Caterham: Vorfreude herrscht

Heikki Kovalainen und Witali Petrow fahren gerne

in Abu Dhabi

Drei Rennen vor Saisonende liegt Caterham immer noch hinter Marussia. Heikki Kovalainen und Witali Petrow haben keine leichte Aufgabe vor sich, Timo Glocks Singapur-Leistung zu toppen. An Abu Dhabi haben die beiden Caterham-Piloten aber gute Erinnerungen. "Abu Dhabi ist ein Kurs, auf den sich wohl jeder freut", bemerkt Kovalainen. "Es ist einfach die beste Anlage für die Formel 1. Es gibt hier die besten Einrichtungen für die Teams, eine Strecke, die technisch anspruchsvoll ist und perfektes Wetter."

"Da die Eltern meiner Freundin in Abu Dhabi leben, habe ich hier ein bisschen Zeit in diesem Jahr verbracht. Zudem ist es gut für die Zeit abseits des Rennens. Das Wetter erleichtert das Training. Es gibt viele gute Golf-Plätze, auf denen ich an meinem Handicap arbeiten kann", freut sich der Finne. "Der erste Sektor ist ziemlich schnell. In Kurve eins kann man gut beobachten, wie schnell die Formel-1-Autos ihre Richtung ändern können. Von da an geht es beinahe mit Vollgas durch die zweite und dritte Kurve. Von da an wird immer wieder beschleunigt und abgebremst bis es zur langen Geraden in Richtung Kurve acht geht", beschreibt Kovalainen. "Dort hat man die erste richtige Überholmöglichkeit. Danach geht es wieder mit Vollgas Richtung Kurve elf. Im letzten Sektor gleicht der Kurs einem Stadtkurs. Vom Hotel aus sieht es für die Zuschauer sicher brutal aus, doch im Auto ist es keine allzu grosse Herausforderung. Man benötigt gute Traktion und Bremsstabilität", analysiert der ehemalige McLaren-Pilot.

"Ich mag Abu Dhabi sehr", erklärt Petrow. "Ich habe dort immer reichlich Unterstützung von den russischen Fans erhalten. Der Kurs selbst ist technisch anspruchsvoll. Die Bremsstabilität wird einer der wichtigsten Bereiche sein. Man kann auf der Bremse viel Zeit gutmachen - besonders in den Kurven acht und elf nach den langen Geraden. Der Umgang mit den Streckenveränderungen ist eine weitere Herausforderung. Zu Beginn des ersten Freien Trainings ist der Kurs immer noch sehr grün. Doch der Grip kommt ziemlich schnell. Im ersten und dritten Freien Training sind die Temperaturen am höchsten. Im zweiten Freien Training, dem Qualifying und dem Rennen sinkt die Temperatur wieder. Die Haftung steigt aber weiterhin. Wir müssen uns genau ansehen, wie die Reifen abbauen. Der richtige Umgang mit den Reifen kann bei der Performance einen starken Unterschied ausmachen", so der Russe.

Am Freitag wird Giedo van der Garde im ersten Freien Training Petrows Auto übernehmen. "Abu Dhabi ist der erste Kurs, auf dem ich im ersten Freien Training fahren werde, den ich schon kenne", schildert er erleichtert. "Durch die Limitierungen im ersten Freien Training ist das ein großer Vorteil. Ich muss den Kurs nicht erst noch lernen. Normalerweise drehen wir im ersten Training zwischen 20 und 25 Runden. Das heisst, ich kann von Beginn an dem Team helfen. Ich muss sagen, dass ich die Arbeit mit dem Team sehr geniesse und es in Abu Dhabi noch besser wird. In Indien waren die Zeiten näher an meinem Teamkollegen als in jeder anderen Session, die ich bisher bestritten habe", betont van der Garde. "Ich denke, dass ich mit den Ingenieuren und dem gesamten Team eine positive Entwicklung durchgemacht habe. Es ist etwas schwierig, wenn man nur einen Satz Reifen und 25 Runden hat. Doch in diesen Sessions soll es nicht darum gehen, zu zeigen, wie schnell man ist. Man arbeitet ein Programm ab, das vom Team aufgestellt wurde und versucht so viel wie möglich zu lernen, damit ich von der GP2 in die Formel 1 aufsteigen kann", berichtet er. "Nach dem Rennen bleibe ich noch zum Young Driver Test. Ich werde zwei Tage haben, an denen ich in einem Auto und auf einer Strecke fahren kann, auf der ich schon Erfahrungen habe. Ich arbeite mit Leuten, die ich bereits seit einigen Monaten gut kenne. Es stellt eine grossartige Chance dar, dem Team zu helfen und das Maximum aus dem Test herauszuholen. Zudem erhalte ich die Chance, mich abseits eines Formel-1-Wochenendes zu entwickeln", so van der Garde.

Petrow: Gas geben und auf Vertrag hoffen

Witali Petrow konzentriert sich bis Saisonende

voll auf das Fahren


Caterham hatte sich vor dem Start in die Saison 2012 einen deutlichen Sprung nach vorn vorgenommen. Man wollte regelmässig in Punktenähe fahren können, doch dieses Ziel wurde klar verfehlt. Nur aufgrund von KERS kann sich das Team oftmals gegen Marussia behaupten. Im teaminternen Duell gewinnt Witali Petrow gegen Heikki Kovalainen immer mehr Oberwasser. Auch im Qualifying von Indien war der Russe schneller. Steigen damit die Chancen für 2013? Petrow gibt im Interview Auskunft.

Frage: Witali, was an dieser Strecke ist so schwierig?

Witali Petrow: Es gibt einige Stellen, wo du schnell mal ein paar Zehntel gewinnen oder verlieren kannst. Man muss es dort ganz präzise hinbekommen. Das hat weniger mit der Topografie oder mit blinden Kurveneingängen zu tun, sondern vielmehr mit den Kurven, in denen man viel Tempo mitnehmen muss. Man kann viele Ecken schnell anfahren und sich in die Kurven hineinbremsen. Dabei muss man vorsichtig sein, darf das Auto nicht aus der Balance bringen - nicht ganz einfach.

Viele Piloten halten die Strecke in Indien im Vergleich zu anderen neuen Anlagen für eine der besseren. Stimmst du zu?

Ich finde auch Südkorea ganz gut. Aber die Strecken unterscheiden sich sehr. In Südkorea hast du eher langsame Ecken, hier gibt es auch schnellere Kurven. Ich mag beide Strecken gern. Ich kann nicht sagen, dass ich eine von beiden lieber mag. Der Kurs in Indien ist breiter, schneller und wahrscheinlich weniger gefährlich als der in Südkorea. Dort stehen die Mauern sehr nahe, aber ich mag die Strecke trotzdem. Wie in Suzuka: Gefährlich, aber gut.

Magst du gern Curry?

Esse ich manchmal, aber nicht allzu oft. Am Rennwochenende sollte ich das lieber lassen.

Zum Sportlichen: Erneut hast du Heikki im teaminternen Duell geschlagen...

Ja, das war ganz anständig. In jeder Trainingssitzung haben wir Fortschritte gemacht. Mit teils grossen Änderungen haben wir das Auto immer weiter verbessert. Vor dem dritten Freien Training hätten wir vielleicht sogar noch einen Schritt weitergehen können. Aber dennoch: Das Qualifyingergebnis ist gut.

Seit einigen Wochen präsentierst du dich stark. Jetzt ist die Zeit der Deals für 2013. Wie siehst du deine Chancen?

Ich gebe bis zum Ende der Saison alles. Wenn ich einen neuen Vertrag unterzeichnen sollte, dann wird es gegen Ende des Jahres sein - nicht jetzt. Meine Aufgabe ist es, das Auto möglichst schnell zu bewegen, gleichzeitig macht mein Management seinen Job. Ich mag mich damit derzeit nicht zu intensiv beschäftigen.

Vor dieser Saison standst du vor der Wahl: Reifenentwickler bei Pirelli oder Renncockpit bei Caterham. Hast du die richtige Entscheidung getroffen?

Ja, zu hundert Prozent. Hier erlebe ich echte Rennwochenenden, hier gibt es den Wettbewerb, hier habe ich einen starken Teamkollegen. Da gibt es keine Diskussion, es war definitiv die richtige Entscheidung. Auch bezüglich des reinen Fahrens ist es völlig anders. Als Entwicklungspilot gehst du allein mit deinem Auto bei Privattests auf die Strecke. Dort gibt es überhaupt keinen Grip auf der Strecke, dort legt sich kaum Gummi auf die Piste, weil sonst niemand fährt. Die Bedingungen sind komplett anders.

Wie weit ist Caterham von einem Punktgewinn weg?

Wir alle wissen, dass der Abstand nach vorn leider noch grösser ist als wir es gewünscht hätten. Wir arbeiten an Updates, wir schuften im Windkanal. Leider lassen sich bisher nicht alle Fortschritte aus dem Windkanal auf die Rennstrecke übertragen. Das ist wirklich enttäuschend. Wir konzentrieren und teils noch auf die Entwicklung des diesjährigen Autos, aber irgendwann muss das 2013er-Auto in Angriff genommen werden.

Die kommenden vier Rennen sind für das Team von entscheidender Bedeutung. Es geht um Platz zehn, derzeit seid ihr Elfter...

Ja, so etwas passiert im Sport, man kann sich Platz zehn nicht fest buchen. Fahrer und Team müssen alles geben, und dann braucht es manchmal auch etwas Glück.

31.10.2012