen jetzt langsam ein. Das wird schon was, davon bin ich überzeugt. Es dauert halt etwas länger, als wir erwartet haben."

Lenard Abraham fragte: "War die Sicht wirklich so schlecht, wie sie im Fernsehen dargestellt wurde, und hatte das Auswirkungen auf den Fahrstil oder auf andere Dinge?" Hier konnte Rosberg seinen Fan beruhigen: "Es ist ganz anders, wenn man im Auto sitzt. Ich habe ein paar Fernsehbilder gesehen, auf denen man fast gar nichts gesehen hat. So schlimm ist es im Auto nicht gewesen."

Rudolf Block wolle schliesslich wissen, ob Rosberg und Michael Schumacher in dieser Saison beide noch in die Punkteränge fahren werden, nachdem es in letzter Zeit nicht so gut aussah. "Das schaffen wir auf jeden Fall noch, wenn die Bedingungen in unsere Richtung kommen", glaubt Rosberg. "Ausserdem haben wir noch ein paar neue Teile fürs Auto. Ich bin überzeugt, dass ich das noch hinkriege, und das muss ich auch."

1.11.2012